Confed Cup: Spanien – Italien 7:6 n.E.
Jesus (Navas) bringt die Erlösung: Spanien muss über den Umweg Elfmeterschießen gehen, um das Finale des Confed Cups zu erreichen. Zuvor lieferte Italien eine Blaupause, wie man gegen Spanien spielen muss.
Der Confed Cup verwöhnt uns diesen Sommer mit interessanten Fußball. Sei es das spannende Halbfinale zwischen Brasilien und Uruguay, das verrückte Spiel zwischen Japan und Italien oder das sympathische Team aus Tahiti – dieses Turnier bietet viele Facetten. Am gestrigen Abend gab es eine weitere zu bestaunen: Spanien und Italien boten in der Neuauflage des EM-Finals taktisch hoch anspruchsvollen Fußball.
Italien mit Fünferkette
Spaniens Trainer Vincente del Bosque stellte seine Taktik im Vergleich zu den vergangenen Auftritten nicht um. Erneut spielten die Spanier eine asymmetrische Variante des 4-3-3, wobei die linke Seite wechselnd besetzt wurde. Silva rückte von der Position des Linksaußens oft in die Mitte, der oft aufrückende Jordi Alba und Iniesta besetzten wechselnd den Raum. Ansonsten war das spanische Spiel angelegt wie eh und je: Sie überluden die Mitte und versuchten, durch lange Ballstafetten Freiräume in der gegnerischen Formation zu erzeugen.
Die Italiener ließen jedoch keine Freiräume. Ihre Strategie war fast schon klischeehaft italienisch: Über eine starke Defensive nahmen sie die Offensive der Spanier aus dem Spiel, um anschließend über schnelle Konter Lücken in der gegnerischen Formation zu nutzen. Defensiv reihten sie sich in einem 5-4-1 auf, schematisch also noch defensiver als in der Gruppenphase der EM, als sie mit einem 5-3-2 spielten. Auffällig war besonders die enge Mittelfeldreihe: Die vier Italiener standen keine zehn Meter voneinander entfernt und postierten sich recht zentral. Sie dominierten dadurch mit ihrer schieren Überzahl das Zentrum; jene Zone, die Spanien so gerne bespielt.
Es blieb den Spaniern eigentlich nur der Weg über die ungeliebten Flügel. Diese waren jedoch jeweils nur von einem Spieler besetzt; auf links abwechselnd durch verschiedene Spieler (siehe oben), auf rechts durch Pedro, der keine Unterstützung durch Arbeloa bekam. Sobald der Ball auf die Außen kam, konnte sich der jeweilige italienische Außenverteidiger aus der Fünferkette lösen und den ballführenden Außenspieler unter Druck setzen. Hinten blieb eine solide Viererkette, die nicht einmal in Richtung Außen verschieben musste – nur selten unterstützte ein spanischer Angreifer die Außen, oft blieben sie in der Mitte.
Lange Bälle und Flügelwechsel
Nach Ballgewinnen suchten die Italiener schnell den Weg nach vorne. Zwar nahm Xavi Pirlo in eine enge Deckung und nahm ihn so weitestgehend aus dem Spiel, die anderen italienischen Aufbauspieler kaschierten das jedoch. Im Wesentlichen gab es drei Angriffsmuster der Italiener:
- Mit schnellen Vertikalpässen suchten sie den Weg über die Halbräume. Marchisio und Candreva steuerten bewusst die Lücken an, die Xavi und Iniesta durch ihr frühes Stören von Pirlo ließen.
- Mit halbhohen Pässen suchten sie den Weg über die Flügel. Maggio bespielte intelligent die Löcher, welche Alba bei seinen Vorstößen offen ließ. Die spanische Abwehrkette musste dadurch weit einrücken, was wiederum die Möglichkeit eines Flügelwechsels auf Marchisio und Giaccherini eröffnete. Diese schlugen wiederum Flanken in den Strafraum.
- Die dritte Option waren lange Bälle. Die meisten pflückte Gilardino aus der Luft. Alternativ kamen diese Bälle in den Lauf der startenden Außenspieler. Spanien hatte besonders mit letzteren Pässen Schwierigkeiten. Einerseits vergaß die spanische Viererkette oft die Tiefenstaffelung, andererseits kam Casillas zwei- bis dreimal zu zögerlich aus dem Kasten, was zu guten Möglichkeiten Italiens führte.
Über diese drei Angriffswege erspielten sich die Italiener ein Chancenplus. Spanien hingegen kam nur selten gefährlich vor das Tor. Zu oft blieben die spanischen Angreifer im Deckungsschatten des Mittelfelds, zu selten konnten sie mit schnellen Kombinationen das Zentrum überwinden. Die wenigen Torszenen ging eine schnelle Kombination zwischen Iniesta und Torres voraus; beide ragten aus dem spanischen Offensivallerlei heraus.
Zweite Halbzeit: Überraschend viel italienischer Ballbesitz
Nach der Pause brauchten die Teams einige Minuten sich anzupassen. Auf italienischer Seite kam Montolivo für Barzagli und ging neben Pirlo, de Rossi rückte dafür in die Dreierkette. Montolivo wirkte in den ersten Minuten etwas fremd im Spiel und bewegte sich zu vertikal. Dadurch konnte Spanien den Druck auf Pirlo erhöhen, der für das Aufbauspiel zentraler wurde. Nach und nach fand Montolivo jedoch in seine Rolle und spielte einige starke Pässe.
Spaniens erster Wechsel beeinflussten die Spieldynamik wesentlich stärker als der italienische. Mit Navas Einwechslung (53., für Silva) agierte Spanien mit wesentlich mehr Breite. Pedro war nun ein echter Linksaußen, während Navas auf rechts seine Position hielt. Offensiv brachte dies mehr Breite. Den größeren Effekt hatte es jedoch auf die Defensive: Pedro und Navas orientierten sich an den italienischen Flügelverteidigern und gingen dabei weite Wege nach hinten. Zeitweise sah Spaniens Formation durch das Aufrücken Xavis und das Zurückfallen der Außenstürmer wie ein breites 4-3-2-1 aus.
Überhaupt war Spanien nach der Pause wesentlich reaktiver. Bereits in der ersten Hälfte pressten sie nur Pirlo mit viel Schwung, ansonsten waren sie im Spiel gegen den Ball eher lethargisch. In Halbzeit Zwei zogen sie sich teilweise überraschend weit zurück und überließen den Italienern das Feld. Italien wählte indes nicht mehr den direkten oder hohen Weg nach vorne, sondern ließ längere Ballbesitzphasen einstreuen; dies dürfte sowohl der Hitze als auch de Rossis neuer Rolle in der Dreierkette geschuldet gewesen sein, schließlich war dieser der dominante Ballverteiler der Italiener an diesem Abend (über 100 Pässe – mehr als Xavi!). Italien hatte in Halbzeit Zwei sogar mehr Ballbesitz als die Spanier. Ein Grund für die etwas tempoarme zweite Halbzeit war mit Sicherheit auch die Hitze.
Interessante Wechsel zum Schluss
Kurz vor dem Ende der regulären Spielzeit deuteten die Wechsel noch einmal eine offensivere Strategie an: Mit Mata (79., für Pedro) brachte del Bosque einen kreativeren Akteur, der zugleich seine Position eher frei interpretierte. Spanien kehrte damit zur asymmetrischen Ausrichtung der ersten Halbzeit zurück. Prandelli brachte in Aquilani (80., für Marchisio) einen diagonaleren Spielertyp, der seine Position etwas offensiver interpretierte. Das Spiel wurde in der Schlussphase wieder etwas offener. Vor allem Spanien war wieder aktiver; es blieb dennoch beim 0:0.
Die Verlängerung dürfte wegen zweier kurioser Stürmer in Erinnerung bleiben. Auf italienischer Seite verkörperte Giovinco (91., für Gilardino), eigentlich ein Mann des Mittelfelds, den spielmachenden Typ. Er ließ sich oft zurückfallen und suchte die Verbindung mit seiner Mannschaft. Auf spanischer Seite stand mit Javi Martinez (94., für Torres) plötzlich eine defensive Neun auf dem Feld; er arbeitete viel nach hinten, vor allem gegen de Rossi, und betätigte sich vorne als Prellbock.
Insgesamt wirkte Spaniens Stürmerwahl passender, was sich auch in einer erhöhten Dominanz und mehr Torabschlüssen zeigte. Giovinco fehlte die Bindung zum Spiel, was sicherlich auch mit Martinez‘ guter Arbeit gegen den Ball zu tun hatte. Italiens Mannschaftsteile waren kaum noch verbunden. Dennoch spielte Spanien in der Verlängerung ohne großes Risiko und brachte nur wenige Spieler vor den Ball. Das Elfmeterschießen war die logische Folge und bescherte uns die wohl besten ersten zehn Elfmeter der jüngeren Fußballgeschichte, ehe Bonucci den Ball in die Tribünen jagte.
Fazit
Italien legt mit einer taktisch starken Leistung die Schwächen des spanischen Systems offen. Italien dominierte über weite Strecken das Zentrum, wodurch Spaniens Ballstafetten zur Wirkungslosigkeit verdammt waren. In der zweiten Halbzeit wählt Spanien den interessanten Weg, selber etwas reaktiver zu agieren. Doch erst mit Martinez als defensiver Neun hatten sie ein Plus an Chancen. Der Sieg im Elfmeterschießen war am Ende glücklich. Die großen Fußballnationen dürften sich das Spiel sehr genau angeschaut haben – die italienische Taktik könnte in Zukunft als Blaupause gegen Spanien dienen.
37 Kommentare Alle anzeigen
Max 5. Juli 2013 um 12:27
Sorry für die Ungeduld, aber wann kommt die Analyse des Finales? Konnte es nicht sehen und Ihr seid die einzigen deren Bericht ich rückhaltlos vertraue.
Daniel 5. Juli 2013 um 17:53
Frag ich mich auch. Leide schon ein wenig an Entzug dieser Tage weil hier sowenig los ist 🙂
Aber dennoch ist den Jungs etwas Urlaub gegönnt. Nur nicht zu lange 😉 ich warte schon sehnsüchtig auf Berichte über eventuelle Taktische Änderungen bei Dortmund. Bzw. wie sich ihr Spiel mit den gehandelten und auch schon gekauften Spielern entwickeln könnte.
otsch 3. Juli 2013 um 11:30
Endlich mal jemand, der das 4-3-2-1 auch ernsthaft in Betracht zieht. Ich bin schon seit einer gefühlten Ewigkeit ein Fan dieser Grundordnung, um genau zu sein, seit Kloppo das noch dem ersten Mainzer Bundesliga-Aufstieg spielen ließ.
Es verlangt zwar sehr laufstarke Außenverteidiger, aber insbesondere die beiden „hängenden Halbstürmer“ sind oft schwer auszuschalten, da sie horizontal sehr variabel spielen (entweder weiter außen oder eher innen) und sich vor allem zwischen den gegnerischen Abwehr-/Mittelfeldlinie aufhalten, sodass nur selten der Gegener bei Raumdeckung keinen richtigen Zugriff hat!
Lino 30. Juni 2013 um 09:24
Ich habe mir schon öfters die Frage gestellt, warum Mannschaften gegen ein 3/5/2 oder 3/4/3 nicht mit einem 4/3-2/1 Pressing reagieren. Spanien hat das zwar nicht bewusst gemacht, sondern eher zufällig, aber es freut mich, dass meine eigenen Erwägungen an der heimischen Taktiktafel auch bei euch in Betracht gezogen wurden/werden 😉 Im Ernst, das 4/3-2/1 ist eh ein sehr interessantes System…
TW 30. Juni 2013 um 13:18
Kannst Du uns an Deinen Erwägungen an der heimischen Taktiktafel teilhaben lassen? Ich hab zwar Vermutungen wieso Du auf diese Idee kommst, aber 100 % eindeutig ist es sicherlich nicht.
Lino 30. Juni 2013 um 18:51
Schwierig, das ohne graphische Hilfsmittel darzustellen. Ich versuchs mal: Das 3/4/3 ist ja theoretisch fast nicht zu pressen (wenn man hoch pressen will), da, wenn man bspw. im 4/3/3 oder 4/4/2 presst, entweder ein/mehrere Innenverteidiger oder Flügelverteidiger freigelassen werden.
Presst man hoch im 4/3/3 hat man zwar direkten Zugriff auf die 3 Innenverteidiger, aber keinen auf die Flügelverteidiger, die noch dazu, wenn sie sehr hoch aufrücken, durch lange Bälle angespielt werden können. Das war sehr gut bei Maggio zu sehen, der teilweise sehr hoch aufgerückt ist und dadurch, dass Candreva Alba gebunden hat, frei angespielt werden konnte.
Hohes Pressing im 4/4/2 funktioniert auch nicht gut, da einer der Innenverteidiger prinzipiell frei ist. Zwar hat man Zugriff auf die Flügelverteidiger, aber man hat keinerlei Kompaktheit im Zentrum, da man theoretisch 2 vs. 4 im Zentrum steht und auch die eigenen Außenverteidiger aufgrund der hohen Stellung der Flügelverteidiger nicht zu weit in die Halbräume einrücken können.
Lange Rede, kurzer Sinn: in einer 4/3-2/1 Pressingformation würden diese Probleme abgeschwächt. Zwar wären theoretisch zwei Innenverteidiger frei, aber man könnte gezielt den Aufbau auf einen der (i.d.R. weniger ballsicheren) äußeren Innenverteidiger lenken und den dann aus den Halbräumen so anlaufen, dass das Mittelfeld im Deckungsschatten liegt. Da der zentrale Innenverteidiger durch den Stürmer zugestellt wird, bleib eigentlich nur ein riskanter Seitenwechsel auf den anderen Innverteidiger
PS: Das Pressing würde ähnlich funktionieren, wie das was Mainz macht, wenn sie mit Raute spielen (müsste irgendwo noch eine Spielanalyse sein). Also zuerst relativ positionsorientiert im Raum verschieben, den Aufbau nach außen lenken und dann mannorientiert in Ballnähe zugreifen.
Lobanowskyj 3. Juli 2013 um 13:39
@Lino
Was du für´s 4-3-2-1 beschreibst, ist doch in Grundzügen von den Bayern gegen Juve im CL-VF gespielt worden: Halbverteidiger indirekt pressen/Wingbacks in Deckungsschatten nehmen und somit die Verbindung zwischen ihnen kappen. Nur ist das den Bayern m.E. mit einem 4-3-3 Pressing gelungen, in dem dann auch noch die Freiräume zwischen Halbverteigern (speziell Chiellini) und Wingern konsequent überladen wurden. Eine Abweichung gegenüber deinem System stellte nur Mandzukic dar, der aufs DM presste statt auf den IV. Hat jedenfalls gut geklappt.
Die Schwierigkeit für Spanien bestand m. E. darin, dass die Wingbacks wesentlich defensiver agierten als bei Juve, also viel mehr Bindung zu den Halbverteidigern hatten. Da war dann eben schlecht dazwischen zu kommen. Ich denke, da wäre man auch mit einem 4-3-2-1 im Pressing etwas zu dünn besetzt.
Totaal – Catenaccio 29. Juni 2013 um 20:57
Die Medien und auch ihr schreibt bei einem guten (taktischen) Spiel einer Mannschaft gegen Spanien ständig von einer Blaupause oder dem endlich gefundenen Allheilmittel wie man Spanien besiegen kann (wie z.B. das Vorrundenspiel bei der EM gegen Italien).
Aber Spanien hat so intelligente Spieler und auch Trainer in allen Leistungsklassen, die sich auf alle gegnerischen Ausrichtungen und Strategien anpassen können und daraus sogar Spiel für Spiel einen Vorteil erzielen können. Aber nicht nur während des Spieles schaffen sie dies, auch in langfristigen und strategischen Entwicklungen des Fußballs. Ansonsten wäre es kaum möglich, dass sie seit fünf Jahren mit beinahe dem gleichen Spielermaterial die Nummer 1 im Weltfußball sind.
Wenn man sich die Spiele bei den Junioren-Turnieren anschaut, kann man auch davon ausgehen, dass sie dies in den nächsten Jahren so machen werden.
RM 29. Juni 2013 um 21:28
Es gibt ja auch mehrere Blaupausen für unterschiedliche Mannschaften. Es spricht auch keiner von einem Allheilmittel, zumindest wir nicht. Nur von Blaupausen und grundlegend interessanten Gedankengängen gegen Ballbesitzmannschaften. Und wer die gleiche Blaupause für jede Mannschaft verwendet, der ist ohnehin dämlich. Gegen das aktuelle Barcelona gibt es mehrere Gedankenexperimente, eines davon haben die Bayern sehr schön gezeigt – eine Blaupause für Barcelona 2013. Aber keine für Barcelona 2013/14, keine für Spanien (um Gottes willen) und eine Blaupause für Letzteres heißt auch nicht, dass man diese Mannschaft besiegen kann, wenn sie Isco oder Xabi Alonso oder Thiago oder sonstwen noch dazutun oder jemanden durch den ersetzen.
Außerdem geht es uns nicht um die genaue Umsetzung, sondern die grundlegende Idee dahinter. Situative Manndeckungen, formative Asymmetrien und Variabilität, etc., konnte man in jeder gut spielenden Mannschaft sehen, oder? Und Spanien wie Barcelona spielen mit einer grundlegenden Spielphilosophie, der Großteil ihrer Mannschaften (also der spanischen NM und Barcelonas) werden es auch in den nächsten Jahren tun – wieso sollte man dagegen nicht grundlegende Ideen finden? Spanien passt sich dann an und man sich selbst auch. Sehe da kein Problem oder Widerspruch eigentlich.
Totaal-Catenaccio 29. Juni 2013 um 22:18
Ja das stimmt schon, ich sehe es auch so, dass sich durch die ständigen Anpassungen und Erneuerungen sowohl die Spanier als auch alle anderen Mannschaften daran weiterentwickeln und steigern können. Nur meine subjektive(!) Wahrnehmung ist, dass vor allem im letzten Jahr der Großteil der Fußballfans und darunter auch sogenannte Experten ständig vom langsamen Niedergang des spanischen Fußballs (inkl. Halbfinal-Aus von Barcelona) und des Tiki-Taka Spielstils reden. Dabei werden auch die passende Taktik und System für die Gründe herangezogen. Soweit noch nicht schlimm und absolut gut für den Fußball. Aber diese Begründungen und Feststellungen werden immer gleich mit einer neuen Ära und langfristigen Entwicklungen in Verbindung gebracht, ausgehend von einem Spiel. Sehen wir die U-Teams, muss man doch sehen, dass das nicht stimmen kann. Und das stört mich so daran. Und für mich hat dieser Artikel leider auch so geklungen.´
Spanien gewinnt Spiel für Spiel schon über Jahre hinweg und über diesen Zeitraum werden genauso viele Gegenmittel entworfen, wie die Spanier Spiele gewonnen haben. Das meine ich.
Lobanowskyj 3. Juli 2013 um 13:59
Ich denke, was man hier als „Blaupausen“ bezeichnet, ist einfach nur der Umstand, dass man mittlerweile die offensichtlichsten Schwächen der Spielweise von Barca und Selección klar erkannt hat und auf verschiedene (wenn auch oft ähnliche) Weise zu nutzen versucht. Bei beiden Mannschaften ist offensichtlich, dass sie unter Druck geraten, wenn man ihr Offensivspiel auf die Außen „ableitet“ und mit schnellen Gegenstößen (oft langen Bällen) den Raum hinter den AVs bespielt. Da sehe ich durchaus Parallelen zwischen Italien, den Bayern im CL-HF, aber auch Madrid in den letzten Clásicos und Donetzk vor längerer Zeit.
Es gibt aber anscheinend nicht DAS ultimative Konzept gg. beide Mannschaften. So hat Italien die Ziele mit Fünferkette und Überladung im Zentrum erreicht, während das den Bayern gg. Barca bspw. mit Viererkette gelang (wobei Ribery/Robben teilweise auch als Wingbacks agierten) und die Dominanz im Zentrum eher individuell erreicht wurde. Beides führte aber zum gleichen, gewünschten Ergebnis und speziell die langen Diagonalbälle hinter die AVs wurden von beiden genutzt.
(Ich persönlich würde die Herangehensweise der Bayern auch bevorzugen).
Ich gebe dir völlig recht, dass das nicht bedeutet, Spanien (und Barca) wären endgültig „geknackt“. Was mich aber bedenklich stimmt, ist, dass del Bosque nach den Problemen die sein Barca-Stamm dieses Jahr erlebt hat, nicht reagiert und Anpassungen vornimmt. Hoffentlich wird der alte Herr nicht doch langsam nostalgisch. Letztlich müsste er ja nicht gleich alles umwerfen, um wieder stabiler und dominanter aufzutreten.
fluxkompensator 3. Juli 2013 um 14:13
die einwechslung von navas und mata im kontext des stärkeren rückzugs und der zeitweisen aufgabe des eigenen ballbesitzs lässt schon auf eine anpassung del bosques (oder zumindest auf den versuch) schließen. diese veränderung könnte man in euphorie sogar als enorm betrachten, suggeriert sie doch in einigen zügen eine konterstrategie (zudem mit der option, martinez bei eventuellem vorsprung in die defensive zu ziehen).
Lobanowskyj 3. Juli 2013 um 14:48
Ähnliches hat del Bosque in der Vergangenheit öfter mal in Hälfte 2 gezeigt, dann allerdings nachdem Spanien schon führte. Insofern scheint mir das eher eine Verlegenheitsaktion zu sein, wenn´s schon bei 0:0 kommt. Ich hätte halt eher gedacht, dass del Bosque von Beginn an ein paar Korrekturen vornimmt. Schließlich war ja zu erwarten, dass Italien genau dieses Spiel aufzieht. Aber del Bosque vertraut halt immer noch auf die starke Umsetzung der alten Erfolgsrezepte. Man muss ja auch sagen: in den wirklich wichtigen Spielen können sie´s ja (meistens) noch.
Vinnie 29. Juni 2013 um 15:05
Houllier hat wohl Recht: Bei solch einem Wetter kann man nicht pressen, wie in Europa. Anders kann ich mir die Passivität der Spanier nicht erklären. Wie seht ihr das: Benachteiligen die klimatischen Bedingungen in Brasilien am Ende stark pressende Mannschaften wie Spanien und Deutschland merkbar?
HerrHannibal 4. Juli 2013 um 19:19
In erster Linie hatte Spanien einen Tag weniger Pause…Das macht sich dann bei solchen Bedingungen bemerkbar…
HerrHannibal 4. Juli 2013 um 19:21
Crap, ich dachte das war auf das Finale bezogen
Premius 28. Juni 2013 um 23:18
In meinen Augen war zum Teil auch die situative Manndeckung auf Iniesta auffällig. Zwei Mann der Italiener begegneten ihm schon an der Mittellinie, wenn er am Ball war. Einer begleitete ihn öfters auf dem nachfolgenden Laufweg. Jediglich zu unkonsequente Durchführung der Italiener, da Iniesta ja trotzdem das ein oder andere mal gefährlich kombinieren durfte. Nur die Vertikalläufe aus dem Mittelfeld wurden, meiner Ansicht nach, größtenteils verhindert.
Giuseppe 28. Juni 2013 um 23:04
P.S.: Kompliment an diese Seite!!! Hätte nicht gedacht, dass ich mal eine Website finde, die sich derart mit Spiel-Analysen auseinandersetzt, ohne dabei in unsinnige Polemiken zu verfallen und bei der die Kommentare ohne die sonst üblichen dämlichen Animositäten daherkommen.
juventino 28. Juni 2013 um 19:00
War wirklich ein Krimi gestern, leider mit einem tristen Ende (vor Allem als Juve-Fan). Ich finde es auch lustig, dass Prandelli wieder die 3/5-er Kette rausgeholt hat, habe vor dem Spiel noch mit Freunden darüber gescherzt.
Was kann man sagen, dass ihr noch nicht gesagt habt? Wieder einmal eine wirklich tolle Analyse.
Ich möchte mich auch TW anschliessen, der ja noch speziell Italiens Deffensivflexibilität unterstreicht. Phasenweise konnte man auch ein 4-4-2 sehen in dem Candreva neben Gilardino spielte und sich situativ Maggio oder Giaccherini neben die 3-er Kette fallen liess.
Generell haben mich Maggio und Giaccherini sehr überzeugt, auch sonst gefiel Prandellis Personalwahl. Gilardino hat mich überrascht, er hat einige Bälle extrem gut weitergeleitet und so für viel Gefahr gesorgt.
Bei den Wechseln bin ich leider weniger zufrieden. Ich weiss zwar nicht wie fit El Shaarawy war, aber ich denke er hätte den Italienern gut getan (er sass ja immerhin auf der Ersatzbank). Dass er defensiv sehr pflichtbewusst spielen kann, hat er diese Saison ein paar mal gezeigt und torgefährlich ist er halt auch sehr. Ich frage mich auch, ob es richtig war Barzagli anstatt Bonucci rauszunehmen. Bonucci ist sicherlich sehr stark im Spielaufbau und auch im Zweikampf, jedoch zeigte er auch wieder gestern, dass er auf den Halbpositionen in einer 3/5-er Kette einfach zu wenig antizipierend spielt. Natürlich war bei den Italienern am Ende auch einfach die Batterieen leer, trotzdem frage ich mich, ob einige gefährliche Situationen nicht hätten verhindert werden können.
Alles in allem bin ich extrem zufrieden mit meinen Azzurri. Unglaublich was sie geleistet haben, wie sie Spanien wieder an die Grenze der Niederlage gebracht haben(das wieder bezieht sich auf das EM-Gruppenspiel, nicht auf das Final). Wer weiss was mit einem Balotelli möglich gewesen wäre, vielleicht werden wir das ja nächstes Jahr erfahren. Ich bin auf jeden Fall optimistisch für dieses Team, speziell auch noch wenn man die Jugend anschaut. Gerade ein Verratti (anstalle Montolivos) oder Insigne (als Halb-, Flügelstürmer oder Trequartista) könnten dem Team helfen.
Patric 28. Juni 2013 um 22:28
Volkes Stimme hierzulande behauptet, dass Prandelli grundsaetzlich alle Wechsel verbockt. Auch seine Personalwahl wird haeufig in Frage gestellt.
Barzagli musste wegen einer wieder aufbrechenden Verletzung ausgewechselt werden.
Gilardinos Leistung wurde allgemein ziemlich verrissen.
El Shaarawy hat eine miserable Rueckrunde gespielt; offenbar geniesst er im Moment nicht Prandellis Vertrauen, wie man so schoen sagt.
In Bezug auf Verratti, Insigne und Balotelli bin ich weniger optimistisch als du.
juventino 29. Juni 2013 um 15:26
Das mit Barzagli war mir nicht bewusst, danke. Zu Gilardino: Natürlich war er nicht weltklasse, aber ich war einfach überrascht wie gut er (vor allem auch in diesem Alter) gespielt hat. Und zu El Sharaavy: Seine Rückrunde hängt in meinen Augen auch damit zusammen, dass er im 4-3-3 immer mehr Deffensiv Arbeit leisten musste, da verliert er natürlich auch an Torgefährlichkeit, etc. Aber in einem 2-er Sturm (so wie im 4-3-1-2 oder vlt. in einem 3-1-4-2) glaube ich wäre er gut aufgehoben. Ich muss zugeben, ich bin sehr optimistisch. Aber keiner von uns kann in die Zukunft sehen. Wenn diese 3 Spieler in ihren Vereinen Stamm spielen, was bei Verratti und Balotelli nicht unwahrscheinlich ist, kann es schon sein, dass sie an der Weltmeisterschaft wichtige Stützen werden.
Giuseppe 28. Juni 2013 um 22:59
Lorenzo Insigne sollte man wirklich in die erste Mannschaft bzw. in die A-Nationalmannschaft holen. Mir persönlich gefiel Gabbiadini auch ganz gut…im Grunde genommen sogar besser als Immobile. Einzig die Taktik Devis Mangias relativ kontinuierliches Pressing über deb ganzen Platz gegen die U-21 der Spanier spielen zu lassen, empfand ich als Fehl am Platz, wenn man bedenkt, wie ballsicher und passgenau sie schon sind – Prandellis Wahl war daschon wesentlich ausgetüftelter und realistischer, denn die Squadra Azzurra kann mit der spanischen Mannschaft nur dann mithalten, wenn sie großes Teamplay und taktisch diszipliniert spielt.
SG 28. Juni 2013 um 14:55
Ich hätte da mal eine Frage zur WM nächstes Jahr. Es scheint ja eine gute Taktik zu sein Pirlo zu pressen. Damit alleine macht man den Italienern das Aufbauspiel schon ziemlich schwer. Allerdings gibt es mit Verrati ja einen Spieler, der, so er sich diese Saison weiter so gut entwickelt, nächstes Jahr mitgenommen werden wird und auch das Spiel der Italiener gestalten könnte.
Wäre es eurer Meinung nach sinnvoll Verrati neben Pirlo spielen zu lassen und so das Pressing auf Pirlo zu übergehen, oder würden sich beide Spieler eher gegenseitig hindern?
Ließe man außerdem noch de Rossi in der Dreierkette in der Mitte spielen hätte man in der Defensive ein sehr spielstarkes Dreieck.
TW 28. Juni 2013 um 16:14
Montolivo! Das hat doch gestern schon prima geklappt.
Patric 28. Juni 2013 um 22:13
Auf Anhieb wuerde ich sagen: weniger gut.
Verratti ist defensiv derzeit qualitativ (noch?) nicht auf der Hoehe der Ansprueche und Anforderungen.
Zu undiszipliniert und unerfahren, wenn nicht gar ungeschickt.
Da Pirlo in der Defensive immer etwas schon etwas lustloser war, und sich dies in Brasilien aufgrund der Klimabedingungen und des Alters vertaerken wird, waere die gleichzeitige Anwesenheit Pirlos und Verrattis eine fuer italienische Verhaeltnisse zu grosse Gefahrenquelle.
Vielleicht sollte man noch anmerken, dass in den letzten Jahren die Athletik der Italiener arg nachgelassen hat: Offenbar sind ihre Trainingsmethoden nicht auf der Hoehe der Zeit und in der Serie A gibt es kaum Turn-Over, was bei deiner Liga mit 20 Mannschaften schon eine grosse Rolle spielt.
Es ist meines Erachtens abzusehen, dass sie nicht in Bestform zur WM kommen werden. Aber ein harter Knochen sind sie allemal…
Giuseppe 28. Juni 2013 um 23:17
Fitness, Physis und Schnelligkeit lassen zum Teil schon zu wünschen übrig, wenngleich tatsächlich Klima und die Anzahl der Spiele in relativ kurzer Zeit beim Confed-Cup mitzuberücksichtigen wäre – im Großen und Ganzen stimme ich dem zu. Merkwürdig nur, dass dies in den 90ern bei den Serie-A Clubs so nicht der Fall war – jedenfalls nicht in meiner Erinnerung – aber vielleicht verkläre ich da auch die Vergangenheit.
gregor 30. Juni 2013 um 22:43
Patric 1. Juli 2013 um 17:56
@gregor
Das lag auch mir auf der Zunge.
Aber sag das keinem Italiener, ausser du willst ihn dir zum Feind machen.
Denn laut ihrer Meinung (und der einiger „Sportreporter“) dopt auf der Welt jeder, der schneller laeuft als die Spieler der Serie A, die ihrersetis natuerlich blitzsauber sind.
GoldenGomez 28. Juni 2013 um 14:44
Sehr starke Italiener zwingen die Spanier über die Flügel zu spielen, Schnittstellenpässe durchs Zentrum waren unmöglich. Arbeloa war viel zu mutlos, er hatte immer so viel Raum, warum geht er denn nicht einmal die Linie entlang? Mit Navas, der früher hätte kommen müssen, hätte man die Flügel überladen können. Für mich muss Carvajal in naher Zukunft Arbeloa verdrängen!
blub 28. Juni 2013 um 15:04
Man kann nicht einfach so beide AV hochschieben, Barca hat diese Saison gezeigt wie man das nicht macht, und Jordi Albas rolle ist sehr wichtig, wegen dem Wechselspiel auf links (zu beginn des angriffs meist Silva, der nach innen zieht, Iniesta geht raus, wenn der wieder rein zieht übernimmt Alba die breite)
Das wäre mit einem offensiven RA sehr schwierig auszubalancieren und riskant.
Soll heißen, selbst wenn Cavajal spielt heißt das nicht das er soo viel anders spielen würde als Arbeloa es getan hat. Die wirkung ist also nicht so groß wie zu vermuten wäre.
TW 28. Juni 2013 um 15:17
Für gestern gebe ich Dir Recht. Aus dem gewohnten spanischen System mit Alonso wäre dies durch eine Dreierkette mit Busquets wieder stabil möglich, da immer noch eine 3-4 (Doppelsechs mit eingerückten Flügelstürmern)-Stellung gegeben ist, um direkte Konter zu unterbinden.
blub 28. Juni 2013 um 15:56
Läuft aufs selbe hinaus. Arbeloa musste nicht hoch schieben, weil ja Pedro vor ihm die breite gehalten hat. Wenn Alonso spielt muss ja ein anderer gehen, vermutlich wieder Pedro und wir sind da wo wir vorher waren, nur das die stellung nicht mehr asymetrisch ist und man jetzt tatsächlich Cavajal Arbeloa vorziehen müsste um eine ähnliche wirkung zu erhalten.
Interessant wirds wenn Alonso nicht für Pedro kommt, sondern jemand anderes geht, was ich für unwahrscheinlich halte.
Stattdessen Iniesta oder Silva zu cutten halte ich für strikt schlechter und auch für unrealistisch.
TW 28. Juni 2013 um 16:13
Wieso? Silva raus, wie bisher auch. Carjaval kann ja auch diagonale Läufe perfekt, er könnte also immer passend auf Pedros Stellung reagieren.
Ich denke mit Alonso hätte Spanien die Italierner gestern besser verteidigt. Xavi hat sich auf passive Defensivarbeit (Räume und Passwege zustellen) beschränkt. Busquets musste das Zentrum halten. Somit waren die beiden AV durch die Kombination aus Wingback und Halbstürmer überladen. Alonso hätte in diesen Fällen außen mithelfen können.
TW 28. Juni 2013 um 14:36
Danke für den guten Bericht, der die zentralen Aspekte wiedergibt. Es hätte eventuell noch die flexible Auslegung des Systems der Italiener etwas ausgeführt werden können. Die Defensivfluidität war schon beeindruckend. War ja nominell ein 3-4-2-1, was dann zu allem möglichen Zwischenformationen transformiert ist. Das 5-4-1 war ja nur die tiefste Variante. Es fing meist beim 3-4-3 an, wurde dann je nach Aufrücken der spanischen AV und Mittelfeldspieler zum 3-5-2, 4-4-2, 5-3-2, 3-6-1 etc. Die Selbstverständlichkeit mit der die Halbstürmer in die Lücken der eigenen Formation gegangen sind bzw. den Ballführenden isoliert haben und wie die Wingbacks die ideale Höhe gehalten haben, war echt beeindruckend.
Dabei war auch die Personalwahl sehr interessant. Marchisio hat im 5-3-2 auch schon eine der Achterpositionen bekleidet, Giaccherini kann auch Halbstürmer spielen (wie in der Vorrunde). Durch die polyvalenten Spieler war also die flexible Auslegung des Systems gewährleistet.
TE 28. Juni 2013 um 13:49
Danke für die Hinweise, ich habe es schnell geändert. Man verzeihe mir die vielen Flüchtigkeitsfehler, nach über einem Monat Spielverlagerung-Pause bin ich etwas eingerostet 😉
LB 28. Juni 2013 um 13:48
Spannendes Spiel und die wichtigsten Aspekte werden hier, wie man es von SV gewohnt ist, gut aufgearbeitet. Leider sind einig Flüchtigkeitsfehler durchgerutscht. „Condrevo“ heißt eigentlich „Candreva“. Und während im Text richtigerweise Barzagli für Montolivo geht, ist es in den Grafiken Bonucci, dem doch im Elfmeterschießen noch die tragische Hauptrolle zukommt.
Maturin 28. Juni 2013 um 13:44
Danke mal wieder für den Artikel.
Wenn ich, obwohl es für die taktischen Apekte nicht wirklich relevant ist, zwei Anmerkungen zu den Grafiken machen dürfte: Bei den Italienern stand Bonucci über 90 Minuten auf dem Feld, Barzagli wurde ausgewechselt und der gute Herr Candreva, der Alba so zu schaffen machte, hat deutlich weniger „O“s in seinem Namen.