Mjällby AIF: Eine Analyse des Ballbesitzfußballs des schwedischen Meisters – MH

Mjällby AIF ist schwedischer Meister. Zum ersten Mal in der Geschichte hat es das 1.300 Einwohner große Fischerdorf geschafft, die Konkurrenz aus den größeren Städten zu übertrumpfen – auch mithilfe eines außergewöhnlichen Offensivfußballs.

„Europas Sensationsmannschaft kommt aus einem winzigen Fischerdorf an der schwedischen Südküste. Der Sportdirektor: ein Landwirt. Der Trainer: ein ehemaliger Schuldirektor. Die Geschichte von Mjällby AIF: ein Wunder?“ – Dorfklub Mjällby AIF mischt Schweden auf: Einsame Spitze – 11FREUNDE

„Eine einzigartige Geschichte im Fußball: In Schweden feiert Mjällby AIF aus einem kleinen Fischerdorf und ohne viel Geld die Meisterschaft. Auch dank des Fußballdoktors.“ – Mjällby AIF: Der Meister aus dem Fischerdorf | DIE ZEIT

„Vor nicht einmal zehn Jahren stand der Dorfklub vor dem Absturz, an diesem Wochenende könnte Mjällby der kleinste Ort werden, der je einen europäischen Meister hervorgebracht hat.“ – Mjällby könnte Meister werden: Bekommt Schweden einen Sensationsmeister – 11FREUNDE

„Immer den Strand entlang, am Campingplatz links: Wer im schwedischen Fischerdorf Hällevik zum Stadion von Tabellenführer Mjällby AIF möchte, muss nicht lange suchen. ‚Wir spielen da, wo die Welt endet und das Meer anfängt‘, lautet die Wegbeschreibung des Klubs zu seiner Heimat mit dem schönen Namen Strandvallen.“ – Fußball: Warum der Dorfklub Mjällby AIF Meister in Schweden werden könnte | sportschau.de

“For Mjällby’s opponents, a trip to the far south of Sweden feels like a journey to the Earth’s end. ‘When teams come on here on the bus they drive and drive, through the farms, past the fishing harbours,’ says Hasse Larsson. ‘They keep driving and then, when they can’t drive any further, they find our stadium.’” – Mjällby making minor miracles in an extraordinary Swedish football story | European club football | The Guardian

“’It’s 1,500 inhabitants in the village where they play, and you’re just flabbergasted when you see this elite football going on,’ Erik Hadzic – a reporter for TV4 Fotbollskanalen, who has covered the team for the last five years – tells CNN Sports. ‘Mjällby winning the Swedish championship is arguably the biggest sensation in the history of the Swedish league.’ The tiny team from Hällevik has not just won the league, either. It has absolutely blown away the competition.” – Mjällby AIF: How a tiny Swedish team achieved one of the biggest ever shocks in European soccer | CNN

Mjällby AIF hat es geschafft, so ziemlich überall in den Medien zu landen. Durch die schwedische Meisterschaft nimmt der kleine Dorfclub nun auch an der Champions League Qualifikation teil und hat somit die Chance, sich mit den ganz Großen zu messen. Dieser Artikel soll aufklären, mit welchem Fußball Mjällby schwedischer Meister geworden ist. Da das Ballbesitzspiel Mjällbys dabei hervorsticht, fokussiert sich diese Analyse ausschließlich hierauf.

Als Hauptverantwortlicher für den Offensivfußball Mjällbys gilt Co-Trainer Dr. Karl Marius Aksum. In seiner Dissertation schrieb er über die visuelle Wahrnehmung, genauer das Scanning von Profi-Fußballern. Scanning wird dort definiert als „all head movements away from the ball with the intention of gathering performance-related information from one’s surroundings.” Warum das Scanning wichtig ist, zeigt Aksum durch Gibsons Ökologische Wahrnehmungstheorie auf.

Diese betont, dass Wahrnehmung untrennbar mit Handlungsmöglichkeiten verknüpft ist. Menschen nehmen nicht nur Objekte wahr, sondern vor allem die Möglichkeiten für Handlungen, die diese Umgebung ihnen bietet (Affordanzen). Im Fußballkontext übersetzt: Nur wenn ein Spieler die relevanten Gegebenheiten der Situation erkennt, wie zum Beispiel die Position des Gegners, eine Passoption oder den Laufweg eines Mitspielers, kann er passende Entscheidungen treffen. Bleiben solche Handlungsmöglichkeiten aufgrund eines schlechten Scannings unentdeckt, werden sie auch nicht genutzt.

Im Gegensatz zu den meisten bisherigen Forschungen auf dem Gebiet des Scannings im Fußball nutzte Aksum für die Spieler spezielle Sportbrillen mit einer Eye-Tracking-Technologie und sammelte die Daten bei klassischen 11 gegen 11 Spielen. Durch die spielnahen Daten konnte Aksum deutlich realitätsnähere Ergebnisse erzielen. Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass ein Scan im Mittel etwa 0.40 Sekunden dauert und 90.3 Prozent aller Scans kürzer als 0.66 Sekunden sind. Fixationen treten dabei nahezu nicht auf, denn nur 2.3 Prozent der Scans enthalten eine solche und diese dauern deutlich länger als normale Scans.

Zudem wird hervorgehoben, dass Spieler in dieser kurzen Zeit keine Details wie Gesichter aufnehmen, sondern vor allem Bewegungen und Farben erfassen. Für die Trainingspraxis bedeutet das, dass Übungen, die eine längere oder detaillierte Informationsaufnahme während des Scannens verlangen, wenig realitätsnah sind. In Spielsituationen erlaubt die kurze Scandauer lediglich das schnelle Erfassen grundlegender raum- und farbbezogener Informationen. Die Dissertation habe ich hier verlinkt. Auf das Thema des Scannings wird zudem in einem anderen zukünftigen Artikel detaillierter eingegangen, eventuell in einem etwas anderen Format.

Vor Aksums Ankunft vor 2 Jahren tat sich Mjällby sehr schwer damit, nach Rückständen Spiele zu drehen. Folglich schreib Mjällby eine Stelle aus, die jenes Problem beheben sollte – mit Erfolg. Karl Marius Aksum wurde inzwischen zur neuen Saison 2026 zum Cheftrainer ernannt und löst damit den äußerst führungskompetenten Anders Torstensson ab, welcher zum „technischen Direktor“ ernannt wurde. Inzwischen schafft es Mjällby sowohl hoch pressende Gegner auszuspielen, als auch gegen tief stehende Gegner Chancen zu erspielen.

Um diese Analyse schreiben zu können, habe ich 6 verschiedene Spiele analysiert. Da 6 Spiele nur eine begrenzte Auswahl sind und Teile des Ballbesitzspiels dadurch möglicherweise verzerren könnten, möchte ich die analysierten Spiele im Folgenden aufführen: Mjällby 4:1 Degerfors; AIK 2:1 Mjällby; Norrköpping 1:1 Mjällby; Mjällby 2:0 AIK; Malmö 1:3 Mjällby; Mjällby 2:0 Elfsborg.

Im Übrigen habe nicht ich die Vorauswahl der Spiele getroffen, sondern der bereits erwähnte Karl Marius Aksum. Entsprechend bin ich zuversichtlich, dass der Großteil des Spiels von Mjällby in diesen 6 Spielen umfasst ist. An dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank für die Offenheit! An geeignetes Videomaterial aus der Allsvenskan zu kommen, ist schließlich deutlich schwieriger als gedacht.

Eine erste Vorstellung Mjällbys: Spieler, Staffelung und Grundsätzliches

Grundsätzlich agiert Mjällby aus einer nominellen 1-3-2-4-1 Staffelung heraus. Torhüter Törnqvist ist unfassbar stark mit Ball am Fuß. Dementsprechend wird er auch immer in den Spielaufbau von Mjällby über eine Torwartkette eingebunden. Baut Mjällby aus einer 4er Kette auf, kann er sowohl den rechten, als auch den linken Innenverteidiger geben. Sehr häufig sucht er gegnerüberwindende, flache Pässe durch das Zentrum. Die Fähigkeiten Törnqvists sind auch Como, aktuell fünfter der Serie A (Stand Dezember 2025), aufgefallen, sodass diese ihn bereits verpflichtet haben. Auch Como baut unter Trainer Cesc Fàbregas immer wieder flach mithilfe des Torhüters auf.

Die 3er Kette setzt sich häufig aus dem rechten Innenverteidiger Iqbal, dem zentralen Innenverteidiger Norén und dem linken Innenverteidiger Pettersson zusammen. Insbesondere Iqbal schob in bestimmten Spielen im Spielaufbau etwas höher. Er ist trotz seiner Größe von 1,92m technisch sehr stark und kann deshalb je nach Gegner auch die etwas höhere und breitere Außenverteidiger Rolle einer 4er Kette übernehmen. Im Spiel gegen einen tief stehenden Gegner werden beide äußeren Innenverteidiger der 3er Kette offensiv mit eingebunden. Mehr dazu später.

Die Außenverteidiger der 5er Kette sind auf rechts Johansson und auf links Stroud. Johansson ist einer der erfahreneren Spieler mit 28 Jahren und hat mit die meisten Spielminuten. Er sorgt häufig für Tiefgang hinter die gegnerische letzte Kette, ist schnell und gleichzeitig körperlich stark. Johansson ist zudem der erste Spieler Mjällbys, der für die schwedische Nationalmannschaft eingesetzt wurde. Linksverteidiger Stroud wurde gegen Ende der Saison hingegen auch im Zentrum als 10er eingesetzt. Als erster Ersatz gilt Linksverteidiger Stavitski. Die Außenverteidiger Mjällbys können generell auf allen erdenklichen Höhen agieren. Je nach Gegner werden sie auch asymmetrisch eingesetzt. Häufig sind sie die Breitengeber, wenn Mjällby mit 2 Breitengebern spielt…

Das Zentrum Mjällbys ist so etwas wie der Heilige Grahl im Spielaufbau. Grundsätzlich setzt es sich im 1-3-2-4-1 aus 2 Zehnern und 2 Sechsern zusammen – allerdings nur grundsätzlich… Um Mjällbys Spielaufbau besser verstehen zu können, bin ich im Laufe der Analyse dazu übergegangen, die Staffelung als beispielsweise 1-3-Raute-w2-d1 (w=wide, d=deep) / 4-Trapez-1-w2/ 1-3-Y-2-d1 / … zu beschreiben. Durch die Perspektive, das Zentrum gesondert zu betrachten, lassen sich die unterschiedlichen zentralen Staffelungen besonders hervorheben. Mjällby setzt im Zentrum je nach Höhe des Aufbaus und je nach Gegner auf unterschiedliche Anordnungen, mit unterschiedlich vielen Zehnern, Achtern und Sechsern. Gleich bleibt, dass es immer 4 Zentrumsspieler gibt. Das in der Staffelung beschriebene w2 (wide 2) steht für die Außenverteidiger. Die Beschreibung w2 ist allerdings nicht ganz korrekt, da die Außenverteidiger, wie bereits erwähnt, auch die Breite verlassen können.

Sechser Gustavsson ist im Zentrum eigentlich immer gesetzt. Er agiert immer aus der tiefsten Rolle im Zentrum, nahe an der Abwehrkette und ist zudem der Kapitän der Mannschaft. Zusätzlich war bis zu seinem Weggang im Sommer der spielstarke Sechser bzw. Achter Rojkjaer gesetzt. Ersetzt wurde er je nach Gegner durch verschiedene Spieler, wie Achter Thorell, Linksverteidiger Stroud oder Zehner Kjaer. Als rechter Zehner oder Achter agiert zumeist Gustafson (zu unterscheiden von Sechser Gustavsson).

Besonders hervorzuheben ist der linke oder zentrale 10er Manneh. Er ist sprint- und antrittsstark sowie sehr gut im Dribbling in die Tiefe. Neben Außenverteidiger Johannson sorgt Manneh immer wieder für Tiefgang oder schafft es, seinen Gegner zu überdribbeln, um für Überzahl zu sorgen. Er wird bereits mit verschiedenen Vereinen der ersten beiden englischen Ligen in Verbindung gebracht. Seine Leistung ist insbesondere vor dem Hintergrund, dass Mjällby als Mannschaft die wenigsten Dribblings der Liga verzeichnet, umso bemerkenswerter. Dribblings sind schlicht und ergreifend kein besonders häufig genutztes Angriffsmittel von Mjällby, dennoch fällt Manneh hier auf.

Als einziger Stürmer agiert zumeist der ebenfalls erfahrene Bergström. Er wird als Wandspieler genutzt, häufig im Spielaufbau gesucht und sorgt für Ablagen auf die nachstartenden Zentrumsspieler. Bei hohen Bällen ist er der erste Zielspieler.

Das Ballbesitzspiel Mjällbys ist nicht der einzige Faktor für den Erfolg des schwedischen Meisters. Natürlich beinhaltet Mjällbys Spiel auch weitere interessante Aspekte, wie das ballnahe Überladen bei gegnerischem Einwurf oder den Zentrumsfokus im eigenen Pressing. Im Offensivspiel werden zudem Einwürfe häufig lang in den Strafraum geworfen und Standards spielen eine wichtige Rolle. Das Ballbesitzspiel ist jedoch eines der interessantesten in Europa ist, da es über völlig andere Staffelungen und Abläufe funktioniert als üblich. Entsprechend liegt der Fokus in der Teamanalyse hierauf.

Spielaufbau gegen Angriffspressing / bei Zustellen des Gegners

Mjällbys Spielaufbau unterscheidet sich stark je nach gegnerischem Pressing. Das sorgt natürlich auch für Probleme in der Analyse. Zwar gibt es allgemeine Prinzipien, diese sorgen jedoch nicht dafür, dass Mjällby den immer gleichen Mustern folgt. Im Gegenteil, Mjällbys Spiel ist insbesondere im Spielaufbau gegen Angriffspressing und Zustellen des Gegners besonders unterschiedlich. Vorrangig unterscheiden sich die Staffelungen und Zielräume, die Mjällby je nach Schwäche des Gegners bespielen will. Deshalb werde ich im Folgenden die Analyse des Spielaufbaus auf die entsprechenden Spielpaarungen aufteilen.

Mjällby – Degerfors (4:1) am 27.04.2025

Mjällby startete in diesem Spiel wie üblich aus einem 3-2-4-1. Im Zentrum gab es allerdings eine Besonderheit. Mit Bang-Kittilsen und Manneh spielten zwei klassische 10er, sodass mit Gustafson ein weiterer 10er/8er auf der nominellen Sechserposition auflief. Je nach Spielphase konnte Mjällby dadurch auf 3 gelernte 10er setzen und aus einer 1-3 Struktur im Zentrum aufbauen.

Degerfors wiederum presste aus einem 5-4-1 bzw. 5-2-3 im Angriffspressing. Wie üblich in der schwedischen Liga verzichtete man auf das manndeckende Zustellen und blieb stattdessen bei einer +1 respektive +2 Überzahl auf der letzten Kette. Folglich lief Degerfors nicht Torhüter Törnqvist an, sondern löste das Pressing nach dem ersten Pass aus. Dadurch, dass die Sechser von Degerfors beide mit hoch schoben, um eine weitere Unterzahl im Zentrum im Pressing zu vermeiden, entstand ein großer Zwischenkettenraum zwischen Mittelfeld- und Abwehrkette. Zusätzlich rückten die gegnerischen Halbverteidiger der 3er Kette nicht in den Zwischenkettenraum vor, sondern blieb in der Absicherung auf Höhe der letzten Kette.

Degerfors baut aus einem 4-Trapez-3 auf und sucht den Übergang zu drei Zehnern, um den großen Zwischenkettenraum im 5-4-1 Pressing Degerfors‘ zu bespielen.

Mjällbys Ziel war es dementsprechend logischerweise, den großen Zwischenkettenraum zu bespielen. Mithilfe des Torhüters als Überzahlspieler und den 3 Zehnern konnte dieser Raum auch hervorragend belaufen werden. Als Ausgangspunkt für den Spielaufbau gegen Degerfors diente das 4-Trapez-3. Die beiden Außenverteidiger Stroud und Johansson schoben beide auf die Höhe von Stürmer Bergström an die Mittellinie hoch und banden damit die Außenverteidiger der gegnerischen 5er Kette.

Ein typisches Merkmal Mjällbys im Spielaufbau gegen ein passiveres Angriffspressing/ Blocken ist die enge 4er Aufbaukette auf einer Höhe. Die beiden äußeren Innenverteidiger schieben in der Breite in etwa auf die Sechzehnerkanten. Der zentrale Innenverteidiger (meist links) und der Torhüter (meist rechts) geben dabei die beiden Innenverteidiger der 4er Kette. Die besondere enge der 4er Reihe ist dabei bemerkenswert. Während in den europäischen Topligen häufig aus einer etwas breiten 3er Kette aufgebaut wird, positioniert Mjällby gleich 4 Spieler eng auf einer Höhe.

Ziel dahinter ist neben der numerischen Überzahl wahrscheinlich, die Passwege um den Pressingblock herum zu ermöglichen. Durch die flache, enge Positionierung der 4er-Ketten-Außenverteidiger und der hohen Positionierung der nominellen Außenverteidiger Johansson und Stroud wird die gesamte Außenbahn geöffnet. Typischerweise lässt sich dorthin einer der zentralen Spieler abkippen, um anspielbar zu werden. Der Passwinkel auf die Außenbahn ist dabei optimal, da der Sechser nicht gezwungen ist, bis weit an die Außenlinie abzukippen. Stattdessen kann der abkippende Spieler auch weiter im Zentrum gefunden werden, hat kürzere Wege und kann ebenso schneller über das Zentrum weiterspielen.

Aufgrund der engen 4er Aufbaukette und der hoch geschobenen Außenverteidiger können die 10er um den Block herum anspielbar werden und müssen dazu nicht bis an die Außenlinie abkippen.

Das Herz des Spielaufbaus in diesem Spiel ließ sich im Zentrum finden. Als Ausgangspunkt diente eine Trapez-Staffelung mit den initial enger positionierten 6ern Gustafson und Gustavsson sowie den etwas breiter positionierten 10ern Bang-Kittilsen und Manneh. Um immer wieder neue Passoptionen zu kreieren, suchten Gustafson, Bang-Kittilsen und Manneh dauerhaft neue offene Schnittstellen und Räume, in denen sie sich positionieren konnten. Initial schob Gustafson meist in den großen Zwischenkettenraum in die Tiefe, wodurch die beiden anderen 10er darauf reagierten und andere Schnittstellen suchten. Dadurch kamen die 3 Spieler ins Rotieren und sorgten für Probleme beim Gegner.

Schließlich herrschte im Zentrum aus Sicht von Degerfors eine Unterzahl gegen die 4 Zentrumsspieler Mjällbys. Suchte einer der 10er die Schnittstelle durch den Pressingblock von Degerfors, so reagierte ein anderer Zentrumsspieler und kreierte eine Anspielstation um den Block. Durch das Abkippen und Schaffen einer Anspielstation um den Block, wurden die Spieler von Degerfors in eine Zwickmühle gezwungen. Schlossen sie den Passweg auf den abgekippten Zentrumsspieler, öffneten sie dadurch neue Schnittstellen durch das Zentrum. Somit schaffte es Mjällby immer wieder durch die rotierenden Zentrumsspieler neue Passwege zu öffnen und das Pressing auszuspielen. Diese Logik wurde zudem im Spiel gegen den mid-block von Degerfors praktiziert, weshalb ich es dort noch einmal auch mit der Unterstützung einer Grafik aufgreifen werde.

AIK – Mjällby (2:1) am 11.05.2025

Mjällby agierte in diesem Spiel hauptsächlich aus einem 3-Raute-w2-d1. Die Raute im Zentrum wurde durch Kapitän Gustavsson als Sechser, Rojkjaer (6er im 3-4-2-1) als linker 8er, Gustafson (10er im 3-4-2-1) als rechter 8er und Manneh als 10er gebildet. Im Gegensatz zum Spiel gegen Degerfors sollten die beiden Außenverteidiger Stroud und Johansson nicht dauerhaft auf Höhe der letzten Kette bleiben. Stattdessen kamen sie insbesondere dann an der Außenlinie entgegen, wenn AIK es schaffte, Druck auf den aufbauenden äußeren Innenverteidiger aufzubauen. Grundsätzlich bleiben die beiden Außenverteidiger Mjällbys im Spielaufbau gegen einen hoch pressenden Gegner die Breitengeber.

AIK suchte im Angriffspressing und insbesondere im Zustellen die reine Manndeckung. Im Gegensatz zu den anderen Gegnern Mjällbys stellte AIK keine Überzahl auf der letzten Linie her. Stattdessen suchte einer der Innenverteidiger direkt den Zugriff auf 10er Manneh. Zudem pressten die Verteidiger AIKs immer wieder sehr gut von hinten nach vorne auf die Zentrumsspieler manndeckend drauf, um den freien Spieler zu verhindern. Das hatte den großen Vorteil, im Zentrum nicht in Unterzahl anlaufen zu müssen.

Allerdings schaffte es Mjällby insbesondere in den ersten 15 Minuten immer wieder, sich aus der Manndeckung flach aufbauend zu befreien. Dazu setzte Mjällby auf sehr flache 8er sowie einen ballnah entgegenkommenden Außenverteidiger. Es entstand eine Art 5(TW)-3-1-2 Staffelung mit einem hohen Außenverteidiger als ballfernen Stürmer und einem flachen Außenverteidiger als ballnahe Anspielstation. Der Zwischenkettenraum, in welchem sich lediglich 10er Manneh aufhielt, wurde geöffnet, sodass dieser seine Stärken auf großem Raum optimal ausspielen konnte.

Mjällbys 4-3-1-1-w2 mit asymmetrischen Außenverteidigern gegen die Manndeckung von AIK: Indem Rojkjaer im Rücken seines Gegenspielers Überzahl schafft, muss einer der Innenverteidiger AIKs die Manndeckung auf Manneh lockern, um Absicherung herzustellen – Manneh anspielbar.

Mjällby schaffte es insbesondere dann in den Anfangsminuten flach aufzubauen, wenn sie die Manndeckung des Innenverteidigers von AIK auf Manneh „lockern“ konnten. Beispielsweise suchte dazu 8er Rojkjaer im Rücken seines Gegenspielers den Laufweg in den aufgezogenen Zwischenkettenraum. Instinktiv ließ sich aufgrund der kurzzeitigen Unterzahl der manndeckende Innenverteidiger von AIK fallen und Manneh konnte zwischen den Linien als freier Spieler gefunden werden. Generell war ein Ziel Mjällbys im Spielaufbau, das Zentrum zu öffnen, um den Passweg von einem aufbauenden Verteidiger auf Manneh im Zwischenkettenraum oder Bergström auf der letzten Linie zu ermöglichen.

Grundsätzlich hat Mjällby im Spielaufbau das Ziel, den freien Spieler zu finden und darüber auf die ballferne Seite verlagern zu können. Falls möglich, geschieht dies diagonal durch das Zentrum hindurch. Gegen eine Manndeckung hat Mjällby folglich allerdings auch Probleme. Insbesondere nach dem 1:0 Führungstreffer von Mjällby in der 10. Minute suchte AIK noch mehr das Risiko und ging enger in die Manndeckung. Da Mjällby im Aufbauspiel darauf spezialisiert ist, den freien Spieler im Zentrum durch bestimmte Laufwege freizuziehen und zu finden, haben sie Probleme gegen reine Manndeckungen, in denen es diesen freien Spieler nicht gibt. Ein Thema, welches sich durch die gesamte Analyse des Spielaufbaus gegen Angriffspressing zieht und vorrangig nach eigenen Führungen relevant wird, da Gegner dann eher dazu tendieren, die Absicherung und +1 Überzahl auf der letzten Kette aufzulösen.

Natürlich hat Mjällby auch Mittel gegen reine Manndeckungen bzw. gegen das Zustellen bei Abstößen. Gegen AIK ließ sich beim Zustellen des Abstoßes eine klare 5-3-1-2 Staffelung beobachten. Rechtsverteidiger Johansson ließ sich weit fallen, Linksverteidiger Stroud rückte ins Zentrum ein und hoch auf die zweite Stürmerposition. Ziel bei dieser sich wiederholenden Staffelung beim Abstoß war es, den Gegner dazu zu zwingen, entweder ein 3 gegen 3 ohne Absicherung spielen zu müssen oder die Manndeckung zu lösen und stattdessen einen zusätzlichen absichernden Spieler nach hinten zu ziehen.

Mjällbys 5-3-1-2 mit asymmetrischen Außenverteidigern gegen die Manndeckung AIKs bei Abstoß: gegenläufige Bewegungen in vorderster Reihe und „Gegenpressingnetz“ durch nachrückende Spieler.

Da AIK die reine Manndeckung ohne absichernden Spieler im Zustellen von Abstößen wählte, suchte Mjällby meist den langen Ball auf einen der 3 vorderen Spieler, häufig Außenverteidiger Stroud, der in die geöffnete Außenspur entgegenkam und von dort Ablagen auf die nachstartenden Spieler wählte. Die nachstartenden Spieler (3 Zentrumsspieler & ballnaher Außenverteidiger des 5-3 Aufbaus) versuchten sowohl Ablageoptionen zu kreieren, als auch ein „Gegenpressingnetz“ zu bilden, über das zweite Bälle gewonnen werden können. Generell ist auffällig, dass Mjällby durch die starke Zentrumsbesetzung im Spielaufbau gegen hohes Pressing sehr viele zweite Bälle nach Ballverlust gewinnen kann. Auch das ist ein wichtiger Teil des Spielaufbaus von Mjällby.

Gleichzeitig versuchte Mjällby die langen Bälle bei Abstößen durch gegenläufige Bewegungen der 3 vorderen Spieler vorzubereiten. Diese suchten vor dem Ausführen horizontal gegenläufige Bewegungen, um die Manndeckungen zu lockern und bei der Ablage mehr Zeit und Raum zur Verfügung zu haben.

Grundsätzlich fällt zudem auf, je enger der Gegner in Manndeckungen übergeht, desto häufiger wird Stürmer Bergström als Wandspieler genutzt. Geraten die Spieler Mjällbys unter Druck, so geht der Ball häufig auf Bergström, der mit Rücken zum Gegner Bälle festmachen kann und durch Ablagen nachstartende Zentrumsspieler einsetzt. Mjällby schafft es dabei immer wieder durch die Laufwege der Zentrumsspieler das Zentrum bzw. den Passweg auf Stürmer Bergström zu öffnen. Gegen AIK wurde Bergström häufig von Johansson, dem flachen Außenverteidiger Mjällbys, von der Außenlinie aus diagonal gesucht, alternativ direkt durch einen flachen Abwurf von Torhüter Törnqvist. Bergström war auch bei Abstößen logischerweise ein weiterer Zielspieler neben Außenverteidiger bzw. Stürmer Stroud.

Mjällby – AIK (2:0) am 20.07.2025

Da im Sommertransferfenster der eigentlich gesetzte Sechser Rojkjaer zu dem dänischen Erstligisten Nordsjaelland wechselte, wurde dieser im Rückspiel gegen AIK durch Achter Thorell ersetzt. Aufgrund der Wetterbedingungen setzt die Allsvenskan im Winter aus und spielt den Sommer durch. Dementsprechend können Abgänge in die Mitte der Saison fallen. Als halblinker Verteidiger der 3er Kette spielte Pettersson statt Iqbal rollen- bzw. positionsgetreu. Zudem startete im Sturm Johansson statt dem eigentlich gesetzten Bergström.

Im Gegensatz zum Hinspiel gegen AIK setzte Mjällby auf eine etwas andere Struktur im Zentrum. Da der linke Achter Thorell etwas höher als Sechser Gustavsson spielte und der rechte Zehner Gustafson ebenfalls etwas höher als Thorell aufzufinden war, lässt sich diese Struktur weder als Raute, noch als Trapez beschreiben. Am ehesten treffend lässt es sich als „Y-Struktur“ beschreiben. Diese äußerst interessante Struktur besteht aus den in der Höhe und auch leicht in der Breite versetzten Thorell und Gustavsson sowie 2 Zehnern.

Aufgrund der Höhenverschiebung der beiden Sechser entsteht eine Art diagonales „Y“ im Zentrum. Aus diesem können vielfältige gegenläufige Bewegungen mit Ebenenwechseln kreiert werden, die in einer Manndeckung besonders schwer zu verteidigen sind.

Das Y hat einige Vorteile zu bieten, die insbesondere gegen Manndeckungen zum Tragen kommen.  Wichtig ist, dass das Y initial nicht komplett symmetrisch ist. Da Thorell als 8er immer leicht versetzt zu Sechser Gustavsson startete, bildete er entweder mit dem linken oder mit dem rechten Zehner eine Diagonale. Aus dieser können deutlich einfacher und vielfältigere horizontale, gegenläufige Bewegungen, auch mit Ebenenwechseln erzeugt werden. Diese sind in einer Manndeckung besonders schwer zu decken, da sie die gegnerische Staffelung stark durcheinander wirbeln und die Pressingwege sehr weit werden. Übergaben sind hier zudem deutlich schwerer, da aus dem diagonalen Y eine Vielzahl an möglichen gegenläufigen Bewegungen mit Ebenenwechsel kreiert werden können.

Das diagonale Y bietet allerdings noch weitere Vorteile, auch gegenüber einem nicht manndeckenden Pressing. Aus dieser Staffelung lassen sich bei Ballbesitz der Aufbauspieler sehr schnell unterschiedlichste Schnittstellen besetzen und Passwege ins Zentrum lassen sich durch eine einfach zu kreierende seitliche Überladung öffnen. Auch im Ablagenspiel bietet das diagonale Y einige Vorteile. Da direkt mehrere Ebenen besetzt sind, lassen sich durch einfachste Laufwege direkt mehrere unterschiedliche Klatschoptionen bilden. Die Ebenenversetzung sorgt gleichzeitig für ein effektiveres Gegenpressing, da im Umschalten direkt gegenseitige Absicherungen vorhanden sind.

So ließen sich bei Mjällby auch unterschiedlichste Bewegungen aus diesem Y erkennen, die die Anordnungen im Zentrum beinahe zufällig erscheinen lassen. Insbesondere Achter Thorell ließ sich so ziemlich überall auf dem Feld wiederfinden. Hilfreich war auch, dass die Zentrumsspieler untereinander immer wieder die Positionen/ Rollen tauschten. Da jeder Spieler die entsprechende Rolle etwas anders interpretierte, wurde der Spielaufbau für AIK noch schwerer zu fassen. Mjällby schaffte es so, immer wieder erfolgreich aufzubauen. Im Laufe der ersten Halbzeit sah man bei AIK dann auch seltener die Gleichzahl auf letzter Linie, was wiederum einen Überzahlspieler im Zentrum für Mjällby bedeutete.

Im Gegensatz zum Hinspiel stellte AIK Abstöße zunächst mit einer +1 Überzahl auf der letzten Linie her. Mjällby versuchte bei Abstößen ähnlich wie im Hinspiel aus einem 5-3-1-2/ 5-3-3 mit dem linken Außenverteidiger Stroud zentraler im Sturm und dem rechten Außenverteidiger Johansson flach und breit in der 5er-Aufbaukette aufzubauen. In diesem Spiel wurde 10er Manneh allerdings auch deutlich mehr in die gegenläufigen Bewegungen zur Vorbereitung des langen Balls eingebunden (deshalb 5-3-3 statt 5-3-1-2). Die drei Stürmer liefen in Vorbereitung auf den langen Ball wild durcheinander, um die Manndeckung zu lockern, nicht direkt greifbar zu sein und mehr Zeit bei der Ablage auf einen der nachstartenden Spieler zu erhalten.

Nach ca. 8 Minuten passte AIK die 4gg3 Überzahl auf der letzten Kette an. Ab diesem Zeitpunkt befand sich einer der Verteidiger auf dem Sprung auf einen der 8er Mjällbys. Auffällig war, dass Mjällby diesmal nicht direkt durch den Torwart den langen Ball auf einen der Stürmer wählte, sondern durch einen flachen Aufbau zunächst das Pressing ausgelöst wurde, um es im Anschluss zu überspielen. Dabei gab es ganz unterschiedliche Varianten, wie sich die Zentrumsspieler verhalten konnten. Beispielsweise konnte eine Seite durch alle 3 Zentrumsspieler überladen werden, wodurch sich der diagonale Passweg auf die ballferne Seite auf Stürmer/ 10er Manneh öffnete.

In der 55. Minute ca. führte ein aus der asymmetrischen 5-3-3 Staffelung erfolgreich ausgeführter Abstoß zu einem Freistoß, der wiederum das 1:0 für Mjällby besorgte. Zunächst wurde das Pressing durch zwei Pässe zwischen Torhüter und Innenverteidiger ausgelöst. Aus den gegenläufigen Bewegungen der Stürmer heraus kamen zwei der Stürmer entgegen, während einer tief ging. Einer der Stürmer, hier Manneh, konnte diagonal flach direkt in dieser Schnittstelle gefunden werden, sich aufdrehen und die ballferne Seite um Außenverteidiger Johansson bespielen. Da ich das Videomaterial aus rechtlichen Gründen auf dieser Seite nicht zur Verfügung stellen kann, habe ich hier den Spielzug als Video auf X verlinkt:

(2) Spielfeld Zauber auf X: „Mjällby vs. AIK https://t.co/UEGEtOIRgz“ / X

Norrköping – Mjällby (1:1) am 26.05.2025

Im Spiel gegen Norrköping starteten im Zentrum zunächst der nominelle Sechser Rojkjaer auf links sowie der nominelle 10er Thorell auf rechts, wobei Mjällby wieder aus einer Raute im Zentrum agierte, in der Rojkjaer und Thorell die beiden Achter bildeten. Die Außenverteidiger von Mjällby starteten initial ähnlich wie gegen Degerfors aus einer hohen Position auf Höhe von Stürmer Bergström. Allerdings sollten sie immer wieder diese hohe Position verlassen, um das gegnerische Pressing auszuhebeln. Mehr dazu gleich.

Norrköping presste aus einem 4-2-3-1 bzw. 4-2-4. Das bedeutete, dass gegen Mjällbys 4-Raute-w2-d1 bzw. 4-Raute-3 (mit hohen Außenverteidigern) die beiden Sechser in Unterzahl gegen Mjällbys Achter und Zehner Manneh anlaufen mussten. Entsprechend verschoben die beiden Sechser Norrköpings immer zwischen diesen 3 Spielern und übernahmen die beiden ballnahen Zentrumsspieler Mjällbys. Ähnlich wie die 6er Norrköpings pendelten auch die Außenverteidiger Norrköpings zwischen der letzten Kette und den Außenverteidigern Mjällbys. Ballfern sollte der Außenverteidiger die letzte Kette auffüllen und Überzahl schaffen, ballnah sollte der gegnerische hohe Außenverteidiger aufgenommen werden.

Der 4-Raute-3 Aufbau gegen das 4-2-3-1 Pressing: Durch das Abkippen der 8er Mjällbys werden die Verschiebebewegungen der 6er Norrköpings im Pressing sehr weit.

Mjällbys Ziel im Aufbau lautete weite Pressingwege und Zwickmühlen erzeugen. Entscheidend war dabei das Verhalten der beiden Achter. Durch die hohen Außenverteidiger und flachen äußeren Innenverteidiger entstand wieder eine freie Außenzone bzw. der Passweg um den Pressing-Block von Norrköping herum öffnete sich. In diese Zone kippten immer wieder die beiden Achter Mjällbys ab und zwangen so die Sechser Norrköpings zu sehr weiten Wegen nach außen und zurück. Ein generell wichtiges Mittel von Mjällby, hier ein entscheidendes Mittel im Spielaufbau gegen das hohe Pressing Norrköpings sind Verlagerungen über den mitspielenden Torhüter Törnqvist.

Diese Verlagerungen in Kombination mit den abkippenden Achtern sorgten für sehr weite Wege für die pendelnden Sechser und die pendelnden Außenverteidiger Norrköpings. Nach Verlagerungen kam es dementsprechend auch vor, dass die Außenverteidiger Mjällbys ihre hohe Position verließen und entgegenkamen, eine Anspielstation um den Block herum bildeten und die gegnerischen noch eingeschobenen Außenverteidiger zu ebenfalls weiten Wegen zwangen.

Durch die Abkippbewegungen der Achter wurden zudem die gegnerischen Sechser rausgezogen, es öffnete sich das Zentrum und damit der direkte diagonale Passweg von der 4er Aufbaukette auf 10er Manneh oder Stürmer Bergström. Ebenso sorgte das Abkippen von Sechser Gustavsson auf die zentrale Innenverteidiger Position dafür, dass sein Gegenspieler aus dem Zentrum rausgezogen wurde und es entstand das 4-2-4 Pressing Norrköpings. Diese flachen, diagonalen Bälle durch das Zentrum suchte Mjällby immer wieder (nicht nur gegen Norrköping) und konnte so durch einen einzigen Pass direkt 6 Gegenspieler überspielen.

Ein sehr wichtiges Merkmal Mjällbys ist, dass nach einem diagonalen Tiefenball direkt Klatschoptionen durch die nachrückenden Spieler geschaffen werden. Dadurch kann sich durch eine Steil-Klatsch Kombination direkt auf die ballferne Seite kombiniert werden. Alternativ werden solche diagonalen Tiefenpässe durch Escadinhas ausgespielt. Meist ist 10er Manneh der durchlassende und tief startende Spieler, während Bergström der Ball empfangende und weiterleitende Spieler ist.

Aufgrund der abgekippten Achter wird das Zentrum geöffnet und damit der diagonale Tiefenpassweg auf Manneh und Stürmer Bergström frei.

Gegen Norrköping schoben die Zentrumsspieler immer wieder im Dreieck (entstehend aus der Raute) nach und sicherten so nicht nur Klatschoptionen, sondern konnten auch nach einem nicht angekommenen diagonalen Pass direkt den zweiten Ball wieder erobern und auf die ballferne Seite verlagern. Solche zweiten Bälle kann Mjällby auch aufgrund der Zentrumsüberzahl immer wieder für sich gewinnen.

Auch wenn Mjällby vor der Pause sehr verdient mit 1:0 in Führung ging, veränderten sie nach der Pause die eigene Staffelung im Spielaufbau, auch bei Abstößen. Solche Änderungen haben sehr wahrscheinlich den Hintergrund, weniger ausrechenbar zu sein, da der Gegner in der Halbzeit das eigene Pressing anpassen kann. So sollten die Außenverteidiger Mjällbys auf der letzten Linie ins Zentrum einrücken. Gleichzeitig schob Achter Thorell auf rechts bzw. 10er Manneh auf links in die nun geöffnete Außenspur tief. Dadurch konnte Norrköping nicht mehr die Unterzahl durch Pendelbewegungen der Sechser oder Außenverteidiger ausgleichen.

Die neue Aufbaustaffelung bei Abstoß Mjällbys im 4-Trapez-d3 mit abgekippten Zehnern und eingerückten Außenverteidigern sorgt zunächst für Chaos im gegnerischen Pressing, da die 10er nicht aufgenommen werden können.

Folglich baute Mjällby aus einem 4-Trapez-d3 mit den beiden breiten Zehnern Thorell und Manneh auf. Diese Veränderung sorgte bei Norrköping auch für massive Zuordnungsprobleme für in etwa 10 Minuten. So verteidigte Norrköping in der letzten Linie teilweise in Unterzahl. Mjällby konnte diesen kurzen Vorteil allerdings nicht für sich nutzen. Stattdessen stellte Norrköping in der Folge auf eine reine Manndeckung um. Wie bereits erwähnt sorgt diese im Spielaufbau von Mjällby für Probleme, insbesondere wenn der Gegner im Verlauf des Spiels auf eine reine Manndeckung umstellt. Generell folgen Umstellungen auf reine Manndeckungen häufig nach Rückstand, da dann häufig die Absicherungen bzw. +1 Überzahl auf der letzten Linie aufgegeben werden.

Solche Probleme sind allerdings auch nicht verwunderlich, sondern eher typisch. Die aufbauende Mannschaft muss gegen eine reine Manndeckung schließlich ganz anders aufbauen als beispielsweise gegen eine hybrid pressende Mannschaft. Diese Umstellung fällt logischerweise gerade während des Spiels sehr schwer. Es ist auch eine Erklärung, weshalb Mjällby sich nach eigenen Führungen im Spielaufbau häufig schwer tut und vermehrt auf lange Bälle setzt.

Malmö – Mjällby (1:3) am 09.08.2025

Im Spiel gegen Serienmeister Malmö stellte Mjällby den eigenen Spielaufbau komplett um. Personell wurde wenig bis gar nichts an der klassischen Aufstellung verändert. Mit Thorell als linker 6er/ 8er und Gustafson als rechter 8er/ 10er sowie 10er Manneh und 6er Gustavsson wurde das Zentrum in unterschiedlichen Anordnungen besetzt. Zur Erinnerung: der eigentlich gesetzte Rojkjaer wechselte im Sommer weg. Grundsätzlich spielte Mjällby in diesem Spiel auch aus einem 1-3-Raute-w2-d1, variierte diese Staffelung allerdings bzw. hatte spezielle Zielzonen im Aufbau, spezielle Abläufe und darauf angepasste Abstoßvarianten.

Zunächst baute Mjällby bei Abstößen mit einer klassischen 4er Kette vor Torhüter Törnqvist, 2 Sechsern, 2 Zehnern und 2 Stürmern auf. Um die Viererkette zu bilden schob der rechte äußere Innenverteidiger der 3er Kette, Iqbal in die Breite und in die Höhe, um die Außenverteidigerposition zu übernehmen. Iqbal ist zwar sehr groß, aber auch technisch durchaus begabt, sodass ihm die Rolle als Außenverteidiger auch durchaus liegt. Auf der anderen Seite bildete Außenverteidiger Stroud den linken Außenverteidiger.

Die Sechser, Gustavsson und Thorell, schoben bis weit an den eigenen Sechzehner auf Höhe der Außenverteidiger der 4er Kette. Die etwas breiter und deutlich höher positionierten 10er Gustafson und Manneh komplettierten das Zentrum. Als Stürmer agierten zunächst Außenverteidiger Johansson und Stürmer Bergström unmittelbar hinter den 10ern. Insofern baute Mjällby aus einem 3(TW)-4-2-2 auf. Eine völlig andere Staffelung im Vergleich zu den beiden anderen Spielen mit einer anderen Rollenverteilung und teilweise neuen Zielzonen.

Das 5-2-3 Pressing Malmös hat Probleme, die Breitenspieler Mjällbys aufzunehmen. Mjällby baut deshalb ausnahmsweise aus einem 1-4-2-2-2 bzw. bei Abstoß folglich aus einem 3-4-2-2 auf.

Malmö presste aus einem 5-2-3, wobei die Fünferkette ganz klassisch verschob, indem sich der ballferne Außenverteidiger auf der letzten Kette neben den Innenverteidigern einreiht und der ballnahe Außenverteidiger nach vorne durchschob. Da sich die beiden Sechser Malmös manndeckend auf die Sechser Mjällbys konzentrierten, musste Malmö die beiden Stürmer und die 10er durch die 5er Kette aufnehmen, was in den ersten beiden Minuten nicht sehr gut gelang. Zugleich sorgten die breit positionierten Außenverteidiger der 4er Kette, Iqbal und Stroud, dafür, dass die 3 Spieler der vordersten Pressingreihe Malmös nicht alle Spieler aufnehmen konnten. Auch sie konzentrierten sich logischerweise auf das ballnahe Durchschieben, wodurch die ballferne Seite völlig verwaiste.

Die Folge war, dass sich Malmö im Laufe des gesamten Spiels schwer tat, die Breitenbesetzungen Mjällbys im Pressing aufzunehmen, was Mjällby auf unterschiedlichste Art und Weise im Spiel ausnutzen sollte. In den ersten Minuten experimentierte Malmö noch, wie man am besten die 3-4-2-2 Staffelung Mjällbys pressen könnte. So konnte direkt in der allerersten Aktion der noch nicht durch einen der Innenverteidiger aufgenommene Zehner Manneh durch einen der aufbauenden Innenverteidiger Mjällbys flach und diagonal durch das Zentrum gefunden werden.

Aus dem Spiel heraus variierten die Zentrumsspieler Mjällbys zudem die Staffelung. Je nach Situation wurde entweder mit einer Raute oder mit einem Trapez aufgebaut. Gleich bleib allerdings, dass Mjällby auch aus dem Spiel heraus mit einer breiten 4er Kette bzw. mit Torwart 5er Kette aufbaute. Da Johansson aus dem Spiel heraus im Gegensatz zu den Abstößen (bei Abstößen Stürmerrolle) auf der hohen Außenverteidigerposition agierte, war die rechte Seite untypischerweise durch die beiden Außenverteidiger Iqbal und Johansson doppelt in der Breite besetzt. Auf links wiederum konnte 10er Manneh den verwaisten linken Flügel belaufen.

Ziel im Aufbau blieb es, die breiten Zonen, die Malmö aufgrund ihrer Pressing Ausführung nicht aufnehmen konnte, immer wieder durch Verlagerungen zu bespielen. Entscheidend für die Überzahl auf der rechten Seite war, dass der linke äußere Innenverteidiger Malmös den rechten Zehner Mjällbys, Gustafson, nicht bis nach ganz vorne verfolgte. Stattdessen übergab er den in der Raute weit entgegenkommenden Gustafson dem linken Mittelfeldspieler, wodurch dieser ebenfalls im Zentrum gebunden wurde und nicht Außenverteidiger Iqbal pressen konnte. Es entstand auf der rechten Seite Mjällbys eine 2gg1 Überzahl, sodass Iqbal einige Male sehr frei diagonal andribbeln konnte.

Weil der äußere linke Innenverteidiger Malmös Gustafson an den linken 6er Malmös übergibt, wird Iqbal, der deshalb als Außenverteidiger agiert, auf der Außenbahn frei.

In der zweiten Halbzeit schaffte es Mjällby auch auf der linken Seite in der Breite eine strukturelle Überzahl zu kreieren. Zunächst schob Linksverteidiger Stroud ganz hoch, um seinen Gegenspieler, den Außenverteidiger der 5er Kette Malmös, direkt zu binden. Zudem rückte die gesamte 3er Aufbaukette um Torwart Törnqvist etwas weiter nach links, um die Abwesenheit Strouds in der Aufbaukette auszugleichen. Folglich spielte auch Außenverteidiger Iqbal etwas tiefer, wurde allerdings dennoch frei, wenn er in der Breite höher schob.

Da der im Spielaufbau weit entgegen schiebende Gustafson, wie bereits beschrieben, nicht durch einen der äußeren Innenverteidiger Malmös verfolgt wurde, sondern durch den linken Sechser ballnah oder den linken Mittelfeldspieler Malmös ballfern aufgenommen wurde, konnte Achter Thorell in die nun verwaiste Breite auf der linken Seite schieben und wurde frei anspielbar. Auch hier konnte Malmö nicht die Breitenbesetzung Mjällbys im Pressing abdecken, wodurch Malmö überhaupt keinen Zugriff im Pressing erlangte.

Auch der in die Breite schiebende Thorell kann im Pressing Malmös nicht aufgenommen werden. Die Sechser können aufgrund der weiten Wege nicht pendeln & auf der letzten Kette Malmös herrscht weiterhin eine +1 Überzahl.

Folglich sah man bei Mjällby deutlich häufiger als normalerweise direkte hohe Verlagerungen auf die freien Spieler in den Außenzonen. Mjällby provozierte, dass Malmö aus ihrem 5-2-3 Pressing nicht die Breitenspieler aufnehmen konnte und schaffte es so, dass Malmö über weite Strecken des Spiels kein Zugriff über ein hohes Pressing fand. In der Folge des 2:0 stellte Malmö allerdings auf eine reine Manndeckung zumindest bei Abstößen um. Fraglich ist, warum eine reine Manndeckung mit Übergaben des äußeren Innenverteidigers und des Außenverteidigers der 5er Kette auf Außen nicht bereits früher praktiziert wurde. Jedenfalls hatte Mjällby daraufhin am Ende des Spiels und nach Führung wieder deutlich mehr Probleme im Spielaufbau.

Mjällby – Elfsborg (2:0) am 04.10.2025

Gegen Elfsborg startete Mjällby wieder klassisch aus einem 1-3-2-4-1 mit 2 Sechsern und 2 Zehnern im Zentrum. Anstelle von Kapitän Gustavsson rückte Leandersson auf die Sechser Position. Gustafson gab den rechten sechser, dafür agierte der eigentliche Linksverteidiger Stroud auf der halbrechten Zehnerposition und Manneh auf der halblinken 10er Position. Als linker Außenverteidiger spielte Stavitski.

Gegen Elfsborgs Pressing im 4-2-3-1 setzte Mjällby wieder auf einen asymmetrischen 4er Ketten- (mit Torhüter 5er Ketten-) Aufbau. Die Außenverteidiger der 4er Kette bildeten der äußere Innenverteidiger Iqbal und der linke Außenverteidiger Stavitski. Entsprechend schob der rechte Außenverteidiger Johansson auf den rechten Flügel hoch, während Stavitski die Höhe variieren konnte, allerdings häufiger tief aufzufinden war, wodurch lange Pressingwege für seinen Gegenspieler, den Außenverteidiger Elfsborgs entstanden. Da diese Laufwege zu lang waren, wurde Stavitski häufig durch einen der 4 Pressingspieler in vorderster Reihe gepresst, was allerdings zur Folge hatte, dass der rechte Außenverteidiger aufgrund des verwaisten rechten Flügels im Pressing nutzlos war.

Folglich entstand teilweise eine 7gg4 Überzahl in der Aufbauzone. Die drei Überzahlspieler konnten durch den nicht hochschiebenden Außenverteidiger, die +1 Überzahl der beiden Innenverteidiger gegen Stürmer Bergström auf der letzten Linie und den mitspielenden Torhüter gebildet werden. Bei einer solchen Überzahl hatte Mjällby auch keine Probleme, sich dem Druck zu entziehen, den freien Spieler zu finden und von hinten flach herauszuspielen. Insbesondere flache Verlagerungen über den Torhüter auf die andere Seite oder direkte hohe Verlagerungen von links auf den ballfernen, freien Außenverteidiger Iqbal waren beim Ausspielen der Überzahl ein nützliches Mittel.

Das 7gg4 in der Aufbauzone Mjällbys sorgt für Ballbesitzkontrolle. Über Verlagerungen kann der freie Spieler gefunden werden, der wiederum den Angriff durch den typischen diagonalen Pass ins Zentrum auf Manneh und Stürmer Bergström einleitet.

Schaffte es Mjällby die erste Pressinglinie zu überspielen, so wurde in der Regel diagonal das Zentrum gesucht. Mit Mittelstürmer Bergström als Wandspieler und den beiden 10ern als Klatschoptionen oder über Escadinhas konnte über das Zentrum die ballferne Seite gefunden werden, um von dort aus weiter die Tiefe zu attackieren.

Allgemeine Prinzipien Mjällbys im Spielaufbau

Fest steht, dass sich Mjällby durch die gezielte Analyse des gegnerischen Pressings immer wieder Vorteile im eigenen Spielaufbau verschaffen kann. Selten hatte ich in der Analyse solche Schwierigkeiten zu verstehen, warum sich ein Spieler wohin bewegt. Vor allem im Spielaufbau gegen hohes Pressing passt Mjällby das eigene Spiel auf die Schwächen des Gegners an.

Dennoch gibt es auch allgemeine Prinzipien und Muster, die sich in Mjällbys Spielaufbau gegen hohes Pressing immer wiederfinden lassen. Eine dieser Auffälligkeiten im Spiel Mjällbys ist, dass es praktisch keine Long-Line Pässe gibt. Von außen, aber auch wenn möglich  wird meist sofort das Zentrum diagonal angespielt. Mjällby zieht den Gegner dabei nur kurz auseinander und öffnet so den zentralen Raum. Das Team bleibt also nicht lange auf der durch die Seitenlinie eingeschränkten Außenbahn, sondern nutzt sie lediglich, um anschließend zentral anzugreifen. Häufig funktioniert das auch im Aufbauspiel über sogenannte Escadinhas. Als Zielspieler dient dann zumeist Stürmer Bergström, während einer der 10er der überlaufende Akteur ist.

Typisch in Mjällbys Spielaufbau: eine Escadinha diagonal ins Zentrum und das anschließende Suchen der ballfernen Seite.

Mjällby versucht immer einen freien Spieler herzustellen und diesen freien Spieler in einem beim Gegner aufgezogenen Raum zu finden. Dementsprechend zieht Mjällby im Spielaufbau gegen hohes Pressing auch das Spiel weit auseinander und setzt auf größere Abstände. Auch wenn Mjällby in dieser Phase nicht davor scheut, das Zentrum im Druck zu bespielen, so liegt das übergeordnete Ziel im Finden des freien Spielers, meist einem der vier unterschiedlich angeordneten bzw. gestaffelten Zentrumsspieler. Wurde der freie Spieler gefunden, sucht Mjällby in der Regel die ballferne Seite, um von dort aus Progression zu erreichen.

Mjällbys höherer Spielaufbau gegen Mittelfeld-/ Abwehrpressing und Mid-Block

Auch im Spielaufbau gegen ein tieferes Pressing (Abwehr- oder Mittelfeldpressing) variiert Mjällby die eigene Zentrumsstaffelung. Ob mit einer Raute, einem Trapez, einem Sechser und 3 Zehnern oder 3 Sechsern und einem Zehner ist dabei auch innerhalb eines Spiels teilweise unterschiedlich. Häufig orientiert sich der Spielaufbau gegen das tiefere Pressing allerdings auch am Spielaufbau gegen das Angriffspressing des Gegners. Nutzt Mjällby beispielsweise eine Raute gegen das höhere Pressing des Gegners, so wird meist auch aus einer Raute gegen das tiefere Pressing aufgebaut.

Allerdings verschwimmen die Anordnungen der Zentrumsspieler im höheren Aufbau, da sich die Zentrumsspieler weniger an bestimmte geometrische Formen bzw. zu besetzenden Zonen und mehr an möglichen Schnittstellen bzw. Passfenstern orientieren. Deshalb erscheint es, als ob die Zentrumsspieler Mjällbys im Spielaufbau gegen ein tieferes Pressing mehr Freiheiten haben. Das Spiel Mjällbys erscheint im Zentrum besonders fluide, da immer wieder neue Passfenster gesucht werden und Spieler darauf reagieren.

Das 3-1-3-1-w2 als Grundstruktur

Im Spiel gegen Degerfors ließen sich diese Freiheiten sehr gut beobachten. Grundsätzlich baute Mjällby hier mit einem Sechser und 3 Zehnern auf. Folglich entstand im Zentrum eine eng gestaffelte 3-1-3-1 Anordnung, zusätzlich zu den auch häufig die Breite verlassenden Außenverteidigern. Am zutreffendsten ist wahrscheinlich die Beschreibung 3-1-3-1-w2 wobei das wide 2 (die Außenverteidiger) nicht bedeutet, dass die Außenverteidiger an die Breite gebunden sind, sondern lediglich initial Breitengeber sind.

Mjällbys Spiel gegen ein höheres Pressing lebt auch davon, dass die Außenverteidiger einseitig immer wieder das Zentrum überladen oder die Tiefe im Halbraum hinter der letzten Kette belaufen. Da Mjällby diese Breitengeberpositionen teilweise nicht nachbesetzt, wäre es hier eigentlich formal falsch von wide 2 zu reden – das 3-1-3-1-w2 ist allerdings die am besten verständlichste Beschreibung des Spielaufbaus.

Da Mjällby gegen Degerfors auch mit 3 nominellen 10ern startete (Gustafson, Bang-Kittilsen, Manneh), ließ sich in diesem Spiel sehr gut beobachten, wie die Zentrumsspieler miteinander agieren sollen. Ausgangspunkt sind die möglichen zu besetzenden Schnittstellen. Besetzt einer der 10er eine Schnittstelle durch den Block, sucht ein anderer Zehner ein Passfenster um den Block herum. Dadurch wird entweder der Gegner auseinandergezogen, sodass sich eine weitere Schnittstelle durch den Block öffnet, die ebenfalls nachbesetzt wird oder der Spieler kann um den Block herum im Halbraum gefunden werden. Dadurch kommen die 10er ins Rotieren, besetzen auch zu dritt die ballnahe Seite und sorgen sowohl für Überzahl als auch dafür, schwer greifbar zu sein.

Die Rotationen der drei Zehner: wird Manneh durch den Block anspielbar, sucht Bang-Kittilsen den Passweg um den Block. Auch Gustafson wird diagonal durch eine Schnittstelle anspielbar.

Überzahl im Zentrum ausspielen: Positionierungen im Zwischenkettenraum

Über die 3-1-3-1-w2 oder auch in anderen Spielen über die 3-2-2-3 oder 3-Raute-3 Staffelung kann Mjällby immer wieder den Zwischenkettenraum zwischen Abwehr und Mittelfeld überladen. Auffällig auch gegen Degerfors ist dabei die Positionierung der überladenden Spieler. Während Stürmer Bergström direkt auf oder unmittelbar vor der letzten Kette aufzufinden ist, überladen die 10er den Zwischenkettenraum, indem sie sich unmittelbar hinter der Mittelfeldreihe des Gegners positionieren, nicht aber in Mitten des Zwischenkettenraums. Das hat den Vorteil, sich dem unmittelbaren Zugriff der Abwehrreihe zu entziehen und gleichzeitig im toten Winkel der Mittelfeldreihe zu sein.

Rückt die Verteidigung auf der letzten Linie raus und sucht den Zugriff auf die so positionierten 10er, sucht Mjällby entweder durch die Außenverteidiger oder durch einen 10er den Weg hinter die letzte Kette. Generell sucht Mjällby häufig die schnelle Progression, auch hoch hinter die letzte Kette. Dadurch wird der Gegner dazu gezwungen, entweder keinen Druck auf die 10er auszuüben oder die Tiefensicherung zu vernachlässigen. Folglich sorgen die hohen Bälle hinter die Kette dafür, dass der Zwischenkettenraum groß genug zum flachen Bespielen bleibt.

Die Rolle der Außenverteidiger und der aufbauenden 3er Kette

Ebenfalls auffällig ist, dass die Außenverteidiger generell die Tiefe suchen, sobald Mjällby zurückspielt bzw. die gegnerische Abwehrkette rausrückt. Die für Mjällbys Außenverteidiger typischen Laufwege gehen dann zunächst von außen in Richtung des Zentrums, um anschließend diagonal tief hinter die Kette zu gehen. Aufgrund des Rausrückens der letzten Kette wird eine gegenläufige Bewegung provoziert und der Gegner tut sich in diesen Momenten schwer, die Tiefe zu verteidigen. Im Hinspiel gegen AIK führte eine solche Bewegung von Außenverteidiger Stroud zu dem Treffer zum 1:0.

Nach Rückspiel bzw. Querpass wird das Herausrücken AIKs provoziert. Stroud sucht daraufhin von außen diagonal die Tiefe und erzielt das 1:0.

Wie bereits angedeutet, spielt Mjällby im höheren Spielaufbau nicht immer mit Breitenbesetzungen. Häufig rückt einer der Außenverteidiger, meist der ballferne, ins Zentrum auf Höhe der letzten Kette mit ein und überlädt dadurch zwischen den Ketten des Gegners zusätzlich. Rückt der ballnahe Außenverteidiger ins Zentrum mit ein und sorgt für eine zusätzliche Anspielstation durch den Block des Gegners, so sorgt einer der Zentrumsspieler meist für eine Anspielstation um den Block. Diese muss allerdings nicht auf der Außenbahn sein.

Durch die sehr enge Positionierung der aufbauenden 3er Kette, werden Anspielstationen um den Block auch an der Grenze zwischen Halbraum und Außenbahn frei. Dadurch muss Mjällby nicht auf die Außenspur nahe der Seitenbegrenzung ausweichen. Die aufbauende 3er Kette ist zudem nicht flach positioniert. Stattdessen rücken die beiden äußeren Innenverteidiger etwas vor und der zentrale Innenverteidiger bleibt als Anker etwas weiter hinten. Dadurch befinden sich die äußeren Innenverteidiger beinahe auf Höhe des Sechser bzw. der Sechser und es entstehen noch mehr Ebenen, die der Gegner pressen muss. Zudem lässt sich die höhere Positionierung der äußeren Innenverteidiger damit begründen, dass sie sehr stark ins Spiel ins letzte Drittel mit eingebunden werden.

Das 3-Raute-3 oder auch 1-2-1-2-1-1-w2 beinhaltet viele Ebenen, wodurch unterschiedlichste Anspielstationen im Zentrum entstehen.

Zentrumsspieler reagieren auf pressende & blockende Gegner

Mjällbys Innenverteidiger werden insbesondere bei einem pressenden bzw. auf den Ballführenden Druck ausübenden Gegner durch die Zentrumsspieler stärker unterstützt. Sucht der Gegner den Druck auf die 3er Kette Mjällbys, so liegt der Fokus der 2/3 Zentrumsspieler unmittelbar hinter der ersten Pressinglinie des Gegners. Baut Mjällby mit einer Raute auf, so entstehen folglich 2/3 Sechser, die die Aufbauzone überladen können und direkte Anspielstationen schaffen. Fokussiert sich der Gegner jedoch auf das Blocken bzw. verteidigt im mid-block, so entsteht aus der Raute die beschriebene 3-1-3-1 Staffelung mit 3 Zehnern.

Besonders gut ließen sich Unterstützungsbewegungen der Zentrumsspieler, ausgehend von einer Raute, gegen das 5-4-1 Blocken bzw. 5-2-3 Mittelfeldpressing von Malmö beobachten. Vor allem Thorell sorgte für Überladungen der Aufbauzone und sorgte damit dafür, dass 2 Sechser die Abwehrkette gegen das Pressing von Malmö unterstützten. Ging Malmö wiederum ins Blocken über, so unterstützte Thorell die Überladung des Zwischenkettenraums zwischen der 5er und 4er Kette Malmös. Es entstand der genannte 3-1-3-1 Aufbau bzw. mit etwas weiter aufgerückten äußeren Innenverteidiger ein 1-3-3-1 Aufbau.

Hier geht’s zum Video, welches die Unterstützungsbewegungen Thorells zeigt:

(1) M.H. auf X: „(2/8) Mjällby’s fluid central play: One key benefit of four central players is flexibility under pressure while creating options against passive defenses. Watch Thorell shift a 2-2 shape into a 1-3 by offering an extra passing option between the lines.“ / X

Im Spiel gegen Elfsborg baute Mjällby wiederum hauptsächlich aus einem 3-2-4-1 bzw. 3-2-2-3 auf. Da Elfsborg aus dem 4-2-3-1 Mittelfeldblock immer wieder den Übergang ins Pressing suchte, waren Unterstützungsbewegungen der Sechser erforderlich. Gustafson und Leandersson, die beiden Sechser in diesem Spiel, ließen sich immer wieder in die Aufbauzone, teils vor die erste Pressingreihe fallen. Zum einen konnte Mjällby dadurch weniger gut gepresst werden, zum anderen wurde das Zentrum aufgezogen. Folglich konnte Mjällby immer wieder das dann entstehende 4-2-4 Pressing über das Zentrum auf Stürmer Bergström oder einen der 10er mithilfe von Ablagen ausspielen.

Mjällby baut im 3-2-4-1 gegen den 4-2-4 mid-block von Elfsborg auf. Durch das Entgegenkommen der 6er wird ballnah Überzahl geschaffen und der Zwischenkettenraum aufgezogen.

Im Spiel gegen Elfsborg konnte Mjällby nicht nur über die tieferen Positionierungen der Sechser das Zentrum aufziehen. Auch das breitere Positionieren der Sechser und der 10er wurde genutzt, um direkte Passwege auf Stürmer Bergström über das nun aufgezogene Zentrum zu öffnen. Mjällby schafft es auch deshalb immer wieder das Zentrum zu bespielen, da es solche Wechsel aus engeren Positionierungen in breitere Positionierungen gibt, die den Gegner wieder auseinanderziehen. Wird der Gegner auseinandergezogen, so öffnet sich in der Regel wieder der diagonale Ball über das Zentrum. Wird einer der Stürmer oder 10er erreicht, so kann auch hier wieder über das aufgrund der vielen Zentrumsspieler gut funktionierende Ablagenspiel weiter kombiniert werden.

Spielt der Gegner nur mit 2 Sechsern, so ist es ein beliebtes Mittel, die Achter bzw. die Zentrumsspieler nach außen abkippen zu lassen, während die Außenverteidiger auf der letzten Linie nach innen rücken. Dadurch werden die beiden Sechser vor das Problem zwischen Zentrum sichern und Druck ausüben gestellt. Auch gegen Malmö funktionierte das hervorragend. Die beiden Achter der Raute, Gustafson und Thorell, kippten immer wieder in die Breite ab und sorgten somit für Zwickmühlen in der Verteidigung Malmös.

Gegen Malmös Abwehrpressing im 5-2-3 kippen die 8er Mjällbys in die Breite ab, um anspielbar zu werden. Die Pendelbewegungen der beiden 6er Malmös werden dadurch zu weit.

Mjällbys Potential/ Entwicklung

Trotz des ansehnlichen Spiels durch das Zentrum verfügt Mjällby genau dort weiterhin über großes Entwicklungspotential. Vor allem in früheren Spielen der Saison fiel es der Mannschaft schwer, passende Zentrumsstaffelungen konsequent auszuspielen. Im Hinspiel gegen AIK wurde das besonders sichtbar. Das Spiel Mjällbys war damals stark auf sofortige Progression ausgerichtet. Gegen AIK führte das dazu, dass die Innenverteidiger häufig hohe Bälle über den Block spielten, obwohl geeignete Strukturen im Zentrum vorhanden gewesen wären, um den 5-4-1 Block mit sehr enger 4er Kette auszuspielen. Mehrere Ballverluste waren die Folge, was die eigentlich vorhandene Dominanz der Mannschaft verringerte.

In späteren Saisonspielen wie gegen Malmö oder Elfsborg gelang es Mjällby wesentlich besser, längere Ballbesitzphasen herzustellen, weniger überhastet in die Tiefe zu spielen und dadurch den Gegner auch mit kontrolliertem Ballbesitz zu dominieren. Besonders gegen tief stehende Gegner liegt großes Potential darin, den Gegner durch engere Abstände und längere Ballbesitzphasen einzuschnüren. Genau darum wird es im nächsten Abschnitt gehen.

Mjällbys Spiel ins letzte Drittel / Spielaufbau gegen einen Low-Block

Einer der Gründe, weshalb sich Mjällby von der klassischen Spielweise des europäischen Fußballs abgrenzt, liegt im Bespielen eines Low-Blocks. Die Art und Weise des Bespielens eines tief stehenden Gegners wird sich mit ziemlich großer Sicherheit in den nächsten Jahren vermehrt auch in den großen europäischen Ligen ausbreiten. Das von den meisten Mannschaften genutzte Positionsspiel lebt davon, gewisse Räume aufzuziehen, um diese im Anschluss bespielen zu können. Das funktioniert hervorragend, indem der Gegner immer wieder zum Verschieben gezwungen wird, um irgendwann den freien Spieler zu finden. Vor allem gegen tief stehende Gegner funktioniert diese Art des Ballbesitzspiels bei einem Spiel über 90 Minuten allerdings nur begrenzt gut oder auch gar nicht.

Tief stehende Gegner sind so eng um das eigene Tor gestaffelt, dass sich die entscheidenden Räume kaum aufziehen lassen. Die ballbesitzende Mannschaft kann um den Block herum verlagern, findet allerdings keinen Weg auf einen freien Spieler durch den Block. Aufgrund der Kompaktheit des verteidigenden Teams müssen andere Lösungen her. Auch deshalb setzen die meisten Mannschaften inzwischen wieder auf „klassische Mittelstürmer“, die kopfball- und abschlussstark sind und die sich im Strafraum durch eine Flanke auch ohne flaches Spiel durch den engen Block finden lassen.

Seitliche Überladungen

Mjällby wiederum setzt im Spiel ins letzte Drittel bzw. gegen einen Low-Block zumeist nicht auf eine klassische Positions-/ Raumaufteilung. Vielmehr versucht Mjällby sehr oft über seitliche Überladungen zu kombinieren. Vor allem in den früheren Spielen der Saison sah man solche Überladungen der Außenzone. Hergestellt werden können diese durch den ballnahen äußeren Innenverteidiger, den ballnahen Außenverteidiger, den drei offensiveren Zentrumsspielern sowie dem Stürmer. Häufig besteht die seitliche Überladung aus 5-6 dieser Spieler.

Die Restverteidigung besteht zumeist aus dem zentralen Innenverteidiger sowie davor dem Sechser, meist Kapitän Gustavsson und dem ballfernen äußeren Innenverteidiger. Wichtig ist, dass Mjällby eine +1 Überzahl in der Absicherung hat. Gibt es beim Gegner nur einen Konterspieler, so schaltet sich der ballferne äußere Innenverteidiger ebenfalls mit ein. Auffällig ist, dass bei Verlagerungen immer wieder beide äußere Innenverteidiger mit nach vorne rücken, sich offensiv einschalten und so für zusätzliche Gefahr, auch im Strafraum des Gegners sorgen können. Die Strafraumbesetzung erfolgt derweil klassischerweise durch den ballfernen Außenverteidiger sowie Stürmer Bergström.

Mjällbys klassische Feldaufteilung gegen einen Low-Block: Fünf bis Sechs Spieler überladen seitlich, ballferner äußerer Innenverteidiger, zentraler Innenverteidiger und Sechser bilden die Restverteidigung & Stürmer sowie ballferner Außenverteidiger in der Boxbesetzung.

In der seitlichen Überladung spielen positionelle Zuordnungen kaum eine Rolle. Stattdessen liegt der Fokus auf dem Kombinieren in Richtung der Grundlinie. Hilfreich dabei ist die Dynamik des äußeren Innenverteidigers. Dieser wird im Spiel über eine seitliche Überladung eigentlich immer mit eingebunden. Der Vorteil liegt in der Dynamik, die er durch das Durchlaufen von hinten nach vorne erzeugen kann. Diese stellt den Gegner vor eine zusätzliche Herausforderung, da ein weiterer Spieler von hinten mit Tempo von den Verteidigern aufgenommen werden muss.

Eigentlich immer vorhanden ist ein Ankerspieler, der durch einen Rückpass immer gefunden werden kann. Dadurch kann Mjällby aus der Überladung rausspielen und durch das erneute Reinspielen eine neue Dynamik erzeugen und den Gegner auseinanderziehen. Primäres Ziel des Ankerspielers ist es nicht, auf die ballferne Seite verlagern zu können. Er ist Teil der Überladung und hilft im Ausspielen der engen Drucksituation. Ebenfalls immer vorhanden ist ein Spieler, der die Breite an der Außenlinie besetzt. Dadurch wird der Gegner auf engstem Raum auseinandergezogen. Wichtig ist, dass der Ankerspieler und die Breitenbesetzung rotieren. Die Breitenbesetzung wird lediglich zu Beginn durch den Außenverteidiger hergestellt, der Anker lediglich initial durch den äußeren Innenverteidiger.

Ebenfalls auffällig ist die Positionierung der zentraleren Spieler. Diese suchen sich Anspielstationen vor der letzten Kette, sodass diese vor die Wahl gestellt wird, vorzurücken und Druck auszuüben oder die Tiefe zu verteidigen. Presst die letzte Kette nach vorne, wird die Tiefe gegenläufig belaufen und Mjällby kommt einfacher Richtung Grundlinie.

In der Überladung selbst rücken zudem relationistische Prinzipien in den Vordergrund: Pass & Geh (toco y me voy), Doppelpässe (tabela), gegenläufige Bewegungen oder auch Escadinhas in Kombination mit dem Durchlassen des Balles (corta luz). Aber überzeugt euch selbst. Anbei habe ich zwei Beispielvideos auf X verlinkt, welche das Spielen in der seitlichen Überladung zeigen.

(1) M.H. auf X: „(3/8) Mjällby’s wide overloads against a low-block: Using relational principles, Mjällby combine through wide overloads and break down the low block:“ / X

(1) M.H. auf X: „(4/8) Mjällby play through wide overloads. One key advantage of involving the outer center backs is improved penalty area occupation:“ / X

Wird der Rückpass auf den Ankerspieler oder weiter raus aus der Überladung gespielt, so wird häufig ein Rausrücken des Gegners provoziert, woraufhin ein Tiefenlauf von außen diagonal in die Tiefe und der hohe Ball über die letzte Kette folgt. Aufgrund der fehlenden positionellen Zuordnungen aus der vorherigen Überladung, wird dieser Laufweg von unterschiedlichen Spielern, allerdings immer von dem die Breite besetzenden Spieler von ganz außen durchgeführt. Auch hierfür habe ich ein Beispielvideo auf X verlinkt.

(1) M.H. auf X: „(5/8) The backward pass from the wide overload draws out the opponent’s back line. The wide player then typically makes a diagonal run into depth:“ / X

Ein großer Vorteil des Spielens in der Überladung liegt in den engen Abständen. Bei Ballverlust, muss der Gegner sich zunächst auffächern, um den Ball wirklich zu sichern. Zudem ist Mjällby sofort mit einer großen Anzahl an Spielern in Ballnähe, die direkt das Gegenpressing suchen können. Im Verlauf der Spiele sah man darin auch durchaus eine Entwicklung. Immer häufiger gelang es Mjällby, den Gegner durch erfolgreiche Gegenpressingaktionen einzuschnüren. Die Höhepunkte lagen im Spiel gegen Malmö und Elfsborg, in denen Mjällby über erfolgreiches Rückwärtspressing nach Ballverlusten direkt den Ball wieder gewinnen konnte.

Dennoch liegt auch hier noch jede Menge Potential. Mjällbys Spiel ist stark auf Progression ausgelegt. Demnach tut sich Mjällby nach Führungen auch schwer, durch Ballbesitz einen Gegner zu kontrollieren. Da immer wieder sehr schnell der Weg Richtung Tor gesucht wird, folgen auch mehr Ballverluste. Möglicherweise wäre insbesondere nach Führungen ein gutes Mittel, um Kontrolle herzustellen, das Überladen der eigenen Aufbauzone, wodurch längere Ballbesitzphasen erzeugt werden können und der Gegner gezwungen wird, mit vielen Spielern aufzurücken.

Diagonales Spiel: diagonale Überladungen und „Inside Diagonale“

Um weniger vorhersehbar im Spiel ins letzte Drittel zu sein, setzt Mjällby auch auf das Spiel über das Zentrum mit ähnlichen Prinzipien und Strukturen, wie ich es bereits im Spiel gegen einen mid-block beschrieben habe. Meist aus einer 3-1-3-1-2 Struktur wird sich dann durch das Zentrum kombiniert. Interessant ist, dass Mjällby auch vermehrt auf diagonale Überladungen von der Außenzone nach innen in Richtung des Strafraums setzt oder sich aus der seitlichen Überladung diagonal in den Strafraum kombiniert.

Die Überladung findet hier nicht mehr entlang der Außenlinie statt, sondern orientiert sich an einer imaginären Achse von außen nach innen, diagonal Richtung Strafraum. Es wird auch weiterhin mit den selben relationistischen Prinzipien kombiniert, wie ich es bereits in der seitlichen Überladung beschrieben habe, wenn auch vermehrt auf diagonale Escadinhas und Corta Luz gesetzt wird. Einer der Vorteile liegt darin, dass die Zielzone, in die sich die Spieler Mjällbys kombinieren, direkt für einen Abschluss genutzt werden kann. Schafft es Mjällby, sich aus der seitlichen Überladung in Richtung der Grundlinie zu kombinieren, so muss zunächst eine Hereingabe in den Strafraum erfolgen.

Auch aus der seitlichen Überladung sucht Mjällby vermehrt den diagonalen Weg von der Außenlinie in Richtung des Strafraums durch sogenannte Inside Diagonalen. Hier werden diagonale Staffelungen von 3 oder mehr Spielern erzeugt, die am einfachsten diagonal durch Durchlassen des Balles und Ablagenspiel ausgespielt werden können. Das Mjällby solche diagonale Ausbrüche auch aus der seitlichen Überladung hat, sorgt logischerweise ebenfalls für weniger Vorhersehbarkeit für den Gegner.

Zur Veranschaulichung habe ich hier drei Videos verlinkt, die Mjällbys diagonales Bespielen eines tiefen Gegners zeigen:

(1) M.H. auf X: „(6/8) Diagonal play against a low-block: Mjällby first create a diagonal overload. Then, from a wide overload, the inside diagonal is played via an escadinha:“ / X

(1) M.H. auf X: „(7/8) Mjällby create a diagonal overload and combine diagonally toward the center:“ / X

(1) M.H. auf X: „(8/8) Mjällby consistently create and look for diagonal options.“ / X

Nicht nur im Bespielen des Low-Blocks ist Diagonalität ein wichtiges Mittel Mjällbys. Dem aufmerksamen Leser mag es bereits aufgefallen sein, dass Mjällby auch im Spiel gegen hohes Pressing und gegen tieferes Pressing auf Diagonalität von außen ins Zentrum bzw. von vor dem Block durch das Zentrum und weiter auf die ballferne Seite setzt. Warum das ganze eigentlich? Warum lässt sich Diagonalität als Stilmittel immer wieder im Spiel von Mjällby auffinden?

Ich möchte hier lediglich die Grundzüge der Idee von Diagonalität im Ballbesitzspiel aufführen. Es verknüpft die Progression der Vertikalität mit der Sicherheit der Horizontalität. Dadurch kann Progression mit einer größeren Ballbesitzsicherheit erzeugt werden. Zudem werden Verteidiger vor größere Probleme in der visuellen Wahrnehmung gestellt. Die gestaffelte Verteidigung muss sich orientieren und gleichzeitig horizontal und vertikal verschieben.

Die verteidigende Mannschaft hat klassischerweise eine vertikale Sichtweise auf das Spielfeld. Klassische Formationen staffeln sich anhand einer imaginären vertikalen Achse, da logischerweise von Tor zu Tor gedacht wird. Die angreifende Mannschaft versucht sich schließlich üblicherweise auch in die vertikale Richtung zum gegnerischen Tor zu kombinieren. Wird allerdings die Diagonale als imaginäre Achse im Ballbesitzspiel genommen, so öffnen sich neue Passwinkel, Schnittstellen und Dribbelwege, da der Gegner primär direkte Passwege in Richtung des eigenen Tors vertikal schließt. Im Übrigen bedeutet diese Schlussfolgerung auch, dass wenn sich ein Gegner primär defensiv diagonal staffelt, eine vertikale oder horizontale Ballbesitzspielweise neue Passwege und Lücken ausnutzen kann.

Für die angreifende Mannschaft bedeutet Diagonalität, dass direkt mehrere Ebenen überwunden werden können, während die Körperausrichtung des ballempfangenden Spielers optimal für eine Folgeaktion ist, da der Ball direkt mit dem offenen Fuß in die Folgeaktion mitgenommen werden kann. Der Angreifer kann visuell zudem gleichzeitig den Ball, einen Großteil der Mitspieler und das gegnerische Tor im Blick behalten. Hierdurch kann auch in engeren Räumen besser kombiniert werden.

Wer sich für das Thema interessiert, dass ich hier lediglich kurz anschneiden konnte, dem habe ich im Folgenden eine Auswahl an Artikeln zu Diagonalität verlinkt.

https://spielverlagerung.com/2025/06/12/tactical-theory-diagonality/

https://spielverlagerung.com/2025/06/12/chat-gpt-diagonality-footballs-hidden-dimension-of-play/

https://medium.com/@stirlingj1982/the-diagonalist-manifesto-610bf3fbca15

https://jogofuncional1.blogspot.com/2025/12/the-art-of-diagonals.html?m=1

Fazit

Mjällby AIF hat einige Besonderheiten im Ballbesitzspiel. Im Spielaufbau gegen hohes Pressing lässt sich selten der exakt gleiche Plan beobachten. Nicht nur die Staffelung kann sich stark verändern. Das Pressing des Gegners wird im Vorhinein auf seine Schwachstellen analysiert, um darauf aufbauend bestimmte Zielzonen festzulegen, die bespielt werden können. Das Zentrum gilt als Herz des Aufbaus. So schafft es Mjällby sehr erfolgreich das gegnerische Pressing auszuspielen.

Im Spiel gegen einen Mid-Block übernehmen die Zentrumsspieler eine wichtige Funktion. Mjällby versucht, wann immer es möglich ist, über das Zentrum zu kombinieren. Dabei fällt auf, dass die Spieler im Zentrum ständig neue Schnittstellen ansteuern, Räume öffnen und diese wieder besetzen. Dadurch bleiben sie für den Gegner schwer greifbar und entziehen sich dessen Zugriff. Mit vier flexiblen Zentrumsspielern, die sich in unterschiedlichsten Anordnungen staffeln können, sowie Stürmer Bergström und situativ einem Außenverteidiger verfügt Mjällby allein aufgrund der Anzahl an Spielern im Zentrum über einen besonderen Ansatz im Ballbesitzspiel.

Besonders auffällig ist das Spiel gegen einen Low Block. Hier setzt Mjällby auf Kombinationen in Überladungen durch den Druck. Die engen Abstände haben den Vorteil, bei Ballverlust direkt eine große Anzahl an Spielern in Ballnähe zu haben, wodurch das Gegenpressing deutlich effektiver wird und der Gegner am eigenen Strafraum eingeschnürt werden kann. Eine neuere Entwicklung ist, dass Mjällby immer wieder versucht, sich diagonal von außen in Richtung des Strafraums zu kombinieren. Die diagonalen Kombinationen sind deutlich schwerer zu verteidigen und sorgen für eine größere Unvorhersehbarkeit im Spiel ins letzte Drittel.

Autor: MH ist Fußball-Aficionado von Herzen. Seine Wohnung gleicht einer Fußball-Bibliothek in deren Regalen Bücher über die großen Taktiker von Rinus Michels bis Pep Guardiola stehen. Das Buch von Spielverlagerung.de fehlt hier natürlich nicht. Für MH ist Fußball nicht nur ein Spiel. Es ist ein Lebensgefühl. Auf X ist er unter Mh_sv5 zu finden, auf LinkedIn ebenso.

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