Peru – Venezuela 4:1

Peru hat das Duell der Außenseiter mit einem zu hohen 4:1-Sieg gegen Venezuela für sich entschieden und sich damit bei der Copa América eine vor dem Turnier nicht für möglich gehaltene Bronzemedaille gesichert.

Beide Teams nahmen viele personelle Änderungen vor. Verglichen mit der Halbfinal-Niederlage gegen Paraguay ersetzten die Venezolaner Perozo, Lucena, di Giorgi, Arango, Moreno und Rondon durch Rey, den nach einer Sperre wieder einsatzbereiten HSVer Rincón, Seijas, Orozco, Miku und Maldonado. Auf der anderen Seite kamen mit Revoredo, Ramos, Corzo, Lobatón und Chiroque für Carmona, Acasiete, Vilchez, Advincula und den gesperrten Vargas „nur“ fünf neue Leute ins Team.

Die Lehren von La Plata?

Das Halbfinale Perus war ebenfalls in La Plata ausgetragen worden – es war jenes Halbfinale, indem die Peruaner von Uruguays Trainer Tabarez und seinem 4-4-1-1/3-5-1-1-Hybrid-System überrascht und völlig auf dem falschen Fuß erwischt wurden.

Nun traf man auf einen Gegner, der dasselbe System einsetzte, wie man es selbst bisher getan hatte – und da kam Coach Markárian auf die Idee, die Formationsänderung anzu-wenden, die im Halbfinale gegen ihn angewendet worden war.

Perus 3-5-1-1 war aber deutlich reiner und deutlich klarer zu erkennen, als das der Uruguayer im Semifinale. Das Duell 3-5-2 gegen 4-4-2, jedenfalls, bringt ersterem Team eine Überzahl in der Abwehr und eine Überzahl im Mittelfeldzentrum.

Kein Team kann das andere ausstechen

Die Wirkung wurde zwar erreicht – aber nur teilweise. Die Peruaner waren die gefährlichere Mannschaft, mussten sich Ballbesitz und Dominanz allerdings mit Venezuela teilen. Grund dafür war zum einen Tomás Rincón, der im Aufbauspiel immer anspielbar war und die Bälle gut verteilte, zum anderen, dass Venezuela ihre beiden äußeren Mittelfeldspieler sehr eng spielen ließ, damit das Zentrum flutete und folglich dort mehr Kontrolle gewann – bisweilen sah es wie eine „breite Raute“ im Mittelfeld aus.

Daraus konnte das Team von Cesar Farias zunächst allerdings noch nicht die großen Tormöglichkeiten kreieren, weil die beiden noch recht vorsichtigen Außenverteidiger naturgemäß das Duell Mann gegen Mann mit den gegnerischen Wing-Backs nicht gewinnen konnten und dadurch alles durch die Mitte gehen musste, wo Peru allerdings auf die Überzahl in der Abwehr und damit verminderte Durchschlagskraft seitens Venezuela bauen konnte.

Weil aber auch die Peruaner entweder nach Kontern oder nach Umspielen des gegnerischen Pressings dank des offenen Mittelfelds Venezuelas zwar Gefahr versprühten, mit immer nur zwei oder drei offensiven Leuten gegen das mit fünf Mann absichernde Venezuela aber auch nicht viele Chancen erspielen konnte, war es eine vor allem für die bisherigen Verhältnisse des Turniers unterhaltsame Partie, der allerdings die zwingenden Torgelegenheiten größtenteils fehlten. Kein Team schaffte es, die Kontrolle wirklich an sich zu reißen.

Mehr investieren, mehr Chancen kreieren

Im Verlauf des ersten Durchgangs entschied sich Farias dann, mehr Risiko eingehen zu wollen. Die beiden Außenverteidiger wurden nun deutlich offensiver und risikofreudiger, so dass man nun besser über außen spielen konnte. Die beiden Stürmer waren mehr in Bewegung, bekamen mehr Bälle und nahmen besser am Spiel teil.

Richtungsweisend waren besonders die Anpassungen im Zentrum. Dort stimmte nun die Balance deutlich öfter. Situativ ließ sich häufig einer der beiden äußeren Mittelfeldspieler an die Seite Rincóns fallen, um dort zu helfen und wegen der AVs für mehr Absicherung zu sorgen. Sein Pendant auf der anderen Seite konnte so weiter nach vorne gehen und den Außenverteidigern helfen. Deshalb konnte Orozco von seiner 10er-Position nun auch vielmehr nach außen, bevorzugt nach links, ausweichen – in seiner neuen freien Rolle driftete er überall herum, unterstützte ebenfalls auf außen und konnte auch einige Male mit intelligentem Positionsspiel die Verwundbarkeit der Schnittstellen bei Peru aufzeigen.

Die Folge war logisch: Venezuela kam nun zu deutlich mehr Chancen. Nachdem mehrere Male ein Treffer wegen Abseits nicht zählte, lag das Tor förmlich in der Luft. Es sollte allerdings auf der anderen Seite fallen.

Schließlich gab die erhöhte Offensivbereitschaft beim sicherlich gefährlicheren Venezuela auch auf der anderen Seite mehr Räume zum Konter. Kurz vor der Pause verlor Seijas im Aufbau einen Ball, Rincón wurde überspielt und die Peruaner hatten ein 2vs2. Das daraus resultierende Tor war dann etwas glücklich: Guerrero brauchte erst viel zu lange, seine Flanke sollte wohl eher ein Schuss sein und auch Vollstrecker Chiroque traf den Ball nicht richtig.

Gleichzeitig zeigte das Tor aber auch symbolisch, welcher Charakter im Spiel nun vorherrschte: Es war eben ein typisches Spiel um Platz 3, indem die letzte Konsequenz nicht immer da ist – so gesehen beim Ballverlust von Seijas, so gesehen bei der Vollendung durch Peru.

Zweite Halbzeit

Mit der Einwechslung von Lucena für Seijas wurde das venezolanische System einem 4-2-2-2 immer ähnlicher: Rincón und Lucena absichernd, Gonzalez über rechts und Orozco nun deutlich konstanter auf halblinks spielend mit seinen Freiheiten.

Das Muster des Spiels änderte sich aber nicht. Venezuela lief an, Peru lauerte auf Konter. Wie im ersten Abschnitt hatte La Vinotinto auch seine Chancen – allerdings wurden sie allesamt bisweilen kläglich vergeben. Durch eine etwas harsche Rote Karte an Rincón (58.) wurden die Venezolaner einiger Angriffskraft beraubt und auch defensiv geschwächt, was Guerrero mit einem Kontertor (63.) ausnutzte. Dass die letzte Konsequenz fehlte, sah man hier auch wieder daran, wie viel Zeit dem Hamburger Stürmer im Strafraum gelassen wurde.

Venezuela brachte Arango, stellte auf ein 4-1-2-2 um, hatte aber größte Probleme, die Breite zu halten, ohne die Kontrolle im Zentrum zu verlieren. Peru bekam immer mehr Chancen nach schnellen Gegenstößen, doch die euphorisierten Peruaner wurden übermütig und brachten zu viele Spieler nach vorne.

So wurden sie nach einem eigenen Konter selbst ausgekontert – nach einem schnellen Abschlag von Keeper Vega ergab sich eine 4vs6-Situation, die – auch sehr gut ausgespielt – im Anschlusstor durch Juan Arango (78.) mündete.

Nun warf man alles nach vorne – erfolglos. Stattdessen kassierte man noch zwei weitere Treffer in der 90. Minuten sowie der Nachspielzeit, jeweils durch Guerrero. Beim ersten Tor kam ein Abstoß postwendend zurück und Guerrero düpierte Vizcarrondo, das zweite war wieder ein lupenreiner Konter.

Fazit

Markárian zog die richtigen Schlüsse aus der Halbfinal-Niederlage gegen Uruguay – dank seiner taktischen Umstellungen war man in einem Spiel, in dem keine Mannschaft wirklich die Kontrolle übernehmen konnte, die gefährlichere Mannschaft.

Als Venezuela offensiver wurde und mehr riskierte, wurden sie dafür (vor allem später nach dem Platzverweis) nicht belohnt – die schlechte Chancenverwertung und die peruanische Konterstärke entschieden die Partie.

Der HSV darf sich freuen: Guerrero präsentierte sich im Turnier hervorragend, erzielte Tore, spielte individuell stark und arbeitete sehr mannschaftsdienlich. Zudem wird Rincón – trotz zweier glatter Roter Karten – wohl zum Spieler des Turniers gewählt werden.

Für die beiden Teams – und im Speziellen für Peru – war diese Copa América in vielerlei Hinsicht ein großer Erfolg.

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