Das große Abstiegsduell geht an Frankfurt

1:0

Niko Kovac und seine Frankfurter zeigten kein besonders gutes Spiel, verbuchten gegen ein diesmal enttäuschendes Hannover aber kleine Vorteile für sich und letztlich den knappen Sieg.

Vergangene Woche in Gladbach hatte Niko Kovac zu seinem Frankfurt-Debüt ein 4-3-3/4-5-1/4-3-1-2 aufgeboten, mit Marco Fabián vorne. Diesmal rückte Seferovic für den Mexikaner in die Sturmspitze, Aigner nach rechts, Ben-Hatira neu ins Team. Im Mittelfeld blieb es auch mit veränderter Besetzung bei einer 1-2-Aufteilung, wenngleich Huszti häufig zehnerartig agierte und Stendera einige Male nach hinten neben Reinartz zurückfiel.

Von personellen Fragen wusste Thomas Schaaf nur zu gut zu berichten: Unter der Woche hatte er eine Gruppe von Spielern aus dem Kader gestrichen, andere auf die Bank gesetzt. Die 4-2-3-1/4-4-2-hafte Grundformation wies daher – im Vergleich zum ansatzweise guten Match gegen Köln – zahlreiche Veränderungen in der Besetzung auf, unter anderem auf der neu zusammengestellten Doppelsechs.

frankfurt-hannover-2016Keine der beiden Mannschaften vermochte in diesem Abstiegsduell wirklich zu überzeugen. Zwei solide, unspektakuläre Grundformationen, einige lange Bälle und Flanken, verschiedene und verschieden starke Mannorientierungen sowie spielerische und taktische Unsauberkeiten bestimmten das Bild. Dass daneben die oft genannte „Verunsicherung“ mitgespielt haben kann, wird durch die folgende Analyse natürlich keineswegs in Abrede gestellt.

Kleine Vorteile bei der Eintracht

Zwei kleine Vorteile hatten die Frankfurter, welche in der Folge zu einem Chancenplus und letztlich auch dem knappen Sieg beitrugen. Bei dem einen Aspekt handelte es sich eher um einen Hannoveraner Nachteil: Die personelle Besetzung der Eintracht war nicht so problematisch wie bei den Niedersachsen, denen spielstarke Akteure abgingen. Schon auf das Personal in der Abwehrkette traf das zu, doch gerade im defensiven Mittelfeld mit Gülselam und dem zwar klugen, angepassten, aber eher farblos raumfüllenden denn gestaltenden Yamaguchi wurde der Unterschied zu einer Aufstellung mit Stendera deutlich. Vor diesem Hintergrund wirkten die personellen Entscheidungen Schaafs bitter bis fragwürdig.

Der zweite Frankfurter Vorteil baute gewissermaßen auf diesem Aspekt auf und war strategischer Art: Die Hessen setzten ihr Pressing früher und „mutiger“ an, womit sie genau den wunden Punkt der Hannoveraner Aufstellungspolitik trafen. Bei ihrem 4-3-3-haften Zustellen – und überhaupt gegen den Ball – bedienten sich die Frankfurter viel klarer an mannorientierten Zuordnungen im Mittelfeld, als es Hannover tat. Da sie das konsequent und aggressiv umsetzten, konnten sie damit aber auch immer direkten Zugriff auf den Mann herstellen.

Beim Verschieben nach außen wurden die Mannorientierungen in den hinteren Reihen einige Male geschickt aufgegeben. Reinartz beispielsweise rückte absichernd hinter den Achtern nach außen nach – und dabei über Kiyotake hinweg. Insgesamt fehlten Hannover in den ersten Linien sowohl die nominelle Spielstärke als auch die Mechanismen, mit denen man solche situativen Deckungen des Gegners hätte aufreißen können, aus denen sie sich nur selten herauszulösen vermochten. So kam praktisch nie ein wirklicher Spielaufbau bei den Gästen zustande, die mit vielen langen Bällen arbeiten und frühe Stockfehler hinnehmen mussten.

96 mit Licht und Schatten gegen Frankfurts Aufbau

In die andere Richtung hielt sich Hannover bei gegnerischem Ballbesitz stärker zurück als die Hausherren. Die Mannschaft von Thomas Schaaf formierte sich in einem zunächst abwartenden 4-4-2-Mittelfeldpressing. Zwar rückten sie auch mal weiter auf, indem sich Gülselam 4-1-3-2-haft an Reinartz orientierte, doch blieben diese Momente eher die Ausnahme. Im Normalfall ließ der Gast die Frankfurter im Aufbau gewähren. Diesen organisierten die Hessen über manche Zurückfallbewegung von Reinartz in Dreierketten mit den Innenverteidigern, gelegentlich auch mal durch Herauskippen Stenderas nach rechts.

Weiter vorne driftete Huszti horizontal weiträumig zwischen den Linien und wartete auf Anspiele hinter den Sechsern. Über einige Phasen gelang es Hannover auch, die Passwege in diesen Zwischenraum zu verschließen. Dies war eine der positiven Meldungen von einer erneut ambivalenten Defensivleistung der Niedersachsen, die Licht wie Schatten aufwies. Ein guter Punkt war auch die Tatsache, dass die beiden Sechser als Duo oft weit mit zum Flügel herüberschoben, um dort Überzahl und Zugriff zu erzeugen. Gerade rechts defensiv gelangen ihnen mit diesem Nachrücken in der Anfangsphase einige Ballgewinne in Überzahl.

Insgesamt gestaltete sich die Grundstaffelung des Tabellenletzten zwar solide und stringent, aber in der Ausführung traten doch Probleme auf. Im Verschieben nach außen oder im Verlauf längerer Verschiebevorgänge wurden beispielsweise die Abstände zwischen den Mittelfeldakteuren häufig  unsauber und boten Lücken, so etwa um unausgewogene Herausrückbewegungen Gülselams herum. Dass diese Schwachstellen nicht immer gut genug geschützt waren, hing mit der passiv positionsorientierten Ausrichtung der Sturmspitze zusammen, die von Frankfurts Aufbau einige Male überwunden wurde.

Diesmal schoben  Almeida und Kiyotake nur wenig zur Seite mit, sondern konzentrierten sich konstanter auf die Besetzung vor dem gegnerischen Sechserraum. Über breitere Innenverteidiger-Staffelungen oder das gelegentliche Herauskippen kam Frankfurt dadurch aber in die Räume neben dem Sturmduo und konnte aus diesen heraus weiter auf die Mittelfeldreihe zuspielen. Speziell halbrechts bot sich neben Stendera auch Huszti zusätzlich an: Der Ungar zog von halblinks weit mit hinüber, um dort diagonal in Freiräume zwischen den Linien zu kippen.

Halblinke Bewegungen mit vereinzelter Torgefahr

Daraus entstanden vereinzelte kleine Strohfeuer, ohne dass aber die wirkliche, systematische Torgefahr aufkam. Lange Zeit blieb die Angriffsreihe der Hessen sehr funktional und zu klar auf simple, stringente Rollen beschränkt. Daher hatten sie Probleme, etwaige Ansätze durchschlagskräftig zu Ende zu spielen. In der letzten Phase vor dem Seitenwechsel wurde Frankfurt etwas gefährlicher. Halblinks rochierten vermehrt Huszti und Ben-Hatira, der dadurch auch mal durch zentralere Räume driften und dort attackieren konnte. Auch Seferovic schaltete sich aktiver in diese Synergie ein, etwa mit ausweichenden Bewegungen nach links.

Bei seinem Führungstreffer – im Anschluss an einen mit Stenderas zusätzlicher Präsenz wühlend gegengepressten Flügelangriff – kam Ben-Hatira letztlich auch von links mit herüber. Nach der Pause sollten die Frankfurter zwar phasenweise an Struktur verlieren, zumal sie sich mit der Führung im Rücken etwas zurücknahmen, aber zwischendurch machte dann die rechte Seite wieder etwas Betrieb. Gegen die bei Hannover defensiv zunehmenden Mannorientierungen spielten sie einige simple Abläufe über verschiedene Doppelpassmuster den Flügel herunter, teilweise mal mit Unterstützung eines zentralen Spielers.

Gerade die Einwechslung von Hasebe, der sich in diesen Bereichen klug bewegte und umsichtig half wie absicherte, machte sich später bezahlt. Diese raumöffnenden Angriffszüge zogen sie letztlich einfach sehr konsequent und stringent auf, mit halb-gefährlichen Annäherungen oder zumindest immer wieder mit etwas Raumgewinn nach vorne. So konnten sie zumindest Hannover nach hinten schieben und deren Rhythmus beschädigen. Klare Torchancen brachten jene Flügelangriffe aber nicht – die Möglichkeiten auf das 2:0 entsprangen Standards oder Konterangriffen.

Ungefährliche, problematische Offensivausrichtung bei den Gästen

Trotzdem sorgten auch jene simplen Flügelangriffe mit grundlegendem Dreiecksspiel und klarem Raumöffnen für mehr Dynamik im Vorwärtsgang, als die Hannoveraner auf den Platz zu bringen vermochten. Durch die Probleme im Aufbau und auf den Sechserpositionen sowie die vielen langen Bälle fanden die Angriffsspieler der Gäste überhaupt wenig in die Partie. Das wirkte sich möglicherweise vereinzelt zusätzlich in Form unterschwelliger Hektik auf den Rhythmus aus, aber vor allem machte auch deren Ausrichtung Probleme.

Von rechts versuchte Karaman neben Diagonalläufen in die Spitze viele Dribblings zu initiieren, doch in diesen Szenen wurde zu sehr die individuelle Aktion forciert: Die freilaufenden Mitspieler bewegten sich so, als solle ihm nur Raum geöffnet werden, anstatt für Unterstützung oder Folgeoptionen zu sorgen. Am Ende konnten die Dribblings kaum Effekt erzeugen und verfingen sich in der recht disziplinierten Frankfurter Rückzugsbewegung. Auf der Zehnerposition wirkte Kiyotake diesmal etwas unsicher und bisweilen zu attackierend in seiner Positionsfindung.

Allerdings fand der Japaner auch kaum Verbindungen, an denen er sich hätte entlang hangeln können. Das kam vor allem durch die passiven Rollen von Hugo Almeida und Edgar Prib zustande, zumal auch die Sechser ins Angriffsdrittel wenig beitragen konnten. Gerade Letztgenannter erhielt auf links nur eine simple, abspulende Standardflügelrolle, die letztlich ohne Synergien und Mehrwert fast schon verschenkt wurde. Gelegentlich konnte er mal etwas Raum öffnen oder die Stabilität erhöhen, aber wirklich eingebunden war er nicht – nur acht Pässe spielte er vor dem Pausentee.

Bei Hugo Almeida nahm die Einbindung mit der Zeit ab. Der Portugiese sollte sich anscheinend stärker auf ballfernes Ausweichen konzentrieren, um für weite Verlagerungen oder Diagonalbälle zur Verfügung zu stehen. Nur fehlte er damit als Anspielstation für die ohnehin schon oft allein gelassenen Kollegen, kam sich stattdessen fast mit Prib in die Quere, da jenes Absetzen oft nach links gerichtet war. In der Anfangsphase noch gelegentlich auftretende Szenen, bei denen er zentral an der letzten Linie Vertikalpässe für Kiyotake in den Zehnerraum ablegte und anschließend nach vorne startete, fanden später kaum mehr statt.

Schnellangriffe hinter Absicherungslücken

Am gefährlichsten wirkte Hannover ausgerechnet nach eigentlich fehlgeschlagenen Aufbauversuchen wegen gegnerischer Absicherungsprobleme. Gerade in der Anfangsphase war dies der Fall: Aufgrund der zugrundeliegenden Mannorientierungen war Frankfurts Mittelfeld schon etwas einfach organisiert und wurde teilweise auseinandergestreckt. Zwar konnten sie mit ihrem frühen Zustellen zunächst lange Bälle provozieren, dann aber nicht immer schnell genug nach hinten rücken, um die Lücken hinter den Achtern zu schließen. So gewann Hannover immer mal Abpraller und leitete dann aus eben diesen Räumen Schnellangriffe ein.

Diese liefen etwa über Kiyotakes Dribblings oder die balltreibenden Diagonalläufe von Gülselam nach rechts, wofür dann Karaman entgegengesetzt in die Spitze zog. Doch auch wenn die Ausgangssituation – teilweise offene Szenen in Gleichzahl – dabei vielversprechend aussehen konnten, schaffte Hannover es nicht, den langen Weg bis zum gegnerischen Strafraum strukturiert auszuspielen. Im Normalfall lief die beteiligte Spielergruppe bloß vorwärts, jemand trieb den Ball und die Kollegen versuchten verschiedene Tiefenläufe anzubieten – aber wenig abgestimmt, besonders oder kreativ.

Zweite Halbzeit ohne großen Effekt

Auch die zweite Halbzeit brachte bei den diesmal insgesamt enttäuschenden Gästen wenig Besserung. Wieder versuchte es Schaaf später mit offensiverer Besetzung und Kiyotake als zweitem Sechser in 4-1-3-2-hafter Interpretation. Der Japaner konnte die weiten zentralen Räume hinter der hohen Sturmspitze aber nicht alleine abdecken, überbrücken und gleichzeitig dann auch noch gestalten. Durch Pribs phasenweise tiefere Position gab es zwar Tendenzen zu einem asymmetrischen 4-3-3 mit Almeida links, doch wäre dies – falls so gedacht – eine unsaubere, inkonsequente Umsetzung der Idee gewesen, die daher nicht tragen konnte.

Zum Ende suchten die Gäste ihr Glück immer mehr in Flügelangriffen mit Flanken und verstärktem Fokus auf die langen Bälle, aber das war nicht das zündende Mittel, mit der man das Ruder noch hätte herumreißen können. Bei Frankfurt setzte Niko Kovac für die letzten Minuten mit der Umstellung auf die Fünferkette auf Stabilität. Seiner Mannschaft gelang es, das 1:0 über die Runden zu bringen. Um sich aus dem weiteren Abstiegskampf zu lösen, wird es aber noch einer weiteren Steigerung der Hessen bedürfen, wenngleich die Einbindung von Huszti und Ben-Hatira Potential andeutete. Für Hannover sieht es immer düsterer aus – zumal diesmal auch kaum mehr gewisse Positivansätze etwas Hoffnung versprächen.

JayJay 23. März 2016 um 13:56

Als Fan der Eintracht freut mich ein wenig, dass sich das Spiel gegen den Ball verbessert zu haben scheint. Habe gegen Hannover durchaus viele Ballgewinne in guten Positionen gesehen. Bei eigenem Ballbesitz standen mir allerdings oft die Haare zu Berge. Selbst ohne jeglichen Gegnerdruck kam es da zu haarsträubenden Fehlpässen. Allgemein fehlt es an Synergien und ein eigener Spielaufbau, der diesen Namen verdient kommt praktisch nicht vor. Dabei verstehe ich z. B. nicht, warum man einem Ayhan, den ich bei Schalke immer als durchaus spielstark wahrgenommen habe, keine Chance gibt. Stattdessen setzt man auf die Kämpfer „alter Schule“ und Blutschweißtränenrhetorik. Ich finde das beschämend, angesichts derart vieler vielversprechender, talentierter Spieler im Kader (Ayhan, Stendera, Fabian, Gacinovic, etc). Insgesamt sehe ich auch angesichts des Restprogramms dann doch sehr schwarz… Seht ihr irgendwo Hoffnung? Wie müsste die SGE bei ihrem Kader spielen, um ihr Potential auszureizen?

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Kvist4 22. März 2016 um 18:29

In meinen Augen fehlt es 96 an qualität Im spielaufbau. Das ist einfach schwach. Einen fortschritt sehe ich darin das schaaf nicht mehr mit zwei stürmern spielt. Szalai und almeida Sind sich einfach zu ähnlich und 96 spielt sich sowieso nicht genügend chancen heraus die die beiden verwerten könnten. Wen ich diese saison wirklich stark finde ist kiyotake. Ohne den geht bei 96 gar nichts. Mich würde mal interessieren wen ihr von kiyotake,didavi und Malli am stärksten Findet.

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