Der Saisonstart 2017 in China
Mit wahnsinnigen Transferausgaben haben die chinesischen Klubs für Schlagzeilen gesorgt. Nun ist die Chinese Super League in die 2017er-Saison gestartet. Wie machen sich die Superstars und die Liga als solche? Vier kompakte Analysen zu Partien des 1. und 2. Spieltags.
Shanghai Shenhua – Jiangsu Suning 4:0 (1. Spieltag)
Verhalten begannen die Gäste die Partie mit einem tiefen Mittelfeldpressing. Der mittige Block ihres 5-3-2/3-5-2 stellte zunächst einmal das Zentrum zu und ließ den gegnerischen Sechser kaum Einbindungsmöglichkeiten in den Aufbau, außer durch Zurückfallen. Auch die Außenverteidiger wurden bei den Gastgebern eher tief angespielt, insbesondere links. Neben dem ballnahen Achter ließ Jiangsu zu Beginn stattdessen oft den Flügelverteidiger herausrücken. Wenn die individuell starken Tévez und Moreno ins Mittelfeld fielen und dort die Bälle festmachen konnten, führte das teilweise zu Problemen bei Rückverlagerungen nach außen in die Schnittstellen der Fünferkette, in die sich der Flügelverteidiger etwas langsam zurückzog.
Ansonsten operierte der Gastgeber von Trainer Gustavo Poyet häufig mit klaren, simplen Pässen die Linie herunter. Dagegen fand Jiangsu nicht nachhaltig zu konstanter Stabilität, da sie sich aus der kompakten Grundstellung des 5-3-2 nicht so gut hinausbewegten. Das Nachschieben geschah zu inkonsequent und die einzelnen Linien arbeiteten nicht kohärent genug zueinander. Konkret hieß das beispielsweise, dass die seitlichen Bewegungen des ballnahen Achters nicht immer kollektiv genug abgesichert wurden oder die erste Linie die nötigen Momente für das Füllen von Löchern in der Reihe hinter ihnen nicht harmonisch genug wahrnahm. Auch das Herausrücken der Verteidiger aus der Fünferverteidigung erfolgte weitgehend nur in Form von Mannorientierungen.
So bestand das Hauptproblem der Gäste in der Folge über die komplette erste Halbzeit darin, dass sie in ihrer mannschaftstaktisch eigentlich recht guten und anpassungsfähigen, aber eben etwas unkompakten Staffelungsfindung zu oft von gruppentaktischen Aktionen ausgehebelt werden konnten. Mehrheitlich geschah das genauer gesagt insofern, dass die Hausherren vor allem über den Flügel am Defensivblock oder an einzelnen lose daraus heraus geschobenen Spielern – also quasi an den ausgefransten Rändern – „vorbei“ spielten. Rechts schaltete sich Guarín teilweise nachstoßend diagonal im Angriffsdrittel mit ein, vor allem aber tat sich die linke Seite hervor.
Das gruppentaktisch variable Pärchen aus Cao Yunding und Bai Jiajun, die geschickt Doppelpässe und einzelne vorderlaufende Aktionen einsetzten, wurde von Tévez ergänzt, der sich hier immer wieder nach außen bewegte. Diese Mechanismen brachten dem Team von Gustavo Poyet einige seitliche Durchbrüche gegen die Lücken um den Halbverteidiger. Andererseits sah man aber bei kleinen Unsauberkeiten in den Abläufen direkt auch die übergeordnet eigentlich nicht viel schlechtere Spielweise Jiangsus, die mit ihren Staffelungen dann auch mal sehr plötzliche und effektive Überzahlszenen kreierten, gegen die Shenhua an Grenzen stieß. Daraus entwickelten sich aber meist nur chaotische Folgemomente, da es den Gästen für saubere Ballgewinne abermals an der gruppentaktischen Nutzung fehlte.
Konsequent war vonseiten Shanghai Shenhuas, wie abwechselnd einer der Flügelstürmer über längere Phasen das Sturmzentrum übernahm, um den offensiven Stars Freiheiten zu geben. Der schlaksige Kapitän Moreno zeigte sich als spezieller Spielertyp, der elegant ballfordernd in der Tiefe und stark ballsichernd agierte. Er hatte einige gute gestaltende Momente, aber agierte inkonstant strukturiert und sucht recht direkte Übergänge aus dem Mittelfeld zur Strafraumbesetzung, wo er mit seiner Wuchtigkeit schnell wieder individuell Gefahr ausstrahlen kann. Wenn man sich stark auf solche Spielertypen als Mittelpunkt eines Teams fokussiert, ist das oft eine zweischneidige Angelegenheit. Wie sich das weiterentwickelt, dürfte gerade mit Tévez als zusätzlichem Faktor in dieser Umgebung interessant sein.
Bei Jiangsu zog sich die Abstimmungsfrage zwischen Halb- und Flügelverteidigern ihrer Formation durch die gesamte Partie. Diesbezüglich fehlte der Mannschaft des südkoreanischen Trainers Choi gegen den Ball noch die Bewusstheit in der gegenseitigen Unterstützung. Bei Ballbesitz etwa wurde dann die unklare Rolle der äußeren Akteure zu einer Hypothek: Insgesamt wollten die Gäste eigentlich ihr Mittelfeld fokussieren, das sich mit viel Präsenz auch recht tief formierte. Dabei zog sich das Trio sehr kompakt zusammen und schob sich als eng verbundende Einheit etwas nach rechts in den Halbraum. Häufig diente der dortige Achter Gao als ablegender Blocker für die beiden Kollegen, die dann den Wechselpass nach vorne spielen sollten.
So klar und strukturell das vorbereitet und taktisch auch sinnvoll angelegt war: Die Anschlussaktionen musste man anschließend sehr schnell durchspielen. Für die Übergänge hatten dann die Flügelspieler viel Verantwortung und auch viel Raum abzudecken. Gleichzeitig durften sich die Angreifer sehr frei bewegen und schienen wenig spezifische Vorgaben für die Bewegungsmuster zu haben. Diese Kombination aus sehr definierter Vorbereitung und unkonkreter, eher lascher Rollenverteilung in den Offensivzonen ließ zahlreiche Angriffe um den Zwischenlinienraum herum dann im Nichts versanden. Da die Gäste auch wenig zusätzliche, ergänzende Aufrückbewegungen im Nachgang hatten, fehlte zumal die nötige Präsenz.
Anschaulich war in diesem Zusammenhang die Statistik: Erst unmittelbar vor dem Seitenwechsel wurde der allererste Abschlussversuch bei Jiangsu gezählt, nach 60 Minuten Spielzeit standen deren zwei zu Buche. Insbesondere im zweiten Durchgang versuchten es die Gäste mit einer ganz anderen Herangehensweise auf dem Weg nach vorne, lagen zu diesem Zeitpunkt allerdings auch schon mit zwei Treffern in Rückstand. So beackerte beispielsweise der vorige linke Halbverteidiger nun offensiv den rechten Flügel in teils sehr breiter Position. Eindeutiger Fokus lag nun auf der linken Seite mit dem neu eingewechselten Song und häufiger, aufwändiger Unterstützung durch Alex Teixeira aus dem Zentrum. Zumal schon mit zwei Treffern in Rückstand, konnten sie die Begegnung nicht mehr drehen und kassierten später sogar noch zwei weitere Tore.
Shandong Luneng – Tianjin Teda 2:0 (1. Spieltag)
In einem über weite Strecken ausgeglichenen Match versuchten sich beide Mannschaften an jeweils konstruktiven und in einigen Punkten nicht unähnlichen Spielweisen. Probleme hatten Teams jedoch jeweils damit, zuverlässig in den gegnerischen Block einzudringen, ohne mit ihren verschiedenen Zurückfallbewegungen der tiefer helfenden Offensivkräfte dort zu viel Präsenz einzubüßen. Die von Felix Magath trainierten Gastgeber verhielten sich gegen den Ball etwas passiver und positionstreuer, formierten insgesamt – trotz der eher individualisiert organisierten und generell zu 4-1-3-2-Tendenzen neigenden Sechser – ein recht sauberes 4-4-1-1 und wechselten häufig zwischen engerer Mittelfeld- sowie breiterer Abwehrlinie und der umgekehrten Variante.
Auch dadurch entwickelte sich bei den Gästen das eigentlich etwas ruhigere Aufbauspiel, getragen von der individuell starken Doppelsechs aus John Obi Mikel und Ex-Eredivisie-Spieler Nemanja Gudelj. Zusätzlich ließ sich gerade Rechtsaußen Wang Qiuming immer wieder nach hinten in den Halbraum fallen, um dort Bälle aus den Bereichen neben der vertikal gestaffelten Spitze abzuholen. In der Folge ergab sich eine leichte Rechtstendenz im Angriffsspiel Tiajins, das sich auf eine recht harmonische und breitflächige Ballzirkulation durch die hinteren Zonen stützen konnte. Nur an Durchschlagskraft fehlte es letztlich, da die übrigen Offensivkräfte insgesamt recht hoch agierten und auch horizontal das Verschieben über die Zone halbrechts nicht immer mitmachten.
Vielmehr ergaben sich bei der Mannschaft von Jaime Pacheco einige Ballungen im ballfernen Halbraum, die die Spieler im Endeffekt viel zu oft mit längeren Zuspielen anzuvisieren versuchten. Überhaupt spielten weite Bälle bei beiden Mannschaften eine wichtige Rolle für diese Begegnung, fügten sich aufgrund ihrer recht planvoll und gezielt gedachten Nutzung aber in den Grundrhythmus ein. Die Gäste schlugen diese Zuspiele bevorzugt in seitliche Zonen: Links wurde eher der Mittelstürmer mit diagonalen Ausweichbewegungen in Freiräume gesucht, für Anschlussoptionen aber nicht so gut unterstützt, so dass abermals der andere Flügel als vielversprechender erschien. Dort zogen sich die drei ballnahen Offensivkräfte zusammen und wollten Abpraller erobern, was einzelne Ansätze für seitliche Durchbrüche brachte.
Dagegen zielte Shandong Luneng die langen Bälle deutlich klarer ins Sturmzentrum, wo mit Pellè und Cissé eine physisch präsente und individuell starke Doppelspitze bereitstand. Beim Team von Magath waren die weiten Pässe zwar nicht so häufig, aber etwas prominenter und prägender als ein Fixpunkt des taktischen Plans. Auch wenn diese direkten Anspiele an die letzte gegnerische Linie immer wieder Unruhe und Gefahr andeuteten, entstanden auch hier nur selten zwingende Ergebnisse. Das lag auch an einer Gegenmaßnahme Tiajins, die zahlreiche – und recht flexibel wie harmonisch umgesetzte – Übergänge ins 5-4-1 oder breite 5-3-2 zeigten, indem sich Obi Mikel für zusätzliche Präsenz in die Abwehrlinie einreihte und Wang Dong optional die nächste Linie auffüllte.
Dieser staffelte sich überhaupt recht vielseitig im Pressing, so dass bei den Gästen neben 4-4-2/4-4-1-1-Grundordnungen auch einige 4-2-3-1-Phasen gegen den Ball dabei waren. Trotz dieser Vielgestaltigkeit agierte der Zehner der Blau-Weißen aber in horizontaler Richtung teilweise sehr mannorientiert und verfolgte dort über längere Strecken. Dadurch gab es für Shandong insgesamt die etwas einfacheren Passwege ins Mittelfeld hinein. Das nutzten diese auch mit eigentlich guter Positionsfindung: Gerade der nominelle Rechtsaußen Cui Wei rückte oft ein und erzeugte einige passende Dreiecke mit den darauf reagierenden Sechsern. So wirkte die Logik hinter den Ballbesitzphasen der Gastgeber fast 4-3-3-haft mit schiefem Sturm.
Jedoch nutzte Magaths Team die Situationen nach Pässen in Zwischenräume dann strategisch kaum für den zielstrebigen Übergang in die Angriffsaktionen. Stattdessen waren sie zu sehr darauf ausgerichtet, aus durch die Raumöffnung entstehenden Dynamiken die Zirkulation – nun weiter nach vorne verlagert – wieder aufzunehmen. So konnten sie immer mal sehr druckvoll die Bälle nach außen verteilen, vereitelten sich manches Potential aber auch selbst. Das sah man dann, wenn die eingerückten Flügelspieler punktuell mal in Szenen gerieten, wo sie spontan in den horizontalen Lücken zwischen Gudelj und den gegnerischen Außen kombinieren konnten. Da sich solche Momente eher spontan und sporadisch ergeben, dauerte es sehr lange, ehe der Favorit die Partie mit einem späten Doppelschlag für sich entschied.
Shanghai SIPG – Yanbian Funde 2:0 (2. Spieltag)
Ein klares Bild bot sich in dieser Begegnung: Der favorisierte Gastgeber und nach einem 5:1-Auftakt Tabellenführer von Trainer André Villas-Boas übernahm dominant das Kommando und versuchte einen enorm tiefstehenden Außenseiter zu bespielen. Zusätzlich zu ihrer 5-3-2-Grundformation zogen die Gäste häufig ihre Sturmlinie in der Rückzugsbewegung weit mit nach hinten, ehe eine frühe verletzungsbedingte Auswechslung die Zeichen sogar auf 5-4-1 stellte. Auch wenn sich die jeweiligen äußeren Spieler beim Herausschieben zum Flügel prinzipiell abwechselten, verschärfte diese kleine Umstellung eine leichte Asymmetrie in der defensiven Spielweise Yanbians:
Während Tian Yinong weiter nach außen arbeitete, folgten die Abläufe rechts eher der Logik einer pendelnden Viererkette, indem sich Jiang Hongquan seitlich neben den zurückhaltend bleibenden Chi Zhongguo schob. Auch das geschah jedoch sehr vorsichtig und passiv – beispielhaft für die kaum auf Pressingübergänge im Mittelteil setzende Ausrichtung der Gäste, die häufig Shanghai schnellen Raumgewinn zugestanden und sich dann auf die tiefe Verteidigung beschränkten. Insgesamt ergab sich besonders halblinks ein Freiraum quasi seitlich neben dem dortigen Achter Yanbians, aus dem die Hausherren ihre Angriffe gezielt nach vorne zu tragen versuchten. Gerade Oscar und Wu Lei forderten dort die Bälle und dribbelten dann nach vorne.
Mit der Zeit reagierte der Linksverteidiger und Kapitän Wang Shenchao darauf zunehmend mit inversen und vorderlaufenden Bewegungen, da die gegnerische Abwehr teilweise auch ohne breite Besetzung dieser Linie immer seltener herausrückte. Phasenweise rückte der Defensivmann gar in konstanter Regelmäßigkeit bei den Angriffsmustern bis ins Sturmzentrum nach. Alles in allem hatte Shanghai gegen das 5-3-2 bzw. 5-4-1 keine Probleme, das Angriffsdrittel zu erreichen. Die Frage war, wie sie die enorme Defensivpräsenz in Strafraumnähe würden bespielen können, die sich zumeist geordnet aufstellen konnte. Mehrheitlich ging das Ankurbeln der Versuche der Gastgeber aus dem linken Halbraum aus.
Gegen einen auch tief weiterhin die Organisation haltenden Gegner zeigte der Tabellenführer einen ambivalenten Auftritt mit Licht und Schatten. Positiv waren die Rollen und das Bewegungsspiel der einzelnen Akteure: Oscar brachte seine gruppentaktischen Unterstützungsfähigkeiten ein, Wu Lei zeigte sich kombinativ orientiert und Lyu Wenjin schuf viel Movement, immer mal in Form überraschender Entscheidungen für Läufe. Ergänzt von Hulk und Akhmedov ergaben sich situative Pärchen, um sich in horizontale Lücken zu spielen: Das Nachschieben des zweiten Spielers hinter den ballnahen Kollegen funktionierte bei den Gästen sehr gut, das des dritten Mannes wurde aber etwa durch suboptimale Orientierung vernachlässigt.
Teilweise hatten sie daher massive Überzahlen direkt am Flügel, indem punktuell sogar Yoon quasi horizontal über den passiven Flügelverteidiger hinausschob. Bezüglich der Gleichmäßigkeit der Abstände entstand dadurch aber eine Unausgewogenheit ins Zentrum hinein, wo sich die Gäste durch gegnerische Präsenz in der vordersten Linie etwas zu leicht binden ließen. Andererseits gab es auf Seiten des großen Favoriten aber auch viele seltsame und irrationale Entscheidungen bei der Wahl oder häufig bei der Anpassung in der Positionsfindung. Es entstand eine Mischung aus kleinräumigen Zurückfallbewegungen direkt um oder hinter den Ballführenden, die dann im Ansatz, aber nicht konsequent kleinräumig ausgespielt wurden, und einem gewissen Drang zu flachen Staffelungen an der letzten Linie.
Zudem fehlte es bei Angriffen über Hulks rechte Seite an unterstützender Dynamik aus den Positionen heraus, so dass kaum stabile Mechanismen möglich waren. Daher musste der kraftvolle Offensivmann immer wieder abbrechen oder konnte nur seinen mit guter Orientierung aufrückenden Hintermann bedienen. Im weiteren Verlauf löste sich Hulk daher immer mehr von jenem Flügel, tauchte zentraler und auch tiefer links oder halblinks auf. Allein in der ersten Halbzeit kam der Gastgeber auf 16 Abschlüsse, davon eine Vielzahl eher ungefährlich aus schwierigen Positionen, aber auch ein ordentlicher Anteil von wirklicher guter Qualität über Schnittstellenpässe halblinks. So ging die 1:0-Führung in Ordnung.
Den zweiten und letztlich auch bereits vorentscheidenden Treffer erzielten die Hausherren dann früh im zweiten Durchgang über einen Ballgewinn. Das war nochmals eine Illustration für ihr recht konsequentes Pressing, das den Gästen nie wirklich Entfaltung im Aufbau ermöglichte: Das 4-2-3-1 Shanghais schob sich einfach asymmetrisch nach vorne, indem der Stürmer die Querpässe sperrte, der ballnahe Flügel hoch Druck machte und die zwei anderen Offensivspieler dahinter ins Zentrum einklappten. Jedoch zeigten die Gäste im zweiten Drittel einige spielerisch und technisch gefällige Ansätze, die sie nur einfach selten einbringen konnten. Nach zweiten und losen Bällen oder nach verzögerten Kontern (direktes Umschalten war aus der tiefen Position schwierig) gelang dies besser.
In der Rückzugsbewegung nach dem initialen Pressingmoment ließ bei Shanghai SIPG die vertikale Kompaktheit schnell nach. Da sich die Offensiven nicht mehr so konstant beteiligten, gingen Zwischenlücken innerhalb der Mittelfeldteile auf. Konsequent war bei den Gästen, wie sie sich auf ihre zentralen Akteure fokussierten und die Flügelverteidiger passiv als Breitegeber nutzten. In der Vorbereitung gab es einen leichten Linksfokus mit seitlichen Bewegungen von Tian und horizontalem Einrücken Chis, der viele Bälle prallen ließ. Umgekehrt rochierte dann teilweise Yoon gegenläufig nach rechts, um sich für schnelle Halbraumverlagerungen neben den gegnerischen Sechsern anzubieten. Über diese Zonen konnte Yanbian einige Male das Spiel beschleunigen und den sehr bewusst dribbelnden Mittelstürmer Trawally einsetzen, der insgesamt aber vorne fast schon zu sehr fokussiert wurde.
Chongqing Lifan – Hebei CFFC 1:1 (2. Spieltag)
Zwei enorm vertikale Anlagen und bisweilen hektische Spielweisen sorgten zwischen Chongqing Lifan und Hebei CFFC für ein schnelles, aber auch unstetes Duell. Vor allem die Gäste nutzten ihre recht präsente Mittelfeldbesetzung und ihr prinzipiell spielerisches Übergewicht fast überhaupt nicht kontrolliert aus, sondern suchten bei Ballbesitz sofort ruhelos den Weg in die Spitze – vom strategischen Rhythmus her bisweilen kurios. Auch das Heimteam aus Chongqing trug zur vertikalen Charakteristik bei, vor allem über lange Bälle, die sie schnell an kürzere Phasen tiefer Zirkulation anschlossen.
Besonders der linke Innenverteidiger Lin Yu schlug immer wieder aggressiv weite Diagonalpässe auf Fernandinho, dessen Dribblings und Tiefensprints vermutlich fokussiert werden sollten. Darüber hinaus gab es häufig lange Bälle in engere Offensivstaffelungen hinein, um so Abpraller zu erobern. Ohne konstante Unterstützung der eher tiefen Sechser vermochten die vorderen Kräfte jedoch nur sporadisch Erfolge zu erzielen und gefährliche Ausgangslagen herzustellen. Dass die Hausherren häufig zu diesem Mittel längerer Bälle gezwungen waren, lag auch an der Defensivarbeit Hebeis: Ebenso wie in die andere Richtung war die Verteidigung beim Team des ehemaligen City-Coaches Manuel Pellegrini zwar in losen Mannorientierungen eher simpel organisiert.
Aus dieser Grundanlage hinaus zeigten die Gäste aber einige sehr gelungene und recht anpassungsfähige Pressingübergänge. Vor allem Yin Hongbo bewegte sich geschickt diagonal aus den Mittelfeldräumen in die erste Linie nach vorne, positionierte sich leicht seitlich und belauerte zumindest die Passwege in den gegnerischen Sechserraum hinter sich. Die Flügelspieler achteten beim Vorrücken auf bogenförmige Bewegungen, waren aber ebenso im Rückwärtsgang aufmerksam in Richtung Halbraum und auf das eventuelle Aufnehmen dortiger Zentrumsspieler. Nur sehr selten gelang es dem Heimteam, flach durch das zweite Drittel hindurch zu spielen: Bei Gelegenheit starteten Chen Lei, Peng Xinli und der Flügelspieler vor diesen mal spontan eine schöne Kreiselbewegung gegen die Mannorientierungen.
Ansonsten zeigte sich die Verbindung zwischen defensivem und offensivem Mittelfeld als großes Problem der Mannschaft vom südkoreanischen Trainer Chang. In den Übergangszonen bot sich Wu Qing oft etwas tiefer im Halbraum an, wurde aber kaum angespielt – auch wenn die gegnerische Verteidigung ihn gerade nicht akut zu greifen bekam. Dazu dürfte der Diagonalball-Fokus nach rechts vorne ebenso beigetragen haben wie die Rollenverteilung der Sechser, von denen Peng der spielerisch präsentere Akteur gegenüber der unauffälligen, potentiell balancierenden oder raumöffnenden Art Wangs war. Blieb Wu daher häufig ohne Effekt, schien Nan Song daneben positionell etwas unsicher herum zu pendeln, ehe er nach dem mannschaftlichen Aufrücken ins Angriffsdrittel etwas zu hoch agierte.
Insgesamt driftete er engagiert durch den Raum, ohne aber feste Bindung zu finden. Zwar sorgte er für viel Bewegung, in den vorderen Zonen aber meistens nur noch an der letzten Linie, etwa durch verschiedene ausweichende und seitlich unterstützende Läufe. In Halbzeit eins hatten alle anderen Spieler mindestens mehr als doppelt so viele Pässe wie Nan. Gerade die kontrollierte Rückraumbesetzung ging in Strafraumnähe ab. Unter diesen Umständen neigte auch Peng bei nachrückenden Aktionen zu überambitionierten Versuchen, etwa durch längere Diagonalrochaden zum linken Strafraum. Über gegenläufig diagonales Ankurbeln des Linksverteidigers Lin Huan entstanden manche Ansätze, jedoch in schwieriger Umgebung.
Spielerischen Zug ins Zentrum entwickelte übrigens auch dessen Pendant Ding Haifeng beim Gegner. Eigentlich hatte Hebei CFFC die etwas vielversprechenderen Voraussetzungen in Sachen Offensive. In der vertikalen Gesamtanlage ergaben sich einige Möglichkeiten für schnelle Angriffe, jedoch oft aus taktisch gestreckten Konstellationen, in denen viel Raum überwunden werden musste. Dagegen kamen Konter nach vielversprechenden höheren Ballgewinnen aufgrund der oft langen Eröffnungen Chongqings weniger zustande. Insgesamt schien der vertikale Ansatz grundsätzlich geplant – häufig ohne Rückzirkulation über den sehr wild agierenden Sechser – und forciert, wirkte in der Umsetzung aber teils etwas zwanghaft unbalanciert und führte dann auch mehrfach zu überhasteten Aktionen.
Auffällig bei der Mannschaft Pellegrinis war die Tatsache, dass sie ihren nominellen Superstar Hernanes kaum effektiv einbinden konnten. Der brasilianische Mittelfeldmann bekleidete die rechte Achterposition, während das Spiel vor allem über links lief. Neben Yin schalteten sich Aloísio und Zhang Chendong häufig ein, Letzterer jedoch in seiner teils etwas wirren Spielweise auf wechselhafte Art. Demgegenüber erhielt Rechtsaußen Che Shiwei nicht so viel Präsenz. Er setzte das mit seinem geschickten diagonalen Bewegungsspiel in die Sturmlinie hinein gut um, deutete darüber hinaus bei kleinräumigen Pässen entgegen seines Sichtfeldes jedoch noch weiteres Potential an. In den leichten Linkfokus war er nur punktuell, Hernanes kaum involviert.
Letzterer hielt sich eher ballfern, wurde dort teilweise über Halbraumverlagerungen gesucht, hatte dann aber wegen der sehr offensiven, vertikalen Folgebewegungen der Kollegen oft schwierige Situationen vor sich. Trotz der verschiedenen Desbalancen funkelte bei den Gästen aber eigentlich an allen Ecken und Enden spielerisches Potential. Sie legten auch viel Engagement im Bewegungsspiel und Konstruktivität in gruppentaktischen Zusammenhängen an den Tag, so dass manch unübersichtliche Situation sehr überraschend noch aufgelöst werden konnte. Auch die misslungenen oder vorschnell in die Spitze gebrachten Aktionen hatten oftmals viel Dynamik in sich.
In ihrer vertikalen und aktiven Ausrichtung blieb kaum mal einer der Einzelspieler rein passiv, sondern es beteiligten sich eigentlich fast alle mit dem Versuch, permanent Anspielstationen zu schaffen. Nur geschah das eben oft in Form aggressiver Tiefenläufe und teilweise einfacher Aufrückbewegungen, so dass sich daraus vergleichsweise lineare oder simple Muster ergaben, die primär über ihre engagierte und konsequente, spontane und situativ handlungsschnelle Umsetzung funktionierten. Hebei CFFC deutete über verschiedenste Routen Gefahr an, aber im Endeffekt jeweils nicht genug, um über das 1:1 hinauszukommen. Auf der Gegenseite zeigte sich Chongqing Lifan nicht zwingender, konnte aber den offenen Spielcharakter nutzen, um in Rückstand einen Konter zum Ausgleich zu fahren.
8 Kommentare Alle anzeigen
a_me 17. März 2017 um 09:24
Man könnte ja hier einfach die Rückennummer ergänzen
tobit 17. März 2017 um 10:53
Das fände ich sowieso gut, weil ich mir nicht immer alle Namen merken kann, da ist es mit Nummern schon leichter, den Überblick zu behalten. Wenn dann noch so viele Namen mehrfach auftauchen, wird es nochmal extra schwierig.
Peda 15. März 2017 um 14:04
Der Escher hatte Recht! 😀
Ich möchte ja nicht despektierlich klingen, aber wäre es bei Aufstellungsgrafiken der chinesischen Liga nicht vielleicht sinnvoller nur die Legionäre zu benennen?
Ich weiß schon, dein Superlativ ist hart erarbeitet und will natürlich verteidigt werden, aber in deinen vier Grafiken alleine finden sich 6 Wang, sowie je 4 Wu und Yang und 3 Zhang. Von so einzigartigen Namen wie Li, Lin, Yin, Jin, Ji, Shi, Chi, Qi, und Qin ganz abgesehen.
Gh 16. März 2017 um 09:07
ich fänds auch besser, wenn nur legionäre auflaufen, weil die chinesen doch eh alle gleich aussehen.
Peda 16. März 2017 um 15:19
Ich hab befürchtet, dass so eine Antwort kommt.
In jeder chinesischen Firma, die ich bis dato kennenlernen durfte, geben sich die Mitarbeiter im Kontakt mit westlichen Geschäftspartnern pseudonyme Vornamen, um die Kommunikation zu erleichtern.
Diese Namen sind für den gewöhnlichen Europäer keine gewohnten Muster, sie tragen daher aus meiner Sicht nicht zum Verständnis der Texte bei. Eher sogar im Gegenteil, weil durch sie die Bewegungsrichtungen der Akteure weniger deutlich sind.
Bei vielen Szenegrafiken hier auf sv.de werden nur jene Spieler beschriftet, die zum Verständnis der Abläufe notwendig sind. Da die Spitzenclubs in China (oder mittlerweile eh so gut wie alle) jeweils ein paar teuer erkaufte Legionäre im Kader haben, gehe ich davon aus, dass diese Spieler auch die Schlüsselspieler ihrer Mannschaften sind und eine erhöhte „Gravitation“ haben.
Sollte das nicht der Fall sein und wir jetzt des Öfteren Analysen aus dem Reich der Mitte lesen dürfen, dann ziehe ich mich meinen Vorschlag zurück.
a_me 17. März 2017 um 09:23
Man könnte ja in diesem Fall einfach die Rückennummer ergänzen
TR 20. März 2017 um 23:26
Die Rückennummern wären wohl sinnvoll gewesen, stimmt, guter Hinweis. Bei weiteren Analysen zur chinesischen Liga würde ich die Nummern dann mit aufnehmen.
Schuster 15. März 2017 um 13:33
Sehr interessanter Einblick. Vielen Dank dafuer!