FC Barcelona – Levante UD 5:0

In der vergangenen Woche hatte es die erste Saisonniederlage für den Meister aus Katalonien gegeben. Vor dem anstehenden Clásico wartete man gespannt auf die Reaktion der Mannschaft Guardiolas im Spiel gegen das unangenehm zu spielende Überraschungsteam Levante.

Grundformationen

Taktische Ausrichtungen

Guardiola entschied sich für das neue, oftmals eingesetzte 3-4-3/3-3-4 und einen Großteil seiner besten Stammkräfte. Puyol spielte zentral in der Abwehr, so dass Mascherano rechts agieren musste, doch nach einer guten halben Stunde musste der Kapitän verletzungsbedingt ausgetauscht werden und man stellte mit der Hereinnahme von Alves auf eine etwas bekanntere Ordnung um. Im Mittelfeld arbeiteten Busquets als Takthalter und Absicherung, Xavi als ominpräsenter tiefliegender Spielmacher und der extrem spielintelligente und technisch starke Iniesta in bewährter Manier. Messi spielte seine Paraderolle als Falsche 9 mit leichtem Drang nach rechts und vielen Freiheiten, während Fábregas erneut ein Pärchen mit ihm bildete, doch seine Rolle war freier als gewohnt und sollte einen entscheidenden Schlüssel darstellen. Auf den Außenbahnen hielten Cuenca und Alexis (die im Spielverlauf untereinander auch die Seiten tauschten) zunächst die Breite, doch Letzterer hatte hier etwas mehr Freiraum und zog mit seiner Dynamik auch stärker zur Mitte, während Cuenca breiter stand, dafür aber sehr häufig das Dribbling suchen und dann den Ball von der Grundlinie flach zurück spielen konnte, was gut klappte und das Spiel gewiss bereicherte.

Durch die Rolle von Alexis wurde der Effekt der asymmetrischen Formation Barcas auf jene des Gegners noch erhöht, denn das Loch auf der halblinken Seite zwischen dem Flügelspieler und Abidal konnte so durch den angriffslustigen Javi Venta und den nach innen ziehenden Valdo ausgenutzt werden, was eine der großen Besonderheiten im Offensivschemata Levantes war. Defensiv reihte man sich in einem sehr tiefen, defensiven und kompakten 4-5-1 auf, wobei die drei zentralen Mittelfeldspieler fluid und flexibel zu agieren versuchten, indem sie sich den Bewegungen ihrer Gegner anpassten anstatt eine feste raumorientierte Ordnung durchzuziehen. Auf diese Weise hatte Getafe den Blaugrana den Zahn gezogen, doch Levante stellte es etwas anders an – die beiden äußeren Mittelfeldspieler agierten sehr eng, passten sich Barcelona an und verdichteten zusätzlich das Zentrum, doch das Besondere war, dass Iborra eine leicht tiefere und absichernde Rolle ausfüllte, während das Attackieren des ballführenden Spielers im Dreieck von seinen zwei Kollegen und dem näheren Außenspieler ausgeführt wurde, so dass eine Art 4-3-2-1/4-1-2-2-1 in der Verschiebebewegung entstand. Weiterhin sehr interessant war die Rolle von Ballesteros, der nicht mit seinem Innenverteidiger-Kollegen auf einer Linie stand, sondern entweder etwas tiefer zur Sicherung und Verteidigung des eigenen Strafraums und Abfangen von Lochpässen Messis oder Xavis oder etwas höher agierte, damit er die diagonalen Läufe von halbrechts blocken bzw. durch eine Dreiecksbildung mit del Horno und Iborra auch in den tiefsten Zonen die Räume kompakt halten konnte, was allerdings schon nach vier Minuten beim 1:0 scheiterte.

Warum Levantes Konzept mehrere Striche durch die Rechnung gemacht wurden

Letztlich wurde dieses Ziel der zu haltenden Kompaktheit von den Gästen aus Valencia keineswegs erreicht. Barcelona fand früh zu seinem Spiel und konnten den tief stehenden Gegner relativ einfach einschnüren, indem man sie mit Manpower nach hinten drängte und Koné von seinen Teamkollegen isolierte. In den entscheidenden Szenen nutzte man die sich bietenden Räume in der gegnerischen Formation dank der eigenen Klasse gnadenlos aus – Cuenca bekam zu viel Raum, beim Verschieben auf die rechte Seite wurde der Raum am langen Pfosten immer frei, Iniesta fand kleine Fleckchen an Raum, die ihm aber reichten, während Cesc und Messi sich gegenseitig befruchteten.

Problematisch bei Levante war, dass sie beim Anlaufen des ballbesitzendes Gegners zwar mit der richtigen Dynamik agierten und die Läufe auch ruckartig timten, um den Rückpass zu forcieren ohne die Stabilität zu verlieren, doch in zu vielen Situation unnötig liefen, da der Pass nicht verhindert hätte werden müssen, oder zu spät anrückten und damit aus dem Spiel genommen werden konnten.

Letzter entscheidender Faktor für die Katalanen war wie bereits angesprochen Cesc Fábregas. Zu seiner Rolle gehörte sowohl das weite Fallen-Lassen zur Unterstützung des Spielaufbaus als auch das weiträumige Rochieren im letzten Drittel mit Messi, so dass der jeweils eine vom anderen direkt oder indirekt Raum geöffnet bekommen würde, während der andere seine Position kurzfristig recht deutlich verlassen und ebenfalls loskommen könnte. So rochierte Cesc stark auf beide Flügel, um entweder die Mitte oder die dorthin zeigenden Laufwege für Messi zu öffnen, oder besetzte im richtigen Moment den Raum, der in vorderster Front unbewacht blieb, wenn der sich entfernende Messi verfolgt wurde.

Entscheidend in diesem Zusammenhang war wohl, dass alle anderen sieben „Offensivspieler“ ihre Rollen leicht verändert zu den letzten Spielen ausführten, nämlich fast so wie es im letzten Jahr im 4-3-3 der Fall gewesen war – das hieß natürlich zum einen, dass Levante die Spielerrollen anders erwartet hatte und zu verteidigen versuchte, wodurch eben jene Räume entstanden, und dass man quasi so wie letztes Jahr spielte, nur dass man einen zusätzlichen freien Spieler im Angriff hatte – es war Cesc, der daraus viel machte.

Alle diese drei genannten Punkte – das zu späte Anlaufen, der freie Raum auf halblinks (s. auch Spielgrafik) und die unberechenbare Rolle von Fábregas schlugen sich im 1:0 nieder, welches als ein perfektes Beispiel für die Taktik dieses Spiels dienen darf.

Die Verteilung der Torschüsse mit Konzentration auf halblinks war ein häufig gesehenes Bild bei Barca: Dadurch, dass ihr Spiel sich stark auf den halbrechten Bereich fokussiert, bleibt die halblinke Seite häufig unbewacht und der dortige Flügelspieler kann bei einer schnellen Seitenverlagerung an den Ball kommen. Bei Barcelona ist dies besonders heftig, da man höher steht und die Verlagerungen ebenso höher, tornäher und damit für Schüsse geeignet macht, durch einen Vierersturm der hinterste sowieso freier ist als bei einem Dreiersturm, Messi und Fábregas extrem viele Gegner ziehen, Barcelona mit ihrer extremen Zentrumsballung beide gegnerischen Außenspieler beim Verschieben stark nach innen zwängen, die diagonalen Läufe mit anschließendem Anspiel Messis so dynamisch sind, dass man sie schwerer stoppen kann und stärker beobachten muss, und mit Iniesta auf jener Seite direkt in der Nähe des an den Ball kommenden Flügels ein Spieler positioniert ist, dessen off-the-ball-runs zu den besten des Planeten gehören.

Fazit

Schlussendlich lässt sich als Fazit ein relativ lockerer Sieg für die Katalanen bescheinigen, die diesmal auch bei den Statistiken wieder ihr übliches Niveau mit ca. 75 % Ballbesitz erreichten. Vor dem Aufeinandertreffen mit Real Madrid lässt sich ein Favorit kaum benennen, denn beide Mannschaften sind extrem stark, so dass es wohl die Matchtaktik sein dürfte, die den kleinen Unterschied ausmachen wird, worauf man sich sicherlich bereits freuen wird. Unterschätzen sollte man die Form des FCB allerdings nicht, denn es wäre nicht das erste Mal, dass man in einem wichtigen Spiel nach zuletzt schwächerer Form eine Top-Leistung ablieferte.

maba 5. Dezember 2011 um 13:20

was ist eigentlich mit villa bzw. pedro, warum kommen die beide heuer zu so wenig einsatzzeiten?

gespannt bin auch schon auf real:
ich denke sie werdn sehr defensiv stehen und versuchen aggressiv in die zweikämpfe zu gehen, was in den letzten classicos eigentlich relativ gut funktionierte. im gegensatz zu den fiaskos wo sie versuchten mit barca mit zu spielen und beide mal (2:6, und 0:5) schwer geprügelt wurden.

ich glaube auch, dass mourinho wieder mit 3 dm spielen wird. ich bin schon sehr neugierig, ob er diesmal özil die chance gibt, über 90 minuten zu spielen (klar wird vom spielverlauf und seinem matchplan abhängen) nachdem dieser doch in den letzten classicos ziemlich versagt hat.

an der stelle von guardilo würde ich das 4-3-3 spielen und nicht auf das mmn noch nicht perfektionierte 3-4-3. bei einem 3-4-3 denke ich auch, dass die konteranfälligkeit doch etwas zu hoch sein würde.

auf alle fälle bin ich schon sehr gespannt auf den diesjährigen classico

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Anonym 5. Dezember 2011 um 21:23

Pedro hat in dieser Saison noch eine relativ große Formschwäche.
Bei Villa gilt dasselbe, aber ich denke, dass er trotzdem gute Chancen hat, um am Samstag auflaufen zu können.
Kann mir nicht ganz vorstellen, dass Cuenca in so einem wichtigen Spiel in der Startelf steht und Iniesta sehe ich nur ungern als LA.

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Blank 4. Dezember 2011 um 22:36

Also bei Abidal hab ich gegen die Offensive von Madrid etwas Bauchschmerzen. Der hat in den letzten Wochen regelmäßig Konzentrationsfehler und einfache Ballverluste in seinem Spiel und scheint mir auch relativ langsam zu sein. Muss aber gestehen, dass ich keine Ahnung habe wie auf links die Alternative aussehen könnte.

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Tank 5. Dezember 2011 um 00:19

Da Adriano ja noch angeschlagen ist, sehe ich da keinen, der ihn ersetzen könnte. Wobei Puyol auf außen ja eine gewisse Vorgeschichte hat, was die Classicos angeht. Maxwell ist momentan sicherlich keine Option.

Ich muss aber sagen, dass ich Abidal eigentlich in den letzten Wochen als recht solide gesehen habe. Vielleicht nicht so überragend wie vor seiner Erkrankung, aber auch nicht so wackelig wie im Spiel gegen Valencia. Außerdem bringt er dringend benötigte Kopfballstärke mit.

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James 4. Dezember 2011 um 18:27

Gewohnt starke Analyse!
Ich finde es interessant wie sich in wenigen Monaten Fabregas ‚transformiert‘ hat. Aus dem deeplying-plamaker wurde ein Spieler der ohne Ball fast wichtiger ist.

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Tank 4. Dezember 2011 um 16:15

Sehr schöne Analyse, wie gewohnt. Was auch für einen Laien wie mich ersichtlich war, ist, dass Levante nie eine akzeptable Raumdeckung gefunden hat und Barca dies zu nutzen wusste. Mir war nicht klar, ob das primär ein Versagen Levantes war oder das Ergebnis des geschickten Rochierens von Fabregas und Co. Danke für die Aufklärung!
Ohne irgendwelche Ansprüche erheben zu wollen, aber: Macht ihr eine Preview auf den Classico? Als eingefleischter Culé läuft mein Kopf spätestens seit gestern heiß, wie man gegen Real spielen sollte. Grundlegende Formation (4-3-3), Abwehr (Alves-Pique-Mascherano-Abidal) und Mittelfeld (Xavi-Busquets-Iniesta) scheinen (!) sich von selbst zu besetzen, aber wie Barca im Sturm wohl spielen wird ist mir ein Rätsel. Geht man nach der individuellen Klasse und Form wäre Sanchez-Fabregas-Messi die Angriffsreihe der Wahl, aber da sowohl Messi als auch Sanchez nach innen ziehen werden und Fabregas auf außen nun auch nicht erste Wahl ist, scheint diese Reihe nicht die gewünschte Breite ins Angriffsspiel bringen. Mein Vorschlag (inlusive Überraschungskandidat) wäre Sanchez-Messi-Cuenca, aber ich bin wie gesagt sehr gespannt, was ihr dazu so denkt.

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