Aspektanalyse kompakt: Bayrische Ansätze in Madrid -SR

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag trafen Red Bull Salzburg und Real Madrid bei der Klub-WM aufeinander. Beide Teams hatten nach den ersten beiden Gruppenspielen jeweils vier Punkte gesammelt – entsprechend stand nicht nur der Gruppensieg, sondern auch das Weiterkommen auf dem Spiel. Sollte Al-Hilal im Parallelspiel gegen Pachuca gewinnen, hätte der Verlierer dieser Partie das Nachsehen gehabt und wäre ausgeschieden.

Für Real Madrid und Trainer Xabi Alonso war dieses Spiel jedoch nicht nur aus sportlicher Sicht von Bedeutung. Es war zugleich ein weiterer Prüfstein auf dem Weg, die kritischen „Madridistas“ und die Presse von seiner Spielidee zu überzeugen. In dieser Analyse wollen wir die Herangehensweise Reals mit dem Ball in den Fokus nehmen.

Die Aufstellungen

RB Salzburg agierte in einem 4-2-2-2-Grundsystem. Im Tor stand der junge Zawieschitzky. Die Viererkette setzte sich aus Lainer, Gadou, Rasmussen und Krätzig zusammen. Davor bildeten Diabate und Diambou die Doppelsechs. Auf den beiden Zehnerpositionen agierten Dorgeles und Gloukh, während Baidoo und Ratkov im Sturmzentrum aufliefen.

Real Madrid lief typisch für Xabi Alonso in einer Dreierkette auf. Hujisen, Tchouaméni und Rüdiger bildeten die letzte Linie. Davor agierte eine Fünferreihe mit Garcia, Güler, Valverde, Bellingham und Alexander-Arnold. Im Sturmzentrum formierten sich Vinícius Júnior und der junge Stürmer Garcia.  Im Tor stand wie gewohnt der routinierte Thibaut Courtois.

Ausgangslage

Red Bull Salzburg verteidigte aus einem kompakten Mittelfeldblock heraus. Die Staffelung war dabei bewusst sehr eng angelegt, um das Zentrum maximal zu verdichten. Die beiden Zehner, Gloukh und Dorgeles, besetzten klare Halbpositionen: Sie orientierten sich an der Länge der gegnerischen Flügelverteidiger, in der Breite jedoch an den Innenverteidigern von Real Madrid.

Vor allem Gloukh übernahm dabei eine wichtige Rolle im ballnahen Zentrum. Immer wieder positionierte er sich so, dass er den Passweg auf Jude Bellingham blockierte poder ihn direkt in Manndeckung nahm.

Der Doppelsturm aus Baidoo und Ratkov verhielt sich auffallend passiv gegenüber der Dreierkette Madrids. Sie verzichteten weitgehend auf aktives Anlaufen und konzentrierten sich stattdessen darauf, mit ihren Deckungsschatten den Sechserraum abzudecken. Ziel war es, das Zentrum zu versperren und Madrid auf die Außenbahn zu lenken.

Die Salzburger Doppelsechs – Diabate und Diambou – fokussierte sich darauf, den Raum direkt vor der Abwehr zu kontrollieren. Wurde dennoch ein Sechser Reals – etwa Valverde oder Güler – zwischen den Linien angespielt, rückte einer der beiden situativ heraus. Alternativ übernahmen sie tief fallende Akteure wie Vinícius oder Bellingham, wenn diese sich aus dem vorderen Block ins Mittelfeld fallen liessen.

Die Königlichen traten nominell in einem 5-3-2 an, doch in der Praxis wirkte die Anordnung phasenweise wie ein 3-4-3 in „bayrischer“ Ausprägung. Vinícius ließ sich häufig auf den linken Flügel oder in den linken Halbraum fallen um für Flügelverteidiger Garcia anspielbar zu sein. Auf der gegenüberliegenden Seite schob Bellingham weit in den rechten Halbraum und agierte fast wie ein zusätzlicher Zehner.

Beide positionierten sich bevorzugt im Zwischenlinienraum. Sobald sich jedoch eine Gelegenheit bot starteten sowohl Vinícius als auch Bellingham dynamisch in die Tiefe, um Räume in der letzten Linie Salzburgs zu attackieren. Breitengeber im System waren Garcia und Trent Alexander-Arnold.

Die Halbverteidiger standen ebenfalls breit im Halbraum, während die Sechser sehr eng zueinander standen. So musste  Salzburg extrem ins Zentrum schieben und die Halbverteidiger hatten gute Passwinkel auf die Flügel oder auf die Sechser, auch wurden so die Halbräume freier, weil die Sechser von den Mozartstädtern vom kompakten Zentrum Reals gebunden wurden.

Madrider Zentrumsspiel, Locken und Verlagern

Garcia wird auf dem Flügel von Lainer gepresst. Vini will den Raum dahinter attackieren wird aber gedoppelt. Ausserdem sieht man die verstellende Position von Baidoo auf Güler.

Durch die Passivität der Salzburger Stürmer konnte Madrid selber auswählen über welche Seite man die Salzburger angreifen wollte.  Dies geschah meist über einen der spielstärksten Halbverteidiger des Planeten, Dejan Huijsen. Baidoo lief ihn nicht an, da er darauf bedacht war den Passweg auf Güler zuzustellen und eher auf diesen zurückschob.  Dazu kam, dass Dorgeles sich sehr an der Länge von Garcia orientierte und damit sehr weite Wege auf Huijsen hatte. Die einzige wirkliche mögliche Opiton für Huijsen war es auf den linken Flügelverteidiger, Garcia, zu spielen. Dieser hatte meistens aber kein adäquates freilaufverhalten, der Rechtsverteidiger Lainer hatte eine kurze Distanz auf Garcia und konnte ihn meist bereits mit der Ballannahme empfindlich unter Druck setzen. Ihm fehlten auch die nötigen Anspielstationen auf dem Flügel oder im Halbraum, die einzige war meistens nur Vini.

Dieser liess sich vom Sturmzentrum aus fallen, bot sich im Raum hinter Lainer, im Halbraum oder in der Tiefe an, doch Gadou verfolgte ihn überall hin. Wenn es schlecht für Vini kam wurde er schlichtweg von Gadou und Diabate gleichzeitig gedoppelt, dies war vor allem der Fall wenn er sich im Halbraum fallen liess. Dies alles führte zu einer Unterzahlsituation von Huijsen, Vini und Garcia auf Madrids linker Seite. Vor allem die Isolation von Garcia tat Madrid weh und führte kaum zu Progression. Die einzige Möglichkeit für den kleinen Spanier war die Rückwärtsverlagerung auf Huijsen.

Das Zuspiel auf Valverde wird durch Güler möglich. Red Bull wurde stark auf eine Seite gezogen. Ballfern gekennzeichnet ist der Raum der sich nach der Verlagerung öffnen wird.

Eine Lösungsoption für das Problem war Arda Güler, eine leicht asymetische Positionierung von ihm und Verlagerungen. Der kleine Türke positionierte sich kurz diagonal vor Huijsen und spielte mit ihm kurze lockende Pässe. Baidoo musste so auf Güler schieben, da es seine Aufgabe war diesen aus dem Spiel zu nehmen. Der Mittelfeldblock von Red Bull wurde auf die linke Seite gezogen und Güler konnte Verlagerungen auf die andere Seite spielen. Auch öffnete sich dadurch der Passwinkel für Huijsen ins Zentrum, den er auch nutzte und Valverde in der gegnerischen Pressingstruktur fand. Salzburg wollte das auf jeden Fall verhindern. Stürmer, Zehner und Sechser schoben alle auf Valverde. Für ihn wurde der Raum enger, aber so wurden seine umliegenden Mitspieler befreit.  Über eine Ablage fand man regelmässig Tchouaméni oder Rüdiger. Tchouaméni suchte direkte Verlagerungen auf Trent. Rüdiger konnte andribbeln und so Gloukh  binden, so wurde Bellingham im Halbraum frei, da Rasmussen von Garcia (dem Stürmer gebunden wurde). Trent, war besser im Absetzen als Garcia (dem Flügelverteidiger), Krätzig musste auf ihn rausschieben und weite Wege gehen. So wurde ein riesen Loch in die Abwehrlinie von Salzburg gerissen, das Bellingham frei belaufen konnte. Diese Spielzüge waren klassische Beispiele einer der Prinzipien von Alonso: „Eng im Zentrum stehen, locken und über die Aussen vorrücken.“

Diambou versuchte im Verlauf Bellingham im Halbraum aufzunehmen doch dann war es meistens Valverde der frei war und den Lauf in den Halbraum startete. Die Salzburger konnten diese Läufe nicht einfach so ignorieren. Sie musste etwas ändern.

Die Überzahl gegen die Innenverteidigung

Diese waren subtil. Man behielt bei, dass Diambou nun Bellingham aufnahm. Gloukh blieb mehr auf der Länge von Trent um diesen auch anlaufen zu können, dadurch musste Krätzig nicht rausrücken und das Loch entstand nicht. Ratkov wurde ebenfalls aggressiver im Pressing und lief Rüdiger an. Baidoo blieb immer noch passiver wenn etwas zentraler und darauf bedacht den Deckungsschatten auf das Zentrum zu halten.  Dorgeles schiebte immer noch auf Huijsen wenn dieser im Ballbesitz war und stand ebenfalls etwas höher. Nun findigen Lesern werden die Alarmglocken jetzt Läuten. Diambou muss sich nach hinten orientieren um Bellingham aufzunehmen, Gloukh steht breiter und prisst den Flügelverteidiger, Ratkov prisst Rüdiger. Resultat. Der Raum zwischen Mittelfeld und Sturm wurde grösser, und die Sechser von Real hatten eine verbesserte Entscheidungsfindung und Positionierung. Ausserdem wurde die Pressingstruktur der Salzburger flacher, wodurch die Passwinkel für die Halbverteidiger in den Sechserraum besser wurden. Das führte dazu, dass die Sechser sich im gegnerischen Block aufdrehen konnten. Hier kommt das erstaunliche.

Madrid konnte weil die Sechser von Salzburg in Panik gerieten die Innenverteidigung von Salzburg überladen.  Sie kreeirten eine Überzahl, mit Vini und Garcia (den Stürmer) und je nachdem Bellingham oder Valverde (die beiden wechselten ab und zu ihre Positionen). Genau zweimal ging diese Staffelung extrem gut auf für Madrid. Ein vertikaler Pass der Sechser auf die vorderen Spieler, eine Ablage und Madrid war bereits durch die gesamte gegnerische Formation wie ein warmes Messer durch die Butter. Wenn man bedenkt welche Probleme arrivierte Topklubs haben einen tiefen Block bzw. einen organisierten Gegner zu knacken ist dies sehr beeindruckend. Vor allem wenn man noch in betracht zieht, dass Xabi Alonso erst ca. einen Monat die Königlichen Trainiert. Es sind bereits Muster aus den Leverkusener Zeiten erkennbar, einfach mit einer noch höheren Spielerqualität.

Am gefährlichsten ist und bleibt aber Real Madrid mit Kontern. Vor allem Vinicius konnte Aufgrund seiner Posiition im Doppelsturm glänzen und konnte nach zwei Umschaltsiutationen ein Tor schiessen und eines vorbereiten. In der zweiten Hälfte behielt Salzburg sein Pressing bei lief Real einfach etwas höher an. Real blieb bei ihren Mustern und liess das Spiel vor sich hin plätschern um Kräfte für die nächsten Aufgaben zu sparen. Zum Schlusspunkt schoss Garcia(der Stürmer) ein Tor.

Fazit:

Real Madrid fegte Salzburg vom Platz und war eine Runde weiter, während die Mozartstädter ihre Heimreise antreten mussten. Nicht alles war perfekt im Spiel der Madrilenen. Vor allem die Anbindungsprobleme im Ballbesitz auf der linken Seite waren die offensichtlichsten Probleme. Dies ist aber bereits, man muss es sagen, meckern auf hohem Niveau. Alonso hat bereits in wenigen Wochen wieder erkennbare Muster von Leverkusen bei Madrid implementiert und man kann sich fragen welche Elemente er noch einbauen wird. Es wird sich aber noch zeigen ob und wie Star-Truppe gegen Topteams wie, Manchester City, Bayern München, Paris Saint-Germain bestehen will.

SR:  Studiert Geschichte und Philosophie, was man an seinen Texten an der einen oder anderen Stelle merkt. Neben dem Studium schreibt er Gegneranalysen für einen Schweizer viert Ligisten und versucht jedes mögliche Fussballspiel zu sehen.

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