Hannover 96 – Hamburger SV 1:1
Das Derby-Wochenende der Bundesliga bescherte dem Zuschauer ein interessantes Nordderby: In der AWD-Arena trennten sich die Hannover 96 und der Hamburger SV mit 1:1.
Vor dem Spiel gab es taktisch von beiden Trainern wenig interessantes zu vermelden: Sowohl Fink als auch Slomka wichen auch in dieser Partie nicht von ihrer 4-4-2 Formation ab. Schon früh entwickelte sich ein sehr flottes Spiel. Grund hierfür waren die Mittelfeldlücken, die beide Teams mit ihrer Formation dem Gegner boten. Beim Hamburger SV war dies durch das tiefe Fallen eines der beiden zentralen Mittelfeldspieler bedingt, ein Schema, das Fink neu einführte. Bei Ballbesitz können so zwar die Außenverteidiger aufrücken, bei Ballverlust fehlt allerdings eine zweite Absicherung vor der Abwehr. Die Hannoveraner nutzten dies geschickt aus und spielten Schlaudraff frei, der anders als bei der 1:4-Niederlage gegen Wolfsburg wesentlich höher agierte und seltener in die Tiefe ging. Die Hannoveraner konnten so ihre gewohnt schnellen Konter fahren, auch wenn sie über das Spiel über die Außen weitesgehend verzichten mussten. Pander und Stoppelkamp mussten nämlich gegen die oft aufrückenden Außenverteidiger Hamburgs viele defensive Pflichten erledigen.
Hamburg mit mehr Torchancen
Doch auch den Hamburgern bot sich eine Menge Platz im Zentrum. Da Schmiedebach sehr oft aufrückte und Pinto das Spiel aus der Tiefe lenkte, entstand zwischen ihnen viel freier Raum. Töre hielt wenig auf der Flanke und so zog er immer wieder in die Mitte, von wo er die Bälle verteilte. So konnte auch Finks Team den ein oder anderen schnellen Gegenstoß in der ersten halben Stunde fahren. Allerdings agierten sie dabei oft nicht abgeklärt genug, zu oft ließen sie sich von der Abseitsfalle der hoch stehenden Viererkette der Hausherren narren. Zu Spielschluss hatten Guerrero und Son ganze 11 Abseitsstellungen zu verbuchen – ein sehr hoher Wert.
Doch auch die Hannoveraner wirkten mit ihrem Konterspiel nicht überzeugend. Obwohl sie sich zwischen der 10. und 20. Minute drei gute Chancen herausarbeiteten, blieb doch in erster Linie ihre Ungenauigkeit im Passspiel in Erinnerung. In der ersten halben Stunde kamen gerade einmal 59% ihrer Pässe beim Mitspieler an. Selbst für ein Konterteam mit vorwiegend vertikalen Pässen ist das ein miserabler Wert. Gerade von den Außenpositionen kamen sehr wenige Bälle beim Mitspieler an, die Hamburger waren mit den offensiven Außenverteidigern absoluter Herr über diese Zone.
Diese Dominanz auf den Außen war einer der Hauptgründe, warum die Gäste bis zur Halbzeitpause einen Tick besser wirkten als ihre Gegner. Aogo und Diekmeier kommt die offensivere Rolle unter Fink sehr zugute, sie können ihre Stärken im Dribbling und bei Flanken ausspielen. Dadurch dass sie für Breite in der Offensive sorgen, können zudem Jansen und Töre freier agieren. Jansen sucht oft den diagonalen Weg zum Tor und bringt so mit seiner Dynamik Unruhe in die Viererkette des Gegners. Töre wiederum kann sehr frei aufspielen und sich dort zeigen, wo er einen guten Ansatzpunkt für seine Dribblings sieht. In diesem Spiel zeigte sich aber noch in vielen Situationen seine Eigensinnigkeit, durch die er einige Bälle verlor. Trotzdem hatte der Hamburger SV zur Halbzeit in einer ansehnlichen Partie ein Chancenplus mit 12 zu 6 Torschüssen.
Zweite Halbzeit
Nach einer flotten halben Stunde wurde das Spiel etwas ruhiger. Hamburg versuchte nun, etwas mehr Ruhe und Dominanz zu erlangen und den Ball länger in den eigenen Reihen zu halten. Dieser Trend setzte sich auch nach dem Wiederanpfiff fort, als sie mit einem höheren Pressing die Hannoveraner zusehends unter Druck setzten. Diese konnten nun seltener den direkten Weg nach vorne suchen und mussten öfters den Rückweg wählen. Sie sind aber kein Team, das durch kreativen Spielaufbau auffällt, und so waren es nun die Hamburger, die durch ein besseres Kurzpassspiel und viele Ballgewinne ihren Ballbesitzwert hochschrauben konnten. Allerdings hatten sie immer noch mit Kinderkrankheiten wie zu späte Abspiele durch Töre oder schlechte Abstimmung zwischen Guerrero und Son zu kämpfen, weshalb sich die Begegnung nun hauptsächlich im Mittelfeld abspielte.
In einem Match, in dem beide Teams in den entscheidenden Situationen Genauigkeit im letzten Pass und im Torabschluss vermissen ließen, sorgten letztendlich Standardsituationen für die Tore. Es war zunächst Bruma, der seine Mannschaft nach einem Eckball in Führung brachte (64.). Dieser Treffer gab den Gästen Aufwind, zahlreiche Torchancen ergaben sich in den folgenden Minuten. Von den fünf Schussversuchen in den nächsten zehn Minuten ging allerdings kein Ball rein, und es kam, wie es kommen musste: Schlaudraff nahm eine Ecke mit einem Volleyschuss direkt und verwandelte zum sehenswerten Ausgleich (79.). Die Hamburger hätte hier durchaus geschickter verteidigen können: Es hätte ein Spieler am Elfmeterpunkt gereicht, der bei einer Ecke ans Strafraumeck nur etwas hätte herausrücken müssen. Selbst wenn er nicht vor Schlaudraff am Ball gewesen wäre, hätte er genug Druck auf ihn ausüben können, Doch Fußball ist kein Spiel der Konjunktive, und so vergaben die Hamburger eine Führung. In der Schlussviertelstunde passierte nichts mehr, und so blieb es beim 1:1.
Fazit
In einem schnellen Spiel mit zahlreichen Torchancen trennen sich beide HSVs mit einem Unentschieden. Anhand der Performance nach dem Wiederanpfiff wäre für die Hansestädter mehr drin gewesen, doch der sehenswerte Treffer von Schlaudraff brachte den Niedersachen einen Punkt.
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