1. FC Köln – TSG Hoffenheim 2:0

Nach dem überraschend deutlichen Derbysieg gegen Bayer Leverkusen konnte der 1. FC Köln gegen die Gäste aus Hoffenheim nun auch den ersten Heimsieg der Saison einfahren. Dabei standen die Gastgeber defensiv extrem sicher und kamen so zu einem ungefährdeten 2:0 Erfolg über die TSG.

Beeindruckende Disziplin der Hausherren

Grundaufstellungen

FC-Trainer Solbakken musste seinen Kapitän Geromel und Außenverteidiger Jemal aufgrund von Verletzungen durch Andrezinho und Eichner ersetzen, Sereno rückte in die Innenverteidigung neben McKenna. Taktisch hatte der Trainer nach dem erfolgreichen Derby keinen Grund umzubauen, zumal er seiner Philosophie in den bisherigen Ligaspielen unabhängig von Sieg und Niederlage treu blieb.

Schon zu Beginn der Saison hatten viele Medienvertreter Zweifel an den Methoden des Norwegers gehegt und seine Methoden öffentlich kritisiert. So wurde über das geringe Trainingspensum und das Fehlen von Konditionseinheiten gerätselt, zudem gestand man ihm nicht einmal ein paar Wochen zum Einstudieren seines komplexen Systems zu.

Zwar spielt der FC noch lange nicht perfekt und gerade offensiv scheint Solbakken noch einiges vorzuhaben mit seiner Mannschaft, aber man sieht dennoch riesige Verbesserungen, vor allem in der Defensivarbeit. Solbakken lässt die Kölner in einem 4-4-2 verteidigen, wobei die Mannschaftsteile extrem eng zusammenstehen. Die Stürmer postieren sich knapp hinter der Mittellinie, die Abwehrkette stellt sich bei knapp 35 Meter Entfernung vor dem eigenen Tor auf, sodass für den Gegner lediglich eine Länge von etwa 15 Meter effektiv in der Tiefe zu bespielen ist.

Diese risikoreiche Art des Verteidigens benötigt naturgemäß Zeit, bis sie ohne große Fehler funktioniert. Mittlerweile bewegt sich die Abwehrkette schnurgerade auf einer Linie und schiebt bei einem Rückpass des Gegners sofort auf den festgelegten Abstand vor. Besonders auffällig im Defensivkonzept des FC Köln ist der fehlende Druck auf den ballführenden Spieler in der gegnerischen Hälfte.

Dort kann der Gegner frei spielen, sobald er jedoch versucht, flach in die Kölner Hälfte zu spielen, bekommt er große Probleme, weil die Kölner den Raum extrem eng machen und sämtliche Passwege zuzustellen versuchen. Deshalb hatten die Gäste enorme Schwierigkeiten mit der Spieleröffnung aus der Abwehr.

Rudy übernimmt das Aufbauspiel

Um einen sicheren Aufbau zu gewährleisten, ließ sich Sebastian Rudy im Spielaufbau in fast jedem Angriff auf die Position des rechten Verteidigers fallen. Zur Erschließung des Raumes davor, positionierte sich deswegen der nominelle Rechtsverteidiger Beck höher und spielte fast als Rechtsaußen, was wiederum Mlapa die Möglichkeit gab, ins Sturmzentrum zu gehen und Sigurdsson zu unterstützen.

Diese in der Theorie kluge Überlegung brachte jedoch in der Praxis relativ wenig Erfolg. Rudy hatte genauso wie die beiden Innenverteidiger Probleme, Anspielstationen in der gegnerischen Hälfte zu finden, auch die langen Bälle fanden nur selten ihr Ziel, weil die Kölner Verteidiger frühzeitig antizipierten und sich oftmals fallen ließen, um lange Bälle hinter die Abwehr zu verhindern.

So kam es, dass die Hoffenheimer über die gesamte Spielzeit große Probleme mit dem Spielaufbau hatten, auch wenn man das Spiel in der zweiten Halbzeit etwas mehr in die gegnerische Hälfte verlagern konnte.

Lösungsansätze gegen das „System Solbakken“

Zur zweiten Halbzeit wies Holger Stanislawski seine Flügelspieler an, konsequent die Seite zu halten, sodass diese in der Praxis häufig auf der Außenlinie standen. Der Hoffenheim-Coach beabsichtigte damit offensichtlich, die Kölner Verteidigung in die Breite zu ziehen und einem der dribbelstarken Außen durch schnelle Spielverlagerungen zumindest eine 1-gegen-1-Situation zu ermöglichen. Diese Idee war im zweiten Durchgang zwar nicht erfolgreich, man konnte aber in einigen Situationen erahnen, dass auf diese Weise durchaus Chancen entstehen könnten.

Eine weitere Möglichkeit, um den Kölnern gefährlich zu werden, wäre es, ihnen das Spiel zu überlassen und ebenfalls mit einem auf Ballgewinn ausgelegtem Mittelfeldpressing zu agieren. Denn im Aufbauspiel müssen die Kölner ihre defensive Ordnung verlassen – gewinnt der Gegner nun den Ball, muss er schnell vertikal spielen, bevor die Geißböcke sich wieder geordnet haben.

Ebenfalls effektiv könnte es sein, im Offensivspiel bewusst die Flügel zu überladen, da bei Solbakken die Innenverteidiger konsequent das Zentrum halten und stattdessen die defensiven Mittelfeldspieler auf den Flügeln helfen sollen. Schafft man es nun nach Ballgewinn oder Spielverlagerung eine kurzfristige Überzahl auf dem Flügel zu erzeugen, wäre es möglich, sich in den Rücken der Abwehr zu kombinieren und gefährliche Hereingaben in den Strafraum zu bringen.

Das 2:0 zeigt den großen Unterschied

Wie schon in Leverkusen war auch in diesem Spiel Podolski der entscheidende Mann im Kölner Offensivspiel. Er ließ sich immer wieder ins Mittelfeld zurückfallen, holte sich die Bälle zwischen den gegnerischen Linien und verteilte sie gut. Außerdem entwickelte der Nationalspieler mit Ball einen enormen Zug zum Tor und brachte damit immer wieder das Hoffenheimer Defensiv-Konstrukt durcheinander.

Beim 1:0 legte er quer auf Jajalo, das 2:0 erzielte er selbst. Dieses Tor legte auch die größten Unterschiede zwischen den beiden Defensiven offen. Während die Kölner Viererkette immer auf einer Linie agierte und geschlossen vorschob bzw. sich fallen ließ, war die Abwehrkette bei der TSG anders ausgerichtet: Beide Außenverteidiger spielten auch defensiv meistens vor den beiden Innenverteidigern. Dies nutzte Podolski vor seinem 2:0 aus, indem er sich im Rücken von Beck aber auf Höhe von Vorsah bewegte, sodass er dort völlig frei angespielt werden und lässig zur Vorentscheidung verwandeln konnte.

Fazit

Solbakken hat Wort gehalten, nach vielen Wochen Trainingsarbeit und Spielpraxis scheint sein System mittlerweile sehr gut zu funktionieren. Die Defensive steht trotz personeller Wechsel bombensicher, nach Ballgewinn schaltet man schnell um und profitiert von den schnellen Offensivleuten. Probleme gibt es noch beim geordneten Spielaufbau aus der Abwehr heraus, doch ist es wahrscheinlich, dass der Norweger das Offensivspiel, ähnlich wie beim FC Kopenhagen, dann verstärkt trainieren lässt, wenn er mit der Defensivarbeit zufrieden ist. Im Offensivspiel dürfte der 1. FC Köln deswegen in den kommenden Wochen nach den guten Defensivleistungen noch deutlich zulegen, sodass man vielleicht bald nicht mehr hauptsächlich von der individuellen Klasse einzelner Spieler abhängig ist.

Die TSG hatte zwar Lösungsansätze, wie der Gegner zu knacken sein könnte, gerade die Innenverteidiger taten sich jedoch im Spielaufbau extrem schwer. Zudem litt man darunter, dass man kaum Ballgewinne in der gegnerischen Hälfte verbuchen konnte und so kam es, dass Hoffenheim seiner größten Stärke fast gänzlich beraubt war: die Flügelspieler konnten kein Tempo aufnehmen. Sie erhielten schlichtweg zu wenig Unterstützung, sodass man sich kaum Chancen herausspielen konnte.

kahnybalic 28. September 2011 um 13:22

ein punkt wurde vergessen.
novakovic arbeitete in den kopfballduellen mit vorsah destruktiv, was einen ballgewinn für die aufgerückte, rechte seite der hoffenheimer bedeutete.
ich dachte zuerst es sei der lufthoheit von vorsah geschuldet, dass novakovic so schlecht aussah, doch er war ihm, sobald beck nicht über der mittellinie stand, ebenbürtig und zielstrebiger.
ich hatte den eindruck, als würde man hoffenheim den ball erstmal im ersten rechten quadrat an der mittellinie schenken, um dann durch gezieltes pressing eine offenive überzahlsituation und somit eine negativbewegung der defensive zu erzwingen.

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JürgenL 27. September 2011 um 07:31

Es gibt durchaus auch Kölner Fans die das ganze realistisch sehen. Da ist man froh das es endlich eine sportliche Leitung gibt, die nicht nur über ein Konzept redet, sondern sogar eins hat und das konsequent durchzieht.
Erstaunlich ist für mich das die Defensive so gut steht obwohl Solbakken die Abwehr schon wieder umstellen musste. Das zeigt deutlich das die gesamte Mannschaft verstanden hat was er möchte und das alle an einem Strang ziehen. Das dieses System , wie alle anderen auch, seine Schwächen hat kann eigentlich kein Geheimnis sein. Interessant finde ich das die beiden Siege gegen spielstarke d.h. technisch starke Mannschaften zu Stande gekommen sind.

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HansWurst 25. September 2011 um 23:27

Gelungene Spielanalyse! Das war eine sehr gute Defensiv-Leistung des Effzeh. Sehr gut gefiel auch das Umschaltverhalten durch das Hoffenheim immer wieder in Bredouille gebracht wurde. Zukünftig gilt es noch am eigenen Aufbauspiel zu arbeiten, abe dann steht dem Uefa-Cup Platz nichts mehr im Wege 😉

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HannaBlume 26. September 2011 um 11:38

Sehr gutes Spiel gestern – ohne Zweifel. Aber mir erscheint Köln hilflos, wenn das Spiel selbst gemacht werden muss. Riether als Spielgestalter? Abwarten und Bier trinken. Schön, dass schon wieder von Europa geträumt wird – mal wieder typisch Kölle.

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Geißbock86 26. September 2011 um 14:34

Gegen wieviele Mannschaften muss der FC denn selbst das Spiel machen? Hannover, Mainz, Nürnberg, Freiburg und viele andere Mannschaften waren letzte Saison erfolgreich ohne mit eigenem Spielaufbau zu glänzen. Vollkommen legitim, sich zunächst auf eine stabile Defensive zu konzentrieren und anschließend am Offensivspiel aus der Grundordnung heraus zu arbeiten.
Das Spiel gestern war auf jeden Fall Klasse anzusehen und macht Lust auf mehr!

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fibbz 26. September 2011 um 13:41

ebenfalls von mir: Gute Analyse! Weiter So. Und zum Punkt Kölscher Unrealismus: es muss heissen wir holen dieses Jahr das Double und nächstes Jahr CL.
Möcht nicht wissen, wieviel Leute wirklich so denken. aber eins steht fest: Hoffnung ist da und es macht grad Spaß dem FC zuzuschauen.

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