Türchen 7: Ranschieben für kürzeren Passweg
Der Anschluss der ersten Aufbaulinie zu den vorigen Spielen ist wichtig, und nur eine Facette der Bedeutung der Kategorie Abstand im Allgemeinen.
Wenn man nach einem Spiel sucht, in dem es reihenweise gute, auch ansehnliche Ansätze gab und fast genauso viele Hindernisse, die fast alle jener Ansätze wiederum (knapp) scheitern ließen, dann wäre das CL-Play-Off-Rückspiel zwischen Sparta Prag und Kopenhagen weit vorne in der Liste. Fast jede Szene und jeder Angriff ließ sich in der Partie gut an und hatte vielversprechende Elemente, um letztlich aber unvollendet zu bleiben.
Die am Ende im Elfmeterschießen erfolgreichen Dänen gingen aus einem 4-3-3 oder oft eher 4-5-1 gegen den Ball über die Asymmetrie der Außenverteidiger in einen Dreieraufbau bei eigenem Ballbesitz über. Als nominelles Innenverteidiger-Duo glänzten der hünenhafte Vavro und der ehemalige Vitesse-Außenverteidiger Diks durch viele geschickte Positionsanpsassungen, ohne Ball wie auch im Falle Vavros mit Ball, durch diagonales Reindribbeln von halbrechts zum linken Halbraum hin.
Sechser Falk spielte ein paar fancy, wenn auch überambitionierte oder nicht ganz sauber getimte Pässe gegen die Verschieberichtung aus herausgekippten Positionen. In den häufigen Überladungssituationen hatten Pässe ohnehin etwas zu viel Gewicht gegenüber dem Andribbeln, das als vorbereitende Ergänzung vor vertikalen Zuspielen häufig gut getan hätte – aber nicht zuletzt aus Ungeduld unterblieb.
Fehlende Geduld war auch auf der Gegenseite ein großes Thema. Sparta Prag agierte in Ballbesitz meistens aus der anspruchsvollen 3-1-5-1-Struktur häufig, die durch das Hochschieben eines Sechsers des nominellen 3-4-3/3-4-2-1 entstand. In der ersten Linie konnte Kopenhagen über die drei Stürmer theoretisch Gleichzahl herstellen, aber die Startpositionen waren – gerade nach der frühen Führung – zunehmend seltener so hoch, dass sie wirklich ins Anlaufen gekommen wäre.
Eine Herausforderung bei war es, den Sechserraum von Sparta zu schließen, da die eigenen Zentrumsspieler tatsächlich eher wie eine Dreifachsechs sich sehr anpassungsfähig bewegen konnten, aber vorwiegend weit hinten. Umgekehrt hatten die Mannen aus Prag jenen Bereich allerdings nur einfach besetzt – und so wurde die Szenerie immer besonders interessant, sofern sich der zweite Sechser wieder in den schematisch freien Raum hinter dem gegnerischen Stürmer zurückfallen ließ. Selbst wenn Kopenhagen nur die Vorwärtswege schließen wollte, der Flügel von außen nach innen auf den Halbverteidiger hochging und den Passweg zum Flügelläufer blockierte, während der Stürmer den ballnahen Sechser schloss, wurde der andere ballfern flach offen und konnte anschließend andribbeln. Selbst riesiger Dribbelraum bewahrte die potentiell spielstarken Prager Zentrumsspieler aber nicht davor, als Anschlussaktion hektische weite Diagonalbälle in schwierige Räume zu spielen.
Eine andere Möglichkeit für Sparta, um das diagonale Hochschieben der gegnerischen Flügelstürmer zu überspielen, bestand im Einrücken des Flügelverteidigers nach innen auf den vertikalen Passweg für den ballfernen Halbverteidiger – wie es Zeleny auf links praktizierte, gleichzeitig der Protagonist der Szene, um die es in diesem Türchen geht:
Auf den Querpass vom Zentralverteidiger Panák auf Halbverteidiger Krejci hatte Elyounoussy erkannt, dass für ihn der Weg für ein Herausrücken viel zu weit war. Er stellte sich daher frühzeitig auf den Pass Krejcis auf Zeleny ein, welcher sich gut auf halber Höhe zwischen gegnerischer Abwehr- und Mittelfeldreihe aufhielt. Elyounoussy startete rechtzeitig, um ein Überdribbeln Zelenys verhindern zu können und wieder hinter den Ball zu kommen.
Diese Entwicklung schätzte wiederum auch Zeleny richtig ein, setzte daher nach dem Zuspiel von Krejci den ersten Kontakt diagonal nach hinten, um sich gegen die nötig werdende Abstoppbewegung des Gegenspielers Platz zu verschaffen – und um anschließend horizontal weit nach innen zu dribbeln, praktisch einmal die Mittellinie entlang.
Dort schob sich Kairinen interessanterweise diagonal nach vorne, um den Abstand zwischen gegnerischem Mittelfeld und Stürmer weitestmöglich auszunutzen, und entfernte sich dafür sogar recht stark von seiner Grundposition in der Mitte. Wegen der flachen Mittelfeldstaffelung, ohne Zehner, entschied sich Larsson zunächst, ihm zu folgen, um einen einfachen Pass zu unterbinden, wollte letztlich aber nicht selbst so extrem flach nach hinten rücken und ließ somit doch etwas Abstand zu Kairinen.
Gerade weil der Raum vor der Kette nicht mehr so klar besetzt war, hätten die Verteidiger Spartas auf den Pass zu Zeleny eigentlich erst recht weiter herausrücken müssen, als es vor allem Panák tat. Krejci war die Ausnahme und ging seinem eigenen Zuspiel gut nach. Er wäre auch eine mögliche Schlüsselfigur für die Spielfortsetzung gewesen, wenn man ihn aufrückend hätte einbinden können.
Nachdem Zeleny nach innen gedribbelt war, bot sich für Sparta zumindest eine scheinbar gute Aufteilung. Gerade das Zentrum sah zumindest auf den ersten Blick vielversprechend aus, schließlich fanden sich sowohl die Passkanäle zwischen Sechser und ballfernem Sechser/Achter als auch zwischen diesem und dem ballfernen Außenspieler zwischen den Linien besetzt. Daneben hatte Kairinen eine seitliche Position schräg zwischen Sechser und Stürmer, von denen der Stürmer aber eigentlich nur ungerne und nur in sehr aussichtsreicher Situation ihn attackieren würde.
Zeleny entschied sich letztlich für den direkten Pass auf Sadilek zwischen die Linien. Das war kein schlechtes Zuspiel und zumal jenes, welches direkt die meisten Gegenspieler auf einmal überspielen konnte. Der Passweg war nicht extrem groß, aber zumindest machbar. Man musste jedoch damit rechnen, dass die gegnerischen Zentrumsspieler ausreichend kurze Abstände hatten, um ihn dynamisch zu schließen, sobald sie den Ball gut genug antizipierten – und das taten sie. Eine technische Unsauberkeit in der Ausführung durfte erst recht nicht unterlaufen, aber mit dem schwachen Fuß spielte Zeleny den Pass nicht optimal.
Die eigentlich gute, aber wegen der Distanzen der Gegenspieler ambitionierte Idee scheiterte an einer nicht ganz sauberen Einschätzung jener Distanzen und an der Ausführung. Ein unangenehmes Detail an der Staffelung stellte die fehlende vertikale Klatschoption für Sadilek dar: Der halbrechte Offensivmann in der Schnittstelle neben ihm stand in dem Zusammenhang auf derselben Höhe und auch der flacher positionierte Kairinen war für ihn nicht erreichbar.
Was wären mögliche Alternativen (hierfür die grauen Pfeile) für Zeleny gewesen? Neben der Option des Rückpasses oder der defensiven Verlagerung über den ballfernen Halbverteidiger, wie er sie in vorigen vergleichbaren Szenen bereits gewählt hatte (und wonach er vielleicht ungeduldiger wurde), wäre eine kleinräumige Einbindung Kairinens interessant gewesen. Da jener in seiner Position günstige Abstände zwischen den verschiedenen Gegenspielern hatte, wäre ein lockender Effekt möglich gewesen: Annahme mit dem ersten Kontakt und dann für den zweiten Kontakt schauen, wie die Gegner reagieren.
Sobald Kairinen den Ball festgemacht hätte, wäre eine kurze dynamische Freilaufbewegung von Sadilek wieder zwischen die beiden Zentrumsspieler interessant gewesen. In jedem Fall hätte Zeleny einem kurzen Anspiel auf Kairinen nachstarten sollen, um gegebenenfalls selbst die Verbindung zu Sadilek herzustellen. Selbst wenn Kairinen von mehreren Seiten sehr aggressiv attackiert worden wäre, hätte er dann zur Not noch genau jenen Rückpass spielen können, der schon zuvor möglich war – also keine verlorene Option für Sparta.
Daneben gab es noch die Lösung über außen, für die Krejci der Protagonist geworden wäre: Da Elyounoussy das Dribbling Zelenys weit nach innen verfolgte, wurde die Seite geöffnet, auf die Sparta gegen die Verschieberichtung wieder hätte zurückkommen können. Ein Vorstoß Krejcis hatte das Potential, diese Zone zu besetzen. Der Ball musste in jedem Fall über Eck dorthin kommen: entweder über Kairinen, der mit dem ersten Kontakt auf den vorstoßenden Krejci nach außen geklatscht hätte (für den Fall aber doch noch etwas zu wenig Höhe bei Krejci), oder über Panák, wenn dieser aktiver vorgeschoben und den Abstand verkürzt hätte. So war er jedoch viel zu weit weg vom Geschehen.
Das war umso bitterer, als diese Option für Zeleny die einfachere von beiden gewesen wäre. Hätte Panák frühzeitig geschaltet und sich bereits mit dem Pass Krejcis auf Zeleny genauso nach vorne orientiert wie der Passgeber, und damit den Abstand zu den Mitspielern in der nächsten Linie verringert, hätte Zeleny nach dem Dribbling einen deutlich kürzeren Rückpassweg gehabt.
Mit solch kurzen Passwegen wäre es möglich gewesen, den Ball schnell nach außen zu Krejci zu bringen – so schnell, dass Kopenhagen nicht wieder rechtzeitig nacharbeiten und außen zuschieben hätte können und vor allem Elyounoussy überspielt worden wäre. Die nächste Fortsetzung hätte dann diagonal von Krejci nach innen oder hinter die Kette kommen müssen, grundsätzlich machbar angesichts von dessen Reichweite im Passspiel, wenn auch die 3-1-5-1-Struktur dafür wiederum etwas umständlich daherkommt.
Insgesamt stellt die Szene ein Beispiel dafür dar, wieso es für die hintersten Aufbauspieler eminent wichtig ist, auf Vorwärtspässe zu höheren Mitspielern hin, bei eher geringem gegnerischen Druck sofort nachzuschieben und im Anschluss den Abstand zu verringern, damit man etwaige lockende Aktionen durch schnelle Folgeverlagerungen effektiv gut ausspielen kann.
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