Bielefeld dreht chancenreiches Ostwestfalenderby in Paderborn

1:2

Einerseits zeigten die Defensivreihen in diesem Duell einige gute Staffelungen, andererseits boten sie auch Schwachpunkte. Bielefeld deutete bereits in Durchgang eins Gefahr an und entschied eine immer offener werdende zweite Halbzeit gegen den bei Paderborn höher ausfallenden Konsequenzverlust für sich.

scp-dsc-2015Im Ostwestfalenderby trafen die mit jeweils drei Punkten mäßig gestarteten Bundesliga-Absteiger aus Paderborn unter Markus Gellhaus auf den Drittligameister des Vorjahres, Arminia Bielefeld. Bei den Gästen reagierte Norbert Meier auf die Verletzung von Christian Müller mit einer Umstellung auf ein vorsichtigeres 4-1-4-1, was aber nicht unbedingt in einer passiven Spielweise mündete – vielmehr überließ ihnen der Gastgeber zunächst etwas häufiger den Ballbesitz. Zwar konnten die Hausherren im Pressing mit einzelnen intensiven Aufrückbewegungen für etwas Unruhe sorgen und in Folgeszenen, in denen sie das Spiel auf Dick leiteten sowie dort pressten, vereinzelt die kleineren Unsicherheiten des DSC in Sachen Ballsicherheit andeuten, doch ansonsten wirkten sie gegen den Ball nicht unbedingt überzeugend. Die etwas versetzt interpretierte Mischung aus 4-2-3-1, 4-4-1-1 und 4-1-4-1 zeigte sich flexibel und hatte lokal manche vielversprechende Staffelung, aber litt andererseits an einigen grundlegenden Problemen.

Paderborn verschiebt suboptimal

Gerade das Verschieben geschah in mehreren Bereichen zu lasch, inkonsequent und unnatürlich. Wenn Bielefeld über verschiedene Zurückfallbewegungen aus dem Mittelfeld hinten genügend Sicherheit generiert hatte, durfte somit beispielsweise Börner zu vielen aufrückenden Läufen mit Ball ansetzen, auf die Paderborn nicht gut reagierte. Auch auf halblinks zeigten sich einige Probleme: Phasenweise stand Koc gegen Schuppan zu ineffektiv eingerückt, so dass der Linksverteidiger der Gäste nach Zuspielen an der Mittelfeldlinie vorbei aufrücken konnte, worauf das Kollektiv der Hausherren zu inkonsequent mit dann eigentlich nötigen, adäquaten Pressingmechanismen reagierte. Auch die starken Direktpässe von Salger in die Halbräume auf Schütz, den einrückenden Nöthe oder selten Klos fanden aufgrund der Passivität im Paderborner System manches Mal Abnehmer.

So verbuchte Bielefeld im ersten Durchgang einige ansehnliche Phasen, hatte über die Halbräume simple, aber solide gruppentaktische Dreiecksaktionen, gelangte mehrfach in Strafraumnähe und blieb allein wegen des dort trotz einiger ordentlich eingebundener Ablagen nicht immer optimalen Ausspielens zunächst ohne Tor. Die zehn Abschlüsse deuteten aber bereits ihre Möglichkeiten an. Insgesamt wurde schon vor der Pause deutlich, dass die leichte Asymmetrie ihres Systems mit einrückenden oder zusätzlich in die Spitze ziehenden Bewegungen Nöthes, situativ nach außen gerichtetem Movement von Schütz und den entsprechenden Reaktionen der Kollegen die sonst offensiv eher simplen Bielefelder sofort gefährlicher und spielstärker machte, da sie nun eine flexiblere, mit einem klaren, aber guten, raumbespielenden Grundmechanismus als Orientierungspunkt angelegte Ausrichtung zur Vorlage hatten.

Achter als Schlüsselspieler in Lücken

In Führung lag zur Pause jedoch der SC Paderborn, der nach unauffälliger Anfangsphase etwa ab der 20. Minute immer mehr Gefahr auf den Rasen gebracht hatte. Zu Anfang fand das Team gegen das Bielefelder Defensiv-4-1-4-1 noch wenig Mittel, da deren Achter – mit flexibler Übergabe der verschiedenen losen Mannorientierungen untereinander und zu Behrendt – immer wieder kurz herausrückten, um den flexibel nach hinten driftenden und dann antreibenden Bakalorz oder selten mal Stöger aus der Formation zu halten und die Verbindungen nach vorne zu kappen. So gelang es den Hausherren in der ersten Phase der Begegnung kaum einmal, ins letzte Drittel aufzurücken. Mit der Zeit fanden sie allerdings einige Ideen, um die letztlich als offensive Schlüsselspieler fungierenden Saglik und Stöger bedienen zu können.

So hatte auch Bielefeld Probleme mit diagonalen Pässen, die an der eigenen Mittelfeldreihe vorbei auf die gegnerischen Außenverteidiger gingen, und koordinierte diese Szenen einige Male nicht optimal. Gerade über Ndjeng konnte Paderborn Mitte des ersten Durchgangs nach solchen Bällen gefährliche horizontal quergelegte Anschlusspässe ins Zentrum spielen – insbesondere auf Saglik. Ebenso wie Stöger gab dieser sich engagiert vorstoßend, was in solchen Szenen die Bielefelder Verschiebebewegung überrumpelte und hinter ihr Mittelfeld eindrang. Da die horizontale Kohärenz und Abstimmung auch in der Verteidigungslinie bei den Arminen diesmal nicht auf dem Niveau wie beispielsweise im ersten Saisonmatch lag, ließ sich die Abwehrkette von diesen Situationen einige Male ungeschickt auseinanderziehen und öffnete verschiedene horizontale Löcher, die Paderborn für diagonale Durchbrüche zur Grundlinie nutzte.

Teilweise gab es dabei sogar kurzzeitig Überzahlen, teilweise setzten sie sich in Unterzahl stark über ihre individuell guten Dribbler durch – und so flogen Mitte der ersten Halbzeit einige Hereingaben scharf knapp an Hesl vorbei, ohne dass es jedoch einen Abschluss gab. Auch nach etwas längeren, zwischen die Linien gelupften Bällen auf Saglik in den rechten Halbraum sprangen für die Domstädter zwei, drei offene Szenen gegen die Bielefelder Abwehr heraus, gerade wenn Proschwitz noch hinzukam oder die Ordnung der Gäste durch einzelne Mannorientierungen destabilisiert war. Das Führungstor der Gellhaus-Elf nach etwas mehr als einer halben Stunde fiel jedoch nicht nach einer dieser brenzligen Szenen über Flügeldurchbrüche oder die Achter-Schlüsselspieler, sondern nach einem im Z-Muster ausgespielten Konter über die linke Außenbahn.

Bielefeld dreht das Spiel in offenerer zweiter Halbzeit

In der zweiten Halbzeit zeigte sich schnell, dass die Begegnung nun – nach den schon zuvor leichten Inkonsequenzen im Defensivbereich – deutlich offener und nachlässiger in der Raumsicherung werden würde. Die Verbindungen zwischen Offensive und Defensive rissen gelegentlich ab oder wurden weiträumiger, die Absicherung ließ nach und so fanden die Teams in teils isoliert blockartigen Szenen immer wieder Zwischenlücken und Freiräume. Auf der einen Seite agierten die Bielefelder, die per direktem Freistoß durch Behrendt den schnellen Ausgleich schafften, nun deutlich breit-gestreckter und flügelorientierter, wollten durch diese erhöhte Klarheit auch mehr Raum haben, um Treffer potentiell erzwingen zu können. Auf der anderen Seite wurden bei den Paderbornern einzelne in Lücken ausweichende Läufe Sagliks bei Schnellangriffen oder Kontern, vor allem aber diagonale Läufe aus dem defensiven Mittelfeld zum Strafraumeck gefährlich.

Gerade bei Bielefelder Pressing auf den Außen bediente Paderborn diese Bewegungen gegen die breite, vertikal angeordnete Verschieberichtung und die im Mittelfeld zunehmenden Mannorientierungen mit entsprechend diagonalen Pässen des Verteidigers in die Spitze. So hatte der Bundesliga-Absteiger vielleicht sogar die Mehrzahl an gefährlich wirkenden Szenen. Dafür blieb Bielefeld etwas häufiger in kollektiv geschlossener Grundkompaktheit hinten, wenngleich diese vereinzelt sogar durch auch in Statik individuell starke Unterzahldribblings, beispielsweise von Ndjeng, geknackt wurde und brenzlige Momente zu überstehen hatte. In die andere Richtung half den Gästen die leicht asymmetrische Struktur auf links bei der Entwicklung von Angriffsansätzen oder dem Aufrücken, das zunehmend durch einzelne ballschleppende Dribblings am Flügel durchgeführt wurde.

Letztlich fehlte es Paderborn stärker an der Konsequenz in der Rückzugsbewegung als dem hier etwas geschlossener bleibenden Gegner. So mussten sie gegen die Verlagerungen der Bielefelder bei Schnellangriffen oder Kontern zunehmend in offenen Szenen teilweise mit Gleichzahl verteidigen – und gegen ein von halblinks eingeleitetes Dribbling des für Hemlein eingewechselten Görlitz in der Schlussphase das 1:2 hinnehmen. Anschließend warfen die Paderborner, nachdem zuvor unmittelbar im Anschluss an diesen Treffer zwei gute Gelegenheiten zum 1:3 liegen geblieben waren, alles nach vorne. Sie stellten auf eine horizontal etwas seltsam angeordnete – hinten rechts weniger Präsenz als links – Dreierkette um und brachten mit ihren diagonalen oder dribbelnden Flügeldurchbrüchen durch die Achter die Bielefelder durchaus mal ins Zittern, konnten das Endergebnis in diesem Derby aber schlussendlich nicht mehr beeinflussen.

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