Mourinho Debütsieg mit Glück und Stabilität
Die englische Premier League startet in die neue Saison. Zu den vielen Topstars und den unglaublichen finanziellen Möglichkeiten gesellen sich in dieser Saison auch viele Toptrainer. Schon gestern startete die Liga u.a. mit Pep Guardiolas Debüt für Manchester City. Heute folgte Stadtrivale José Mourinho mit Manchester United gegen den AFC Bournemouth.
Zwischen 4-4-2 und 4-2-3-1
United startete etwas überraschend – trotz des verletzten Jesse Lingard – ohne Neuzugang Mkhitaryan und dafür mit Juan Mata, welcher bei Chelsea unter Mourinho verkauft wurde. Im Spiel gegen den Ball organisierte man sich häufig in einem 4-2-3-1; Ibrahimovic besetzte den Raum vor dem gegnerischen Sechser, Rooney positionierte sich darin und stellte Bournemouths erste Option für die Innenverteidiger zu. Mata und Martial auf den Außenpositionen blieben gelegentlich höher als die Sechser, bei Vorstößen der Außenverteidiger ließen sie sich aber ohne größeren Aufwand nach hinten drücken.
Aus diesem 4-2-3-1 wurden häufiger 4-4-2-Staffelungen generiert, wenn Rooney Ibrahimovic in vorderer Linie zum Auslösen des Pressings unterstützte. 4-4-2-0-Staffelungen gab es wiederum, wenn Ibrahimovic und Rooney durch einen Querpass an ihnen vorbei überspielt wurden. Dann ging Ibrahimovic tiefer, um das Zentrum zu sichern, wodurch Rooney auf die Ballseite verschieben konnte. Ansonsten waren wenige Auffälligkeiten im Defensivspiel sichtbar; einzelne Mannorientierungen und Absicherungsbewegungen der Sechser bei Herausrücken der Außenverteidiger fielen noch am stärksten ins Auge. Ebenso wie das Balancieren des Herausrücken eines Sechsers im Pressing durch den anderen Teil der Doppelsechs. Im Spiel mit Ball agierten sie ebenfalls mit guten Ansätzen, aber auch hier noch etwas profillos und unspektakulär.
Matas und Ibrahimovics Rollen potenziell interessant
Konservativ präsentierte sich United im Ballbesitzspiel. Vielfach spielten sie den Ball unter Druck nach hinten zum Torhüter. Setzte Bournemouth nach, konnten sie de Gea schon früh zum langen Ball zwingen. Dies schien von Mourinho gewollt; Uniteds Innenverteidiger liefen sich in einigen solchen Situationen gar nicht frei, sondern gingen enger zusammen und orientierten sich bereits nach vorne. Ähnliches war bei den Außenverteidigern und Sechsern zu sehen. Ansonsten wurde relativ gemächlich in Ballbesitz gespielt. Über die Innenverteidiger und Außenverteidiger wurde viel auf die Sechser gespielt, welche den Ball in Ruhe laufen ließen.
Allerdings zeigten sich auch einige sehr gute Ansätze; Matas Einrücken in die Mitte bei gleichzeitigen Vorstößen Fellainis nach vorne sowie Positionswechsel dieser beiden im weiteren Verlauf des Aufbauspiels könnten in den nächsten Wochen mehr Struktur erhalten und vielleicht sogar mit Mkhitaryan/Lingard und Pogba/Schneiderlin probiert werden. Auch das Pärchen Rooney-Ibrahimovic vorne ist vielversprechend. Lässt sich Ibrahimovic nach hinten zurückfallen und agiert im Mittelfeld, kann Rooney die vorderste Linie besetzen – ebenso wie der von links einrückende Martial.
Werden diese Bewegungen verstärkt, richtig eingesetzt und die Struktur als solche verbessert, könnte United durchaus interessant im Ballbesitzspiel werden. Vereinzelt gab es sogar Strukturen, wo Rooney und Ibrahimovic eine Art Doppelacht vor einem Sechser gaben und das Sturmzentrum von Fellaini und Martial anvisiert wurde. Meistens blieb Ibrahimovic allerdings vorne, Herrera und Fellaini spielten relativ eng auf der Doppelsechs und wurden punktuell von Rooney und Mata unterstützt. Martial gab meistens Breite, Ibrahimovic bot sich dynamisch zwischen den Linien für raumgewinnende Pässe und bei Druck auf die Mittelfeldspieler an. Anfangs hatte Bournemouth sogar leichte Vorteile aufgrund der etwas saubereren Spielanlage in Ballbesitz.
Bournemouth mit Geschick und Strategie
Auf unserer englischen Seite hatten wir sogar einst eine Analyse zu Bournemouth veröffentlicht, in der TP auf ihr Ballbesitzspiel verwies und Ähnlichkeiten zum FC Barcelona bzw. dem spanischen Positionsspiel ausmachte. Auch gegen United zeigte Eddie Howes Bournemouth für einen Underdog eine ansehnliche Leistung. Insbesondere in der Anfangsphase hatte man mehr vom Raum und vom Ball, war gut aufgestellt und ließ den Ball stabil laufen. Diese Spielweise brachte Bournemouth häufig durch die ersten zwei Linien Uniteds, aber in Strafraumnähe wurden die meisten Angriffe durch die Doppelsechs und die Viererkette der Mourinho-Elf zerschlagen.
Howe passte auch gut an, als Bournemouth begann leichte Probleme gegen die Aufteilung Ibrahimovis und Rooneys zu bekommen. Einer der beiden Achter ließ sich immer wieder in den Sechserraum zurückfallen, um Suman zu unterstützen. Das tiefere Achter band Rooney und Ibrahimovic häufig in der Mitte, während Suman abkippen und ohne Druck aufbauen konnte. Die Innenverteidiger Cook und Franics positionierten sich breiter, erhielten Bälle über Suman und dribbelten immer wieder im Halbraum durch die Schnittstelle zwischen Sechsern und Flügelstürmern Uniteds an. Diese gute Idee verteidigte United allerdings ebenfalls im letzten Drittel ausreichend stabil und kappte vereinzelt sehr gut die Passwege in die Mitte.
Chancenarmut und Glückstor
Die Partie zeichnete sich allerdings auch lange durch akute Chancenarmut aus. United hatte Probleme das 4-1-4-1 Bournemouths mit spielerischen Mitteln auseinander zu nehmen, während Bournemouth durch die individuelle Unterlegenheit und die Präsenz der Defensive Uniteds ebenfalls kaum Abschlüsse hatte. Zur Pause stand es 5:3 für United in puncto Schüsse. Zwei davon kamen nach einem glücklichen Tor, welchen Mata zum 1:0 verwertete. Ein langer Ball hinter die Abwehr Bournemouths sorgte für einen groben Schnitzer Francis‘, welchen Mata zu einem ersten Abschlussversuch am Tormann nutzte. Dieser parierte, doch an Francis prallte der Ball noch einmal nach vorne zu Mata, der nun ins leere Tor einschieben konnte.
Strategische Vorzeichen des Spiels gekippt
Mit der Führung im Rücken und auswärts bei Bournemouth konzentrierte sich United fortan verstärkt auf das Verteidigen des Strafraums sowie einer ruhigen, oft länger dauernden und sehr gut abgesicherten Ballzirkulation. Ohne Ball wollte man auf Kontermomente warten, mit Ball Bournemouth herauslocken. Das 2:0 fiel passenderweise über eine gute Kombination in einer eigentlich schwierigen Situation, als Valencia und Mata auf dem rechten Flügel durchbrachen. Valencia setzte sich in weiterer Folge durch, flankte auf Martial auf Höhe des zweiten Pfostens, der zum freistehenden Rooney vor dem Fünfmeterraum ablegte. Ein Distanzschuss Ibrahimovics besorgte mit dem 0:3 die Vorentscheidung. Bournemouth konnte zwar noch den Ehrentreffer erzielen, hatte jedoch kaum eine Chance noch Punkte aus dieser Partie für sich zu ziehen.
Auffällig war auch, wie United sich häufig mit der Führung im Rücken im Aufbauspiel positionierte. Die Innenverteidiger standen bisweilen weit außerhalb der gegnerischen Formation, die Sechser Uniteds wiederum formierten sich in den freien Räumen neben des Stürmers Bournemouth in deren 4-1-4-1. Mata und Rooney wiederum besetzten die Räume im Mittelfeld und zwischen den Linien Bournemouths. Somit hatte United viele Spieler vor der Formation des Gegners, versuchte Gegenspieler herauszulocken und Raum zu schaffen oder eben ohne Offensivpräsenz den Ball sicher zu zirkulieren. Situativ konnten sich sogar Rooney oder Mata vor Bournemouths Formation bewegen, Ibrahimovic besetzte dann die zentralen Räume im Mittelfeld.
Bournemouths Wechsel (Afobe und Grabban kamen anstatt Wilson und Ibe) veränderten übrigens wenig an der Ausrichtung der Hausherren im Spiel gegen den Ball. Im Spiel mit Ball waren sie etwas präsenter bei Flanken und vertikaler; Mourinho hingegen wechselte erst zu Beginn der Schlussviertelstunde, als er Mkhitaryan für Mata brachte.
Fazit
Ein schwierig einzuordnendes Spiel für Manchester United und AFC Bournemouth. Bournemouth knüpfte an den sehr guten Ansätzen der letzten Saison an, wo sie als Überraschungsmannschaft galten und den Klassenerhalt schafften. Allerdings fehlt es ihnen für Punkterfolge in solchen Partien an der Präsenz und Erfolgsstabilität gegen individuell stärkere Gegner. Mourinhos Mannschaft überzeugte nicht durchgehend. Abstände und Bewegungen im Spiel mit Ball, Präsenz im letzten Drittel sowie die Intensität im Spiel ohne Ball ließen zu wünschen übrig. Viel in diesem Spiel war – von beiden Mannschaften allerdings – Quergeschiebe und Stückwerk. Bei einem ersten Saisonspiel ist dies jedoch nachvollziehbar; die Entwicklung in den nächsten Wochen wird interessant zu verfolgen.
2 Kommentare Alle anzeigen
BD 15. August 2016 um 22:06
Wie findest Blind als IV bzw. generell? Bin persönlich ein Riesenfan.
tobit 16. August 2016 um 09:47
Blind ist schon ein Klasse-Mann, aber vielleicht nicht ganz der passende IV für Mou. Könnte ein bisschen zu offensiv (wie David Luiz) sein um konstant als IV aufzulaufen. Durch seine Einsatzmöglichkeit als LV und DM wird er aber wohl auf reichlich Spiele kommen.
Gerüchteweise steht er ja auch auf Mous Abschussliste, dann wäre er eine tolle Verstärkung für viele Teams, z.B. dem BVB würden sich dadurch etliche weitere taktische Möglichkeiten ergeben.