Die fehlende Konstanz der Bundesliga
TEs Bundesliga-Check pausiert, dafür geht es diese Woche um die essentielle Frage der Bundesliga: Warum sind so viele Teams nur Durchschnitt?
Wer auf die Bundesliga-Tabelle schaut, sieht eine Zwei-Klassen-Gesellschaft: Die vier Top-Klubs drehen einsam ihre Runden. Die Teams dahinter befinden sich allesamt im Bereich von 18 Punkten. Nimmt man den Abstand zwischen Rang 7 und Rang 16 sind es sogar nur zehn. Es scheint so, als wäre an den letzten vier Spieltagen alles möglich. Werder Bremen stand noch vor wenigen Wochen am Abgrund – und hat jetzt beste Chancen, sich für die Europa League zu qualifizieren. Leverkusen und Schalke wissen nicht so recht, ob sie nun um Europa spielen oder gegen den Abstieg. Mainz, Augsburg und Wolfsburg, in den letzten Jahren allesamt im Europapokal vertreten, spielen um den Abstieg.
Das Problem im großen Mittelfeld der Liga lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Konstanz. Oder besser gesagt: fehlende Konstanz. (Also doch zwei Wörter.) Ein gutes Team punktet im Idealfall konstant über die Saison. Betrachten wir die Punktekurven der Teams, wenn man die Saison jeweils in Fünf-Spiele Intervall aufteilt: Wie viel holten die Teams jeweils vom ersten bis fünften Spieltag, vom zweiten bis sechsten usw.?
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Logischerweise lässt sich erkennen, dass die Top4-Teams mehr Punkte geholt haben als der Rest. Aber auch die Verteilung ist interessant: Die Top4-Teams punkten sehr konstant, während die meisten anderen Kurven größere Dellen zu verzeichnen haben. Am extremsten sieht diese Kurve bei Werder Bremen aus – die Kurve könnte auch gut als Profil einer knallharten Alpen-Etappe bei der Tour de France durchgehen. Aber auch Mönchengladbach, Schalke, Köln, Hertha, Frankfurt und sämtliche Abstiegskandidaten sind sehr schwankend in ihrer Punkteausbeute. Gleichmäßig über die Saison haben abseits der Top4 eigentlich nur Freiburg, Leverkusen und Darmstadt gepunktet.
Nun sind Punkte nicht immer ein guter Indikator für Leistungen. Es gibt Zeiten, in denen Teams klasse spielen, aber das Tor einfach nicht treffen. Dann gibt es wiederum Zeiten, in denen praktisch jeder Schuss ein Treffer ist. Normalerweise gleichen sich solche Unregelmäßigkeiten im Laufe von 34 Spieltagen aus, sodass sich Glück und Pech die Waage halten. (Regression zur Mitte lautet der Name dieses statistischen Phänomens).
Einen besseren Blick auf das tatsächliche Leistungsvermögen lassen daher meist Statistiken zu, die anhand von Torschüssen operieren. Das „expected goals model“ ist die wohl interessanteste Statistik hier. Hierbei wird gemessen, wie viele Tore eine Mannschaft aus ihren Schusspositionen im statistischen Mittel erzielt hätte. Diese Daten habe ich allerdings nicht zur Hand. Daher habe ich mit total shots ratio gearbeitet: Gelingt es einer Mannschaft, über fünf Spiele hinweg mehr Schüsse aufs Tor zu kreieren als der Gegner? Genau dies sollte einem guten Team gelingen, denn nur so macht man sich unabhängig von Schwankungen. Wenn ich pro Spiel 25 Schüsse abgebe und der Gegner nur 5, braucht es schon eine extreme Anomalie bei der Chancenverwertung, um ein Spiel zu verlieren. Wie sehen also diese Grafiken für die Teams auf?
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Hier ist auffällig, wie viele Teams sich im Laufe der Saison rund um den 0,5er Wert bewegen – also über fünf Spiele hinweg gesehen habe sie genauso viele Schüsse abgegeben wie ihr Gegner. Einzig die Top4 (mit Ausnahme eines Hoffenheim-Tiefs zu Ende der Hinrunde) und Schalke konnten wirklich konstant mehr Schüsse kreieren als der Gegner. Einzig Darmstadt kreierte im Verlaufe der Saison stets signifikant weniger Torgelegenheiten als der Gegner.
Diese Statistik untermauert die teils erheblichen Schwankungen: Da es wenigen Teams gelingt, wirklich konstant mehr Torchancen herauszuspielen als der Gegner, können auch wenige Teams nur konstant punkten. Spielverläufe, Tagesform und Glück sind bei solchen Konstellationen entscheidender, als wenn die Bayern mal wieder einen Gegner dominieren.
Das ist noch keine Analyse der Gründe, sondern zunächst einmal die statistisch untermauerte Bestandsaufnahme der Liga: Es fehlt an Konstanz. Doch warum ist das so? Was könnte als Erklärungen herangezogen werden?
Trainerwechsel
Bei manchen Teams lässt sich die ungleiche Punkteausbeute leicht erklären: Sie haben mitten in der Saison den Trainer gewechselt. Beim Hamburger SV ist dieser Effekt am auffälligsten: Schaut man auf dessen TSR-Werte und Punktekurve, waren diese bis zur Mitte der Hinrunde katastrophal, ehe sich der Trainerwechsel bemerkbar machte. Die Wolfsburger Kurven verlaufen ähnlich, nur mit einem Abfall nach dem Wechsel Hecking-Ismael und einem klaren Anstieg nach dem Wechsel Ismael-Jonker.
Nun sind Trainerwechsel kein neues Phänomen in der Bundesliga. Diese Saison gab es ein paar mehr Trainerwechsel als in den vergangenen Jahren; das sind aber Schwankungen, die durchaus öfter vorkamen in der Geschichte der Bundesliga. Auffällig ist vielmehr, dass es praktisch keine Konstanten mehr gibt.
Wo vor einigen Jahren noch Trainer wie Jürgen Klopp, Thomas Schaaf oder Lucien Favre mehrere Jahre bei ihren Klubs waren, gab es in den vergangenen drei Jahren ein Wechselspielchen auf fast allen Bundesliga-Bänken. Christian Streich ist mit fünf Jahren beim SC Freiburg der dienstälteste Trainer, gefolgt von Stöger mit knapp vier Jahren. Sie sind die einzigen beiden Trainer, die bereits mehr als drei Jahre bei ihrem Klub sind. Elf der 18 Bundesliga-Trainer sind erst zu dieser Saison zu ihrem Klub gestoßen. Im langfristigen Vergleich sind dies Tiefstwerte.
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Angesichts der fehlenden Konstanz auf den Trainerbänken verwundert die fehlende Konstanz auf dem Platz wenig. Unter den ständigen Trainerwechseln leidet die langfristige Spielentwicklung. Manche Teams wie Hamburg oder Wolfsburg blühen erst nach einem Trainerwechsel auf; andere Teams wie Schalke oder Gladbach befinden sich seit dem ersten Spieltag in einem Findungsprozess. Es ist ein schöner Zufall, dass unter allen Europa-League-Aspiranten die Punktekurve von Freiburg die wenigsten Ausschläge vorweist. Dass man nicht lange bei einem Klub sein muss, um erfolgreich eine Spielidee umzusetzen, beweisen indes Julian Nagelsmann und Ralph Hasenhüttl (wobei letzterer eigentlich nur die bereits vorhandene Spielphilosophie weiterentwickelt hat.)
Es kommt noch ein anderer Faktor hinzu: „Wenn du mitten im Spiel etwas veränderst, sagen die Leute, du wärst ein taktisches Genie, und vergessen dabei, dass du zu Spielbeginn falsch gelegen hast.“ Weise Worte von Arsene Wenger nach dem FA-Cup-Sieg über Manchester City. Wo stünde der HSV jetzt, wenn sie bereits vor der Saison Markus Gisdol verpflichtet hätten? Ein Trainerwechsel wird hierzulande gerne als konsequentes Durchgreifen des Vorstands verkauft. Eigentlich ist es nur das Eingeständnis einer fehlgeschlagenen Personalpolitik. (Oder ein Zeichen mangelnder Geduld.)
Abhängigkeiten
„Fußball ist ein player’s game und kein coach’s game“, stellte Thomas Tuchel einst in einem Vortrag fest. Dennoch vermeidet der kluge Bundesligist, sich abhängig zu machen von einem Spieler. Denn sollte sich dieser Spieler verletzen, in eine Formkrise geraten oder aus wirtschaftlichen Gründen verkauft werden müssen, lässt die Krise nicht lange auf sich warten. Einige Bundesligisten haben ihr Angriffsspiel dabei sehr stark auf bestimmte Akteure ausgerichtet. Dazu werfen wir einen Blick auf diejenigen Bundesliga-Spieler, die den höchsten Anteil an Schussbeteiligungen an ihren Klubs haben. (Erläuterung: Vinzenzo Grifo war an 41,01% aller Schüsse der Freiburger direkt beteiligt, sei es als Vorlagengeber oder als Schütze.)
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Die Rangliste führen Vincenzo Grifo, Pascal Groß und Anthony Modeste an. Die hohen Werte von Grifo und Groß lassen sich u.a. dadurch erklären, dass sie die Standard-Schützen zweier Teams sind, deren Spiel sehr stark auf das Verwerten von Standards zugeschnitten ist. Bei Modeste ist der Fall schon schwieriger. MR hat im Podcast zur Rückrunde gut erläutert, dass das gesamte Kölner Spiel auf den Torschützen ausgelegt ist. Modeste war nicht nur an jedem dritten Schuss beteiligt, er hat 55% der Kölner Tore geschossen. Es ist keine Überraschung, dass das Kölner Spiel auch immer etwas vom Stürmer abhängig ist. Die grüne Kurve zeigt sämtliche Schüsse der Kölner in einem Fünf-Spiele-Intervall, die gelbe nur jene von Modeste. Beide verlaufen überraschend parallel. In den vergangenen Spielen hat sich der Anteil von Modestes Schüssen sogar noch gesteigert.
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Die oben aufgeführte Top 10 fällt aus einem Grund nicht so sehr ins Gewicht: Die meisten Spieler konnten durchgehend spielen. Doch welche Spieler haben einen hohen Anteil an den Schüssen ihrer Mannschaft, obwohl sie gar nicht mal jedes Spiel gemacht haben? Hier die Top 10 der Spieler, die in dieser Saison mindestens 900 Minuten (und damit ein Drittel der bislang möglichen Spielzeit) verpasst haben.
[infogram id=“schussbeteiligungen_unter_1800″ prefix=“kGA“ format=“interactive“ title=“Schussbeteiligungen unter 1800″]
Auffällig, dass zwei Mannschaften mit gleich zwei Spielern in dieser Liste vertreten sind: Frankfurts Fabian führt diese Liste an und fehlte – passend zum Leistungstief – Anfang der Rückrunde. Rebic taucht ebenfalls auf der Liste auf. Bei Bremen stehen Max Kruse und Finn Bartels auf der Liste, die beim schwachen Saisonauftakt fehlten. Knapp nicht auf die Liste geschafft hat es Malli mit 20% Schussbeteiligungen – wohlgemerkt ausschließlich für den FSV Mainz, den er zu Beginn des Jahres verließ. Da braucht man sich über fehlende Konstanz nicht wundern.
Fehlende Spielstärke
Es ist eine wiederkehrende Klage auf dieser Seite: Vielen Bundesligisten fehlt das besondere Etwas. Zu wenigen Teams fallen spielerische Lösungen ein, wenn sie einen tiefstehenden Gegner knacken müssen. Viele Teams setzen mittlerweile auf ein Mittelfeldpressing in einem ultrakompakten 5-3-2-System, das besonders das Zentrum schließt. Nicht viele Teams haben eine Idee, wie man dieses System knacken kann. So stagniert momentan die durchschnittliche Passquote der Liga, auch wenn das Pressing der Teams gefühlt zurückgegangen ist.
[infogram id=“passquote_uber_die_jahre“ prefix=“wPL“ format=“interactive“ title=“Passquote über die Jahre“]
Auch in Puncto Ballbesitzspiel lässt sich die fehlende Konstanz statistisch untermauern: Wie viele Spiele haben Teams mit mehr Ballbesitz bestritten – und wie viele davon gewonnen?
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Auch in dieser Grafik wird erneut deutlich, wie groß die Schwankungen sind. Das ist der große spielerische Unterschied zwischen den Teams, die oben in der Tabelle stehen, und dem breiten Mittelfeld: Bayern, Dortmund, Hoffenheim und die mittlerweile stärker auf Ballbesitz setzenden Leipziger gewinnen ihre Spiele mit mehr Ballbesitz. Bei Schalke, Leverkusen oder Gladbach fehlt diese Stabilität. Die Abstiegskandidaten wiederum bestreiten (erwartbar) weniger Spiele mit mehr Ballbesitz als der Gegner und sind, wenn sie es doch mal tun müssen, weniger erfolgreich.
Besonders Hoffenheim hat in dieser Saison gezeigt, wie man mit einem guten Ballbesitzspiel die Liga stürmen kann. Das muss gar nicht bedeuten, dass man den Ball nur flach von Spieler zu Spieler passt. Hoffenheim streut flexibel Flanken und lange Bälle ein, ist aber vor allem in der Eröffnung wesentlich präziser und einfallsreicher als die meisten anderen Bundesliga-Teams.
Gehobenes Niveau im Schnitt
Bislang habe ich vor allem das fehlende Niveau in der Spitze angeklagt. Wahr ist aber auch, dass das Niveau in der Breite in der Bundesliga gestiegen ist. Hier gilt die alte Völler-Weisheit: „Es gibt keine Kleinen mehr.“ Auf taktischer, physischer und individueller Ebene sind die Vereine im Mittelfeld in den vergangenen Jahren zusammengewachsen. Schützenfeste werden seltener, es gibt kaum mehr Teams, die aus taktischen oder konditionellen Gesichtspunkten komplett abgehängt werden.
Dies merken wir gerade bei unseren Analysen auf Spielverlagerung: Grobe taktische Mängel im Defensivverhalten gibt es von praktisch keiner Bundesliga-Mannschaft mehr zu sehen. So war es vor einigen Jahren noch gängig, dass eine Viererkette weit in der eigenen Hälfte verharrte, während die Stürmer vorne pressten. Die verteidigende Mannschaft zog sich wie eine Ziehharmonika auseinander, es öffneten sich Räume für den Gegner. Mittlerweile sieht man dies nur noch ganz selten. Praktisch jede Mannschaft bringt eine gewisse Grundkompaktheit und ein kollektives Verschieben gegen den Ball auf den Platz. Das macht selbst Spiele mit Beteiligung von individuell schwächeren Teams wie Ingolstadt schwer berechenbar. (Darmstadt klammern wir an dieser Stelle aus.)
Fazit
Wir Bundesliga-Fans können uns freuen, dass es zu Saisonende ein spannendes Rennen um die Europa-League-Plätze und einen Kampf um den Nichtabstieg gibt. Die Verantwortlichen bei den Bundesliga-Klubs dürften darüber größtenteils weniger erfreut sein. Man muss Mario Gomez‘ mit seiner These, in der Bundesliga kämpfe die Hälfte der Teams ums Überleben, nicht zustimmen. Auffällig ist aber, dass es nur wenigen Teams gelingt, wirklich konstant Leistung zu zeigen.
Das ist einerseits angesichts der zahlreichen Wechsel auf den Trainerbänken keine Überraschung, andererseits auch ein hausgemachtes, taktisches Problem. Hoffenheim und Leipzig zeigen, dass man auch als Quereinsteiger zu den Top Teams der Liga aufschließen kann, wenn man eine klare Spielidee verfolgt. (Geld schadet natürlich auch nicht, wobei man sagen muss, dass Hoffenheims Etat unter dem vieler Mittelfeld-Teams liegt.) Bei vielen anderen Klubs sind die Leistungen so schwankend wie die Spielidee.
42 Kommentare Alle anzeigen
SR 27. April 2017 um 08:50
Vielen Dank TE für diesen sehr interessanten Artikel. Anders als bei deinen ansonsten hochqualitativen Arbeiten, muss ich diesmal einige inhaltliche Mängel bei den Begründungen ansprechen, welche nicht die wahre Ursache treffen:
Eine 0.5 Ratio ist geradezu die Definition von „Konstanz“ statt von Inkonstanz
Torschüsse an sich sind nicht ausschlaggebend für höhere Chancen das Spiel zu gewinnen. Hier entsteht ein häufiger wissenschaftlicher Fehler: das Verwechseln von Korrelation und Kausalität (weil bessere Mannschaften oft mehr auf Ballbesitz spielen und mehr Torschüsse haben). Wer erinnert sich nicht an das Ausscheiden Barcelonas gegen Chealsea vor ein paar Jahren als man trotz 44(!) Torschüssen im Rückspiel praktisch kaum Torchancen hatte (obwohl der expected Goals Wert dadurch sehr hoch war, war kaum ein Ball gefährlich). Konter/Gegenpressing Mannschaften haben bei Schüssen von derselben Position aus im Durchschnitt häufiger mehr Raum bei Gleich- oder Überzahl als Ballbesitz Mannschaften). Gegenspieler vorm Tor, und Über- oder unterzahl müssten bei den expected Goals mit einbezogen werden um den Wert für Gegenpressing- und Ballbesitzmannschaften aussagekräftig zu machen.
„Trainerwechsel“ während sind nach neuen Studien statistisch ineffektiv (Teams auf Abstiegsplätzen steigen genauso oft nach Trainerwechseln ab wie Teams ohne Trainerwechseln). Also ist das keine gültige Begründung. Zweitens sagst du ja auch selbst, dass sowohl langfristige (Freiburg) und kurzfristige (Hoffenheim und Leipzig) Engagements eines Trainers erfolgreich sein können.
„Abhängigkeit“ ist kein Grund: Angriffsspiel ist immer auf die stärksten Akteure ausgerichtet (von Barcelona bis Freiburg gilt das überall). Der BVB würde mit Lewandowski auch anders spielen als mit Aumabeyang.
„Spielerische Fähigkeiten“: Richtig aber das ist nicht Ursache für die Inkonstanz. Diese ist die eigene wechselnde Taktik (und das dafür nötige Personal) und die der Gegner. Nur Bayern und Dortmund (und mittlerweile Leipzig) haben jede Woche die gleiche Aufgabe: Abwehrbollwerk überwinden. So ist konstantes punkten leichter, denn immer ist Ballbesitzspiel gefragt. Die Mittelfeldteams stehen jedes WE einer anderen Aufgabe gegenüber: Abwehrbollwerk des Gegners bei Abstiegskandidaten, eigenes Bollwerk gegen Top Clubs, je nach Heim- oder Auswärtsspiel und Name des Gegners offensives oder defensives Mittelfeldpressing bei anderen Mittelfeldclubs. Kaum ein Team kann sowohl Ballbesitz als auch Umschaltspiel, dafür bräuchte es extrem komplette (teure) Spieler.
Ich vermute dies ist der echte Grund für die Inkonstanz und auch ein Grund warum in letzter Zeit so viele „kleine“ (von Etat) Teams in der Liga überlebten (Augsburg, Darmstadt, Mainz, Ingolstadt, Freiburg etc.): Sie sind jedes Mal Underdog und können so nur eine Strategie verfolgen und ihre Spieler dafür einkaufen.
tobit 27. April 2017 um 11:16
Welche 0.5 Ratio meinst du?
Bei der Total-Shots-Ratio wäre es dochh klar von Vorteil, wenn der eigene Wert oberhalb von 0.5 liegt und eine Aussage über Konstanz bekommt man nur, wenn man sich eine Reihe von Werten anschaut. Die gemittelte TSR über einen gewissen Zeitraum sagt völlig unabhängig vom Wert (egal ob 0.2 0.5 oder 0.8) nichts über Konstanz aus.
Trainerwechsel:
Es gibt offensichtlich Fälle, in denen ein Trainerwechsel in der Saison zum Erfolg oder Misserfolg führen kann. Oder zumindest korrelieren in dieser Saison die Ergebnisse einiger Teams sehr stark mit den Wechselzeitpunkten der Trainer (und dies war gefühlt auch früher der Fall). Dass ein Trainerwechsel kein Allheilmittel ist, sollte jedem klar sein.
Darmstadt hatte (und hat) andere Probleme als den Trainer, da sieht man entsprechend auch keine Verbesserung – aber trotzdem kann der frühzeitige Wechsel im Hinblick auf die nachfolgende Saison sinnvoll gewesen sein. Wenn dieser Trainer jetzt nämlich Zeit bekommt (Mannschaft kennenlernen, Verein kennenlernen, neue Saison planen), hat er einen Vorsprung gegenüber dem Szenario, wenn er bei gleichem Saisonergebnis erst im Sommer übernehmen würde.
Abhängigkeit:
Klar ist bei jedem Verein das Spiel auf die besten Spieler ausgerichtet. Es ist nur unterschiedlich stark ausgeprägt. Je stärker die Konzentration von Schüssen (oder beliebiger anderer Werte – z.B. Tackles) auf einen Spieler ist, desto stärker macht sich das Fehlen dieses Spielers dann bemerkbar, da der Rest des Teams in diesem Bereich dann ein Defizit hat. Starke Teams können das durch gute Backups öfter verhindern als kleine – was ihnen eine höhere Konstanz ermöglicht. Ein gutes Beispiel ist der SC Freiburg: Sie sind zwar abhängig von Grifo, aber haben das Potential seine Kreativität (Philipp, Haberer) und Standardstärke (Philipp) zu kompensieren, während Mainz bisher keinen Weg gefunden hat, das Fehlen von Malli zu kompensieren (da er keinen BU hatte und die neu geholten Spieler sich erst einfinden müssen).
Zum letzten Absatz: Schalke ist doch fast immer Favorit (gewesen). Sie könnten doch eigentlich ihr Team auch darauf ausrichten. Machen sie aber nicht, sondern treffen komische Trainerwahlen (Matteo, Breitenreiter, tlw. Weinzierl), wundern sich, dass sie wenig Dominanz erzeugen, verleiren das Vertrauen zu den spielstarken Spielern und setzten dann auf Underdogfussball. Die Folge ist dann ausbleibender Erfolg. Obwohl sie eigentlich wissen, an welchem Ende sie stehen.
Isabella 30. April 2017 um 02:52
Aber mal ehrlich, trifft bei Schalke eigentlich irgendetwas zu, das man bei anderen Mannschaften annehmen könnte? Da weiß man ja gar nicht, wo man anfangen soll, Gründe zu suchen, so konfus ist das da. Und ich denke da liegt auch das Problem. Den Spielern wird ja ganz schwindelig beim Versuch, sich selbst und ihren Verein zu definieren. Aber Spaß beiseite, ich fand den Artikel gut, hätte aber noch gerne andere Lösungsansätze, als längere Zeiten zwischen Trainerwechseln. Das ist für mich nur bedingt mehr Grund als Folge.
Nibbler 25. April 2017 um 21:26
Kleine Anregung: Könnt ihr bitte zukünftig (oder hier besser noch: nachträglich!) die Achsen eurer Graphen beschriften, das hilft sehr beim Verständis dieser interessanten Analyse!
dh 25. April 2017 um 20:24
Zu eurem Fazit: „Das ist einerseits angesichts der zahlreichen Wechsel auf den Trainerbänken keine Überraschung, andererseits auch ein hausgemachtes, taktisches Problem.“ – stimmt soweit, aber sollte man nicht auch noch Spieler-Ausfälle mit hineinrechnen und mit den Statistiken korrelieren?
Es ist doch klar, dass z.B. Gladbach oder die SGE nicht so konstant sind, dass sie den Verlust von 4-5 Schlüssel- und/oder Stammspielern kompensieren können. Und man muss schon sagen, dass die Top4 relativ verschont geblieben sind von Verletzungen (selbst Bayernwar ja schlechter ohne Lewandowski/Hummels im Hin- bzw. Martinez im Rückspiel gegen RM), während im grauen Mittelfeld immer wieder Schlüsselspieler ausgefallen sind (bei Hertha waren es Darida und Weiser, bei Köln Risse, Lehmann, Maroh, Bittencourt, bei Frankfurt Fabian, Hasebe, Meier, Vallejo, uvm, bei Gladbach Raffael, Jantschke, Johnson, uvm., Augbsurg: Baier, Bobadilla und Finnbogasson – das könnte ich jetzt für fast alle Clubs unterhalb der Top-4 durchdeklinieren.)
Ist das statistisch nicht auch relevant?
Schorsch 26. April 2017 um 13:09
Wenn ich es richtig verstanden habe, geht TE zumindest indirekt auf diese Thematik ein, wenn er auf die Folgen der Ausfälle der wichtigen Torschützen hinweist. Dass man die Ausfälle anderer Schlüsselspieler ebenfalls in Rechnung stellen sollte, sehe ich auch so. Wobei einiges dann wieder von der Kaderqualität abhängt. Manche Teams können Ausfälle wichtiger Spieler halt besser kompensieren, weil sie qualitativ gleichwertiger besetzt sind.
tobit 26. April 2017 um 14:32
Bei Dortmund sind doch auch etliche Schlüsselspieler (zusätzlich zu den Abgängen von 3 Weltklasse-Akteuren) ausgefallen. Reus, Bender und Sahin haben die Hinrunde fast komplett verpasst, Götze, Rode und Sahin fehlten in der Rückrunde fast durchgehend. Dazu kamen dann wiederkehrende Verletzungen bei Schürrle, Durm und Guerreiro, sowie ein längerer Ausfall des Stammtorwarts (mit entsprechend deutlichem Performance-Verlust) und einige Überlastungsreaktionen bei Sokratis, Schmelzer, Dembélé und Pulisic aufgrund der großen Zahl an gespielten Minuten. Zeitweise fehlten zehn Spieler mit realistischen Chancen auf Startelfeinsätze. Wenn das „von Verletzungen relativ verschont“ ist, dann wünsche ich keinem Team echtes Verletzungspech.
Dass Leipzig und Hoffenheim so wenige Verletzungen haben, liegt finde ich sehr klar an der fehlenden Mehrbelastung aus den Pokalwettbewerben und (zumindest bei Hoffenheim) der guten Kaderbreite. Diese Kaderbreite geht Frankfurt komplett und z.B. Gladbach (aber auch Schalke) auf einigen Positionen (z.B. ZM/DM) ab.
Schorsch 26. April 2017 um 19:54
Das gehört zu den Gründen, warum der BVB diese Saison eben nicht klar auf Rang 2 mit Tuchfühlung zu den Bayern ist, sondern um die direkte CL-Qualifikation spielt. Dennoch hat der Kader des BVB immer noch soviel mehr Qualität als eben andere Teams, dass er eben um Rang 3 oder 4 spielt und nicht um die Plätze 6 oder 7.
Ich bin gespannt, wie die nächste Meisterschaftsrunde für die TSG und RB verlaufen wird, wenn die Mehrfachbelastungen kommen. Beide Clubs dürften sich bereits intensiv mit diesem Thema befassen.
HK 25. April 2017 um 14:48
Es gab eigentlich seit Urzeiten in der BL ein Muster auf das man immer setzen konnte.
Die ersten 5 oder 6 in der Tabelle (zumindest am Schluß) sind die vom letzten Jahr plus der jährlichen positiven Überraschungsmannschaft, minus der negativen Überraschungsmannschaft.
Das ist dieses Jahr ziemlich durcheinander gekommen. Ob das allerdings wirklich einen Trend darstellt? Da wäre ich noch ziemlich vorsichtig.
Was ist schon ein Jahr?
FAB 25. April 2017 um 13:52
„Wo vor einigen Jahren noch Trainer wie Jürgen Klopp, Thomas Schaaf oder Lucien Favre mehrere Jahre bei ihren Klubs waren, …“
Laut Statistik bei Transfermarkt gab es bisher 11 Trainerwechsel im Lauf der Saison, was eher durchschnittlich ist. Interessanterweise war z.B. die Saison 2011/2012 das Rekordjahr mit 15 Wechsel.
Also haben wir aktuell leicht mehr Stabilität als zu den Zeiten von Klopp, Favre und Schaaf.
Ich denke das der Punkteabstand zwischen Platz 4 und Platz 16 so gering ist liegt an schlechten Saison von ungewöhnlich vielen, sonst etablierten Mannschaften. Das jetzt in einer Saison Leverkusen, Schalke, Gladbach und Wolfsburg gleichzeitig kriseln, das ist halt echt ungewöhnlich. Kann nächste Saison aber wieder anders aussehen …
JS 25. April 2017 um 13:17
Lieber TE bitte bezeichne deine Achsen in den Graphen. Des öfteren schon habe ich hier Graphen gesehen bei denen ich mehrmals die umliegenden Texte lesen musste und dann immernoch nur geahnt habe was genau die Graphen darstellen. In diesem Artikel zum Beispiel der Erste Graph, ich habe ihn mittlerweile verstanden, es sind pro 5 Spiele 15 Punkte holbar und nach rechts verschiebt sich der Betrachtungszeitraum um jeweils 1. Da Kritik ja möglichst produktiv sein soll, hier ein Vorschlag.
Vorschlag y-Achsen-Beschriftung: erreichte Punkte
Vorschlag X-Achsen-Beschriftung: Spieltage oder Spieltagintervall
Vorschlag X-Achse-Intervallbeschriftung: erstes Intervall „1-5“ zweites Intervall „2-6“ drittes Intervall „3-7“
Ansonsten bin ich immer wieder beeindruckt welche (möglichen) Zusammenhänge ihr hier erkennt und aufzeigt. Vielen Dank für das Gedankenfutter.
ich 24. April 2017 um 22:06
Seid ihr irre? Allein für die Farben bzw. die Farb-„Nuancen“ in den Grafiken solltet ihr euch fragen, ob ihr überhaupt verstanden werden wollt.
Winterschmied 26. April 2017 um 00:25
Mit dem Cursor über den Namen einer bestimmten Mannschaft bzw. eines bestimmten Spielers fahren hilft in dem Fall. Der wird dann deutlich hervorgehoben, der Rest rückt in den Hintergrund und bietet so eine deutlich verbesserte Übersicht.
Schorsch 24. April 2017 um 20:07
Ich habe da gerade keine Statistiken zur Hand, aber ist die Situation mit den Trainerwechseln tatsächlich so ungewöhnlich? Gut möglich, dass in dieser Saison etwas häufiger der Übungsleiter ausgetauscht wurde als sonst. Als ‚Kind der Bundesliga‘ 😉 ist es aber ‚gefühlt‘ in jeder Saison so gewesen, dass etliche Trainer gewechselt wurden, und zwar bei vielen, vielleicht sogar bei allen Clubs (nicht in einer Saison natürlich). Werder Bremen war vor der Ära Rehhagel, in der Interimszeit vor der Ära Schaaf und nach dessen Demission nun erneut ein Club, bei dem auch alle naslang der Trainer gewechselt wurde, oft genug mitten in der laufenden Saison. Interessanter Aspekt dabei: Alexander Nouri, nach ein paar Spielen zu Beginn der Saison als Nachfolger Skripniks installiert, hatte in Mainz nach ein paar Spielen in der Rückrunde sein ‚Endspiel‘. Hätte Werder verloren, hätte er seine Papiere bekommen. Aber man gewann und es begann eine unglaubliche Positivserie. Hätten wir auch unter einem möglichen Nachfolger Nouris diese Entwicklung gesehen?
Auch die Klopp-Story beim BVB war für diesen Club ungewöhnlich. Ich kann mich nur an Hitzfeld erinnern, der in früheren Zeiten als Trainer längere Jahre beim BVB auf dieser Position tätig war. Übrigens waren beide Phasen die erfolgreichsten in der Bundesligageschichte des BVB. Ansonsten war es auch ein ‚hire and fire‘ hinsichtlich der Trainer.
Weisweiler bei Gladbach (und ein paar Jahre in Köln) und Lattek und Hitzfeld bei Bayern wären da auch noch Beispiele; Lattek und Heynckes auch bei Gladbach. Aber auch diese Clubs hatten ihre ‚Trainerrausschmissphasen‘. Es ist auch bestimmt kein Zufall, dass Clubs wie Schalke oder der HSV, bei denen man die Trainer gar nicht mehr zählen kann, ihre besten Phasen mit Stevens und Happel hatten, die jeweils längere Zeit dort tätig waren. Aber jede Phase geht einmal zuende, auch die erfolgreicher Trainer. Es ist doch in der Bundesliagageschichte eher selten, dass sich einer erfolgreichen, langen Phase unter einem Trainer unmittelbar nach dessen Abgang eine neue erfolgreiche lange Phase unter einem anderen Trainer anschließt. Vielleicht weil das ‚Konzept‘ eher auf den Trainer und nicht auf den Club zurückzuführen ist und mit jedem neuen Trainer ein neues ‚Konzept‘ versucht wird zu etablieren, das aber eventuell nicht passend ist? Oder weil ein bisheriges ‚Konzept‘ weitergeführt werden soll, aber eigentlich eine Anpassung oder Änderung des ‚Konzepts‘ notwendig wäre?
Beim SC Freiburg waren Volker Finke und sein ‚Konzept‘ so miteinander verwoben, dass irgendwann nur noch die Trennung als Lösung blieb. Aber trotz des einen oder anderen Fehlgriffs auf der Trainerposition, das Grundkonzept als Schlüssel des Freiburger Erfolgsmodells blieb und ermöglichte es, dass weiterhin in Freiburg Bundesligafußball gespielt wird. Hat man dann (wieder) den passenden Trainer (Streich), steigt man mit dem auch ab und wieder auf. Bei welchem Club gibt es das sonst noch?
Ich persönlich würde bei der Betrachtung des von TE beschriebenen Phänomens übrigens neben den führenden 4 Clubs auch noch die Hertha und den EffZeh herausnehmen. Der EffZeh spielt in dieser Saison (wie in den vorherigen) unter Stöger (übrigens auch schon länger als Trainer beim Club) relativ konstant und ist eigentlich nie so richtig zu den möglichen Abstiegskandidaten zu zählen gewesen. Ähnliches gilt für Hertha unter Dardai. Da gab es zwar wie in der Vorsaison eine schlechte Phase in der Rückrunde, aber man gehörte eigentlich nie zu den vielen Clubs zwischen ‚Himmel und Hölle‘ und man hat nach wie vor gute Chancen auf einen EL-Platz.
tobit 24. April 2017 um 20:53
Dass langjährige Trainer erfolgreich(er) sind, halte ich nicht gerade für eine Überraschung. Sie sind schließlich genau deshalb so lange geblieben statt gefeuert zu werden.
Zu Köln und Hertha: beide haben einen starken Start gehabt und erst sehr spät eine längere Durststrecke bekommen. Dann hat man automatisch nie was mit dem Abstieg zu tun, auch wenn man am Ende ähnlich viele Punkte sammelt wie Werder, die den Start relativ verschlafen haben und dann nach 3 (in Worten: DREI) Spieltagen den Trainer entlassen (für den sie 2 Monate vorher ihren durchaus erfolgreichen Sportdirektor gechasst hatten).
Schorsch 24. April 2017 um 22:54
Klar. Die Frage, ob ein Trainer deshalb so lange bei einem Club erfolgreich arbeitet, weil er eben so lange beim Club bleiben kann (darf), oder ob er nur deshalb so lange bei einem Club erfolgreich arbeitet, weil er eben Erfolg hat, stellt sich eigentlich nicht. Oder doch? Klopp und der BVB, das war eine love story solange es aufwärts ging und der (absolute und relative) Erfolg vorhanden war. Als der Erfolg plötzlich ausblieb, knirschte es irgendwann gewaltig im Gebälk und eine Trennung war absehbar (auch wenn die Art und Weise schon respektabel war). Bei Lattek in seiner ersten Zeit bei Bayern war es nicht anders – allerdings stand am Ende das klassische ‚You’re fired!‘. Bei Schaaf in Bremen letztlich ebenso. Aber bei Finke und Streich in Freiburg oder auch Klopp in Mainz war es anders. Weil Erfolg anders definiert wird bei diesen Clubs? Weil man weiß, dass es Umstände gibt, die zu Misserfolgen führen, die aber nichts mit dem Trainer und dessen Arbeit zu tun haben? Weil sie einen Abstieg aufgrund widriger Umstände als Möglichkeit immer eingeplant haben? Weil sie wissen, wie ihre Möglichkeiten sind und ihre Grenzen kennen? Weil sie mit ihrer Rolle im bezahlten Fußball zufrieden sind und nicht nach ‚Höherem‘ streben?
Trainer, die über einen langen Zeitraum bei einem Club erfolgreich tätig sind, kann man wohl als große Ausnahmen bezeichnen. Außer den genannten Beispielen fallen mir da spontan noch Ferguson und Wenger ein. Zumeist wird der Ansatz vertreten, ein Trainer könne (aus den verschiedensten Gründen) ein Team nur über einen Zeitraum von vielleicht 3, maximal 5 Jahren erfolgreich trainieren. Nicht wenige Trainer vertreten diese These selbst, zumindest verklausuliert. Es gibt auch viele Kritiker, die (mMn nicht zu Unrecht) die Meinung vertreten, dass z.B. Ferguson, Schaaf oder Wenger viel zu lange Trainer bei ihren Clubs waren oder noch sind.
Zu Werder: Was sich da abgespielt hat zum Saisonwechsel, war unfassbar. Aber solche Dinge kommen halt immer dann vor, wenn Politik betrieben statt vernünftig geführt wird. Wenn man Nouri nach der Niederlage gegen Augsburg gefeuert und ihm nicht doch noch eine Chance gegeben hätte, dann wären seine taktischen Umstellungen nicht erfolgt, ein Nachfolger hätte sie womöglich getätigt und würde nun abgefeiert. Planung sieht anders aus. In diesem Zusammenhang interessant: Nouri hat im ASS erwähnt, er habe nach der Übernahme der Cheftrainerposition neben dem laufenden Spielbetrieb konditionelle Rückstände des Teams aufarbeiten müssen. Wird als Aussage in Bremen gerade kontrovers diskutiert.
Zu Köln / Hertha: Sicherlich. Mir ging es nur darum, dass trotz der Negativserie Hertha punktemäßig nie in die große Gruppe der anderen Clubs gerutscht ist. In gewisser Weise trifft dies sogar auf die Eintracht trotz ihrer miesen Rückrunde zu, auch wenn es vor den letzten ein, zwei Spieltagen fast zu kippen schien. Profitiert haben sowohl die Hertha, als auch die SGE davon, dass die anderen Clubs eigentlich nie eine reine Negativ- oder Positivserie hatten, sondern fast durchweg nicht konstant waren im Punkten. Auf eine Niederlage folgte ein Sieg und umgekehrt (etwas übertrieben ausgedrückt). So blieben diese Clubs (z.B. Schalke oder B04) punktemäßig immer in dieser großen Gruppe zwischen ‚Himmel und Hölle‘.
Es wäre vielleicht einmal interessant, bei einigen Clubs (z.B. Köln und Hertha) einen Vergleich zur Vorsaison durchzuführen (geht natürlich nicht bei den Aufsteigern). Wie war der Punktestand an welchem Spieltag, wie die Tabellenplazierung, welche ‚Serien‘ gab es zu welchem Saisonzeitpunkt.
Koom 25. April 2017 um 09:19
Klopp ist als Trainer locker 10 Jahre alleine deswegen weiter, weil er in Mainz im Grunde schon alles mitmachen durfte, was eine vollständige Trainerlaufbahn mit sich bringt: Abstiegskampf, Aufstiegskampf, Misserfolge, Favoritenrollen, Aufsteiger, Absteiger, Klassenerhalt, Niederlagenserien, internationaler Fußball – wenn auch nur kurz. Das ging dann in Dortmund auf höherem Niveau weiter: Klassenerhalt, internationales Geschäft, Champions-League, Meisterschaften – und zum Schluss wieder ne Runde kurzzeitiger Abstiegskampf. Er durfte das alles durchgängig machen, weil er zum einen fachlich stark ist, zum anderen aber auch stark bei der Kommunikation.
Das dürfte eines der Erfolgsgeheimnisse bestimmter Trainer sein, wie Wenger, Fergusson, Klopp – aber auch Finke, Streich. Das sind verbindliche, kommuikative Charaktere, mit denen du auf Augenhöhe und klar reden kannst. Weil sie auch nicht in dem Auto-Modus sind, wo nur Phrasen rauskommen, sondern sie beschäftigen sich mit jedem Fragesteller und seiner Frage.
Schorsch 26. April 2017 um 19:44
Das ist sicherlich Teil der persönlichen Erfolgsstory dieser Trainer. Aber ohne ein adäquates Umfeld wäre auch deren langjähriger Erfolg nicht möglich bzw. nicht möglich gewesen. In Freiburg oder Mainz steht man zum Trainer, wenn man von ihm überzeugt ist. Man weiß in schlechten Phasen, ob die Probleme den Umständen geschuldet oder z.T auch trainerbedingt sind. Dann geht man halt zusammen in die zweite Liga. Wo ist das denn sonst noch der Fall? Ohne jetzt die generelle Qualität eines Trainers wie Mike Büskens zu bewerten, aber er hat einen ‚ewigen Zweitligisten‘ wie Fürth in die Bundesliga geführt und alles andere als der sofortige Abstieg nach einer Saison wäre eine Sensation gewesen. Das musste jedem klar gewesen sein. Und dennoch wurde er dann in der laufenden Saison geschasst. Ein Wenger hält sich wahrscheinlich bei Arsenal nicht allein deshalb so lange, weil er als Gentleman auftritt. Sondern wohl auch deshalb, weil den Clubeignern der realtive Erfolg des Teams Jahr für Jahr genügt. Wenn sie permanent Titel erwarten würden, wäre die Luft für Wenger wahrscheinlich schon seit einiger Zeit sehr dünn geworden.
Koom 27. April 2017 um 11:13
Es hilft sehr, wenn sportliche Kompetenz auch bei den Vereinsentscheidern vorhanden ist. Einen Trainer feuern, weil ein Spieler den Ball gegen die Latte anstatt ins Tor setzt, ist halt doof, wenn ansonsten Spielweise und Statistiken im Grunde aussagen, dass vieles sehr gut läuft.
Deswegen feuert Mainz auch mal den Aufstiegstrainer Andersen. Heidel merkte eben, dass die tägliche Arbeit und Spielweise nicht mehr passte, auch wenn der Erfolg „ok“ war. Deswegen hält er jetzt auch an Weinzierl, weil er weiss, dass das ein Work in Progress ist und mittelfristiger Erfolg sehr viel mehr bringt als jetzt einfach die Arbeit zu unterbrechen.
The Soulcollector 24. April 2017 um 16:28
Ich glaube die vielen Trainerwechsel sind vor allem deshalb ein Problem, weil viele Vereine immer noch kein sportliches Gesamtkonzept haben. Vielmehr wird immer noch von einem neuen Trainer verlangt ein Konzept mitzubringen. Das hilft aber langfristig nicht, wenn man diese Konzept dann alle 2-3 Jahre komplett umstößt. Ausnahmen sind hier vor allem Bayern und Leipzig. Die verfolgen deit mehreren Jahren ein bestimmtes Muster, dass sich nur wenig unter dem ausführenden Trainer verändert. Als krasses Gegenbeispiel muss man hier den HSV nennen, wo es ja eine Zeit lang nichtmal einen Sportdirektor gab. Auch auf Schalke wurden mit den neuen Trainern fast immer neue Philosophien im Spiel eingeführt.
tobit 24. April 2017 um 17:27
Ich würde noch den BVB ergänzen. Sie haben zwar mit Tuchel die Strategie deutlich verändert, haben aber vorher sehr klar nach einer Strategie (wenn auch nur mit einem Trainer) gearbeitet, was sich auch im Nachwuchsbereich zeigte. Nach Klopp wollte man dort wohl ganz bewusst einen Strategiewechsel herbeiführen (siehe auch Klopps Aussage, dass er bei Verbleib den Großteil des Kaders hätte austauschen müssen). Diesen hat man dann auch gekonnt (und in allen Mannschaften) umgesetzt.
Tomás 24. April 2017 um 21:18
Danke.
Als BVB-Fan finde ich es schon fast etwas dreist, die Dortmunder hier nicht zu nennen. Auch Freiburg und Mainz haben eindeutig ein sportliches Gesamtkonzept, das kontinuierlich verfolgt wird. Ich bin sogar geneigt zu sagen, dass die Konzepte in beiden Fällen über einen längeren Zeitraum verfolgt werden als bei den Bayern oder RBL.
Koom 24. April 2017 um 16:08
Schöner Beitrag und gut begründet. Das Thema ist gerade recht präsent.
Ich denke, dass es auch eine Rolle spielt, dass der Fußball in Deutschland so seltsam daherkommt. Medien und die meisten Fans platzieren das noch als Volkssport oder Vereinssport für Jedermann und nehmen es dadurch hin, dass entweder Landesfürsten oder Promis, die vor 30 Jahren mal einen Ball gespielt haben, die inhaltliche Kontrolle über Konzerne im >100 Mio-Bereich leiten. Das unterscheidet aus meiner Sicht vor allem die Top 4 vom Rest. Zwar sind Rummenigge & Co. auch Ex-Fußballer, aber offensichtlich auch über dieses Basiswissen hinaus qualifiziert für eine Arbeit auf diesem Niveau. Das scheint eher Ausnahme als Regel zu sein aus meiner Sicht. Dortmunds Verpflichtung dem Aktienmarkt gegenüber sorgt dort für insgesamt klarer fundiertere Entscheidungen und bei Hoffenheim und Leipzig ist man grundsätzlich ohne den Rattenschwanz an Folklore groß geworden und es schadet den Vereinen auch nicht. Man entscheidet sich für Spieler und Trainer nach Fakten und Statistiken und Analyse, nicht nach „ist gut rasiert“ oder „hat schon mal 3 Spiele gewonnen“.
Diese folkloristische Herangehensweise hat dann noch mehr Probleme: Fremdkapitalgeber werden blockiert bzw. seltsame Regeln geschaffen, wodurch man dann doch den Wettbewerb verzerren kann (Wolfsburg, Leverkusen etc.) und wodurch auch auf lange Sicht niemand den Bayern finanziell Paroli wird bieten können – wodurch auch im wesentlich die Liga-Platzierungen und Mannschaftsstärken in dem Bereich ziemlich festbetoniert sind.
Und es sorgt auch dafür, dass man sich mehr fügt in die „Story“ der Bundesliga. Gegen die Bayern zu spielen bleibt dann immer ein „David vs. Goliath“ und man versucht nur, nicht allzuhoch zu verlieren. Und in den Augen vieler (Fans wie Vereinsverantwortliche) ist die Europa League nichts wert und nur eine Erschwernis für die Liga. Gerade im Vergleich zu Spanien ist diese Haltung offensichtlich und tut weder dem Ansehen noch der spielerischen Klasse der Bundesliga nicht gut.
Schorsch 24. April 2017 um 19:10
Was die Bayern anbelangt, so stehen Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge natürlich qua Amt und auch Persönlichkeit im Fokus der Öffentlichkeit. Und man darf auch nicht vergessen, dass es der self-made-Fußballmanager Hoeneß war, der mit seinen Ideen und seinem Handeln Bayern (wieder) an die Spitze der Bundesliga und Europas geführt hat. Aber er war immer so klug (in Clubbelangen… 😉 ), kompetente Menschen zum Club zu holen, die im Hintegrund sehr erfolgreich wirken konnten. Und er hat rechtzeitig erkannt, dass der FC Bayern als mittelständisches Unternehmen zwar Bodenständigkeit und ‚Herz‘ bewahren konnte, aber auf europäischer Ebene nicht konkurrenzfähig sein würde. Die Öffnung für ’strategische Partner‘ hat nicht nur viel Geld in den Club gebracht, sondern gleichzeitig auch viel Kompetenz. Der Aufsichtsrat ist gespickt mit Vorständen von DAX-Unternehmen, und ein (Ex?-)Politiker mit exzellenten Verbindungen kann da auch nicht schaden. Kehrseite der Medaille: Zwar werden die meisten operativen Entscheidungen weiterhin von Hoeneß, Rummenigge und Co getroffen, die strategische Ausrichtung und Entwicklung des Clubs liegt allerdings voll in der Hand ders Aufsichtsrats. Man selbst ist zwar noch im AR an prominenter Stelle vertreten, die Mehrheit liegt aber bei den Vertretern der ’strategischen Partner).
Die Bayern sind sehr erfolgreich mit ihrem Modell und vieles spricht dafür. Nicht umsonst kann man beim BVB nach dem Fast-aus das Einschlagen einer ähnlichen Richtung beobachten. Wie man es nicht machen sollte, hat man in Dortmund ja mittlerweile gelernt… 😉 Fußball ist aber nach wie vor mehr als ein Geschäft und ein Fußballclub schon noch mehr als ein auf operativer und strategischer Ebene zu führendes Unternehmen. Da besteht vielleicht schon die Gefahr einer ‚Entfremdung‘ zwischen Anhängern und Club. Ein Spagat.
felixander 24. April 2017 um 21:00
2 interessante Aspekte, die ich mir für kommende Diskussionen klauen werde:
– Werksclubs betonieren mit ihrer Intransparenz gepaart mit Kohle das Mittelmaß.
– Der BVB hat sich durch den Börsengang zu eigener Exzellenz gezwungen.
blub 24. April 2017 um 22:32
Die haben halt einmal das Ergebniss krasser Inkompetenz gespürt. Insbesondere die handelnden Personen. Das schlägt sich einfach nieder.
Rjonathan 25. April 2017 um 08:22
Also eigentlich mag ich die Folklore-Argumentation. Aber wenn man sich anschaut, dass Hertha und Köln recht gut dabei sind, während Leverkusen und Wolfsburg underperformen, ist sie nicht durchweg haltbar.
Koom 25. April 2017 um 09:31
Pauschale Aussagen können wahr sein und im Detail widerlegbar sein. Ihr Kern enthält trotzdem wahres, auch wenn es immer das ein oder andere Argument für gibt.
Nehmen wir mal Leverkusen und Wolfsburg als typische Werksteams. Ihr Geldgeber bringt Vor- wie Nachteile. Einerseits haben sie einen recht großen Geldbetrag ohne (direkte) Gegenleistung pro Saison zur Verfügung. Der zudem für ihre jeweiligen Konzerne als Kleckerbetrag anzusehen ist (der Druck ist nicht soo hoch). Allerdings fehlen beiden die Fans und Merchandising-Einnahmen. Was wiederum aber auch die eigentliche Arbeit ruhiger macht, weil im Stadion weniger hitzig protestiert wird gegen die sportliche Tagesleistung oder strategische Vereinsentscheidungen. Andererseits fehlt dadurch auch der durchaus vorhandene Bonus durch Emotion in engen Spielen.
Böse ausgedrückt dilettieren beide Vereine aber auch ein Stück weit. Die Fußballfolklore ist dort wichtiger (gewesen), man setzt auf Stallgeruch (Völler, Allofs, Schaaf) oder zumindest auf Leute, die dem Fußball sehr verbunden sind. Vermutlich auch, um mehr den Anschein des „Vereins“ zu wecken und nicht eines Werksklubs, der relativ marktunabhängig agieren muss. Das ändert sich durchaus auch ein klein wenig (Olaf Rebbe beim VfL), aber gerade im Vergleich zu den (absolut vergleichbaren) Leipzig und Hoffenheim im Niveau einige Stufen niedriger. Dort agieren durch die Bank keine typischen Fußball-Leute. Rangnick ist der geistige Vater beider Klubs und das merkt man auch. Er ist auch durchaus der Vorreiter für die medial biedereren Trainer wie Tuchel und Nagelsmann, die vielleicht auch erst durch den technokratischeren Rangnick auch als Bundesligatrainer eine Chance eingeräumt bekommen und nicht nur als stummer Co- oder Jugendtrainer.
Schorsch 25. April 2017 um 17:52
Schaaf?
Koom 26. April 2017 um 15:23
Huch, stimmt. Der war wegen Allofs gefühlt auch in Wolfsburg. Ist aber natürlich Quatsch. 😉
Schorsch 26. April 2017 um 18:39
Stimmt schon irgendwie; die beiden kannte man ja nur als KATS. Und es wurde ja auch wild spekuliert, dass Schaaf Allofs nach Wolfsburg folgt. Vielleicht tauchen beide ja irgendwann wieder als Doppelpack auf… 😉
tobit 26. April 2017 um 16:22
Wo sind denn Tuchel und Nagelsmann medial biedere Trainer? Klar sind sie jetzt nicht so krasse Menschenfänger wie Klopp (wer ist das schon?), aber beide wissen sich eloquent auszudrücken ohne dabei den Inhalt zu sehr zu verwässern oder sich in die üblichen Allgemeinplätze zu flüchten. Tuchel scheint allerdings aus irgendeinem Grund sehr unbeliebt bei gewissen Medien zu sein, weshalb seine sehr positive und erfrischende (wenn auch gegenüber Klopp weniger komödiantische/flapsige) Art in Pressekonferenzen (die sich absolut lohnen, wenn man sich für den BVB interessiert) nicht wirklich in der Berichterstattung repräsentiert wird.
Interessant finde ich bei beiden, dass sie eigentlich nie etwas genaues über ihre Aufstellung sagen, aber zu anderen taktischen Details (besonders aus vergangenen Spielen) durchaus redefreudig sind und diese dann auch sehr klar und leicht verständlich rüberbringen können.
Ebenfalls positiv finde ich, dass sie sich normalerweise (Bei Nagelsmann habe ich nur wenige Interviews/PKs gesehen) nicht von Reportern provozieren lassen (was Klopp gerne Mal passierte und ich als durchaus unprofessionell empfand), sondern versuchen die Fragen sachlich zu beantworten und das Thema dann zu beenden.
Koom 26. April 2017 um 16:54
Eben der Part, dass sie keine Menschenfänger sind. Für uns Nischenfans, die vor allem Spass an Taktik und Analyse haben, sind sie interessant. Aber für den 08/15-Fußballfan ist gerade Tuchel ein Problem. Der schaut nicht aus wie ein Fußballer und spricht wie ein Arzt. 😉
Schorsch 26. April 2017 um 19:10
Wenn „Menschenfänger“ (auch) bedeutet, Menschen für sich und/oder eine Sache begeistern zu können, dann fallen mMn Tuchel und Nagelsmann wohl eher nicht in diese Kategorie. Aber sie können Menschen -so ist jedenfalls mein persönlicher Eindruck- auf eine ander Art beeindrucken. Tuchel hat z.B. selbst bei seinen hard-core-Gegner unter den BVB-Fans enorm an Ansehen gewonnen durch die Art und Weise, wie er der Öffentlichkeit gegenüber in der schwierigen Phase nach der Bombenattacke bis zur Ergreifung des Täters (und eigentlich bis heute) aufgetreten ist. Das hatte Klasse, emotional wie rational. Und er dürfte mit dem Team auch tatsächlich entsprechend umgegangen sein. Meine Tochter ist übrigens absoluter Tuchel-Fan, seit sie mit ihm im Rahmen eines Sponsorentermins zusammengetroffen ist und sich lange mit ihm unterhalten hat. Sie sagt, dass sie nie den Eindruck während des Gesprächs gehabt hätte, Tuchel würde sie nicht ernst nehmen oder ihm sei die Situation nicht wichtig. Aber ok, Mediziner unter sich sozusagen… 😉
Nagelsmann besticht durch ein kompetentes, freundliches Auftreten in der Öffentlichkeit. Ich habe bislang noch niemanden gesprochen, der ihn nicht sympathisch findet, seien sie nun fußballnah oder eher weniger an Fußball interessiert. Das ist sicherlich kein Qualitätskriterium, aber nicht zu polarisieren kann auch seine Vorteile haben.
tobit 26. April 2017 um 19:27
Ja, aber dann wäre ja fast jeder Trainer ein Problem für den gemeinen Fussballfan. Denn in die Nähe von Klopp kommt da („Menschenfischertum“ ist mehr als Medienkompetenz) eigentlich keiner. Ein Mourinho nicht, Guardiola nicht, Conte nicht, Allegri nicht, Wenger sowieso nicht, Lucho nicht, Zidane auch nicht (der hat den Vorteil, mal der beste Spieler der Welt gewesen zu sein), höchstens Simeone ist da ähnlich herausragend. In der Bundesliga sehe ich auch keinen außer Streich, der da irgendwie in die Nähe kommt. Die meisten (besonders Hecking, M.Schmidt) sind halt irgendwie 08/15-Phrasendrescher (völlig unabhängig von der Fussball-fachlichen Kompetenz) oder kaum medial präsent (sei es vereins- oder persönlichkeitsbedingt). Und dann gibt es noch einige, die ein ernsthaftes Problem im Kopf haben (R.Schmidt, international Bielsa).
An der Seitenlinie finde ich sogar deutlich mehr Parallelen zwischen Tuchel und Klopp als bei vielen anderen Trainern. Da gehen nur wenige derart intensiv und emotional mit ihren Teams mit.
Das Problem der 08/15-Fans ist oft, dass sie sich nur wenig mehr mit den Personen beschäftigen als in der Bild und den regionalen Tageszeitungen zu lesen ist. Die bekommen die Menschen hinter dem Trainer also maximal in einem Interview nach einem Spiel (ohne starken Medienfilter) zu sehen – was nicht unbedingt eine repräsentative Abbildung des Gesamten sein muss.
Die Fans, die sich genauer mit „ihren“ Teams (oder auch darüber hinaus) auseinandersetzen, haben (so ist zumindest mein Gefühl bei Tuchel) eine deutlich positivere Meinung von den handelnden Personen – gerade in Bezug auf menschlich/medial/kommunikative Aspekte. Dies ist mir auch bei meiner Meinung zu Tuchel aufgefallen, der mir nach seinem komischen Abgang aus Mainz sehr unsympathisch und kauzig vorkam. Dieses Bild hat sich aber im Rahmen meiner Auseinandersetzung mit dem (damals) kommenden Trainer meines Vereins deutlich verändert, da ich neue Blickwinkel auf diese Situation im speziellen und Tuchel im Allgemeinen entdeckt/erhalten habe.
Isabella 30. April 2017 um 03:38
Dem folklorischem Argument kann ich nur zustimmen. Zur Diskussion Tuchel/Klopp und so weiter: dürfte egal sein, wie sie nach außen wirken. Was man nicht vergessen darf: sie wirken auch nach innen. Bei Tuchel und Klopp dürfte es egal sein, da sie anscheinend die Mannschaft gleich gut mitnehmen. Bei Guardiola war denke ich das Problem, dass nicht nur die Öffentlichkeit manchmal von ihm verwirrt war. Für mich kam er an manchen Stellen ziemlich narzisstisch rüber, es könnte aber auch nur ein ziemlich sensibler Mensch gewesen sein, aus dem der Druck sprach. Er hat sich selbst halt nicht gut erklärt. Bei Hecking ist eh Hoffnung und Malz verloren. Ich denke wirklich ein großes Problem ist, wie und vor allem von wem hierzulande das Geld verwaltet wird. Ehemalige Fußball“ikonen“ schieben sich gegenseitig das Geld und die Ämter zu und die gemeine Fanmasse feiern sie, weil sie gerne einen international halbwegs bekannten Kopf an der Spitze ihres Vereins sehen. Fußball wird hierzulande oft gehandhabt wie Religion, nur da für Ablenkung und um seine eigenen Komplexe auszugleichen und da hat Logik oft nichts zu suchen. Schöner oder taktisch ansprechender Fußball interessiert niemanden, dreckige Siege sind eh viel schöner. Wie erklärt man sich sonst einen Dummschwätzer wie Rudi Völler in so einem Amt. Ein Aufsichtsrat eines Bundesligisten sollte schon wissen, dass man nicht einfach einen neuen Trainer hinstellt und dann den Messias verkünden kann, sondern dieser gewisse Voraussetzungen für seinen Fußball braucht. Daran wird sich wahrscheinlich auch nichts ändern, wenn sich die Bayern über die 10. Meisterschaft in Folge freuen und nur RB und Dortmund irgendwo in Schlagdistanz sind. Auch, dass man seine Topspieler hierzulande praktisch an die Engländer verschenkt, wenn man sich selbst schon keine Geldgeber holen will, zeigt von der Inkompetenz der meisten Vorstände. Bleibt nur zu hoffen, dass die bessere Bildung, die die Fußballspieler in den Leistungszentren vermittelt bekommen, irgendwann die Situation in der Führungariege der Vereine verbessert, sonst können wir eigentlich den Spieöbetrieb einstellen.
Name* 24. April 2017 um 15:19
Sehr interessanter und guter Artikel!
P.S.:
Fin Bartels – nicht FinN Bartels
kaum 24. April 2017 um 21:50
PS: nicht P.S.:
blub 24. April 2017 um 15:02
zu Modest nch ein Wort: Der hat garnicht mehr Torschüsse oder sonstige offensivaktionen als zu seiner Zeit bei Hoffenheim, nur sticht er in Köln mehr heraus weil es da keine anderen Offensivspieler gibt.
Oder ist er deswegen besser weil er mehr offensive ohne unterstützung zustande bekommt?
Das sollte mal jemand beantworten der mehr Köln guckt als ich.
Schorsch 26. April 2017 um 12:33
Dass es beim EffZeh in der ‚Normalaufstellung‘ „keine anderen Offensivspieler“ gebe, kann man glaube ich so nicht sagen. Yuya Osako spielt in dieser Saison eine sehr wichtige Rolle im Offensivspiel der Kölner. Es ist auch seiner Leistungssteigerung im Vergleich zur Vorsaison zu verdanken, dass der EffZeh sich weiter verbessert hat. Welche Rolle er nun genau einnimmt im Spiel, ist nicht so eindeutig zu definieren und eher situationsabhängig. Mal zweite Spitze neben Modeste, mal hängende Spitze, mal offensiver Mittelfeldspieler, mal auf Außen ausweichend. Auch wenn er vielleicht nicht so sehr mit Vorlagen und eigenen Toren heraussticht, so schafft er mit seinen Bewegungen auf dem Feld dennoch Spielsituationen und Räume, die Modeste nutzen kann.
blub 24. April 2017 um 14:59
Zu den Trainern eine weitere These: Da viele Mannschaften sich in einem ähnlichen Leistungsbereich befinden hängen die Ergebnisse im vergleich zur direkten konkurrenz sehr stark vom zufall ab. Spielglück, aber Verletzungen und Spielplanglück gehören da dazu.
Und wenn man dann mal ein paar spiele pech hat und vllt auch etwas schlechter spielt (mal unter uns, kein Bundesligist spielt wirklich dauerhaft zufriedenstellenden Fußball) wird dann der Trainer gefeuert.
Machen wir uns nix vor: Wenn Frankfurt die Ergebnisse der Rückserie in der Hinrunde gehabt hätte wär Kovac jetzt nicht mehr Trainer.
Manchmal ist das gut, da muss man einfach mal was anderes machen nur um mal was anderes gemacht zu haben.
Schorsch 26. April 2017 um 12:52
Es gibt durchaus Gegenbeispiele, wenn vielleicht auch eher wenige. Weinzierl in seiner ersten Saison beim FCA fällt mir da ein. Da hat man nur wenig gepunktet und sich in der Tabelle im Laufe der Hinrunde als Abstiegskandidat Nr. 1 etabliert. Als die Demission Weinzierls kurz bevor schien, hat sich der (neue) Sportdirektor Stefan Reuter klar für eine Weiterarbeit mit Weinzierl stark gemacht, weil er (und mit ihm andere Clubverantwortliche) von der Arbeit Weinzierls überzeugt war. Zurecht, wie Leistungen und Ergebnisse des Teams in der Rückrunde dann unter Beweis stellten. Es kommt halt auch immer auf die Einschätzung und Einstellung der Verantwortlichen an.