Fluidität und Gegenpressing-Trumpf – MX
Dortmund sichert sich nach einem 1:0-Sieg gegen Ulsan HD den Gruppensieg und steht im Achtelfinale der Club-WM. WIr werfen einen kompakten Blick auf die Partie.
Nach dem 4:3-Erfolg über die Sundowns aus Südafrika benötigte die Mannschaft von Niko Kovač einen weiteren Sieg, um sich den Gruppensieg in Gruppe F der Klub-WM zu sichern. In der 3-4-1-2-Grundformation nahm Kovač zwei Änderungen vor: Für Süle und Brandt (beide zunächst auf der Bank) begannen Ryerson und Adeyemi. Jamie Bynoe-Gittens fehlte krankheitsbedingt im Kader.
Ulsan unter Trainer Pan-Gon Kim trat in einem 5-3-2-Grundformaion an: Jo stand im Tor, auf den Schienen agierten Ludwigson und Kang als Schienenspieler, dazwischen bildeten Trojak, Kim und Lee die Dreierkette. Im Mittelfeld übernahm Bojanic die Rolle des Sechsers, unterstützt von Kim und Lee als Achtern. Im Sturm starteten Farias und Lacava.
Ulsan im 5-3-2-Mittelfeldpressing
Wie zu erwarten, formierten sich die Südkoreaner bei Dortmunder Ballbesitz zunächst in einem Mittelfeldpressing, das personell der Grundordnung entsprach. Auffällig war dabei direkt, dass das Sturmduo Farias und Lacava den Dreieraufbau der Dortmunder kaum anlief, sondern den Fokus vielmehr darauf legte, Achter Nmecha im Aufbauspiel weitgehend zu isolieren.
Dieses passive Anlaufverhalten der ersten Pressinglinie führte indirekt dazu, dass das ursprünglich angedachte Mittelfeldpressing zunehmend tiefer gedrückt wurde. Im weiteren Verlauf entstand so ein eher reaktives Abwehrpressing gegen die hohen Aufbaubewegungen der Dortmunder, die mit viel Personal frühzeitig in breite und hohe Zonen rückten.
Auffällig war zudem, dass die Halbraumakteure Lee und Kim relativ frühzeitig ballnah in die Breite schoben, um auf die weiten Andribbelbewegungen der Dortmunder Halbverteidiger – insbesondere Ryerson und Bensebaini – reagieren zu können. Ziel war es dabei, in diesen Andribbelmomenten den potenziellen Vertikalpass auf die Halbraumspieler auf Höhe letzter Linie zu isolieren und gleichzeitig den Halbverteidiger bewusst nach außen zu lenken. Dieses Muster funktionierte phasenweise durchaus effektiv und trug dazu bei, Dortmunds Progression im Halbraum gezielt zu unterbinden.
In der Breite verteidigten Ludwigson und Kang phasenweise durchaus aggressiv nach vorn, was es den Dortmunder Außenakteuren erschwerte, sich in diesen Zonen aufzudrehen. Besonders effektiv wurde das Pressing dann, wenn sich der Ballführer mit Blick zum eigenen Tor positionieren musste – in diesen Situationen rückte häufig ein Halbraumachter von Ulsan unterstützend heraus, wodurch lokal 2-gegen-1-Überzahlen beziehungsweise Doppelungen entstanden.
Allerdings offenbarte das Sturmduo Lacava und Farias gewisse Schwächen im rückwärtigen Isolationsverhalten: Zwar zeigten beide eine lose Mannorientierung gegenüber den Dortmunder Halbverteidigern, wenn der Ball in die Breite gespielt wurde, doch die Abstände waren meist zu groß, um den Rückpass wirksam zu unterbinden. Das lag auch daran, dass vor allem Bensebaini sehr gute Freilaufbewegungen zeigte und durchaus weit in die Breite nach den Pässen schob – diese weiten Wege konnte der Doppelsturm kaum mitgehen. Dadurch konnte Dortmund den Ball relativ unbedrängt zurückverlagern, was die Effektivität des Breitenfokus spürbar reduzierte.
Flache Verlagerungen gegen Einrück-Mechanismus
Dortmund erkannte relativ früh, dass es essenziell sein würde, die Isolationsmechanismen über die koreanischen Halbraumachter zu umgehen. Da die Achter ballfern häufig weit in die Zentrale einrückten, versuchte man, dieses Einschieben gezielt über flache Verlagerungen zu bestrafen.
Begünstigt wurde dieser Ansatz durch Ulsans anhaltende Probleme, Rückpassoptionen aus der Breite effektiv zu isolieren. Dortmund spielte daher bewusst in die Breite – nicht mit dem Ziel, dort aufzudrehen oder das direkte 1-gegen-1 zu suchen, sondern vielmehr, um unmittelbar wieder den Rückpass zum Halbverteidiger zu öffnen. Dieser konnte dann ohne nennenswerten Druck das Spiel verlagern.
Besonders hervorzuheben war dabei die Rolle vom Dreieraufbau aus Ryerson, Bensebaini und Anton, die nicht nur mit guter Schärfe im Passspiel hier agierten, sondern auch im ersten Kontakt eine saubere Horizontalorientierung zeigten. Das führte mehrfach dazu, dass Verlagerungen erfolgreich eingeleitet wurden – in Momenten, in denen die Halbraumachter Ulsans noch nicht zurück in ihre Ausgangsräume geschoben hatten. So konnten die Dortmunder Halbverteidiger nach der Verlagerung deutlich weiter andribbeln als im regulären Aufbau.
Das zentrale Problem blieb jedoch vor allem auf der linken Seite bestehen: Dortmund fand über die Breite kaum echte Progression. Insbesondere Adeyemi hatte große Schwierigkeiten, sich im 1-gegen-1 gegen Kang durchzusetzen – selbst nach Seitenverlagerungen rückte der koreanische Schienenspieler äußerst konsequent und aggressiv auf Adeyemi heraus. Dieses aggressive Herausverteidigen führte zwar zu gewissen Unsauberkeiten in der Fünferkette Ulsans, speziell in den Abständen zwischen Schienenspieler und Halbverteidiger.
Den linken Halbraum besetzte über weite Strecken Svensson, der durch seine wiederholten Laufwege in die Zwischenräume zwischen Schienenspieler und Halbverteidiger grundsätzlich eine vielversprechende Struktur anbot. Dennoch offenbarte sich in diesen Bewegungen ein wiederkehrendes Timing-Problem, das verhinderte, dass sich die sich bietenden Räume optimal nutzen ließen. Ein noch tiefer liegendes strukturelles Problem zeigte sich zudem in der Bewegungsrichtung selbst: Svenssons Läufe erfolgten häufig diagonal aus der Innenseite des Halbraums in Richtung Außenbahn. Diese Bewegungen erzeugten zwar saubere Tiefenstaffelungen und erleichterten die Ballannahme, führten jedoch tendenziell weg vom Tor. Entsprechend konnte Trojak ihn in diesen Situationen relativ mühelos abdrängen und eine Weiterverarbeitung zum Tor hin erschweren.
Ein bogenförmiger Lauf in die Tiefe – leicht versetzt in den Rücken des Halbverteidigers – hätte hier möglicherweise eine bessere Dynamik erzeugt und gleichzeitig die Bindung zur Tororientierung erhalten .
Zwischenstück als Fluidität-Geber?
So entwickelte sich früh eine Spielanlage, in der Dortmund das Geschehen weitgehend über Ballbesitz kontrollierte. Zunächst waren es vor allem die wiederkehrenden Verlagerungen auf die linke Seite, die das Aufabuspiel prägten. Mit zunehmender Spieldauer verlagerte sich der Schwerpunkt jedoch merklich auf den rechten Flügel – nicht zuletzt, weil sich dort eine etwas größere strukturelle Fluidität beobachten ließ.
Auffällig war dabei vor allem, dass Dortmund auf der rechten Seite nahezu konstant ein Zwischenstück zwischen Breitengeber und Halbverteidiger – und dadurch eine diagonale Verbindung – herstellte. Im Vergleich zur linken Seite – wo Bensebaini deutlich raumgreifender andribbelte – agierte Ryerson als rechter Halbverteidiger zurückhaltender, positionierte sich enger und schob konservativer nach. Dadurch entstand im rechten Halbraum gewissermaßen eine zusätzliche und höhere Präsenz, die sich von Coutos Breitenposition klar absetzte.
Diese Halbraumbesetzung wurde variabel interpretiert, zumeist durch Groß, der immer wieder horizontal aus dem Zentrum ausbrach und sich halbräumig positionierte. Gerade damit hatte Ulsan erhebliche Zuordnungsprobleme: Der linke Halbraumachter Lee stand meist auf einer Linie mit Groß, konnte in Ballbesitzsituationen aber nur seitlich anlaufen. Dadurch kam er kaum in einen wirksamen Druckwinkel – zumal Groß mit seiner hohen Pressingresistenz und sehr guten, vertikalorientierten ersten Kontakt ohnehin schwer zu fassen war.
Interessant war zudem, dass die Struktur über den zusätzlichen und höher positionierten Akteur im rechten Halbraum dazu führte, dass Ludwigson als linker Schienenspieler deutlich weniger aggressiv auf Couto herausrückte als sein Pendant auf der Gegenseite gegen Adeyemi. Vermutlich war dies auch durch die unmittelbare Präsenz im Halbraum bedingt, die Ludwigsons Entscheidungsverhalten sichtlich hemmte. In der Folge konnte Couto in der Breite mehrfach von Groß angespielt werden, erhielt mehr Zeit zur Orientierung und konnte sich – anders als Adeyemi auf der linken Seite – häufiger mit Blick zum gegnerischen Tor aufdrehen.
Wie auf der gegenüberliegenden Seite offenbarte sich allerdings auch hier ein Zwischenraum-Problem, das Dortmund situativ über ein klassisches „Spielen & Gehen“-Muster anzulösen versuchte: Groß passte auf Couto und schob selbst diagonal in die Tiefe durch. Couto jedoch tat sich schwer, diese Anschlussbewegung gezielt zu bedienen – auch weil Ludwigson mit seinem diagonalen Anlaufwinkel den Passweg in die Tiefe gut abschirmte. Anders als Svensson auf der anderen Seite hätte Groß hier stärker eine diagonale Tiefe andeuten müssen, um sich klarer aus Ludwigsons Deckungsschatten zu lösen und die Anschlussaktion zu öffnen.
In diesen Szenen wurden auch die Bewegungen von Jobe im Zwischenlinienraum zentral, da Dortmund aufgrund des fehlenden Tiefenlaufs von Couto auf seine Dynamik angewiesen war. Bojanic hatte merkliche Schwierigkeiten, diese Läufe konsequent aufzunehmen – nicht zuletzt wegen Jobes starkem Antritt und seiner variablen Bewegung in engen Räumen. Durch seine technische Qualität in kleinräumigen Situationen gelang es Jobe mehrfach, sich vertikal aufzudrehen und das Spiel fortzusetzen – entweder durch einen Pass auf den erneut freien Couto in der Breite oder auch Tiefe über den durchschiebenden Groß.
Teils suchte man auch eine direkte Verlagerung von der linken Breite in die rechte Breite auf Adeyemi, da die ballfernen Schienenspieler der Koreaner teils etwas einrückten und dadurch Adeyemi etwas Freiraum in der Breite hatte. Die Idee, diesen Raum direkt per Verlagerung zu nutzen, war also durchaus sinnvoll. Allerdings waren die Verlagerungen technisch teils zu unsauber ausgeführt, sodass daraus keine klaren Angriffe entstanden. Zudem agierte Adeyemi in diesen Szenen meist isoliert, und die Abstände zu den Mitspielern waren zu groß, um Tiefe oder Unterstützung zu schaffen.
Im Verlauf der Partie zeigte sich auch eine zunehmende Variabilität innerhalb der grundsätzlichen Diagonalstruktur:
– Ryerson andribbelnd: So wich Ryerson nach einigen Mustern – insbesondere nach Verlagerungen, wenn auf der rechten Seite ausreichend Raum vorhanden war – vom zuvor eher konservativen Muster ab und dribbelte diagonal in den rechten Halbraum an. Diese Bewegungen ermöglichten es Groß, sich in letzter Linie sehr hoch zu positionieren und dabei Schienenspieler Ludwigson zu binden. Dadurch öffnete sich für Couto zusätzlicher Raum in der Breite, den dieser nun mit mehr Zeit und Optionen bespielen konnte. Beim Zuspiel auf Couto war Ulsan gezwungen, innerhalb der Fünferkette eine Übergabe zu organisieren – was Groß wiederum nutzte, um sich in der Tiefe aus dem Schatten Ludwigsons zu lösen. In diesen Mustern zeigte er auch gute diaognale Tiefenläufe und konnte so auch von Cuoto gefunden werden.
Ryerson hätte in diesen Momenten grundsätzlich auch die Möglichkeit gehabt, Groß in letzter Linie direkt unter Druck anzuspielen – was ihm durch seine gute Technik im Bereich first touch / Ablagenqualität durchaus liegt. Aufgrund der engen Staffelung sowie der häufigen Staffelung von Jobe in unmittelbarer Nähe – meist leicht versetzt rund um Groß positioniert – hätten sich daraus aussichtsreiche Ablagenspiel-Momente ergeben können. Dennoch zögerte Ryerson in solchen Situationen meist, in den Druck hinein zu spielen, und wich stattdessen gen Breite aus.
– Jobe als Zwischenstück: Situativ rotierte Jobe auch statt Groß in den rechten Halbraum, was dem Dortmunder Offensivspiel zusätzliche Dynamik verlieh. Im Gegensatz zu Groß, der diesen Raum eher über systematischere Positionierung als über vertikales Dribbling besetzt, interpretierte Jobe die Rolle deutlich dynamischer und suchte verstärkt 1v1- oder 2v1-Situationen. Dank seiner Explosivität und engen Ballführung konnte er seinen Gegenspieler Lee – der häufig mit seitlichem Pressingwinkel agieren musste – auch mehrfach diagonal überdribbeln.
In diesen Momenten entstanden aussichtsreiche lokale Überzahlen mit Cuoto auf dem rechten Flügel gegen Schienenspieler Ludwigson.Allerdings mangelte es in solchen Szenen vereinzelt an zentralen, ballnahen Folgebewegungen. Da Groß sich typischerweise nicht wie Jobe diagonal oder in die Tiefe anbietet, fehlten Jobe bzw. Cuoto nach gewonnenem Dribblingspiel gelegentlich die passenden Anschlussoptionen im Halbraum. Das erleichterte es Ulsan, die entstehenden 2v1-Situationen durch ein Zurückfallen von Lee wieder zu neutralisieren. In der Folge kehrte Jobe vermehrt auf die zentrale Zehnerposition zurück, wo seine Qualitäten in engen Räumen sowie sein Zusammenspiel mit dem Mittelstürmer besser zur Geltung kamen.
– Rotation Groß/Cuoto: In bestimmten Szenen, vor allem nach Umschaltsituationen oder im Anschluss an zweite Bälle, war eine situative Breiten-Rotation zwischen Groß und Cuoto zu beobachten. In solchen Momenten orientierte sich Groß vermehrt in die Breite, während Cuoto halbräumige Positionen besetzte. Diese Umverteilung geschah zwar eher dynamisch als geplant, hatte aber dennoch taktisch relevante Effekte.Mit Groß in der Breite stand Dortmund ein deutlich passstärkerer Akteur zur Verfügung, dessen Übersicht und Passpräzision insbesondere bei flachen, diagonalen Zuspielen aus der Breite ins Zentrum zur Geltung kamen – gerade dann, wenn Cuoto in der Tiefe agierte und entsprechende Läufe hinter die Kette anbot oder Jobe sich ballnah anbot.
Gleichzeitig konnte Cuoto aus dem rechten Halbfeld seine individuelle Stärke im Flankenspiel besser einbringen. Seine Flankenqualität aus tieferer halbräumiger Position ist im Vergleich zu Groß durchaus überlegen, was Dortmund gezielt nutzte: Immer wieder schlug Cuoto aus dem Halbfeld Flanken auf die Überladungsstruktur in der letzten Linie – ein Muster, das sich im weiteren Spielverlauf mehrfach wiederholte und zu einigen gefährlichen Strafraummomenten – gerade über Guirassy – führte. Auf der anderen Seite sah man oft durch den andribbelnden Bensebaini aus dem Halbfeld Flanken auf den langen Pfosten, welchen besonders Jobe belief.
Nmecha sucht Ausbrechbewegungen
Ein oft unterschätzter, aber im Dortmunder Aufbau zunehmend zentraler Faktor war die Rolle von Felix Nmecha. Gerade weil sich die strukturellen Probleme auf der linken Seite – insbesondere die fehlende Progression über Adeyemi – mit fortschreitender Spielzeit manifestierten, war Dortmund darauf angewiesen, über zentrale Mechanismen Druck aufzulösen.
Ein Schlüsselmoment dabei: Ulsan Hyundai begann verstärkt, über Lacava die Rückpassoption zwischen Adeyemi und dem nachschiebenden Halbverteidiger Bensebaini zuzustellen. Diese Maßnahme wirkte zwar zunächst stabilisierend auf die koreanische Defensivstruktur, öffnete aber neue, zentrale Räume für Nmecha.
Durch seine horizontalen Bewegungen im Zwischenlinienraum, vor allem ballnah hinter dem Pressingschatten der ersten Linie, bot Nmecha immer wieder eine drucklösende Anspielstation für Adeyemi. Entscheidend war dabei, dass Farias, der eigentlich für ballferne Markierungen von Nmecha vorgesehen war, diese weiten, raumöffnenden Läufe nicht konsequent genug aufnahm.
So konnte Nmecha mehrfach aus dem linken Halbraum angespielt werden und mit wenigen Kontakten Verlagerungen auf die rechte Breite einleiten – insbesondere auf Cuoto, der dort oft mit Raum im 1v1 konfrontiert wurde. Nmechas Fähigkeit, in diesen Zwischenzonen sowohl Anschlussoption als auch Spielverlagerer zu sein, wurde damit zu einem zentralen Hebel, um die asymmetrische Spielstruktur Dortmunds trotz lokaler Blockaden aufzulösen.
Allgemein sollte man aber auch nicht übersehen, wie wichtig Jobe in diesen Mustern war: Einerseits band er Zentrumsspieler Bojanic, sodass dieser nicht auf Nmecha herausschieben konnte, andererseits konnte Jobe nach dem Aufdrehen Nmechas – etwa nach einem diagonalen Zuspiel – in einer Pärchenbildung agieren. Daraus ergaben sich mehrfach Möglichkeiten, über Ablagenspiel oder Doppelpass in die letzte Linie zu gelangen.
Neben diesen horizontalen Ausweichbewegungen sah man auch vertikale Ausbrüche, insbesondere zu Beginn der Partie: So rückte Nmecha beim Ballbesitz eines der Halbverteidiger vor den Doppelsturm von Ulsan und durchbrach gewissermaßen den Pressingwall. Dieses Ausbrechen – ein mittlerweile gängiges Mittel gegen ein 5-3-2, da es im toten Winkel des Doppelsturms geschieht und nur schwer zu verfolgen ist – ermöglichte es Nmecha mehrfach, angespielt zu werden, sich aufzudrehen und anschließend direkt zu verlagern. Das half Dortmund auch insofern, als man das Pressing Ulsans in die Breite zog und dadurch mehr Dynamik erzeugte. Teilweise entstanden dadurch einfache Klatsch-Pass-Muster mit dem ausgebrochenen Nmecha oder auch Dreieckskombinationen zwischen Anton, Nmecha und dem Halbverteidiger – was wiederum zu einer breiteren Staffelung und besseren Andribbelwinkeln für die ballführenden Halbverteidiger führte.
Gegenpressing, baby!
Dortmund kontrollierte über weite Teile des Spiels den Ballbesitz sehr souverän. Das ging auch damit einher, dass man im Aufbauspiel mit allen Mannschaftsteilen weit gegen das Abwehrpressing aufrücken musste. In der Rückzugsstruktur ergab sich dabei häufig eine 1-2-1-Ordnung (Raute) als Restverteidigung, teils auch eine 1-2-Staffelung – je nach Positionierung von Felix Nmecha. In der Regel können die beiden Halbverteidiger aus dieser Struktur die beiden Stürmer abdecken, während der mittlere Innenverteidiger und der zentrale, absichernde Part ihre jeweiligen Zonen eher raumorientiert sichern. So kann der MIV konstant Absicherung für die beiden äußeren Verteidiger leisten, die ihre Gegenspieler mannorientiert verfolgen. Das verleiht der Restverteidigung zusätzliche Stabilität, da die Verteidiger nicht permanent in 1-gegen-1-Situationen gezwungen werden. Gleichzeitig erlaubt es ihnen, aggressiver nach vorne zu verteidigen – was auch am Dienstag entscheidend war.
Dennoch führte die Struktur dazu, dass die naturgemäß großen Zwischenräume innerhalb der 1-2-1 – insbesondere zwischen Anton, Bensebaini und Ryerson – permanent von Farias und Lacava belaufen wurden. Die beiden Stürmer konnten so (wenn auch zu selten) lange Befreiungsschläge in die Tiefe aufnehmen und teils auch abfangen, nachdem sie im Restangriff aus halbräumiger Position direkt durchgeschoben hatten.
Grundsätzlich reagierte die Dortmunder Dreierkette in diesen Momenten aber recht pragmatisch: Nach Ballverlusten oder langen Bällen schob man mit den Halbverteidigern schnell ein, agierte kompakter und rückte enger zusammen. Dadurch gelang es, das Zentrum rund um den Strafraum meist gut zu sichern mit der 3v2/4v2-Überzahl, die Stürmer vom Tor wegzudrängen – und so offenbarte sich bei Ulsan immer wieder ein grundlegendes Problem: Das kollektive Nachschieben aus dem 5-3-2 funktionierte oft nur unzureichend. Allgemein wurde die Pressinghöhe im Laufe des Spiels inklusive der Stürmer im Restangriff immer tiefer – dadurch das Umschalten auch immer ungefährlicher.
Umso entscheidender war es, dass Dortmund im zugriffsorientierten Gegenpressing direkt versuchte, ein strukturiertes Umschaltspiel von Ulsan zu unterbinden. Das Hauptproblem der Südkoreaner lag darin, dass man häufig zu unbedarft versuchte, flach und strukturiert herauszuspielen – und dadurch kaum aus dem mannorientierten Block des Dortmunder Gegenpressings herauskam. Vielmehr hätte es in vielen Situationen naheliegender gewesen, direkt in den Zwischenlinienraum auf die beiden Stürmer und dann ablegend auf nachschiebende Zentrumsspieler zu spielen. Besonders nach Standardsituationen – wie in der oben beschriebenen Szene –, bei denen der BVB ohnehin viel Personal rund um den Ball versammelte, fehlte diese vertikale Option häufig völlig. So konnte Dortmund mit einem vergleichsweise einfachen, aber konsequent ausgeführten Gegenpressing eine Vielzahl an Ballgewinnen verbuchen. Ergänzend dazu agierte man im Rückwärtspressing äußerst aktiv (beispielsweise vor dem 1:0) und konnte so die Intensität nochmals deutlich erhöhen.
Fazit
Nach dem Seitenwechsel ließ die Intensität beim BVB etwas nach, dennoch behielt man grundsätzlich die Spielkontrolle. Besonders das 3-2-3-2-Angriffspressing in klarer Manndeckung zeigte weiterhin Wirkung gegen UHD: Die Südkoreaner kamen im flachen Spiel kaum über die erste Aufbaulinie hinweg.
Im weiteren Spielverlauf – insbesondere gegen Ende – passte Dortmund die Pressinghöhe an, was sich auch als genereller Turniertrend beobachten lässt. So sah man zunehmend ein 3-4-3-Mittelfeldpressing, bei dem UHD über lange Verlagerungen in die Breite – hinter die zweite Pressinglinie der Dortmunder – wiederholt ins letzte Drittel vorstoßen konnte. Bis auf einzelne Abschlusssituationen löste Dortmund diese Sequenzen aber durch kollektives Verschieben und Herausverteidigen der Halbverteidiger in die Breite insgesamt recht ordentlich.
Zudem wurde nach den Wechseln sichtbar, dass die Qualität – sowohl individuell als auch im gruppentaktischen Aufbauspiel – spürbar nachließ. Dadurch konnte UDH auch teils etwas höher rauspressen. Zwar blieb die Grundstruktur stabil und die defensive Absicherung solide, doch es kam vermehrt zu vermeidbaren Ballverlusten in gefährlichen Zonen. Auch die Besetzung der höheren Räume war phasenweise im Gesamtspielverlauf teils unsauber, wodurch in der letzten Linie – insbesondere über die linke Seite – eine gewisse Eindimensionalität festzustellen war.
MX machte sich in Regensburg mit seiner Vorliebe für die Verübersachlichung des Spiels einen Namen. Dabei flirtete er mit der RB-Schule, blieb aber heimlich immer ein Romantiker für Guardiolas Fußballkunst.
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