Gruppentaktisch solide Momente in chancenarmem Pressing-Basken-Duell

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Eibar und Athletic Bilbao brachten beide ein gutes Pressing auf den Platz, hatten dagegen aber bis auf einzelne Momente Probleme, sich viele Chancen zu erspielen. Die Gäste waren etwas gefährlicher und machten den Siegtreffer per Standardsituation.

eibar-athletic2015Im kleinen Stadion zu Eibar empfing der heimische Klub im kleinen Basken-Duell den unter der Woche aus der Europa League ausgeschiedene Athletic Club. Dabei traten die Hausherren von Gaizka Garitano in einer 4-2-3-1-haften Ausrichtung mit hohen Offensivakteuren um den italienischen Stürmer Piovaccari an und versuchten durchaus Initiative zu übernehmen. Auf der anderen Seite nahm Ernesto Valverde einige Umstellungen im Vergleich zur Partie gegen Torino vom Donnerstagabend vor. Gerade die vordere Abteilung der diesmal 4-2-3-1-hafter – mit Mikel Rico als zweitem Sechser – interpretierten Grundformation stellte sich personell verändert dar und sah unter anderem Guillermo in der Spitze sowie Iker Muniain in diesmal zentraler Rolle.

Pressingballgewinne im 4-2-3-1

Auch wenn sie phasenweise 4-4-2- oder 4-2-2-2-Staffelungen hatten, verblieb Athletic doch in der Arbeit gegen den Ball in dieser Grundformation. Die beiden Flügelspieler agierten höher als die Sechser und stattdessen unabhängig, in einer Linie mit dem nominellen Zehner. Das daraus aufgezogene Pressing funktionierte vor allem in der Anfangsphase gut: Guillermo positionierte sich zwischen den Innenverteidigern und leitete auf die Seite, Muniain bewegte sich um oder etwas vor den positionell nicht immer optimal agierenden Sechsern Eibars und die Außen nahmen eine etwas engere Grundstellung ein. Die Sechser der Hausherren zeigten sich in der ersten Aufbauphase etwas inaktiv in ihren Bewegungen – gerade horizontal – bzw. timten und koordinierten beispielsweise einzelne Zurückfallaktionen nicht immer sauber. Weil darüber hinaus und die Offensivabteilung zwar agil auftrat, aber wenig nach hinten angebunden war, hatte der jeweilige ballbesitzende Innen- oder auch mal Außenverteidiger nicht so viele Optionen.

Daher waren Pressingübergänge der Flügelspieler Athletics anfangs sehr wirksam: Noch häufiger als einfach ihren Gegenspieler an der Außenlinie zu attackieren, konnten sie aus der Grundposition heraus in Pässe der zentralen Defensivakteure herausrücken, die diese etwas zu vorhersehbar spielten. Aus diesen Ballgewinnen – vor den gegnerischen Außenverteidigern – entstanden zunächst einige schnelle Konteransätze, die in den ersten Minuten schon mehrere Abschlüsse einbrachten, allerdings nicht gut genug ausgespielt wurden, um in Führung zu gehen. Nur selten konnte Eibar beispielsweise mit langen Pässen Jaimes nach rechts die leicht erhöhten Positionen der gegnerischen Flügel bespielen, doch Bilbao passte sich dann an: Balenziaga rückte auf den gegnerischen Rechtsverteidiger vor und der ballnahe Innenverteidiger konnte situativ eine Mannorientierung auf Ander Capa übernehmen.

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Athletic im 4-2-3-1 Pressing, Guillermo hat den Innenverteidiger nach außen gelenkt: Man sieht die etwas erhöhte Position der Flügel, die zu großen Abstände Eibars nach vorne und das unpassend gewählte Abkippen des Sechsers (hinten am Strafraumkreis)

Eibars Versuche über links

Im weiteren Verlauf verbesserte sich Eibar in dieser Hinsicht, traf bessere, balanciertere Entscheidungen im Passspiel und gewann mehr Sicherheit in den ersten Aufbaulinien. Dennoch hatten sie immer noch gewisse Probleme, ihre hochstehenden offensiven Leute in den vorderen Bereichen ins Spiel zu bringen. Gerade Piovaccari, Manu del Moral und Arruabarrena ballten sich um den linken Halbraum, konnten allerdings nur inkonstant bedient werden. So mussten sie häufig auch lange Bälle schlagen, die immerhin in diese Bereiche gebracht werden konnten. Aus Bilbaos 4-2-3-1-Anordnung heraus gab es auch – vor allem im weiteren Verlauf der ersten Halbzeit – viele lose Mannorientierungen bei den Gästen, die insbesondere in der Abwehrreihe bei herausrückenden Außenverteidigern auffielen, aber auch im Mittelfeld gegeben waren. Dani García rückte einige Male häufiger auf und wurde dann von einem Sechser übernommen, wobei San José gegen Arruabarrena auch häufig in eine Fünferkette zurückfiel.

Das wirkte für die Gäste aber nicht unbedingt negativ, da sie hinten mehr Stabilität gewannen, gewisse Probleme mit Mannorientierungen in der Tiefe auffangen konnten und diese Zuordnungen ansonsten nicht wirklich weiträumig bespielt wurden. Die kleineren Mittelfeldlücken konnte der sich im Ballbesitz steigernde Gegner phasenweise zumindest für etwas bessere Vorwärtsbindungen und Aufrücken nutzen. Gerade weil Dani García zunehmend mehr Initiative mit Läufen nach halblinks entwickelte, konnten sie hier einige gute Abläufe und Dreiecksbildungen andeuten. So kamen sie gelegentlich mal zur Grundlinie oder bereiteten Athletic im dortigen Halbraum Probleme, doch ansonsten fehlte es an darüber hinaus gehenden Mechanismen, so dass diese ordentlichen Ansätze nicht mehr als solide fünf Abschlüsse und einen Versuchs aufs Tor bewirken konnten. Auch die simplen Flügelabläufe über das Pärchen auf der rechten Außenbahn wusste – trotz situativer Unterstützung beispielsweise Dani Garcías – da keine großen Steigerungen in Sachen Torgefahr zu erzielen.

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San José mannorientiert in die Fünferkette zurückgefallen (hier bei einem langen Ball)

Lange Bälle nach halbrechts bei Bilbao

Aufgrund der durchaus pressingfokussierten Kontrahenten und den jeweils immer mal wieder beeinflussenden Mannorientierungen ergab sich insgesamt ein dynamisches, umkämpftes und manchmal etwas zerfahrenes Match, in dem sich trotz einiger auch mal offenerer Situationen keine Mannschaft einen durchgehend klaren Vorteil erarbeiten konnte. Es gab jeweils einige Probleme in den Aufbau- und Offensivmechanismen, die nach der schwungvollen Anfangsphase dafür sorgten, dass nur noch wenige klare Chancen vorherrschten. Vor allem bei Athletic merkte man dies: Eibar rückte frühzeitig und bissig in 4-4-2-Pressingformationen heraus, die sie mit leichten Mannorientierungen versahen. Dabei bewegte sich Arruabarrena von der Zehnerposition einige Male gut und konnte den Sechserraum hinter sich im Deckungsschatten behalten. Auch wenn die Gäste mal nach umkämpften Mittelfeldszenen das bessere Ende für sich hatten und nach hinten zirkulieren wollten, ging das Heimteam aufmerksam in den Pressingmoment über.

Dagegen hatte Athletic kaum klare Aufbauszenen, sondern musste immer wieder frühzeitig lange Bälle schlagen, vor allem durch ihren Keeper und Etxeita. So erreichten sie weniger Ballbesitz als der Liganeuling und kamen nur auf eine Passquote von 57 % zur Halbzeit. Allerdings machten sie dies nicht ungeschickt und richteten diese Zuspiele vernünftig in eine klare Zone aus – auf die rechte Offensivseite. Dort erhielt der athletische Inaki Williams Unterstützung durch den sehr umtriebig ausweichenden Guillermo und den seitlich helfenden Muniain. Mit diesen Gruppierungen konnten sie einige lange Bälle im Halbraum gewinnen und über die dortigen Anordnungen einige Mechanismen direkt im letzten Drittel aufziehen. Insbesondere die technisch starken Dribblings von Muniain lösten die engen Szenen auf, woraufhin anschließend gruppentaktisch ordentliche Ansätze gestartet wurden. Diese Szenen waren durchaus ansehnlich und versprühten immer mal ansatzweise Gefahr.

Wie auch bei verschiedenen Aktionen, in denen die Mannen aus Bilbao schnell vorspielen konnten, agierte Eibar dagegen in der Rückzugsbewegung etwas zu mannorientiert. Hinter den Sechsern entstand wie auch im Aufbau eine größere Lücke, da sich der Zehner um San José und Mikel Rico bewegte, während die Außen höchstens ihre direkten Gegenspieler in den Flügelzonen verfolgten. Dies gab dem weiteren Angriffsverlauf etwas mehr Möglichkeiten und einige Male konnten dadurch überraschende Vorstöße Mikel Ricos im ballfernen Halbraum eingebunden werden. Ansonsten war Athletic aber keinesfalls herausragend oder besonders in der Offensivausrichtung. So musste der Führungs- und später auch Siegtreffer nach einer Standardsituation etwa zehn Minuten vor der Pause fallen. Bis zum Ende lief die Begegnung in etwa nach unverändertem Muster weiter, Eibar gelang in Durchgang zwei nur noch ein Abschlussversuch und Athletic brachte den Erfolg über die Zeit.

Fazit

Es war kein berauschendes, aber auch kein schlechtes Duell zwischen diesen zwei baskischen Teams. Intensives Pressing mit einzelnen Mannorientierungen kennzeichneten die Partie, aus der einzelne gruppentaktisch gute Momente über die jeweils fokussierten Halbräume – halblinks bei den Gastgebern bzw. halbrechts bei den Gästen – hervorragten. Weniger ansehnlich waren die vielen langen Bällen und teilweise auch Flanken. Nach schwachem Start entwickelte Eibar durchaus Ambitionen im Ballbesitz, war aber abgesehen von ihren Bewegungen halblinks zu harmlos. So reichte Athletic – bei insgesamt aber nur in Teilpunkten überzeugenden Offensive – eine gute Vorstellung in ihrem gewohnt gemischten Defensivstil und eine Standardsituation, die immerhin aus dem Spiel auf zweite Bälle halbrechts entstand, zu einem knappen, aber doch verdienten Sieg.

Ein Dank an das Bildmaterial geht an laola1.tv!

Frank 5. März 2015 um 23:03

Naja, um die Initiative zu übernehmen ist Eibar schlichtweg zu passschwach, vor allem im defensiven Mittelfeld im Bezug auf den Spielaufbau. Da wird zwar defensiv viel gerannt und gegen den Mann gearbeitet, aber letztendlich sieht man in der Offensive die Defizite gegen einen disziplinierten Gegner, der sich vom ‚Ambiente‘ im Mini-Stadion Ipurua nicht anstecken lässt. Anfangs der Saison war Eibar durchaus ebenbürtig mit ‚gestandenen‘ Mannschaften der Primera Division, aber die begrenzte Spielerdecke/qualität lässt auch keine grundlegenden Taktikvariationen zu. Und seit Albentosa in die Premier Leagu zu Derby County gewechselt ist, hat auch die ansonsten grundsolide Abwehr wesentlich offener geworden.

Bei Athletic war besonders die Rolle von Guillermo auffällig, der eigentlich als einziger 9ner auf dem Feld steht, in diesem Spiel aber öfters als klassischer 10er agierte.
Muniain fühlt sich in der Rolle des offensiven linken-zentrale Mittelfeldspielers, gut abgesichert von Balenzieg/Rico sichtbar wohl, seine Ballsicherheit und Dribblingstärke wird oft auf der linken Aussenbahn ein bisschen verbraten.

Verwunderlich war, dass Athletic den Hausherren kämpferisch und läuferisch, v. a. in Person von Iñaki Williams, deutlich überlegen war (normalerweise ein Stärke von Eibar) und somit der Sieg auch vollkommen in Ordnung geht.

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