Real mit souveränem Weiterkommen trotz kleinen Wacklern
Mit einem 0:2-Vorsprung ging Zinedine Zidanes Real Madrid in das Rückspiel vor heimischem Publikum. Doch der Roma wurden trotzdem Außenseiterchancen eingeräumt; nicht nur wegen der inkonstanten Form der Madrilenen.
Romas Pressing
Nicht nur bei Real Madrid, auch beim AS Rom gab es einen Trainerwechsel in dieser Saison. Nach inkonstanten Ergebnissen unter Rudy Garcia wurde er vom schon früheren Trainer der Roma, Luciano Spalletti, ersetzt. Dieser hatte schon vor knapp zehn Jahren Totti und Co. trainiert; bei Zonalmarking.net galt seine Roma sogar als eines der interessantesten Teams der Dekade (primär wegen der Nutzung Tottis als falsche Neun) und er wurde in Italien sogar als einer der wenigen Trainer benannt, die eine Variation des spanischen Positionsspiels nutzen.
Darum war auch interessant, wie er seine Roma nun einstellen würde. In diesem Spiel lassen sich aber auf das Spiel mit Ball nur wenige Rückschlüsse ziehen. Trotz des Rückstands aus dem Hinspiel hatte Real deutlich mehr Ballbesitz, die Roma versuchte desweiteren kein hohes, aggressives Pressing. Stattdessen wollte man wohl den Spielerverlauf abwarten, Fehler Reals provozieren und sich selbst Konterräume öffnen.
Dazu nutzte man im Spiel ohne Ball eine 4-2-3-1hafte Formation. Perrotti orientierte sich vielfach an Casemiro und spielte etwas tiefer als Dzeko, der den Sechserraum versperrte und von dort aus nach vorne lief, um das Pressing Reals auf die Seite zu drängen und die Innenverteidiger voneinander zu trennen. Pjanic konnte aus dem Sechserraum ebenfalls herausrücken, wodurch sie kürzere 4-1-4-1hafte Staffelungen erzeugten. Keita sicherte diese Bewegungen zumeist ab. Die Flügelstürmer konnten sich wiederum leicht mannorientiert verhalten, wechselten aber zwischen einer Mannorientierung an den Außenverteidiger in Ballnähe und einer Mannorientierung auf den nächsten zentralen Mittelfeldspieler auf der ballfernen Seite. Die Abwehrkette wiederum spielte tendenziell etwas enger und in tieferen Zonen entstand ein 4-4-1-1 mit leicht zockenden Flügelstürmern.
Einen besonders großen Effekt hatte dies allerdings nicht; zumindest nicht in den ersten zwei Spielfelddritteln. Dort konnte Real dank einer kleinen Veränderung nämlich gut aufbauen.
Zidanes Real mit kleinen Verbesserungen
Die Madrilenen starteten bekanntlich mit einem 0:2-Vorsprung in das Rückspiel vor eigenem Publikum. Dabei gab es keine nennenswerten Überraschungen in der Startelf. Casemiro kam in die Mannschaft, um hinter Modric und Kroos als Sechser zu agieren. Pepe und Ramos gaben dahinter die Innenverteidigung, Marcelo und Danilo kamen über die Außenverteidigerpositionen. Ohne Benzema war es Cristiano Ronaldo, der als Mittelstürmer auflief. Ihn flankierten Bale und James.
Langsam zeigen sich die Madrilenen durchaus formverbessert. Im Gegensatz zur Ära Rafael Benitez‘ und den ersten Spielen unter Zinedine Zidane ist die Raumaufteilung in Ballbesitz schon etwas verbessert. Dazu muss aber gesagt werden, dass sie weiterhin nicht optimal ist. Einige Verbindungsprobleme oder Überbesetzungen in der horizontalen Linie, welche zwar für eine sichere, aber nur träge Ballzirkulation erlaubten, gab es weiterhin zu sehen.
Prinzipiell gab es aber einige interessante Staffelungen und Bewegungen. Pepe und Ramos fächerten relativ breit auf, Danilo und Marcelo konnten dadurch bei Bedarf weit nach vorne schieben. Dies mussten sie häufig auch, weil sich insbesondere James immer wieder in die Mitte bewegte und dort den Zehnerraum besetzte. In den letzten Wochen war auch unter Zidane der Zehnerraum häufig schlecht okkupiert worden.
Vielfach standen die Madrilenen in einer Art 4-2-0-4 oder 2-4-0-4, wodurch der Ballbesitz träge war und es an Vertikalpassoptionen fehlte. Kaum ein Spieler positionierte sich adäquat im Zehnerraum, teilweise war es sogar Benzema, der dies am besten machte. In diesem Spiel war die Zwischenlinienraum- und Zehnerraumbesetzung besser.
Neben James konnten sich gelegentlich auch Bale und Cristiano Ronaldo in diesen Räumen positionieren. Die größte Veränderung lag aber wohl an der Nutzung einer 4-1-4-1-Staffelung. Dadurch konnten Modric und Kroos beide höher schieben und ihr starkes Freilaufverhalten in höheren Zonen nutzten. Zwar fielen sie weiterhin neben Casemiro zurück, aber taten es nur situativ.
In den Spielen mit einem 4-2-3-1/4-1-4-1 (Isco z.B. als Zehner/Achter-Hybrid) waren sowohl Kroos als auch Modric zu nahe an den Innenverteidigern gewesen. Sie teilten sich die Seiten im Sechserraum auf und positionierten sich meist in den Halbräumen. Das erlaubte natürlich Vorstöße der Außenverteidiger, doch Real fand sich zu oft in isolierten Flügelsituationen oder eben ohne zentrale Vertikalpassoptionen im Aufbauspiel wieder.
Durch das 4-1-4-1 mit Kroos und Modric zusammen als klaren Achtern konnten die beiden das gleiche Spielchen in höheren Zonen abspielen. Bei Bedarf fielen sie wieder zurück und besetzten die Räume neben Casemiro; vielfach war es nur einer der beiden, der dies machte, aber ein paar Mal sogar beide. Hier zeigten sich dann die typischen Probleme Zidanes Mannschaft auch in diesem Spiel.
Unsauberkeiten und Probleme im letzten Drittel
Gelegentlich hatte Real enorm hohe Präsenz in den ersten zwei Linien, bevor es im letzten Drittel schwächer wurde. Modric und Kroos ließen sich bisweilen wieder zu weit zurückfallen, da Casemiro gelegentlich Probleme im Spielaufbau hatte und den Madrilenen das Ergebnis durchaus entsprach. Dies führte aber auch zu einigen anderen Mängeln.
Im letzten Drittel griff Real einige Male mit nur drei bis vier Spielern an. Die zentralen Mittelfeldspieler blieben aus Absicherungsgründen deutlich hinter dem Ball, die Außenverteidiger brachen nur situativ bis ins letzte Drittel durch. Einige Male kappten sowohl Danilo als auch Marcelo am Ende des zweiten Drittels ab, spielten noch einen Pass und schoben nicht mehr weiter nach vorne. Auch die Abstände waren nicht mehr optimal. Teilweise schien es, als würden James und Cristiano bei ihren Läufen der eigenen Struktur in die Quere kommen.
Modric probierte dies einige Male zu balancieren, doch dies hatte mitunter seltsame Blüten; in einer Situation kurz vor der 30-Minuten-Marke bildete er ein Pärchen mit Kroos auf der linken Seite, ungefähr zehn Minuten später schaute er als höchster rechter Flügelspieler Danilo im Halbraum bei einem verlorenen Unterzahldribbling zu. Reals eigentlich relativ dominante Ausrichtung verlor hier ihre Durchschlagskraft; viele Angriffe wurden mit versuchten Diagonalbällen, Flanken oder Distanzschüssen beendet.
Die Roma hatte allerdings selbst Probleme, bessere Chancen herauszuspielen. Dabei kamen die Giallorossi in der ersten Halbzeit eigentlich zu drei Hochkarätern. Eher war das Problem die Chancenverwertung selbst und das konstante Herausspielen von Chancen, welches einige Male am Pressing Reals scheiterte.
Das 4-1-4-1 versperrt die zentralen Räume
Im Spiel ohne Ball stand Real einigermaßen solide, allerdings nicht konstant. Ihre größten Probleme hatten sie beim Verteidigen gegnerischer Konter. Nach Ballverlusten fehlte es oftmals direkt in Ballnähe an Gegenpressingspielern. Kroos und Modric befanden sich in einer ambivalenten Position: Sollten sie herausrücken und die Mitte öffnen oder sollten sie tiefer zurückfallen, um abzusichern? Beide warteten teils in höheren Zonen aber zu lange ab, wodurch Casemiro weite Räume kontrollieren musste. Die vorderen Spieler wiederum waren inaktiv oder schlecht formiert zum Gegenpressing, weswegen die Roma ein paar Mal direkt nach Balleroberungen effektiv nach vorne kommen konnte. Die Innenverteidigung Reals war dann meist Ursache, wieso diese Konter nicht abgeschlossen werden konnten.
Im Pressing selbst war Real aber besser. Im 4-1-4-1 konnten Kroos und Modric herausrücken und mit Mannorientierungen Pjanic und Keita versperren. Casemiro rückte einige Male sehr weiträumig und aggressiv heraus, wenn einer der beiden offenstand, gedoppelt werden konnte oder Modric nach vorne schob und Cristiano im Pressing unterstützte. Dazu spielten Bale und James nicht mannorientiert, sondern vergleichsweise eng an den Achtern und konnten situativ vertikal nach vorne auf Spieler vor ihnen herausrücken oder eben die Außenverteidiger Roms zustellen. Ein paar Mal entstanden sogar 4-1-2-2-1hafte Staffelungen.
Die Roma hatte dadurch wenig Präsenz in der Mitte. Keita und Pjanic erhielten wenige Bälle, dazu stimmten teilweise die Abstände zwischen den beiden nicht. Insbesondere Keita fehlte es an Präsenz, seine raumöffnenden Bewegungen für Pjanic wurden von diesem wiederum nicht konstant genutzt – was auch an Reals Pressingbewegungen lag. In weiterer Folge wurde auch die leichte Asymmetrie der Flügel nicht eingebunden.
Digne schob tendenziell etwas früher in höhere Zonen als Florenzi, woraufhin El Shaarawy in die Mitte zog. Gleichzeitig ging der nominelle Zehner, Diego Perotti, vielfach ins Sturmzentrum oder auf die linke Außenbahn. Diese raumöffnenden Bewegungen wurden aber nicht ordentlich genutzt; Reals Präsenz in der Mitte und die guten Aktionen der Viererkette verhinderten dies meistens.
Umstellungen zur Halbzeit
Nach dem Seitenwechsel veränderte sich das Spielgeschehen vom Rhythmus kaum, obwohl beide Mannschaften sich etwas anpassten. Bei Real tauschten Bale und James die Seiten. Nun kam Bale über die rechte Außenbahn, gab dort Breite und zog gelegentlich mit seinem stärkeren linken Fuß in die Mitte, während James auf links mit Marcelo und Cristiano Ronaldo kombinierte. Die linke Seite wurde nun stärker fokussiert; Marcelo konnte mehr aufrücken, Cristiano Ronaldo pendelte tendenziell stärker nach links und es gab dort einige Überzahlsituationen. Dies passte zwar systemisch besser zu den Spielern, die großen Grundprobleme – unsaubere Abstimmung im Bewegungsspiel, schlechte kollektive Aktionen am Strafraum – wurden dadurch nicht bereinigt.
Die Roma hingegen blieb dem eigenen System weitestgehend treu, brachte aber Vainqueur für Pjanic. Gründe hierfür sind mir persönlich nicht eingefallen. Der Spielrhythmus veränderte sich kaum. Die Roma presste ähnlich wie in der ersten Halbzeit, wenn auch mit ein paar höheren Pressingversuchen. Dazu gab es die typischen schnellen Konter über Dzekos Ablagen und Läufe der Flügelstürmer, welche einige Male an Ramos und Co. endeten.
Cristiano Ronaldos Treffer nach 63 Minuten besiegelte letztlich die Partie. Romas unsaubere Abwehr – nach einem Ballverlust blieben die Flügelstürmer hoch und zockten – wurde über einen Flügelangriff und eine Flanke des für Bale eingewechselten Lucas Vazquez bestraft.
Fazit
Zur Halbzeit gab es 18:4 Schüsse für Real – aber ein 0:2-Großchancenverhältnis für die Roma (laut OPTA). Später wurden es gar 37 Schüsse. Das defensive Umschalten Reals war dafür verantwortlich; es war zwischen schwach und inexistent einzuschätzen. Auch nach der Pause veränderte sich dies nicht; Salah und Florenzi hatten ebenfalls zwei gute Chancen, die nicht verwertet wurden. Spalletti hatte vor dem Spiel gesagt, die Roma müsse jede Chance nutzen, ansonsten würde man bestraft – dies geschah nach einer Stunde. Nun konnte sich Real noch stärker aufs Konterspiel und ein passiveres Defensivspiel verlegen, was wenige Minuten zum 2:0 führte. Sogar die Einwechslung von Klublegende Totti änderte nichts mehr; auch die Roma hatte sich schon mehr oder weniger mit diesem Ergebnis abgefunden.
21 Kommentare Alle anzeigen
CH 9. März 2016 um 13:39
zu den Bildern: Wäre vorteilhafter, wenn man Farbschema und Spielrichtung der „Grundformation“ auch bei den Details beibehält.
Dr. Acula 9. März 2016 um 10:55
also ich kann dieses real unter zidane nicht ernst nehmen. gestern haben sie enorm hoch gepresst, hatten dann aber keine idee, was sie mit dem ball anstellen soll. ich weiß nicht, was man so lernt, wie man sich beim kontern als verteidigende mannschaft verhalten soll, aber real hat in der stunde sicherlich geschlafen. wie einfach und fahrlässig die leistung war.. erschreckend. schon in der 1 HZ.. salah und die andere Großchance in der 2…. also wenn real keinen RIESEN entwicklungssprung macht, wird das bald im clasico wieder eine blamage und in der CL gegen jeden etwas überdurchschnittlichen gegner das aus.. ich gehe jede wette ein, dieses real würde gegen wolfsburg rausfliegen und das sagt alles
Isco 9. März 2016 um 12:35
Für den unwahrscheinlichen Fall, dass sie gegeneinander gelost werden, ich wette gerne 🙂
Dr. Acula 9. März 2016 um 15:46
die wette steht.. wenn es so weit ist, schreiben wir uns nochmal
Thomas 9. März 2016 um 13:53
Ist der AS Rom in deinen Augen kein „etwas überdurchschnittlicher“ Gegner? Oder ist das für dich nur eine Gurkentruppe?
Dr. Acula 9. März 2016 um 15:46
letzteres
Bernhard 9. März 2016 um 17:16
Manche Beiträge hier sind einfach nicht mehr ernst zu nehmen. Die Roma mag zwar momentan kein internationaler Topclub sein, aber bei so einer Aussage kann man einfach nur noch den Kopf schütteln 🙁
Koom 9. März 2016 um 18:41
Als „überdurchschnittlich“ gehen sie nicht durch. Würde sie als „durchschnittlich“ bezeichnen.
Gh 9. März 2016 um 20:01
Salah und Großchance ist ein Widerspruch. Wenn Salah den Ball in aussichtsreicher Position erhält hat der Passpieler versagt.
Mike the Knight 9. März 2016 um 07:19
Danke für den Bericht über Real Madrid. Ich war gespannt wie sich Real unter Zidane entwickeln würde. Leider habe ich bis jetzt keine Entwicklung gesehen.
Koom 9. März 2016 um 09:15
Das zeichnete sich ja schon in der B-Elf Madrids mit Zidane ab. Vermutlich bestand/besteht die Hoffnung, dass er wie einst Del Bosque eine Mischung aus Starpflege und Kommunikation und feinem Verschieben und Anpassen des Systems an seine Stars wirkt.
Es zeigt sich aber mehr denn je, dass es ohne Ausbildung und Trainertalent nicht wirklich geht.
HK 9. März 2016 um 10:33
Keine Ausbildung? Hat Zidane das nicht mittlerweile nachgeholt und entsprechende Lehrgänge absolviert?
Koom 9. März 2016 um 18:43
Stimmt, da war was. Anfang 2015 hat er die UEFA-Pro-Lizenz gemacht. Mea culpa. Zum Trainertalent fehlen aber schon irgendwie die kreativen, strukturellen Nachweise.
Isco 9. März 2016 um 11:04
Hat er mich bisher überzeugt? Nein
Trotzdem gibt es sicher schönere Sachen als mitten unter der Saison ein Team in einer sportlichen Krise zu übernehmen.
Isco 8. März 2016 um 23:37
Der Kader hat ein unheimliches spielerisches Potential, nur wird es nicht ausgenutzt, weil zu vieles den beiden 90+ Mio. Spielern geopfert wird und weil Kontinuität ein Fremdwort ist.
Intaghi1 8. März 2016 um 23:16
Bin ich der einzige, der findet, dass reals kader eig sehr sehr gut zu guardiola passen würde. Marcelo, carvajal, modric, kroos, benzema… Noch cr7 weg und matic rein, und real könnte europa ähnlich domineren wie die bayern und barca. Leider werden wir es nie sehen
Gh 9. März 2016 um 09:59
wäre ja schon ein anfang wenn wir sehen wie bayern europa dominiert.