Frankreich – Nigeria 2:0
Frankreich spielt gegen einen unangenehmen Rhythmus und simple Nigerianer mit einer unpassenden Besetzung, verändert diese und dominiert erst dann in gewohnter Manier.
Nigeria: Unsauber, aber passend
Grundsätzlich formierte sich Nigeria in einem 4-4-1-1 mit einzelnen flexiblen Mannorientierungen. Der hängende Stürmer orientierte sich an Cabaye, die beiden Sechser dahinter gingen auf die zwei französischen Achter und stellten somit die die Anspielstationen direkt zu. Frankreich hatte somit die klassischen Probleme gegen Manndeckungen: Bedrängte Anspielstationen (besonders für die eigentlich freien Innenverteidiger), schwierige Situationen im Drehen des Sichtfelds nach Ballannahmen und dadurch unpassende Richtungen der folgenden Kombinationen (nach hinten oder zur Seite geleitet), Prävention von effektiven Tiefensprints (die aber auch an den restlichen Bewegungen der Franzosen lag) und durchgehender Druck bei den Angriffen selbst als taktikpsychologischer Nebenaspekt.
Zusätzlich sorgte die Ausrichtung der Nigerianer in puncto Pressinghöhe und 4-4-1-1 mit den Mannorientierungen für weitere Probleme für Frankreich. Die Afrikaner agierten nämlich mit einem für die Franzosen unpassenden Rhythmus; in der ersten Aufbauphase der Franzosen ließen sie gewähren, aber zwangen sie zum Zurückfallen der Mittelfeldspieler, allen voran der Achter. Danach gab es weiträumige Pässe ins Mittelfeld und Staffelungsprobleme der Franzosen, welche sie nicht rechtzeitig beheben konnten – Nigeria presste dann nämlich, agierte aggressiv und zwang, vermutlich sogar eher versehentlich und mit einer unbewussten Wechselwirkung, die Franzosen in die Vertikale. Die Flügelstürmer hatten darum kaum passende Anspielstationen und mehr als einmal versuchte Frankreich diese Angriffe und unpassenden Staffelungen zu Ende zu spielen.
Somit entschleunigten sie das Aufbauspiel der Franzosen und formierten sich selbst gut inklusive klarer Zuordnungen bei den Manndeckungen, dann beschleunigten sie die Angriffe Frankreichs, welche dann zu dynamisch waren, um sie sauber zu Ende zu spielen und hatten dann Probleme im Angriffsabschluss. Doch obwohl das wie ein Loblied auf Nigeria klingt, soll es dies absolut nicht sein. Nigeria war simpel, dabei aber unsauber und potenziell instabil sowie offensiv nur mittelmäßig.
Im ballorientierten Verschieben zur Seite hin waren sie zum Beispiel ungenau und unkompakt, ließen die Halbräume ballnah(!) häufig weit offen und besetzten einfach passiv die Mitte. Hierbei hatten sie Glück, dass Frankreichs Bewegungsmuster und der wie erwähnt wohl eher zufällig gewählte Rhythmus des Pressings diese mangelnde Besetzung des Halbraums lange Zeit kaschierten. Offensiv spielten sie fast schon banal über den Flügel (garniert mit durchaus passabler Ballzirkulation im ersten Drittel), schlossen ihre Angriffe improvisiert und strategisch ineffizient ab. Auch hier profitierten sie von den französischen Problemen.
Frankreichs Staffelungsprobleme offensiv und defensiv
Die offensiven Staffelungsprobleme Frankreichs wurden schon im ersten Kapitel angeschnitten. Die beiden Achter wurden blockiert, ließen sich dann teilweise zurückfallen und kamen nicht mehr rechtzeitig nach vorne, um sich anspielbar zu machen und den Angriff effektiv unterstützen zu können. Diese fehlende Präsenz im Zentrum und den Halbräumen sowie der Mangel an einer sicheren Anspielstation nach hinten verstärkte den negativen Effekt der unpassenden Staffelungen der französischen Angriffe. Desweiteren konnten sie nie eine saubere Ballzirkulation in der gegnerischen Hälfte aufbauen, sondern spielten über lange Zeit entweder ganz nach hinten oder eben den Angriff zu Ende. Benzema als Linksaußen und der Fokus auf ihn blockte außerdem einige Vertikalläufe seiner Mitspieler automatisch, während Giroud kaum Räume weit genug aufmachte, um das zumindest ansatzweise aufzulösen.
Mit der Zeit lösten sich die Franzosen aber besser aus den nigerianischen Mannorientierungen, es gab mehr herauskippende und abkippende Bewegungen mit den dazu passenden Folgebewegungen, wirklich konstante und effektive Besserung gab es erst nach einer Stunde. Ähnliches war auch in der Defensive der Fall. Grundsätzlich wollte Frankreich wohl ein 4-1-2-3/4-3-3-Pressing aus dem bisherigen 4-1-4-1 herstellen, doch stattdessen gab es Chaos.
Die Abstände zwischen Abwehr und Mittelfeld passten lange Zeit nicht. Der Zwischenlinienraum war offen und hätte für gefährliche Angriffe sorgen können. Noch offensichtlicher waren aber die Löcher auf den Seiten. Valbuena und Benzema formierten sich auf den Flügeln nicht ordentlich, die Breitenstaffelung der Mittelfeldreihe war katastrophal und die Abstimmung in den herausrückenden Bewegungen im Mittelfeld war nicht gegeben. Einige Male entstand zum Beispiel ein 4-1-3-2, in welchem Benzema und Giroud vorne standen, Valbuena rechts neben den beiden Achtern spielte und Cabaye das absicherte.
Vereinzelt gab es aber auch ein 4-3-2-1, da beide Flügelstürmer einfach nicht sauber positioniert waren; weder unterstützten sie das Mittelfeld noch pressten sie vorne aggressiv. Vielfach entstand aber ein 4-4-1-1, wo Benzema „zockte“ (Volksmund: herumstand) und neben Giroud spielte, während der linke Achter auf die Seite rückte. Die mangelnde Harmonie in diesem System zeigte sich auch in einzelnen Szenen, wo die Achter wie gewohnt herausrücken und pressten wollten, dann aber plötzlich Cabaye sehr weit alleine im Mittelfeld und ohne Unterstützung der Außenspieler ließen; normalerweise hätten dann die beiden Flügelstürmer einrücken, die Seite öffnen und Cabaye unterstützen müssen.
Diese Instabilität offensiv und defensiv sorgte also für eine sehr schwierige Partie für die Franzosen, welche zwar mit der Zeit besser ins Spiel kamen (Ende der ersten Halbzeit beispielsweise) und auch einzelne kleinere Anpassungen in den Positionierungen gegen und mit dem Ball, aber auch nach diesen immer wieder größere Probleme hatten (zum Beispiel die starke Phase der Nigerianer nach der Halbzeit). Das Spiel kippte erst komplett in Frankreichs Richtung, als Deschamps umstellte und Nigeria umkippte.
Umstellungen und Intensitätsabfall
Minute 62: Griezmann kommt für Giroud. Sechs Schüsse hatte Frankreich bis dahin, von Minute 70 bis Minute 84 waren es ebenso viele. Diese Einwechslung sorgte für mehrere positive Effekte. Einerseits gab es eben personelle Vorteile, weil Benzema als Mittelstürmer schlichtweg doch ein kleines Bisschen besser ist als Giroud als Mittelstürmer und weil Griezmann als Außenstürmer mindestens ebenbürtig zu Benzema als Außenstürmer ist. Andererseits gab es auch taktische Gründe – sonst hätte nämlich Deschamps wohl direkt mit der anderen Spielweise begonnen.
Vermutlich wollte Deschamps zu Beginn stärker auf Durchschlagskraft und Präsenz in der Luft gehen (oder verließ sich auf Trainingsleistungen), aber im Spielverlauf wurde ersichtlich, dass sich gegen die Art von Nigerias Defensivspiel mehr Dynamik und Halbraumpräsenz eher effektiv beweisen würde. Griezmann als Flügelstürmer, der viel und dynamisch einrückt, sich dabei aber prinzipiell tororientiert bewegt und auf engem Raum dynamisch kombiniert, war die ideale Wahl und zeigte fast sofort Wirkung. Benzemas Läufe wurden ebenfalls besser eingebunden und er konnte stärker kombinieren, wodurch Nigerias Probleme noch stärker aufgezeigt wurden; und die Achter konnten ebenfalls besser aufrücken.
Doch auch hier gibt es immer zwei Seiten. Nicht nur Frankreich wurde stärker, sondern auch der Gegner schwächer. Nigerias Intensität ließ nach, sie waren vertikal (noch) weniger kompakt, ihre Manndeckungen waren nicht mehr so eng, ihre Zweikämpfe nicht mehr so intensiv und nicht jeder erfüllte seine Aufgaben mit der vorherigen Konsequenz. Dieser Intensitätsabfall war der zweite große Faktor des französischen Sturmlaufs zum 1:0.
Fazit
Frankreich wurde der Favoritenrolle nicht gerecht und hatte systemische Probleme, zeigte aber nach der Umstellung, was sie bislang bei der Weltmeisterschaft so stark machte. Nigeria kämpfte aufopferungsvoll, aber war letztlich zu simpel, obwohl sie durchaus einige Phasen lang die bessere Mannschaft waren. Frankreichs Qualität setzte sich am Ende dennoch verdient durch.
24 Kommentare Alle anzeigen
FAB 3. Juli 2014 um 10:00
Gedanken zu GER-FRA:
Generell wird FRA tiefer stehen als in den Spielen zuvor, GER wird zum großen Teil die Spielkontrolle haben, wobei spannend sein wird, wie intensiv ggf. rhythmisch FRA pressen wird.
FRA wird versuchen speziell die Lücken zwischen AV und IV zu bespielen und hierbei links auf Griezmann und rechts auf Benzema setzen. Mich würde es nicht wundern wenn Valbuena eine relativ zentral angelegte Freirolle bekommt. Hierbei defensiv vorzugsweise gegen Lahm presst und offensiv erst dann mehr auf die außen abdriftet, wenn GER hinten steht …
Ich erwarte demnach spannende Zweikampfsituationen, insbesondere Hummels-Benzema und ggf. spannende intensive Pressingattacken von FRA, allen voran angeführt von Pogba.
Ansonsten vermute ich das GER in weiten Teilen die Spielkontrolle übernehmen wird. Vermutlich wieder mit Khedira in der Startelf, also mit der POR Aufstellung.
Von Khedira erwarte ich hierbei auch wieder 20 Minuten Offensivattacken bis in die Mittelstürmerposition. Ansonsten dürfte dan GER Spiel weniger fluide sein als gegen ALG, eher statisch wie auch schon gegen POR, das sollte dann auch Kroos entgegen kommen, der dann auf links mit Götze kombinieren kann. Höwedes und Boateng werden dagegen etwas weniger weit aufrücken …
Spannend wird dann der Personalwechsel irgendwann in der 2.HZ sein. FRA hat hierbei wenig zu bieten, Giroud zu bringen macht erst bei Rückstand Sinn.
GER hat mit Schweini, Schürrle, Klose dagegen interessante Optionen, die spielentscheidend sein könnten.
tomci 3. Juli 2014 um 11:25
Ja, Giroud ist zu langsam um die hohe 4-erKette zu überrennen.. Wobei ohne ihn das Pressing halb so gut funktioniert (vgl. uns ohne Klose).. Hier könnte also die taktische Maßnahme defensiv endlich mal fruchten! Ich finde als Arsenalfan natürlich die Duelle alter Bekannter prickelnd.. .Denke das entscheidende könnte Özil-Koscielny werden, sollte Özil tatsächlich wieder über rechts kommen. Koscielny ist einer der komplett über das riskant Rausstürmen und frühe Attackieren kommt. Er hat in der 2ten Saisonhälfte bei AFC aus seine zahlreichen verschuldeten Strafstößen gelernt und sich intelligent angepasst. Aber seine Spielweise bleibt im Grunde gleich.. Özil ist da ein Spieler, der, wenn er nur noch ein wenig mehr Zynismus entwickeln könnte, gut in die Nähe von Robben/ Ronaldo-Quoten käme was rausgeholte Elfmeter angeht (vgl. seine Star-Performance gegen Boateng im Bayern-CL-Spiel). Benzema/Valbuena/Griezman könnten unsere 4 IV-Kette natürlich auch ganz schön alt aussehen lassen. Kommt drauf an ob Cabayen guten Tag erwisch mit seinen Pässen. POgba &co werden auf jeden Fall wieder gut pressen, aber ohne Giroud sind die Front-3 wie gesagt eine ähnliche Hilfe wie bei uns Götze-Müller-Özil ^^ Bin auch gespannt wie krass torreich das werden könnte, wenn es tatsächlich so ne Art Arsenal-Spurs Match-up wird, mit zwei mega-hohen Linien und zwei seeper-keepern. Wäre irgendwie schon krass nach dem vorsichtigen Auftreten europäischer Mannschaften bei diesem Turnier!!
tomci 3. Juli 2014 um 11:33
@FAB, „FRA wird versuchen speziell die Lücken zwischen AV und IV zu bespielen und hierbei links auf Griezmann und rechts auf Benzema setzen.“ Irgendwie glaube ich, dass D wenn es wirklich das Spiel macht, so wie du vermutest, ohnehin wieder sowohl die „AV“ als auch die echten IV zumindest relativ weit vorne haben wird, um das Spielfeld für französische Konter eng zu halten. Das gleiche gilt aber vielleicht tatsächlich auch für Frankreich, selbst wenn es viel verteidigen muss. Die haben sich das Spiel gg. Algerien doch auch angeschaut und wissen, das man so zumindest etliche Chancen kreiren kann..
Ich weiß, es klingt verrückt beim bisherigen Turnierverlauf, aber ich kann mir echt vorstellen, das diese zwei Mannschaften zumindest so 20 Minuten lang mit offenem Visier aufeinander losgehen =)
tomci 3. Juli 2014 um 12:20
FAB, „Von Khedira erwarte ich hierbei auch wieder 20 Minuten Offensivattacken bis in die Mittelstürmerposition.“ Wenn ich mir das von Khedira geleistete so anschaue, muss ich sagen, 20 Minuten kriegen wir auch von Klose in Mittelstürmerposition. Da hab ich doch schon lieber Schweinis Kontrolle und Pässe, die auch mal ankommen, (und dafür evtl. einen Schürrle rein für Götze als dynamischeren Spieler)
FAB 3. Juli 2014 um 13:55
Ich glaube GER wird sich mehr am POR Spiel orientieren, als am ALG Spiel. Die AVs standen gegen ALG schon übertrieben hoch. Offenbar war die Idee im Mittelfeld extrem fluid zu spiel, ständig die Positionen zu wechseln. Auch das war aus meiner Sicht übertrieben und nur dadurch kann ich mir die vielen merkwürdigen Fehlpässe von Özil,Götze,Kroos erklären. Offenbar haben die irgendwie den Überblick verloren und mehr sich selbst verwirrt als den Gegner. Gegen FRA wird das bestimmt wieder etwas strukturierter.
tomci 3. Juli 2014 um 15:17
Naja, am Ende bleibt alles Spekulation.. aber finde eins eindeutig: Portugal war gar nicht zu vergleichen mit Ghana und Algerien was den Kampf und auch die Intensität allgemein (erzeugt auch durch sinnvoll durchgeführte Offensivaktionen) angeht. Die haben halt gegen verpeilte Ghanaer und unerfahrene Amis paar Abstauber- und Kontertore erzielt aber Spielanteile haben die niemandem streitig gemacht!
Danny Decker 3. Juli 2014 um 19:03
Interessante Gedanken, man muss aber die Frage stellen, ob Götze überhaupt von Anfang an spielt, ich bin mir da nicht sicher.
air force 1 4. Juli 2014 um 03:59
@FAB
Hier kommt einer aus Mou`s Trickkiste. Kleines Handballspielchen gefällig? Schöne Grüße auch von LvG.
Lloris
Debuchy- Varane – Sakho – Mangala – Evra
Sissoko – Cabaye – Matuidi
Valbuena Benzema
Bei dieser Wand hinten wäre es schon eine große Überraschung falls GER da ein Tor glücken würde. Debuchy und Evra können die Formation jederzeit in ein 3-5-2 verändern. Mangala und Varane ( sehr spielstark ) können jederzeit helfen die Außenbahnen dicht zu machen. Des Weiteren können sie leicht vorschieben um dass abzuräumen was da im MF durchkommen sollte. Der 16m Raum wird für die Deutschen zur Tabuzone. Handballspiel sowie 70 % Ballbesitz für GER garantiert.
Fokus erste 70 min: Gegentor vermeiden und den Gegner speziell im MF in endlose Zweikämpfe bei 30 Grad in der prallen Sonne zu zwingen. Immer wieder Entlastungsangriffe über Sissoko fahren. Der kann sich in den 70 Minuten voll verausgaben.
70 Minute Doppelwechsel Pogba + Griezmann rein Sissoko + einen der 3 IV raus. Umstellung vom 5-3-2 auf das gewohnte 4-3-3.
Wer sagt hier bei FRA kommt wenig von der Bank?
GER musste gegen ALG bereits in die Verlängerung und wird jetzt im letzten Drittel des Spiels mit intensivem Pressing konfrontiert. Valbuena und Benzema die sich bis dahin relativ zurückgehalten haben drehen jetzt angetrieben von Pogba sowie durch die zusätzliche Unterstützung von Griezmann mal so richtig auf. Auf ähnliche Weise hat man auch NIG bezwungen. Aber hier kommt die Frische von Pogba noch mit hinzu.
Fokus ab Minute 70: die müde werdenden Deutschen durch Pressing ( speziell Merte, Khedira, Schweinsteiger ) zu Fehlern zu zwingen und dann gnadenlos zuzuschlagen. Hier riskiert FRA natürlich Gegenangriffe der Deutschen zuzulassen. Deshalb sollten Ballverluste möglichst vermieden werden- taktische Fouls wenn denn nötig.
Sobald das 1:0 für FRA fällt dann Übergang zum 4-4-2 wobei Pogba mit Cabaye die Doppelsechs bildet. Benzema und Griezmann vorne. Valbuena verstärkt jetzt das MF und dient als Anspielstation für den letzten tödlichen Konter.
Voila….c´est finit mon cheri Jogi Löw
Gh 4. Juli 2014 um 08:43
@airforce: man kann dir nicht vorwerfen, dass du nicht konkret wirst. aber warum lässt du mich bis zur 70. bibbern 🙂
leser 4. Juli 2014 um 09:36
Ah, Viertelfinale, das ist wie die erste schwere Bergetappe bei der Tour der France. Mal sehen, welcher Favorit „platzt“.
mh 1. Juli 2014 um 23:45
Erstaunliche Parallelen zu D, oder? dominantes Spiel, aber Rhythmus- und Staffelungsprobleme des 3er-MF. Und auch anfangs zu ähnliche Besetzungen in der Spitze (Giroud nimmt Benzema den Raum), erst nach Umstellung erfolgreicher. Ich bin gespannt, ob F gegen D wieder stärker auf seine „comfort zone“ mit achnellen Kontern setzt. Und ob D das zulässt, oder selber tiefer stehen wird…
Gh 1. Juli 2014 um 17:09
Danke für die Analyse! zum P.s.: irgendwie kommts einem bei der WM manchmal wie beim Basketball vor: die stärkere Mannschaft sieht ein, zwei Viertel teilweise völlig unterlegen aus, zieht dann langsam an und steht am Ende doch als (numerisch) klarer Sieger da. Finde es aber heftig, so eine Taktik in einer low-scoring Sportart durchzuziehen. Man vertraut tatsächlich auf die Schwäche der „Kleineren“, die meistens ist: Durchschlagskraft im letzten 1/3.
tomci 1. Juli 2014 um 17:21
Das ist mir, wo du’s sagst, auch unterbewusst aufgefallen, dass es noch krasser exekutiert wird als sonst. Evtl. vertraut man auf die zusätzlich zermürbende Wirkung von Klima und Erfolgs-Druck/-Hoffnung aber es wäre schon mal interessant eine Mannschaft der Favoriten gegen den Außenseiter gleich zu Beginn alles klar machen zu sehen. Argentinien hätte da gegen Schweiz sicher die Möglichkeit sich angenehm zurückgelehnte 70 Min zu erspielen, in denen sie mit Kontern über Di Maria alles klar machen können.
sappydharma 1. Juli 2014 um 14:22
Für mich war das Foul von Matuidi gegen das Sprunggelenk keine gelbe sondern eine rote Karte und wenn ich mich an eine Zeitlupe erinnere hätte Nigeria durchwegs ein Elfmeter zugesprochen werden können. Die Franzosen haben gestern mit einer körperlichen Härte gespielt, die mir zuwider war. Auch wurde eine Offensivaktion der Franzosen trotz eines Fouls eines Franzosen nicht unterbrochen. Der Schiedsrichter lässt weiterspielen obwohl der Nigerianer schon lange am Boden liegt. Die Schiedsrichterleistung fand ich persönlich überhaupt nicht gut.
Der Sieg der Franzosen geht aufgrund der letzten 20 Minuten dennoch in Ordnung, vor allem Valbuena hat dem Spiel seinen Stempel aufgedrückt. Enyama hat eine Weltklasseleistung geboten, aber bei beiden Toren Fehler begangen. Die Nigerianer waren mental nach dem Rückstand gebrochen. Wie immer-schade um die Afrikaner, aber ein guter Abschluss gehört eben auch zu einem Fussballspiel dazu.
Peda 1. Juli 2014 um 13:53
Ich bin mir nicht ganz sicher was ich von Deschamps Umstellung und der deutlichen Leistungssteigerung zum Ende hin halten soll:
Spricht es für die Franzosen, dass man so effektiv umgestellt hat, oder spricht es gegen sie, dass es solange gedauert hat die offensichtlichen Probleme zu beheben?
Sind die Aufstellungen und Wechsel weitsichtiger angelegt als um das momentane Spiel möglichst positiv zu gestalten, oder ist das Wunschdenken meinerseits?
Wenn man sich die Einsatzzeiten der Franzosen ansieht, dann fällt mir auf, dass „Zocker“ Benzema der einzige Feldspieler ist, der jede Minute auf dem Platz stand. Das legt für mich nahe, dass man dafür sein Herumstehen bewusst in Kauf nimmt. Die anderen drei Offensivspieler wechseln sich schön ab.
Im Mittelfeld sieht es ähnlich aus, wenn man Cabaye als Fixpunkt ansieht (wobei er gegen Ecuador gesperrt war, in diesem Spiel aber ohnehin einige geschont wurden).
Damit sieht es für mich so aus, als ob Deschamps die WM mit nur 12 Feldspielern (13, weil durch Sakhos Wehwehchen drei Innenverteidiger bereits dreimal aufgelaufen sind) bestreiten will und aufgrund der klimatischen Verhältnisse mit einem stark wechselnden Rhythmus die Partien in einem Spielabschnitt gewinnen will – ähnlich wie das auch bei Deutschland und den Niederlanden zu beobachten ist.
…
Gibt es irgendwo gesammelte ExpG-Diagramme zu den WM-Spielen?
Ich möchte mir noch weitere Gedanken dazu machen können…
Niki 1. Juli 2014 um 10:57
Das Spiel hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass ich noch keine so ausgeglichene WM miterlebt habe.
Frankreich, DIE Mannschaft der Hinrunde tut sich schwer. Niederlande hatte Probleme. Brasilien erst Recht. Kolumbien sehr gut, aber hatte es noch mit keiner „Top“-Mannschaft zu tun gehabt. Über Deutschland brauche ich mich sicherlich nicht auszulassen..
In meinen Augen ist Kolumbien – Belgien im Finale genau so möglich wie Deutschland-Niederlande o.ä.
Ich denke mal die Viertelfinals werden jetzt zeigen wer den Tick besser ist, aber ich prophezeie mal sehr knappe Spielergebnisse.
SF 1. Juli 2014 um 10:52
„Mit der Zeit lösten sich die Franzosen aber besser aus den nigerianischen Mannorientierungen, es gab mehr herauskippende und abkippende Bewegungen mit den dazu passenden Folgebewegungen, wirklich konstante und effektive Besserung gab es erst nach einer Stunde.“
Was genau ist mit den „dazu passenden Folgebewegungen“ gemeint?
blub 1. Juli 2014 um 12:40
Wenn jemand ab- oder herauskippt, wird ihm der manndecker zumindest ein stück weit folgen(deswegen ist er ja manndecker), im Regelfall aber nicht vollständig bis in die tiefere position. das hinterlässt einen raum innerhalb der gegnerischen formation, nähmlich da wo der abgekippte spieler und der manndecker vorher standen.
Eine richtige folgebewegung wäre im einfachsten Fall z.B. eine dynamische bewegung in den freien raum hinein und ein dazu passender pass dorthin.Es könte aber auch ein dynamisches aufrücken mit Ball sein.
Im Prinzip alles was den frei gewordenen Raum nutzt. Timing ist hier der key, sonst bringt alles nix.
sf 1. Juli 2014 um 16:53
Ich verstehe, vielen dank!
Bernhard 1. Juli 2014 um 10:14
In der ersten Halbzeit fiel mir vor allem Benzemas zocken (herumstehen – lol) auf,aber auch, dass die rechte Seite Frankreichs mit Debuchy, Pogba und Valbuena wesentlich aktiver war und viele ungenaue Flanken in die Mitte schlagen konnte. Könnte vielleicht auch daran liegen, dass Ambrose als gelernter IV offensiv nicht überaus aktiv agierte bzw. bewusst Benzema nicht zu viel Raum gewähren wollte.
BG 1. Juli 2014 um 13:30
Benzemas „Zocken“ (wenn man es gut mit ihm meint) war schon extrem. Ich denke, dass die Nigerianer bei konsequenterer Überladung des rechten Flügels zu noch mehr oder gefährlicheren Grundliniendurchbrüchen gekommen wären; so kamen sie ja trotz ihres gemächlichen Umschaltspiel zu solchen vereinzelten.
Bernhard 1. Juli 2014 um 14:57
Jo wie gesagt halte ich die Besetzung der RV-Position durch Amrbose für unglücklich. Innen ist er ziemlich stark,wobei ich jetzt nicht weiß ob und welche RV Nigeria generell im Kader hat. Benzemas fehlende Defensivarbeit hätte radikaler ausgenutzt werden müssen.
tomci 1. Juli 2014 um 10:09
Giroudbashing ist gerade in FRA ( und GB ) groß in Mode nach dem eindeutigen Qualitätssprung nach seiner Auswechslung. Denke, dass das auch was dran ist an der Kritik an ihm. Er hat ja auch klare Beschränkungen. Enttäuschend berechenbar und uninspiriert hat aber die ganze Mannschaft zuerst gespielt. Meiner Meinung nach, war der Wechsel tatsächlich entscheidend, aber hauptsächlich wegen der klaren Vorliebe von Benzema als Mittelstürmer. De r war dann auch motivierter und besser eingebunden, was unbezahlbar für FRA ist, unabhängig davon, wer dann neben ihm die zwei anderen Stürmer sind. Eine ganz wichtige Rolle hat aber definitiv auch mal wieder die fehlenden Körner der Nigerianer gespielt, die dann irgendwann zu spüren waren. Das läuft dann in der Reportage meist unter Fernerliefen.. (wobei es bei Kahns Kommentaren zum ALG-GER-Spiel gestern sogar ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückte)
P.S.: RM, zur Klärung, keine Kritik an Dir. Du bist ja auch anders als manche Medien in FRA nicht boulevardhaft über den Spieler hergefallen.
Nowa3000 1. Juli 2014 um 07:21
Schöne Analyse zu einem mittelprächtigen Spiel. Zwar konnte ich erst ab Ende der ersten HZ zusehen, dennoch war ich im gewissen Sinne gefesselt. Frankreich war für mich die bisher einzige Mannschaft die mich überzeugen konnte, jedoch gestern etwas mau aussah. Vor allem Matuidi und Pogba waren eine lange Zeit deutlich abgemeldet, was auch aus dem Artikel vor geht.
Dennoch kommt mir Nigeria hier etwas zu schlecht weg. Klar war das insgesamt keine gute Leistung (die ja auch nicht belohnt wurde), dennoch konnten Nigeria in einigen Phasen Frankreich „dominieren“(mehr Ballbesitz; Passtaffeten; (Chancen auf) Halbchancen – also keine Dominanz im eigentlichen Sinne). Die simple Spielweise bereiteten den favorisierten Franzosen doch schwere Probleme. Diese wurden durch eigene Anpassungsprobleme der Equipe Tricolore potenziert. Wobei ich dem Punkt, dass Nigeria im Offensivspiel maximal mittelmäßig war, zustimme. So wurde oft der schnelle, überhastete Abschluss gesucht als eine bessere Passoption zu wählen. Leider ist mir hierfür ein gutes Beispiel über Nacht entfallen.
Dem Rest des Artikels ist nichts hinzuzfügen.
Leider ließ diese Partie wieder die Frage offen wo genau Frankreich steht und wie stark sie nun einzuschätzen sind. Aber dafür bietet ja das nächste Spiel die wohl beste Gelegenheit (und das für beiden Mannschaften).