FC Basel – FC Schalke 04 0:1
Schalke siegt in einem von Vorsicht geprägten Spiel und setzt sich an die Tabellenspitze.
Grundformationen
Der FC Basel spielte eine Mischung aus 4-3-3 und 4-1-4-1. Fabian Frei, der als zentraler Akteur vor der Abwehr agierte, nahm den Aufbau in die Hand, während die offensiven Flügelspieler Stocker und Salah im vorderen Bereich für Kreativität sogen sollten. Ganz vertraute Trainer Murat Yakin auf Marco Streller, der nicht nur ein guter Zielspieler für lange Bälle ist, sondern mittlerweile auch ein durchaus guter Wandspieler ist, der auch mal in die Halbräume geht.
Jens Keller ließ seine Schalker abermals im 4-4-2/4-4-1-1 auflaufen. Neben Höwedes startete der im Vergleich zu Matip etwas kopfballstärkere Santana in der Innenverteidigung. Weil Szalai noch nicht völlig fit war, begann Boateng als ausweichende Neun vor Max Meyer, mit seinen Bewegungen Verbindungen zu den Flügelspielern Farfan und Draxler herstellte. In der Zentrale vertraute Keller nach Jones´ Suspendierung wieder der starken Doppelsechs Höger-Neustädter, die in den vergangenen Wochen stets überzeugte.
Basel sicher im Aufbau, vorne jedoch überfordert mit Schalkes Passivität
Dass ein so ruhiges und von Vorsicht geprägtes Spiel zu Stande kam, war nicht überraschend. Basel hatte am ersten Spieltag überraschend bei Mourinhos Chelsea gewonnen, Schalke hatte Steaua besiegt. Kein Team war wirklich unter Siegesdruck, was sich auch in den Ausrichtungen widerspiegelte.
Schalke, ohnehin eine eher passiv verteidigende Mannschaft, reihte sich wie üblich mit zwei recht tiefen Viererketten vor Hildebrand auf und verschob geduldig, ohne großartig herauszurücken und auf schnelle Ballgewinne zu gehen. Boateng und Meyer schoben im 4-4-2 an vorderster Front ebenfalls recht passiv hin und her.
Als Antwort auf Schalkes 4-4-2 ließ sich bei den Baselern Fabian Frei im Aufbau zwischen die beiden Innenverteidiger fallen und organisierte von dort aus den Aufbau. Die Außenverteidiger rückten jedoch nicht sonderlich weit vor, sondern blieben noch vor Schalkes Mittelfeldreihe und boten somit eine sichere Passoption im zweiten Drittel.
Wenig Druck der Schalker, krasse Überzahl in den ersten beiden Dritteln: Kaum verwunderlich, dass Basel im Aufbau sehr sicher agierte und 95% der Pässe im Spielaufbau erfolgreich waren. Problematischer wurde es jedoch, wenn es in Richtung Timo Hildebrand gehen sollte.
Weil die Außenverteidiger der Schweizer nur extrem selten mit ins letzte Drittel vorstießen und die Achter ebenfalls eher zurückhaltend agierten, hatte Schalke stets eine komfortable Überzahl in der Defensive. Hinzu kam, dass die Gastgeber es so gut wie nie schafften, Präsenz im Zehnerraum zu erzeugen. Salah und Stocker kamen viel zu selten in zentrale Bereiche und waren auf den Außenbahn vom Spielgeschehen isoliert.
Ebenso wenig überraschend wie die starke Baseler Passquote im Aufbau war folglich auch das Passbild im Angriffsdrittel. Nur gut 54% der Pässe ins letzte Drittel kamen an – kein Wunder, bei all den Unterzahlangriffen und den großen Abständen zwischen den Spielern.
Wie sollte Basel also zum Torerfolg kommen? Einzelaktionen in Form von Dribblings zeigten die Schweizer nur selten. Weil die Flügelspieler oft isoliert waren, boten sich Dribblings eben so gut wie nie an, weil Schalke auf den Flügeln leicht doppeln konnte. Den Baselern blieben neben Flugbällen auf Streller also noch Flanken. Diese kamen allerdings zumeist aus der Bedrängnis und deswegen ungenau – Ausnahme: Strellers Kopfballchance kurz vor der Halbzeit.
Weite Teile des Spiels waren also genau nach dem Geschmack der Schalker: Gegen einen spielstarken, aber gestreckten, kaum aufrückenden und somit wenig durchschlagskräftigen Gegner konnte man tief stehen und brauchte den Ball nicht zwingend. Die Folge des passiven Schalker Defensivspiels waren viele sicher geklärte Bälle am und im Strafraum sowie erzwungene Baseler Abschlüsse aus ungünstigen Positionen.
Schalke in Ballbesitz
Ähnlich wie der Gastgeber agierten die Königsblauen in der Offensive recht risikolos. Nur wenige Spieler rückten mit auf, Uchida und Aogo ließen ihre Vordermänner fast immer allein und sicherten gegen Konter ab.
Im Spielaufbau gingen die Schalker kaum Risiko. Marco Streller lief Höwedes und Santana bogenförmig an und leitete den Aufbau auf eine Seite, woraufhin Schalke früh zu langen Bällen griff.
Diese sollte der umtriebige Boateng gewinnen, halten und auf die offensive Dreierreihe ablegen. Dies klappte jedoch nur äußerst selten, Boateng hatte mit 58% eine für seine Verhältnisse unterirdische Passquote, die allerdings nicht nur an ihm lag. Ähnlich wie bei Basel waren die Schalker Offensivspieler weit voneinander entfernt, vor allem Draxler und Farfan agierten vergleichsweise defensiv und hatten weite Wege nach vorne vor sich.
Lichtblick der Schalker Offensivbemühungen war Max Meyer. Der jüngste Schalker auf dem Feld zeigte einmal mehr seine unheimlichen Qualitäten in Sachen Übersicht und Dynamik. Stark, wie er bei hohem Tempo und unter Bedrängnis den Überblick bewahrt und Situationen auflöst.
Während Boateng (58%), Draxler (69%) und der eingewechselte Szalai (50%) allesamt schwache Passquoten vorwiesen, überzeugte Meyer auch hier (83%). Lediglich der angeschlagen ausgewechselte Farfan war von den Schalker Offensivspielern passsicherer (93%) – allerdings waren hier sehr viele Rückpässe auf Uchida dabei.
Nachdem Farfan ausgewechselt wurde und Szalai kam, ging Meyer auf die rechte Seite, Boateng agierte hinter Szalai. Mit den beiden kopfballstarken Spielern im Zentrum wurde der Fokus auf lange Bälle nun noch einmal mehr erhöht. Das zweite Drittel wurde oft im Aufbau übersprungen, viele Bälle gingen verloren.
Hektischeres Spiel im zweiten Durchgang
In der zweiten Halbzeit nahm das Spiel etwas mehr Fahrt auf. Basels Außenverteidiger rückten weiter auf, was Stocker und Salah nutzten, um auch mal den Weg ins Zentrum zu gehen, ohne dass aus Baseler Sicht die Breite aufgegeben wurde. Schalke nutzte diese Freiräume und rückte ebenfalls im Kollektiv etwas weiter mit vor.
Prompt entstand eine kurze Schalker Druckphase, in der sie über Draxler, der ein paar nette Einzelaktionen zeigte, zu Flanken kamen, die zu einigen kleine und zu einer großen (Latte Neustädter) Chance führten. Die aus Neustädters Alu-Treffer resultierende Ecke brachte dann das Führungstor durch Draxler.
Damit gab Schalke das Aufrücken auch wieder auf, nur die vier Offensivspieler machten konsequent die Wege ins Angriffsdrittel. Basel griff nun etwas kollektiver an und nutzte Salahs und Stockers Bewegungen ins Zentrum. Dadurch kamen sie einige Male vielversprechend in die Halbräume, waren bei den Hereingaben aber entweder zu ungenau oder zu schlecht gestaffelt.
Kurze Zeit nach dem Führungstreffer brachte Yakin mit Sio einen zweiten Stürmer und nahm Taulant Xhaka raus. Sio spielte um Streller herum und tauschte situativ auch mit den Flügelspielern. Die Offensivkräfte waren nun enger beieinander und konnten die Schalker etwas mehr fordern.
Die Königsblauen verteidigten ihren Strafraum jedoch weiterhin geschickt und hatten nur wenige schwierige Momente zu überstehen. Phasen, in denen Basel im 4-4-2/4-2-4 hoch presste, überstanden sie recht humorlos mit vielen Befreiungsschlägen – gerne auch ins Seitenaus.
Wirklich gefährliche Konter konnten die Schalker nicht fahren, auch hier mangelte es am Aufrücken. Um das Ergebnis zu sichern, brachte Keller in der Schlussphase noch Kolasinac für Aogo, der hin und wieder Probleme mit Salah hatte und bereits verwarnt war.
In den letzten Minuten brachten die Baseler noch einmal viele Spieler in den Strafraum und flankte jeden Ball ins Zentrum. Schalke verteidigte dies aber stabil und rettete den Sieg über die Zeit.
Fazit
Schalke gewann in einem über weite Strecken langweiligen Spiel, das ganz klar von der Tabellensituation geprägt war. Für den neutralen Betrachter sehr schade, dass sich auf beiden Seiten nur so wenige Akteure an den Angriffen beteiligten, sodass viel Potenzial – wie etwa die Wechselwirkungen zwischen Draxler, Boateng und Meyer oder die einrückenden Flügelspieler der Baseler – verschenkt wurde.
Angesichts der Ausgangslage waren die Ansätze jedoch mehr oder weniger logisch, passend dazu entwickelte sich auch ein klassisches 0:0-Spiel, das die defensiv stabilen Schalker durch einen Schuss von Draxler letztendlich nicht unverdient gewannen.
8 Kommentare Alle anzeigen
Michael 6. Oktober 2013 um 16:05
Es ist ja schon eine Anerkennung, dass eine Top-Mannschaft der Bundesliga gegen nen Schweizer Club defensiv und auf 0-0 spielt. Dass sich Basel schwer tut, wenn sie das Spiel selber machen müssen, zeigt sich immer wieder in der eigenen Liga und internationale „Überaschungs“erfolge sind aus der Underdogposition gefühlt einfacher, vielleicht weil die eigenen Spieler noch ein bisschen mehr motiviert sind. (Gilt übrigens auch für die Schweizer Nationalmannschaft, die Spanien schlägt und gegen Zypern das Tor erst nach der 90. Minute macht. Ne Mentalitätsfrage?).
Und ja, bitte korrigieren und das überzählige e bei Baseler streichen. Man spricht ja auch nicht von Münchener oder Bremener. Stört enorm beim Lesen, auch wenn es sich um eine Kleinigkeit handelt.
ES 4. Oktober 2013 um 13:46
A) das erste starke Viertel der letzten Saison war geprägt durch das zentrale Dreieck Neustädter, Höger und Holtby, wobei sich Holtby oft weit fallen gelassen hat, um den Spielaufbau voranzutreiben oder ebenfalls abzusichern, wodurch ein sehr bewegliches Zentrum entstanden ist. Ein bischen scheint sich Meyer in die lange vakante Holtby-Rolle reinzufinden, um Verbindungen zwischen den Mannschaftsteilen zu schaffen, wobei der Vergleich auch wieder hinkt, weil Meyer mehr horizontal als vertikal unterwegs ist.
B) Draxler hat nach dem Spiel gesagt, dass er sich in der ersten Halbzeit vom Spiel abgeschnitten gefühlt hat. Ihr schreibt, dass Boateng oft allein auf weiter Flur stand, auch ein Grund für seine unterirdische Passquote. Wenn sich Draxler „einfach“ mehr zum Zentrum orientiert, kommt da eventuell der Deckel zum Topf? Ist das so einfach?
C) Wie wird nach dieser Analyse das Augsburg-Spiel? Spielstarke und taktisch gut geschulte Mannschaft mit Ansätzen zum Ballbesitzfußball, denen es vorne an der individuellen Stärke mangelt, um die tiefe Positionierung von Schalke auszunutzen? Klingt das nicht auch nach Augsburg? Da Schalke sich nicht ändern wird , (weil a) hohes Pressing können die nicht, b) tiefe Aufstellung ideal für das Paar Höger/Neustädter), und Weinzirl einen Teufel tun wird und unvorsichtig aufrücken: Es wird ein langweiliges Spiel, bei dem Schalke mit 1:0 gewinnt nach einer Einzelleistung von Botang/Draxler/Meyer. Oder?
FCB-Fan 4. Oktober 2013 um 14:09
Ich wäre mir da nicht so sicher, dass Schalke gewinnt, denn Augsburg sollte man nie unterschätzen. Ich glaube, dass es für Schalke nicht einmal so stark auf die 6er ankommt, denn mMn nach kommt der FCA besonders über die Flügel (v.a. Hahn) zu gefährlichen Chancen. Noch wichtiger wird für Schalke aber, ob man endlich mal Standards ordentlich verteidigt, eine große Augsburger Stärke.
SAMsg 4. Oktober 2013 um 10:23
Schön, dass man auch mal über den CH Fussball etwas auf SV lesen kann. „Baseler“ ist übrigens nicht korrekt (Basler)… 😉
Dave 5. Oktober 2013 um 17:45
Wieso, man sagt doch auch die Bayerner… 😉
Schade, dass keiner der besseren Basler Europa-Auftritte (z.B. gegen den special one) analysiert wurde, ich fände es durchaus spannend.
Leser 3. Oktober 2013 um 18:51
Haha, großartig… im Podcast von MR angekündigt: „Ne, halt, Jones ist gesperrt, dann spielt Schalke mit Höger und Neustädter auf der Doppelsechs zu null.“
Haargenau so kam es.
Matthias 3. Oktober 2013 um 13:09
das zieht sich m.E. durch die gesamte Schalker Saison: im Spiel nach vorne dominiert der Zufall, Wert gelegt wird nur auf eine stabile Defensive. Findet ein Gegner eine taktisch kluge Antwort auf die defensive Grundformation oder kommt diese durcheinander (Jones!) hat Schalke keine Idee zur Reaktion. Mit dem Kader eigentlich ein Unding…
king_cesc 3. Oktober 2013 um 12:24
Eigentlich war die Startaufstellung von Schalke auf die beste Elf, von der man viel erwarten hätte können. Meiner Meinung nach hat Keller schon wieder keine besonders gute Idee (und wenns nur eine einzige gewesen wäre) in die Mannschaft einbauen können.
Was macht Peter Hermann? Ist der nur fürs Training zuständig, oder schafft ers auch nicht, richtige Ideen für eine Spielanlage umzusetzen?