Das Debüt des Maik W.
Die Suche nach einem Nachfolger für Markus Kauczinski gestaltete sich für den FC Ingolstadt keineswegs einfach. Mit Blick auf den Abgrund – namentlich die 2. Bundesliga – und mit einer kurzen Kandidatenliste in der Tasche entschieden sich die Bayern für Bundesliganovizen Maik Walpurgis, der zuvor unter anderem beim VfL Osnabrück und Sportfreunde Lotte tätig war.
Zum Start seiner Bundesligakarriere wählte Walpurgis ein gewöhnliches 4-2-3-1, brachte aber eine interessante personelle Besetzung aufs Feld. Auf der linken Seite setzte er mit Anthony Jung und Markus Suttner auf zwei Akteure, die im Aufbauspiel vergleichsweise selten eingebunden wurden und insgesamt offensiv eher harmlos blieben. Doch immerhin konnte Jung seinen Hintermann Suttner bei der Verteidigung des tempostarken Flügelläufers Marcel Heller und des nach außen driftenden Sechsers Jérôme Gondorf unterstützen. Eigene Gefahr strahlte der FCI vornehmlich über die rechte Seite aus, die von Mathew Leckie und Rechtsverteidiger Florent Hadergjonaj bearbeitet wurde.
Was an diesen Sätzen bereits auffällt: Ingolstadt war stark auf das eigene Flügelspiel fokussiert. Der Spielaufbau wurde zumeist recht schnell zur Außenlinie verlagert, wo jedoch die kleinteiligen Passabfolgen für Darmstadt leicht zu verteidigen waren. Das Abkippen von Almog Cohen oder Roger im Zentrum wurde zumeist ignoriert, wodurch auch Zehner Pascal Groß zum Ausweichen gezwungen war, um Ballkontakte zu erhalten.
Aber das Timing und die Geschwindigkeit der Schläge über die Außenbahnen waren insgesamt wenig gewinnbringend für Ingolstadt. Entweder die Bälle wurden zu steil hinter die Abseitslinie gespielt oder aber sie flogen zu langsam in Richtung der Darmstädter Außenverteidiger. Somit rieben sich Groß und Co. in vielen Situationen nur auf, ohne effektiv in die gefährlichen Zonen zu gelangen.
Im Pressing wiederum wollte Walpurgis Druck durch aufrückende Bewegungen und mannorientiertes Zustellen der tiefen Darmstädter Anspielstationen erzeugen. So ergab sich oftmals ein 4-1-3-2, weil Roger sich als höher positionierter Sechser meist am gegnerischen Sechser orientierte, der im Loch hinter Groß und Moritz Hartmann positioniert war. Rückten die Pressinglinien frühzeitig heraus, wurde dem Gegner sogar das Herausschlagen des Balls erschwert.
Im Verlauf der ersten Halbzeit wurde das Offensivspiel des FCI gefälliger, weil die Oberbayern flexibler die Seiten bespielten und bei einzelnen Angriffen auch diagonal nach innen kombinierten. Mit der Verletzung von Suttner kurz vor der Pause nahm Walpurgis trotzdem eine signifikante Umstellung vor. Lukas Hinterseer ersetzte den Linksverteidiger, wodurch Jung eine Position nach hinten rückte und Ingolstadt fortan im 4-2-2-2 agierte.
In der zweiten Halbzeit schoben die beiden Halbspieler Leckie und Groß jeweils zur Ballseite, wodurch sich lokale Überladungen ergaben, die Ingolstadts lange Bälle in die Zwischenräume begünstigten. Zudem waren die Ausweichbewegungen der beiden Spitzen oftmals gut getimt, weshalb Ingolstadt – trotz gleichbleibender Ballbesitzüberlegenheit um die 60 Prozent – dominanter aus dem eigenen Aufbau heraus agierte und die Verteidigungsketten der Darmstädter effektiver auseinanderspielte.
Am Ende entschied die Partie ein Traumtor von Hartmann, der per Direktabnahme von der Strafraumkante traf. Der FCI verbucht den ersten Dreier in dieser Saison. Und Debütant Walpurgis freut sich über seinen ersten Sieg im Fußballoberhaus. Eine fundierte Bewertung seiner Arbeit kann natürlich erst nach einigen Wochen erfolgen.
2 Kommentare Alle anzeigen
Schimanski 21. November 2016 um 15:09
Ich kann mich an ein Spiel des MSV an der Bremer Brücke vor zwei Jahren erinnern. Da bolzte Osnabrück erschreckend planlos und spielschwach durch die Gegend. Deswegen hat mich die Entscheidung von Ingolstadt im ersten Moment überrascht. Aber ein Spiel kann natürlich nicht repräsentativ für eine komplette Trainerphilosophie stehen. Deswegen bin ich gespannt, was da in Ingolstadt passiert.
Schorsch 21. November 2016 um 10:48
Ich habe das Spiel selbst nicht gesehen. Lediglich einen Kurzbericht, von dem bei mir nur das recht spektakuläre Tor in Erinnerung geblieben ist. Wenn man kein ausgesprochener Anhänger eines der beiden Clubs ist, dann waren wohl auch eher nur eventuelle Maßnahmen des neuen Trainers der Ingolstädter von Interesse. Allzuviel hat man da (erwartungsgemäß) noch nicht sehen können, wenn ich die Ausführungen CEs richtig interpretiere. Wie auch, Mannschaft und Trainer haben sich ja erst ein paar Tage sehen können.
Maik Walpurgis hatte offensichtlich auch Angebote anderer (unterklassiger) Clubs, so weit ich weiß auch von der Bielefelder Arminia. Aber dass ein Bundesligist diesen Trainer im Fokus hatte, ist schon ungewöhnlich. Ich persönlich finde es prinzipiell sehr sympathisch, einen solchen Weg zu gehen. Wobei ich Walpurgis überhaupt nicht einschätzen kann. Ich stimme CE voll zu, man wird einige Zeit abwarten müssen, bevor man eine erste Bewertung vornehmen kann. Wahrscheinlich erst in der Rückrunde, wenn der Trainer mit dem Team in der Winterpause länger zusammengearbeitet haben wird.