Türchen 2: Fulham deckt vor

Marco Silvas Fulham mit einem Paradebeispiel für Gegnerkontakt in der Restverteidigung.

Ausgangspunkt dieser Szene ist die Belagerung des Strafraums von Sheffield United durch das sich in Ballbesitz befindliche Fulham. Für die tiefe Verteidigung fiel Sheffield hier in eine 5-4-1-Ordnung zurück, mit horizontal kompakter Mittelfeldreihe und ohne vollständiges Durchschieben der Kette. Die Doppel-Sechs bei Fulham aus Palhinha und Iwobi schob enorm ballseitig, um für Rückpässe vom Flügel die Wege zu verkürzen. Den Anschlussraum hinter dem nominellen 2gegen2 (bis 2gegen3 vor der Unterstützung Iwobis) hatte Fulham damit gut besetzt und konnte den Gegner letztlich extrem hinten einschnüren. Man sieht bereits die enorm enge Absicherungsposition von Robinson als ballfernem Außenverteidiger, der sich zudem auf seinen nominellen Gegenspieler hin orientiert.

Nachdem Rechtsverteidiger Castagne und Flügelspieler Decordova-Reid (D-R) außen nicht durchkamen und den leichten Rückpass auf Iwobi anbringen konnten, wurde dieser vom nominellen offensiven Außen der 5-4-1-Staffelung gestellt. Daraufhin kam Decordova-Reid näher zum Ball und zog damit auch die Gegenspieler am Flügel heran. Im Bereich um Iwobi spielten sich die Mannen von Fulham das Leder ein paar Mal hin und her mit dem Versuch, Sheffield etwas herauszulocken.

Schließlich entschied sich der ebenfalls in diese Ballstafetten einbezogene Palhinha, einige Meter diagonal nach vorne vom Ball wegzuziehen, und gab damit Iwobi etwas mehr Raum. Iwobi reagierte darauf mit einer ankurbelnden, beschleunigenden Aktion, indem er kurz nach innen andribbelte, dann den Pass auf Palhinha spielte und sofort für eine kurze Ablage nachstartete.

Grundsätzlich war das keine uninteressante Idee, aber Iwobi hatte den Bewegungsablauf des Mitspielers nicht sauber gelesen, der noch gar nicht aus dem Rückwärtslaufen wieder dynamisch kurz entgegenkommen konnte. Norwood als dessen Gegenspieler hatte letztlich einen Bewegungsvorsprung, um das Zuspiel kurz vor Palhinha abzufangen.

Theoretisch bedeutete das eine aus Sicht Fulhams unangenehme Umschaltsituation, da sich gleich beide Sechser des nominellen 4-2-3-1 offensiv eingeschaltet hatten. Gegen die tiefe 5-4-1-Phase beim Gegner ließ sich das aber verkraften: Sheffield hatte nur einen einzigen Konterspieler mit langen Wegen und zunächst keine Tiefe am Flügel. Traditionell bietet das 5-4-1 als Defensivformation große Stabilität, aber Gegenstöße nach Ballgewinnen sind sehr anspruchsvoll. Im ersten Moment gab es für Sheffield keine Alternative zu Norwoods One-Touch-Pass auf Archer.

Zudem griff bei Fulham die Organisation der verbleibenden Restverteidigung sehr gut. Robinsons enge Position war wertvoll und auch Bassey als einer der beiden Innenverteidiger rückte enorm aggressiv auf Archer heraus. Bereits zu Beginn der Szene agierte Fulham in einer für die Situation passenden klaren 1-1-Staffelung zwischen den Abwehrspielern, indem einer von ihnen Gegnerkontakt zum einzigen Stürmer herstellte und sich dafür enorm weit in der gegnerischen Hälfte bewegte, während der andere mit größerem Abstand dahinter blieb.

Zwischenzeitlich hatte sich Bassey sogar fast etwas zu weit wieder von Archer entfernt, als er nicht sicher schien, ob er sich für einen Rückpass von Iwobi breiter absetzen sollte. Dadurch wäre er am Ende beim Vordecken gegen den gegnerischen Stürmer fast zu spät gekommen. Während Bassey also aggressiv herausverteidigte, gingen auch der Zehner und vor allem Iwobi gut ins Gegenpressing, das Archer einigermaßen zügig umzingelte und letztlich in die Ballrückeroberung mündete.

Auch wenn Sheffields möglicher Konter damit schon im Keim unterbunden wurde, lohnt sich ein kurzer Seitenblick auf die letztlich fruchtlosen Laufwege im Umschalten der Mittelfeldreihe: McBurnie zog etwas nach innen und bot sich für Archer als kurze Ablageoption an, hätte aber natürlich im Folgemoment seinerseits dem gegnerischen Druck entweichen müssen. Schmerzlich für Sheffield war die Passivität Laroucis, der erst Iwobis Lauf engagiert verfolgte, aber nach dem Ballgewinn seines Teams sich kaum mehr an der Situation beteiligte und so als möglicher Umschaltspieler herausfiel. Wenn man als Mannschaft ohnehin wenig Personal in der Spitze und stattdessen weite Wege nach vorne hat, lässt sich das schwer kompensieren.

Interessanterweise sorgten stattdessen ausgerechnet die beiden Sechser für Breite. Balleroberer Norwood startete auf der Ballseite diagonal nach vorne und kurz danach schaltete sich auch sein Nebenmann McAtee ein, der mit hohem Aufwand auf die offene andere Seite auswich. Sein unerwarteter Lauf hätte Fulham vielleicht überraschen können, aber Robinsons gute Reaktion senkte die Wahrscheinlichkeit dafür sofort wieder ab. Im ersten Umschaltmoment orientierte sich der Linksverteidiger klassisch nach hinten und innen, aber als er den Sprint des gegnerischen Sechsers und die Verteilung von dessen Mitspielern erkannte, änderte sich sein Verhalten wieder: Er brach ab, ging wieder nach vorne, überließ die Tiefensicherung alleine seinem verbleibenden Innenverteidiger und spekulierte komplett auf den eventuellen öffnenden Querpass von Archer auf McAtee.

Diesen Ball hätte er abfangen oder zumindest sehr schnell attackieren können, sobald er gespielt worden wäre – Bassey und Co. gelang aber bereits die Rückeroberung. Ironischerweise fiel Sheffield das weiträumige Umschalten der eigenen Sechser anschließend auf die Füße, als Fulham aus dem Gegenpressing heraus ein Fernschusstor aus dem zentralen Raum vor Sheffields Viererkette erzielte.

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