Rundschau: Stuttgart im Sechserraum-Fokus, Frankfurt scheitert an Progressionsbarrieren – MX

Der VfB Stuttgart präsentierte sich in der Champions-League-Partie gegen die Young Boys Bern erneut mit präziser Raumkontrolle und überzeugender Zielstrebigkeit im Sechserraum. Mit einem 5:1-Erfolg sicherten sich die Schwaben den ersten Königsklassen-Sieg seit 15 Jahren. Eintracht Frankfurt offenbarte hingegen in Frankreich bei der 2:3-Niederlage strukturelle Probleme in der Ballprogression. Eine kompakte Analyse der Spiele von Mittwoch und Donnerstag.

VfB Stuttgart v Young Boys Bern: 5-1

Nach einer Phase leicht schwankender Leistungen in den vergangenen Monaten, aber mit einer Serie positiver Ergebnisse in den letzten Wochen, waren die Erwartungen im Lager des VfB Stuttgart vor dem 6. Spieltag der Gruppenphase der UEFA Champions League entsprechend hoch. Viele Anhänger und Experten erhofften sich nicht nur ein erfolgreiches Ergebnis, sondern auch ein spielerisch überzeugendes Auftreten – besonders mit einem klaren Fokus auf den eigenen Ballbesitz gegen ein strategisch eher reaktiv-orientiertes Bern.

Diese Vermutung bestätigte sich bereits in der Anfangsphase der Partie. Stuttgart baute im hohen Aufbau, etwa auf Höhe der Mittellinie, aus einem 3-2-4-1 heraus gegen das 5-2-3-Mittelfeldpressing der Young Boys Bern auf. Der nominelle Linksverteidiger Mittelstädt agierte dabei als linker Halbraumverteidiger im flachen Dreieraufbau, was dem Spiel zusätzliche Breite und Stabilität verlieh.

Trotz des frühen Rückstands nach einem Einwurf (0:1 in der 5. Minute) behielten die Stuttgarter weiterhin die Kontrolle über das Spielgeschehen aus dem hohen Aufbau heraus. Charakteristisch für diese Phase war, dass der mittlere Innenverteidiger Chabot in der Regel den Ball hielt, bis der Schweizer Mittelstürmer Imeri das Pressing auslöste. Daraufhin folgte ein Pass zu einem der Halbraumverteidiger – zumeist Rouault. Zeitgleich kippten die Spieler in der extremen Breite, Rechtsverteidiger Vagnoman und auf der linken Seite Führich, aus ihrer hohen Ausgangsposition ab. Gleichzeitig rückten die beiden Sechser, Karazor und Stiller, diagonal weit zum Ball hin.

Abbildung 1: Der 3-2-Aufbau des VfBs gegen den Doppelsurm und die „Doppelsicherung“ von Bern

Die Außenspieler der ersten Pressinglinie von Bern – wie hier Itten – rückten diagonal auf den Halbraumverteidiger, um den Druck auf Stuttgart zu erhöhen. Dabei versuchten sie, den Deckungsschatten auf den ballnahen Sechser (hier Karazor) zu halten, während der ballferne Sechser (hier Stiller) durch das Einrücken des Pressing-auslösenden Imeri isoliert werden sollte. Gleichzeitig setzten die Berner auf Mannorientierungen der zentralen Mittelfeldspieler Lakomy und Ugrinic, um das Zentrum abzusichern.

Diese Strategie brachte jedoch schnell Instabilität in das Pressing der Young Boys. Zwar isolierte das Einrücken von Imeri einerseits den ballfernen Sechser, doch gleichzeitig öffnete es den Passweg auf den mittleren Innenverteidiger Chabot. Stuttgart hatte sich auf diese doppelte Sicherung des Zentrums von Bern vorbereitet: Das gezielte diagonale Verschieben der Sechser zum Halbraumverteidiger wurde bewusst zugelassen, um Imeri weit mitzuziehen. Dadurch entstand mehr Raum für Chabot, der in diesen Szenen ungehindert das Spiel gestalten konnte.

Dieses Problem erkannte Imeri relativ schnell, weshalb er sich im Verlauf der ersten Halbzeit häufiger näher zum mittleren Innenverteidiger orientierte, sobald die Halbraumverteidiger den Ball führten. Dennoch fiel es ihm schwer, den Abstand zu beiden Spielern – dem Innenverteidiger und dem ballfernen Sechser Stiller – konstant und effektiv zu regulieren. Besonders bei Stillers Bewegungen reagierte Imeri oft zu spät, wodurch dieser immer wieder als Anspielstation gefunden werden konnte.

Ab der Mitte der ersten Halbzeit verschärfte sich diese Problematik durch eine Anpassung im Verhalten von Ugrinic. Seine Mannorientierung auf Stiller wurde zunehmend lockerer, da er stärker darauf bedacht war, das ballferne 1-gegen-2 von Milliot und Führich gegen Schienenspieler Athekame abzusichern. Ugrinic positionierte sich tiefer, um den Zwischenlinienraum zu schließen, der für Stuttgart als Zielzone für Diagonalbälle in diese Ballung diente. Wenn Stiller dennoch angespielt wurde, fehlte Berns „Doppelsicherung“ im Zentrum, wodurch Stiller in diesen Situationen viel Raum zur Verfügung hatte, um das Spiel zu gestalten und die nächste Aktion einzuleiten.

Karazor und Stiller avancierten Mitte bis Ende der ersten Halbzeit zum prägenden Duo für Stuttgarts Kontrolle über das Spiel. Während Stiller durch sein exzellentes Freilaufverhalten und technische Klasse auf engem Raum beeindruckte – etwa beim Übergangsspiel vor dem 1:1 –, zeigte sich Karazor als Schlüsselspieler für das Lösen der Berner Pressingmechanismen.

Karazor nutzte in bestimmten Momenten des Pressings der ersten Linie der Berner geschickt den richtigen Zeitpunkt, um Itten mit sich zu ziehen. Sobald die erste Pressinglinie – häufig von Imeri initiiert – aktiv wurde, schob Karazor etwas zentraler, um den Passweg direkt in die letzte Linie zu Rieder freizumachen. Diese präzisen Bewegungen erlaubten es Stuttgart, das von Bern forcierte Isolationsprinzip zu überwinden. Während diese Interaktionen gegen Bern nur sporadisch zum Tragen kommen mussten, war sie gegen noch tiefere Blöcke wie Jahn Regensburg beispielsweise essenziell.

Ähnliche Muster traten auch im Zusammenspiel der Außenspieler Vagnoman und Führich auf, die häufig den Ball von den Halbraumverteidigern in einer ungünstigen Position – mit dem Rücken zum eigenen Tor – erhielten. Dies geschah insbesondere, wenn die Schienenspieler von YB, Monteiro und Athekame, sie direkt diagonal unter Druck setzten. Ein Aufdrehen war in diesen Situationen meist nicht möglich, weshalb alternative Lösungen gefragt waren.

Abbildung 2: Horizontal findet man den Weg über Karazor, während ballfern ein 3v2 wartet. Karazor hat zudem viel Raum, da Stiller etwas tiefer agiert und so Ugrinic aus dem direkten Zugriffsbereich zu Karazor zieht. Der kann sich so aufdrehen und hat einige Optionen, bspw. die isolierte ballferne Seite

Diese wurden vor allem durch die beiden Sechser Karazor und Stiller ermöglicht. Sie suchten aktiv den Zwischenlinienraum und positionierten sich so, dass sie sich dort freilaufen konnten, um den Ball in engen Räumen zu erhalten. Dies erlaubte es Stuttgart, die Pressingballung im ballnahen Bereich zu lösen und das Spiel optimal auf die Überzahl im ballfernen Bereich zu verlagern. Durch diese Verlagerungen wurde der Raumgewinn effizient maximiert und der Druck auf Berns Defensivstruktur nachhaltig erhöht.

Diese Verlagerungen entwickelten sich im Verlauf der Partie zunehmend als taktisch prägender Faktor. Einerseits versuchten die Außenstürmer von Bern – wie hier Itten – durch Bogenläufe sowohl die Passwege zum ballnahen Halbraumverteidiger als auch zu Chabot zu blockieren. Andererseits konnte Stuttgart dennoch oft Chabot über das Dreieckspiel mit Karazor einbinden.

Zudem wurde der ballferne Sechser – wie hier Stiller – durch seine intelligenten Bewegungen wieder vermehrt anspielbar. Bei Ballbesitz der Außenspieler suchte er aktiv tiefere Räume knapp vor der Dreierlinie, um sich entweder über den ballnahen Sechser oder direkt durch eine Verlagerung des ballführenden Außenspielers anspielen zu lassen. Diese tiefe Positionierung hatte einen zusätzlichen strategischen Vorteil: Sie zog die mannorientierten Zentrumsspieler Berns – wie hier Ugrinic – mit nach hinten. Dadurch sank der Zugriff auf die ballferne Überzahl Stuttgarts weiter, was die Dynamik der Verlagerungen nochmals verstärkte und Berns defensive Ordnung zunehmend ins Wanken brachte.

In der zweiten Halbzeit übernahm der VfB Stuttgart zunehmend die Kontrolle über das Spiel, was maßgeblich auf die verstärkte Suche nach Diagonalbällen auf die ballferne Seite zurückzuführen war. Besonders die Einwechslung von Keitel für Karazor zur Pause erwies sich als spielentscheidend. Keitel agierte als eine Art „Gamechanger“, indem er im Aufbau – sowohl im höheren als auch im tieferen Drittel – vermehrt tiefere Positionen einnahm.

Diese Anpassung veränderte die Statik des Stuttgarter Spielaufbaus erheblich: Durch Keitels Abkippen vor den Pressingwall der Berner öffnete sich der Raum zwischen den Stürmern in der ersten Pressinglinie des Gegners. Dies erleichterte es Stiller, sich anzubieten und angespielt zu werden, während auch die Halbraumverteidiger – durch die breitere Staffelung aufgrund der zusätzlichen Präsenz Keitels links neben Chabot – besser eingebunden wurden. Situativ entstand so ein Viereraufbau, der Stuttgart eine doppelte Überzahl gegen die erste Pressinglinie (aus -1-Anordnung wird -2) aus Itten und Imeri verschaffte und die Ballzirkulation deutlich stabilisierte.

Stuttgart baute in der zweiten Halbzeit seine Dominanz aus, indem es zunehmend diagonale Verlagerungen auf die Außenspieler suchte, was vor allem durch die Rolle von Keitel ermöglicht wurde. Da Imeri und Itten aufgrund der entstehenden Unterzahl gegen Keitel und die Halbraumverteidiger selten pressen konnten, fand der VfB immer besser in diese Verlagerungsmuster. Führich auf der linken und Rieder auf der rechten Seite positionierten sich deutlich höher und extrem breit, um die Halbraumverteidiger Berns maximal in diagonale Laufduelle zu zwingen.

Dieser breite Aufbau zwang die Fünferkette von Bern in eine instabile Staffelung: Die Halbräume blieben oft unbesetzt, und die Abstände in der Kette vergrößerten sich durch das Verschieben der Schienenspieler auf die Außenbahnen der Stuttgarter. Besonders entscheidend war die Dreifach-Überladung im Zentrum durch Milliot, Demirovic und Rieder, die immer wieder die Aufmerksamkeit der zentralen Mittelfeldspieler von Bern auf sich zogen.

Abbildung 3: Keitel kommt in die Partie und agiert nun direkt tiefer, Stiller kann so direkt besser gesucht werden. Zudem wirkt das Agieren über „Andribbeln und Tiefe suchen“ des letzten Drittels dadurch etwas besser „einsetzbar“.

Stuttgart nutzte dies gezielt: Nach einer Verlagerung schob der ballnahe Halbraumverteidiger (Mittelstädt oder Rouault) sofort in den Halbraum durch, wodurch dort eine situative Überzahl entstand. Bern konnte dies nicht effektiv neutralisieren, da die Dreierreihe der zweiten Pressinglinie sehr weit auf die Ballseite verschob und der ballferne Stürmer oft zu weit vom Halbraumverteidiger entfernt war, um rechtzeitig Zugriff zu erzeugen.

Diese Dynamik führte zu einer kontinuierlichen Bedrohung: Die Halbraumläufe des Verteidigers wurden mit dem tiefensuchenden Spiel von Milliot oder Demirovic aus dem Zentrum kombiniert, wodurch Stuttgart immer wieder Durchbrüche ins letzte Drittel gelangten und gefährliche Situationen erzeugten. Das war eigentlich bei fast allen Toren aus dem Spiel in der Drangphase entscheidend und so allgemein für das Spiel.

Olympique Lyon v Eintracht Frankfurt: 3-2

Das Duell zwischen Olympique Lyon und Eintracht Frankfurt am Donnerstagabend wirkte wie das Aufeinandertreffen zweier Mannschaften, die aktuell in ihren Ligen den Anschluss an die Tabellenspitze suchen. Lyon ging mit einer Serie von acht ungeschlagenen Spielen in die Partie, während die Adler zwar unter der Belastung der letzten Wochen sichtbar litten, aber dennoch mit einer breiten Brust aus ihren jüngsten Erfolgen sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene antraten. Dementsprechend wurde ein ausgeglichenes Spiel erwartet.

In den ersten Minuten zeigte sich dann das Bild ab, dass Lyon durchaus den Ball aus einem 2-4-Aufbau heraus kontrolliert, aber eher im tiefen Aufbau, während eben Frankfurt aus einem 4-4-2 heraus hoch presst.

Abbildung 1: Lyons 2-4-Aufbau mit einrückenden Maitland-Niles gegen das 4-4-2 der SGE

In der technischen Ausführung versuchte Frankfurt mit Ekitike das Pressing auszulösen, gerade bei Einbindung von Keeper Perri, versuchte man so Niakhate durch einen Bogenlauf von außen nach innen zu isolieren. Chaibi nahm derweil eine etwas tiefere Position ein, hielt derweil den Deckungsschatten auf Maitland-Niles, der als stammäßiger Rechtsverteidiger im Aufbau als rechter zentraler Mittelfeldspieler agierte. Rückte Chaibi dann auf den rechten Innenverteidiger Ćaleta-Car, fassten die Frankfurter die Mannorientierung mit der zweiten Pressinglinie enger, dementsprechend wurde Maitland-Niles von Götze markiert.

Mario Götze als nomineller Linksaußen in einem 4-4-2 aufgeboten? Tatsächlich, das war kein typischer MX-Leichtsinnsfehler, sondern eine bewusste Entscheidung – mit einer klaren Auswirkung auf die Spielstruktur. Die Breite auf der linken Seite blieb weitgehend unbesetzt, was Lyon in der Anfangsphase gezielt ausnutzen konnte. Nuamah kippte immer wieder in den offenen Raum ab, wodurch Nkounkou aus der Viererkette herausrücken musste, um diese Bewegungen zu verteidigen.

Die Anspielbarkeit Nuamahs resultierte auch aus den Pressingwinkeln der Frankfurter. Chaibi orientierte sich diagonal auf die breiten Innenverteidiger, wodurch Ćaleta-Car mehr Spielraum erhielt, um präzise Pässe in diese abkippenden Bewegungen zu spielen. Die zunächst tiefere Position von Chaibi, wohl zur Sicherung des Deckungsschattens, sorgte allerdings dafür, dass er Ćaleta-Car nicht genügend unter Druck setzen konnte. Der Innenverteidiger hatte somit oft genug Zeit, um diesen Raum zu nutzen – auch wenn er dies nicht konsequent ausschöpfte.

Abbildung 2: Lyon sucht „diagonal, Ablage, vertikal“

Diese zusätzliche Zeit, die Nuamah durch den langen Weg von Nkounkou zum abkippenden Außenspieler erhielt, wusste er clever zu nutzen. Mit seinem starken linken Fuß positionierte er sich geschickt, um präzise Ablagen auf den eingerückten Maitland-Niles zu spielen. Dieser suchte dann direkt den Vertikalball in das 2v2 zwischen Cherki und Lacazette gegen die Frankfurter Innenverteidiger Theate und Koch.

In diesen Situationen versuchten Koch und Theate, frühzeitig ins Duell mit den beiden Lyoner Stürmern zu kommen, um die Angriffe bereits vor oder auf Höhe der Mittellinie zu unterbinden. Dabei lag der Fokus auch darauf, Cherki und Lacazette ins Abseits zu stellen. Allerdings zeigte sich hier gelegentlich eine mangelnde Abstimmung in der Abseitsfalle: Die ballferne Seite schob nicht immer konsequent mit, um die Bewegung der Gegenspieler in Richtung Ballseite effektiv zu neutralisieren. Dies führte zu einzelnen Unsauberkeiten, die Lyon gefährlich machen konnten.

Auf der gegenüberliegenden Seite zeigte Lyon ein wiederkehrendes Muster, bei dem sich Tolisso im Zwischenlinienraum hinter seinem direkten Gegenspieler, Tuta, positionierte. Dieses Verhalten bereitete Tuta mehrfach Schwierigkeiten, da er Tolisso, der aus seinem Rücken abkippte, nur schwer direkt verteidigen konnte.

Wenn der Torspieler den Ball hielt, diente Tolisso als Ablagestation, um den Ball zu Niakhate weiterzuleiten. Dadurch konnte Lyon Niakhate gezielt ins Spiel bringen, obwohl Frankfurt versuchte, ihn durch Bogenläufe von Ekitike zu isolieren. Dieses Vorhaben gelang den Franzosen mehrfach gut, da Tolisso kaum Druck von Tuta spürte und mit seinem starken rechten Fuß sowie einer offenen Körperhaltung präzise Zuspiele einleiten konnte.

Häufig resultierte daraus ein Diagonalpass von Niakhate auf Cherki, der diagonal in den Zwischenlinienraum einschob. Im späteren Spielverlauf wurde dieses Muster jedoch weniger effektiv, da Koch die weiten Wege konsequent mitging und Cherki dadurch sowohl Raum als auch Zeit genommen wurden.

Mitte der ersten Halbzeit, circa in Phase des Führungstreffers, übernahm aber dann die Eintracht zunehmend das Ruder. Aus den vielen langen Bällen und dem Fokus auf Ablagespiel resultierten teils technisch zu unsauber ausgeführte Variationen, zudem kam die SGE auch immer besser über die Mannorientierungen in die Zweikämpfe.

Die Hessen bauten aus einem 2-4-2-2 heraus au. Lyon reagierte mit einer relativ klassischen Anordnung: In der ersten Pressinglinie presste man mit einer -1-Anordnung über Lacezette, welcher im Bogen anlief und so versuchte den ballfernen IV zu isolieren. Gleichzeitig agierte man in der Defensivlinie mit einer +1-Anordnung. Ansonsten fassten die Franzoen die Mannorientierungen im Zentrum extrem eng und strikt, wodurch man schon fast von Manndeckungen sprechen konnte.

Abbildung 3: SGE baut im 2-4-2-2 und Abkipp-Muster auf, Lyon reagiert mit Mannorientierungen

Das wussten auch die Frankfurter, dementsprechend ließen sie ihre Halbraumzehner (Götze und Knauff) beim Ballspiel der Innenverteidiger immer wieder weit diagonal auf den Flügel schieben, um die direkten Gegenspieler aus dem 4-1-4-1 mitzuziehen. Dadurch öffneten sich für die breiten Innenverteidiger Theate und Koch Vertikalpässe auf die abkippenden Stürmer Ekitike und Chaibi.

Lyon wirkte dabei nicht optimal auf die Struktur der Frankfurter vorbereitet, da Knauff häufig als freier Spieler im Zwischenlinienraum agieren konnte. Im 4-1-4-1 fehlte ihm die direkte Zuteilung, gleichzeitig wollte Lyon die Viererlinie in der Verteidigung nicht auflösen. Diese Freiheiten wurden von Frankfurt in der ersten Halbzeit jedoch zu selten genutzt. Ein vielversprechendes Muster hätte darin bestanden, den freigespielten Chaibi über ein Ablagenspiel anzuspielen und Knauff in den freien Raum zu schicken. Dadurch hätte dieser Raumgewinn erzielen können. Allerdings hatten Theate, Koch und auch Trapp Probleme, den Ball präzise in den richtigen Fuß oder direkt in den Zwischenraum zu spielen, was das Potenzial dieser Optionen begrenzte.

Kam die Eintracht ins letzte Drittel, geschah dies zumeist über den herausgeschobenen Halbraumzehner. Häufig unterstützte ein mit aufrückender Außenverteidiger, wodurch dynamische 2v1- oder 2v2-Situationen entstanden. Diese spielte Frankfurt jedoch oft nicht sauber aus, was insbesondere daran lag, dass Lyon in der Viererkette die Tiefensicherung gut aufrecht erhielt. Zudem fehlte es seitens der Frankfurter Stürmer an einer konsequenten Tiefen- und Höhenbesetzung. Dies resultierte häufig daraus, dass Chaibi oder Ekitike durch ihre Abkippbewegungen zu weit vom ballnahen Geschehen entfernt waren.

Positiv hervorzuheben war dennoch die Grundstruktur im letzten Drittel: Mit einer 1-2-3-4-Anordnung rückte Frankfurt mit neun (bis zehn) Spielern weit auf, was insbesondere das Gegenpressing nach Ballverlust stärkte. Auffällig war dabei die häufig entstehende Parallelogramm-Struktur, die sich bei Ballverlust schnell zusammenzog. Dadurch wurden potenzielle Passoptionen für Lyon effektiv unterbunden, was es den Franzosen erschwerte, in der Umschaltbewegung klare Lösungen zu finden.

Abbildung 4: SGE im letzten Drittel mit Problemen in der Tiefe, aber Stärken im Gegenpressing

Die Formation ermöglichte zudem eine solide Zirkulation um den Strafraum. Allerdings fehlte es auch hier häufig an Tiefenläufen, um die Lyoner Defensive entscheidend zu durchbrechen. Lyon wiederum hatte Schwierigkeiten, diese offensive Höhenbesetzung der Eintracht zu kontern. Es mangelte sowohl an Geschwindigkeit in der Sturmspitze als auch an der Möglichkeit, über lange Bälle gezielt Angriffe einzuleiten.

Nach dem Gegentor zum Ausgleich verlor die Elf von Toppmöller etwas den Faden. Die strikten Mannorientierungen von Lyon bereiteten zunehmend Schwierigkeiten, insbesondere weil Lacazette den Pass zum ballfernen Innenverteidiger oder zu Trapp gezielt unterband. Frankfurt fand keine adäquate Lösung, um sich aus diesem Druck zu befreien. Lacazette versuchte, das Spiel gezielt auf Theate zu lenken, um Koch aus dem Aufbau zu isolieren – ein Vorhaben, das größtenteils erfolgreich war, auch wenn sein Bogenlauf technisch nicht immer sauber ausgeführt wurde.

Abbildung 5: Lyon erhöht den Druck auf den Innenverteidiger durch weites, mannorientiertes Verschieben, zudem löst man die Knauff-Problematik

Theate agierte in diesen Situationen häufig intuitiv und entschied sich für den Pass auf Nkounkou. Dieser wurde von Lyon bewusst angeboten, da Nuamah als direkter Gegenspieler durch seinen eingerückten Deckungsschatten im Halbraum agierte. Der Pass erwies sich jedoch als suboptimal: Nuamah verhinderte durch seinen diagonalen Pressingwinkel den Diagonalball und sicherte gleichzeitig den Vertikalball durch das enge Herausverteidigen in der Mannorientierung auf Götze ab. Dadurch hatte Frankfurt zunehmend Schwierigkeiten, über diese Zone Progression ins Angriffsdrittel zu erzielen und der Verlust an einer gewissen Sicherheit ging verloren.

Lyon löste das „Knauff-Problem“ im Laufe des Spiels durch eine Anpassung sehr geschickt. Maitland-Niles rückte in den Pressingaktionen häufiger auf Götze heraus, was Matic erlaubte, sich auf eine raumorientierte Position im Zentrum zu konzentrieren. Bei noch höheren Positionen übernahm Niakhate Götze, während Matic durch eine tiefere Position die Absicherung gewährleistete. Zudem hielt Cherki durch das „nach innen stellen“ der Mannorientierung zu Dahoud auch den Deckungsschatten für den diagonalen Passweg.

Aus Frankfurter Sicht muss man bedauern, dass diese Bewegungen nicht besser ausgenutzt wurden. Selbst nach der Umstellung entstanden im Rücken von Maitland-Niles durch die Mannorientierung Räume, die beispielsweise Chaibi mit langen Bällen hätte anlaufen können. Diese Option wurde jedoch kaum gesucht und blieb damit weitgehend ungenutzt.

Tendenziell waren es genau diese Aspekte, die das Spiel zugunsten der Franzosen kippen ließen. Besonders in der zweiten Halbzeit ergaben sich für Lyon einige Umschaltsituationen in Form von 2v1- oder 2v2-Konstellationen durch überlaufen oder kreuzen, die jedoch häufig unsauber im technischen Bereich aber oft auch im Timing ausgespielt wurden. Dabei spielte erneut das Thema Tiefe finden eine zentrale Rolle, da es gegen Lyon nicht konsequent gelang, diese Momente zielgerichtet auszunutzen.

Im zweiten Durchgang hatte Olympique zudem Schwierigkeiten, die Deckungsschatten im Ballspiel der Frankfurter Innenverteidiger konsequent zu halten. Dadurch fand die Eintracht phasenweise Mittel und Wege, das Spiel durch Verlagerungen zu öffnen. Doch genau in diesen Momenten dribbelte Frankfurt oft in zentrale Überladungen hinein, in denen Lyon situativ die Mannorientierungen auflöste und die entstehenden Räume effektiv schloss.

Positiv hervorzuheben war jedoch das individuell stark ausgeführte Gegenpressing der Franzosen, das immer wieder den Spielfluss der Eintracht unterband. In entscheidenden Momenten zog Lyon zudem taktisch klug das Foul, um Umschaltmomente der Frankfurter zu verhindern.

Bei der Eintracht wurde zunehmend sichtbar, dass das Team physisch an seine Leistungsgrenze stieß. Diese Ermüdung wirkte sich spürbar auf die technische Präzision sowohl im Ballbesitzspiel als auch im Defensivverhalten aus. Im Gegensatz dazu spielte Lyon auf einer Welle des Selbstvertrauens, was den Unterschied in den entscheidenden Phasen ausmachte.

MX hat sich ursprünglich schon in früher Jugend im Positionsspiel à la Pep Guardiola verloren, doch jetzt hat ihn auch der Relationismus komplett gepackt. Seine Texte geistern auf Der-Jahn-Blog und miasanrot rum. Im NLZ von Jahn Regensburg hat er seine Spuren hinterlassen, aber seit ein paar Wochen treibt er sein Unwesen bei einem anderen bayerischen Team.

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