Beidseitiger Stabilitätsfokus führt zu 1:1-Unentschieden
Die Partie zwischen dem 1. FC Köln und Hannover 96 endet in einem 1:1-Unentschieden. In der Anfangsphase gab es die meisten Veränderungen, schlichtweg durch die beiden Tore. Danach verflachte das Spiel. Beide Mannschaften versuchten sich mit möglichst wenig Risiko in ihren Aktionen – offensiv und defensiv – möglichst wenig für Konter zu öffnen, wodurch sich auch Torchancen im Umschaltmoment im Rahmen hielten. Eine kurze und einfach gehaltene Analyse zu einem simplen Spiel ohne besonderes Spektakel oder spielerische und taktische Glanzpunkte.
Zwischen Führung und Ausgleich
Ein frühes Tor für Hannover 96 zwang den 1. FC Köln zur erhöhten Initiative. Ansonsten sind die Kölne reine eher defensivorientierte Mannschaft, die von ihrer defensiven Stabilität lebt und dem Gegner den Ballbesitz aufzwingt. Jetzt wollten sie aber natürlich vor heimischem Publikum und wegen des 0:1 in der fünften Minute verstärkt aufbauen und höher pressen, doch Hannover ging damit intelligent um.
Wenn die Hannoveraner den Ball hatten, ließen sie ihn geschickt laufen und lockten Köln nach vorne. Die Innenverteidiger positionierten sich relativ tief und breit, damit sie Zieler einbinden konnten. Zieler stand teilweise bis zu fünfzehn Meter vor dem eigenen Strafraum und wartete auf das gegnerische Pressing, bevor er lange Diagonalbälle in die geöffneten Räume im Mittelfeld spielte oder eben auf die Innenverteidiger passte.
Desweiteren kippte Hirsch immer wieder nach hinten ab, um sich tief anzubieten, die Innenverteidiger breiter zu schieben und eine breite Raute mit den Innenverteidigern und Zieler zu kreieren. Damit wollte man wohl auch den Laufaufwand für Kölns Stürmer erhöhen und sie zwingen, entweder einen der Flügelstürmer oder einen der Sechser im 4-4-2 herauszuschieben, um effektiv pressen zu können. Dies sollte wiederum Räume für die langen Bälle oder raumgewinnende Pässe öffnen.
Dies funktionierte eigentlich ganz gut; doch Köln glich mit einem (missglückten) langen Ball hinter die Abwehr, den Hannover schwach verteidigte, aus. Danach zogen sie sich wieder ein bisschen zurück, während Hannover höher pressen musste/wollte.
Hannover kontrolliert den Ball, Köln die eigene Spielfeldhälfte
Das Kölner Pressing bis zum gegnerischen Strafraum war nun passé. Die Elf von Peter Stöger zog sich inklusive Mittelstürmern bis zur Mittellinie zurück, wobei die beiden Angreifer des 4-4-2 (Osako und Ujah) immer wieder herausrückten und auf die Innenverteidiger Hannovers pressten. Weil die erste Aufbaulinie der Hannoveraner nun so hoch stand, konnten sie Zieler nicht mehr in einer Linie mit den Innenverteidigern einbinden. Hirschs Abkippen gab es nun fast durchgehend, damit die Innenverteidiger dem Pressing Kölns entgehen konnten. Im Gegensatz zum hohen Pressing verfolgten die Kölner hierbei das Abkippen nicht mehr mannorientiert.
Darum gelang Hirschs Flucht vor dem gegnerischen Zugriff meistens, obgleich Köln vereinzelt versuchte die Passwege in die Mitte zu blockieren oder mit den Flügelstürmern auf die breiter positionierten Innenverteidiger herauszurücken. Hannover spielte aber das Abkippen gut aus, wechselte die Seite intelligent und verhinderte auch damit Zugriff auf die erste Linie. Allerdings fehlte es ihnen trotzdem an der Präsenz im zweiten und letzten Spielfelddrittel.
Stindls Bewegung im Zwischenlinienraum und auf der Zehn wurde nicht effektiv eingebunden, sein Zurückfallen in die defensiven Halbräume vor die Innenverteidiger / neben die Außenverteidiger konnten sie ebenfalls nicht ausspielen. Die Ursache lag vorrangig am kompakten Spiel der Kölner.
Das 4-4-2 war in den vertikalen Abständen sehr gut und in der Formation gab es geschickte Mannorientierungen, mit der sie Zugriff bei Pässen durch die Mitte herstellten. Zwar hatten sie durch den Fokus auf die eigene Hälfte und ein eher risikoarmes Pressing nur wenige hohe Balleroberungen, doch Hannover fand darum auch keine Wege mit Kombinationsspiel konstant zu Torchancen zu gelangen. Köln hatte zwar nur wenige vielversprechende Konter, doch die wenigen Konter reichten aus, um zur Halbzeit 7:3 Schüsse bei weniger Ballbesitz zu haben.
Flügelangriffe, Gebolze und Hannovers 4-4-2
Nach der Halbzeit veränderte sich wenig. Beide Mannschaften wurden durch das kompakte 4-4-2 des Gegners meist auf die Flügel geleitet, es gab zahlreiche Flanken, Halbfeldflanken und lange Bälle in die Spitze. Nicht nur die Kölner nutzten hierbei ein relativ simples, aber stabil umgesetztes 4-4-2, sondern auch die Hannoveraner.
In dieser Saison nutzten die Mannen von Trainer Tayfun Korkut manchmal eine Art 4-2-3-1 im Pressing, öfters gab es auch ein 4-4-1-1 als Variante des 4-5-1 mit tieferem und sehr weit unterstützendem Stindl und natürlich auch ein 4-2-1-3 mit nach vorne geschobenen Flügelstürmern. Dies war gegen Köln nicht zu sehen, sondern ein relativ klassisches 4-4-2 mit Stindl als etwas tieferem zweitem Stürmer vorne. Sogar beim gelegentlichen Abkippen von einem der Kölner Sechser blieb Hannover beim 4-4-2 und stellten formativ nicht um.
Auf beiden Seiten lag der Fokus letztlich auf Stabilität: Keine Räume im Pressing öffnen, nie zu wenig Absicherung beim eigenen Angriffsaufbau zu haben und ja keine Kontermöglichkeiten für den Gegner zulassen. Zwar hatten die Hannoveraner ein paar interessante Flügelkombinationen und Seitenwechsel, Kölns Flügelstürmer rückten ein paar Mal potenziell vielversprechend in die Mitte ein, doch insgesamt waren beide Mannschaften offensiv unspektakulär und defensiv stabil. Die Konter gingen in Distanzschüsse, Abschlüssen unter Bedrängnis und der gegnerischen Stabilität unter.
In der Schlussphase öffnete sich das Spiel etwas, weil beide Mannschaften schneller und minimal risikoreicher angriffen sowie offensivorientierte Spieler, wenn auch positionsgetreu, einwechselten. Letztlich blieb es aber beim 1:1.
Fazit
Eigentlich kann man beiden Mannschaften nicht attestieren, dass sie eine schwache Leistung geboten hätten. Defensiv standen sie stabil, sie waren kompakt und gaben dem Gegner schlichtweg wenig Raum, um sich offensiv entfalten zu können. Beidseitig hatten sie auch passable, wenn auch orthodoxe Angriffsmuster und Staffelungen, waren aber schlichtweg zu vorsichtig und zu fokussiert auf eine hohe Absicherung der eigenen Angriffe.
Insbesondere Hannover konnte die in den letzten Wochen und Monaten entwickelten Ballbesitzansätze kaum ausspielen, in neunzig Minuten kamen sie trotz annährend 60% Ballbesitz auf nur sieben Abschlüsse. Köln hatte zwar deutlich mehr Schüsse, aber wie erwähnt gab es auf beiden Seiten keine konstant sauber herausgespielten Großchancen.
5 Kommentare Alle anzeigen
klaus edelweiss 23. Februar 2015 um 08:33
ein spiel, das ein gewisses grundproblem der bundesliga visualisiert:
fast alle mittelklasse mannschaften sind kompaktheitsorierntierte, defensivmannschaften die lieber kontern und mehr fokus auf die pressingformationen als auf ballbesitzentwicklung legen.
für neutrale zuschauer ist die bundesliga oft relativ unattraktiv zu sehen, da viel früh auf die flügel gelenkt wird, in zentralen kompaktheiten untergeht und wegen der viel zweikämpfe häufig unterbrochen wird.
da ist die pl mit ihrem schnellen von box – zu – box gebolze natürlich für viele ansprechender.
DR 24. Februar 2015 um 15:12
Kann deinem Urteil nur Recht geben. Ich habe das letztens als taktische Verbersserung der letzten 2-3 Jahre in der BL beschrieben, bin auch der Meinung dass es eine ist. Irgendwie gibt es diesen Effekt seitdem Dortmund die zwei Meisterjahre alles, nennen wir es mal „überrannt“ hat.
Wenn das aber von ca. 8 Vereinen, gefühlt, so praktiziert wird, nimmt das der neutrale Zuschauer als langweilig hin.
Ich muss sagen, dass es auch wirklich an Dem ist. Die Tage wo man sich gepfelgt ohne viel nachzudenken Fußball anschaut und hofft es gibt einen offenen Schalgabtausch, scheinen zumindest Teilweise in der Bundesliga vorbei zu sein.
Koom 24. Februar 2015 um 17:00
Ja, die Perspektive ist irgendwie anders geworden. Früher hätte man ein Team, dass defensiv gut steht und intelligentes Pressing macht, einfach als Maurer-Mannschaft abgestempelt. Eventuell garniert mit „das den Fußball zerstört“. Heute ist das eher eine Form von Schach und wird deutlich mehr geachtet.
Dazu wird es für manche Trainer (und deren Rückendeckung heute auch schwierig. Gut strukturiertem Fußball mangelt es gerne mal an dargestellter Leidenschaft. Keine packenden Zweikämpfe, wenig Forechecking-Sprints, wenig gute Flanken und spektakuläre Torschüsse. Hjulmand in Mainz ist das definitiv zum Verhängnis geworden (wobei auch schlichtweg Ergebnisse fehlten).
Ich als Fan sehe auch lieber ein packendes Kampfspiel ala Dortmund (oder eben jetzt wieder Mainz) als 80% Ballbesitz und vor allem Fehlervermeidung von einer Mannschaft. Aber es geht auch einfach um viel zu viel Geld, als dass man zumindest in Deutschland einfach drauflosspielt.
Flo 21. Februar 2015 um 23:19
Zu Beginn der 2. Halbzeit, direkt nach dem Anstoß, haben die Kölner den Ball über mehrere Stationen direkt zum Torwart gespielt. Damit meine ich, dass jeder Pass nach hinten ging. Der Torwart hat ihn dann rausgeschlagen und das Spiel ging los. Ich frage mich: ist so etwas gewollt oder rastet der Trainer da innerlich aus? Dortmund hat das in Stuttgart letztes Jahr (oder noch früher) auch mal gemacht und dadurch ein Gegentor kassiert. Darum denke ich, dass zumindest der dritte oder vierte Pass nach dem Anstoß kontrolliert nach vorne gehen soll, oder?
Jo 24. Februar 2015 um 22:23
Ich weiß nicht, ob Huub Stevens es immer noch so praktizieren lässt, aber zumindest als Köln-Trainer hatte er die schöne Variante, dass der Ball fast unmittelbar nach dem Anstoß nach vorne rechts (grob in Richtung durchstartenden Scherz) geschlagen wurde. Der Ball ging meist ins Aus, das Team konnte sich sortieren und nach vorne schieben. Fand ich immer sinnvoll.