Jetzt offiziell: Österreich Enttäuschung dieser EM
Österreich scheidet aus. Gegen Island geht Kollers Idee, mit Dreierkette zu spielen, nicht auf. Nach der Umstellung auf Viererkette gab es eine bessere zweite Halbzeit, die aber am Ende nicht gut genug war.
Vor dem Turnier wurde Österreich als ein Geheimfavorit gehandelt. Auch in unserer EM Vorschau hielten wir große Stücke auf die Mannschaft von Marcel Koller. Der Traum ist bereits nach der Vorrunde ausgeträumt. Österreich konnte nie an die Leistungen der Qualifikation anknüpfen.
Nachdem die Österreicher in den ersten beiden Partien Probleme mit ihrem 4-4-2-System hatten, wechselte Koller im Alles-oder-Nichts-Spiel gegen Island seine Formation. Koller stellte drei Innenverteidiger in einem 3-4-3/5-2-3-System auf. David Alaba übernahm in diesem System die Rolle des höchsten Akteurs gegen den Ball, ließ sich aber bei Ballbesitz etwas fallen. Alaba spielte damit eine zurückfallende oder teilweise auch falsche Neun.
Der Fluch der Umstellung
Warum wählte Koller diese Variante? Ein Kalkül dahinter war es wohl, die Außenverteidiger weiter vorzuschieben. Arnautovic und Sabitzer konnten dadurch etwas eingerückt spielen, quasi als Halbstürmer neben Alaba. In der Abwehr hatte man mit der Dreierkette eine dauerhafte Überzahl gegen die zwei isländischen Stürmer. Ilsanker und Baumgartlinger konnten dadurch höher agieren und mussten nicht ständig abkippen.
Diese Vorteile waren auf dem Platz aber nur sehr selten zu erkennen. Baumgartlinger und Ilsanker postierten sich trotz der Dreierkette eher tief. Durch die hohe Rolle von Arnautovic und Sabitzer gab es keinen Verbindungsmann im offensiven Mittelfeld. Alaba versuchte durch sein Zurückfallen diese Rolle zu füllen, aber es blieb dasselbe Fazit wie nach dem Portugal-Spiel: Alaba sollte nicht mit dem Rücken zum Tor angespielt werden, sondern mit Blickrichtung Tor. Als zurückfallender Stürmer war er noch verlorener als auf der Zehn.
Vor allem aber nahm die neue Formation den Österreichern eine ihrer wenigen Stärken: ihr Pressing. Innerhalb des 3-4-3 gab es keine gut abgestimmten Mechanismen gegen den Ball. Oft entstand ein unkompaktes 3-4-0-3, indem die Isländer einfach in den Sechserraum passen konnten. Das Mittelfeld rückte nicht nach. Die Außenverteidiger verfolgten ihre Gegner extrem stark, erlangten aber dennoch keinen Zugriff. Österreich war so seltsam gestreckt und hatte keine gute Staffelung in der Breite.
Island nach dem Tor zu passiv
Und Island? Die taten, was Island in diesem Turnier so tut: Aus ihrem 4-4-2 suchten sie recht direkt den Weg in die Spitze. Unter Druck griffen sie dabei oft auf lange Bälle zurück. Durch das schwache österreichische Pressing konnten sie jedoch auch oft ins Zentrum gelangen. Island leitete einige Spielzüge über die hängenden Stürmer ein. Diese legten den Ball für die einrückenden Außenstürmer oder die aufrückenden Sechser ein. Am besten gelang dies in der zweiten Minute, als Gudmundsson nach einer schönen Engenkombination den Ball an die Latte knallte.
Die Stärke der Isländer bleiben aber Standardsituationen. Egal ob ruhender Ball an der Mittellinie oder Einwurf in Tornähe – die Isländer jagen den Ball in den Strafraum. Ein Einwurf führte letztlich zum Führungstreffer (18.). Das war gar keine so große Überraschung, schließlich trafen die Isländer bereits in der Qualifikation nach Einwürfen. (Ironischerweise hatte ich als Korrekturleser der EM-Vorschau Island-Autor TR noch darauf hingewiesen, er sollte in einem Nebensatz die Einwürfe der Isländer erwähnen. Leider schaffte es der Satz nicht mehr ins Heft.)
Nach der Führung verloren die Isländer etwas das Momentum. Sie bauten ihr 4-4-2 in der eigenen Hälfte auf. Wie gewohnt agierten die Stürmer sehr eng anliegend am Mittelfeld, die Abstände in der Vertikalen waren sehr klein. Alle zehn Feldspieler ballten sich zwischen Sechzehner und Mittelkreis. Österreich spielte nun etwas konzentrierter aus der Abwehr und schob die Außenverteidiger weiter vor. Wenn die Österreicher die Außenverteidiger oder Alaba in der Mitte fanden, zog sich Island eng zusammen. In der Folge verpassten sie es jedoch, wieder vorzurücken. Island ließ sich in eine zu flache Formation am eigenen Sechzehner drücken und konnte Ablagen auf Österreichs Sechser nicht verteidigen. Nur gut, dass Österreich dieses Mittel nur sehr ungenau nutzte.
Rückkehr zum 4-4-2
Koller stellte zur Pause zurück auf sein Stammsystem. Prödl und Ilsanker verließen den Platz, Schöpf und Janko kamen. Österreich agierte jetzt wieder mit dem gewohnten 4-2-3-1. Alaba und Baumgartlinger übernahmen die Doppelsechs, wobei Baumgartlinger tiefer spielte und häufiger zwischen die Verteidiger abkippte.
Die ersten zwanzig Minuten nach der Pause konnten die Österreicher mit ihrer neuen, alten Formation vollends dominieren. Einerseits besetzte Schöpf das offensive Mittelfeld besser, bot sich häufig für Ablagen an. Alaba kam häufiger in Situationen, in denen er Dynamik aufnehmen und Mitspieler suchen konnte. Durch die etwas tieferen Außenverteidiger war die Versuchung nicht mehr so hoch, Angriffe über die Flügel zu spielen. Stattdessen besann sich Österreich auf das schnelle Ablagenspiel durch das Zentrum, das sie in der Qualifikation so stark machte. Zudem stimmten jetzt die Abläufe gegen den Ball wieder, das 4-4-2-Pressing zwang Island zu unkontrollierten langen Bällen.
Es war die stärkste Phase der Österreicher in diesem Turnier, auch wenn sie noch immer nicht frei von Mängeln waren. Dragovic rückte gegen den Ball nicht so stark raus wie Hinteregger, sodass hier oft Gassen entstanden. Technisch fehlte dem Spiel nach vorne die Genauigkeit, sodass viele Ansätze steckenblieben. Und die fehlende Breite durch die Außenverteidiger war nicht immer Segen – manchmal fehlten sie schlicht als Anspielpartner für Verlagerungen. Dennoch drängte Österreich jetzt Island in das flache 4-4-2, hatte mehr Chancen. Schöpf traf nach einem Solo zum Ausgleich (60.).
Flankenfokus ohne Flügelspieler
Leider hielt das österreichische Hurra nur bis rund um die 70. Minute. Island stellte mit der Einwechslung des zweiten Bjarnason auf ein 4-4-1-1 um. Sie unterbanden in der vordersten Linie Zuspiele auf die Sechser etwas besser. Alaba und Baumgartlinger mussten immer tiefer die Bälle abholen, hatten dadurch weniger Bindung an die Vordermänner.
Vor allem aber begannen die Österreicher, vollends auf Sieg zu spielen. Das bedeutete: zahlreiche Hereingaben in den Sechzehner. Zumindest sollte es das wohl bedeuten, wenn man die Besetzung des Strafraums mit fünf oder sechs Spielern betrachtet. Allerdings gab es keine Spieler, die Hereingaben schlugen. Die Außenverteidiger starteten weiterhin nicht an die Grundlinie, die Außenstürmer zogen ins Zentrum. Einzig der eingewechselte Jantscher ging einige Male an die Grundlinie.
Die Folge: Österreichs Flanken kamen völlig ohne Wucht. Sie konnten nur aus dem Halbfeld oder aus dem Zentrum in die Mitte spielen. Diese Chip-Bälle hatten jedoch keinen Druck, um die isländische Abwehr zu prüfen. Je dringender Österreich das Tor brauchte, umso mehr Spieler warfen sie in den Strafraum – und umso stärker vernachlässigten sie die eigene Abwehr. Der entscheidende Konter zum 2:1 war die logische Folge aus offensiver Harmlosigkeit und fehlender defensiver Absicherung.
Fazit
I wer‘ narrisch – die Österreicher scheiden als Tabellenvierter sang- und klanglos aus. Vor dem Turnier hatte ich sie noch als einen Geheimfavoriten bezeichnet. Leider konnten sie ihre Stärken so gut wie nie zeigen. Das Pressing war löchrig, der Spielaufbau fahrig, die Verbindungsräume und Flügel blieben oft unbesetzt. Auch Kollers Experiment mit der Dreierkette ging nicht auf. Gegen Island reichten zwanzig bis dreißig gute Minuten nicht.
Island darf sich über den größten Triumph seiner Fußballgeschichte freuen. Erneut verteidigten sie kompakt, brachten alle Spieler hinter den Ball. Im Konter waren sie aber (wieder einmal) durch ihre tiefe Positionierung und die ungenauen Bälle recht harmlos. Gegen Österreichs schwache Defensive fiel das jedoch nicht ins Gewicht. Somit dürfen die Isländer sich auf das Achtelfinale gegen England freuen.
28 Kommentare Alle anzeigen
Gregor_H 24. Juni 2016 um 19:21
Meine Meinung: „kriegsentscheidend“ für das Ausscheiden Ö’s war
1. die Verletzung von Junuzovic und
2. die falsche, fast hysterische Reaktion des Trainers darauf.
Statt Schöpf einzuwechseln (der zuletzt gute Form hatte) und einfach weiterzumachen wurde plötzlich wild experimentiert.
Wäre das Spiel gegen Ungarn trotzdem verloren worden: Sei’s drum. Aber man hätte die Formation geübt und nicht Alaba im nächsten Spiel Junuzovic Position übernehmen lassen müssen.
Gegen Portugal (nicht gegen Island) hätte ich mit drei Innenverteidigern gespielt, Schöpf von Anfang an gebracht und gehofft: Auf Gott, ein 0:0 (und Ronaldo hätte erhört, wie man sah) und auf die Fans. Ich war live dabei: Wir haben in dem kleinen, geschlossenen Stadion die Mannschaft 90 Minuten lang angetrieben. Und die Mannschaft hat sich antreiben lassen. Da war 100% Wille vorhanden.
Gegen Island, das unbedingt besiegt werden mußte, mit drei Inneverteidigern zu beginnen und wieder ohne Schöpf ist eine Entscheidung, die man Koller ankreiden muß. Ob 100% Wille auch bei diesem Spiel da war, ist schwer zu sagen. Sicher ist aber, daß der Mannschaft von Beginn an das Herz nicht in die Hosentasche gefallen war, sondern irgendwo in den Kniekeheln baumelte. Das war live so was von zu fühlen … Seltsam: Kaum war Schöpf eingewechselt, war Ö drückend überlegen, der Ball lief.
Ich denke die „Erfahrungen“ die in einem großen Turnier jetzt angeblich gemacht wurden, die hat hauptsächlich Koller gemacht. Wie oben schon geschrieben wurde: Ö hatte keinen Plan B. Nachdem die halbe Mannschaft außer Form war (Harnik ohne Spielpraxis, Klein fast ohne Speilpraxis, Hinteregger fast ohne Spp, Dragovic vorher verletzt, Janko vorher verletzt) und Zlatko ausfiel herrschte Aufstellungshektik statt ruhige Analyse. Ein einziges Tor mehr in einem der drei Spiele hätte genügt.
Peda 24. Juni 2016 um 13:33
Kommt nur, kommt alle aus euren Löchern! Österreich liegt am Boden, so leicht kann man nur selten zutreten!
Österreich ist die Enttäuschung bei diese EM.
Gegen Ungarn setzt es statt dem Ausgleich einen Ausschluss, der selbst den Schiedsrichter überraschte, gegen Island setzt man einen Elfer an die Stange.
Ein xG von 2,7:3,7 bei 1:4 Toren in der Gruppenphase – alle vier brauchbaren Großchancen wurden vom Gegner gnadenlos verwertet, zwei davon in den Schlussminuten als man bereits kopflos alles nach vorne warf.
Koller habe keinen Plan B. Mhm.
4-4-2 Angriffspressing, 4-1-4-1 Mittelfeldpressing, 4-2-3-1 Ballbesitzspiel – man sah die letzten Jahre sogar drei. Warum bei der EM keines davon auch nur annähernd so umgesetzt wurde wie in der Qualifikation? Keine Ahnung.
Aus meiner Sicht lag da aber insgesamt mental zu viel im Argen, als dass man die Leistungen großartig dem Trainer umhängen könnte. Als Beweis gelten mir die wütenden Minuten nach dem 0-1 der Ungarn und ab der Halbzeit gegen Island.
Ja, in den Testspielen wurde wohl zu wenig wirklich getestet, vor allem personell. Gerade auf Nationalmannschaftsebene kann die Eingespieltheit aber ein entscheidender Vorteil sein. Der gesamte Stamm war einsatzbereit, wenn auch nicht unbedingt 100% fit oder in Topform. Das hat sich in der Qualifikation aber trotzdem immer bezahlt gemacht.
Ja, Alaba ist besser mit dem Spiel vor sich. Jener Alaba hat mit seinen Vorstößen vor allem in den Testspielen vor der EM aber immer wieder für enorme Kompaktheitsprobleme gesorgt. Ihn eine Reihe vorzuziehen war wohl einfacher als den Superstar zu bremsen.
Ja, ein Punkt aus drei Spielen gegen diese Gegner klingt fatal. Das Glück ist aber ein Vogerl, im Fußball sogar eher ein straußenähnliches Schwergewicht, das die haarsträubendsten Dinge ausbrütet.
Ich erlebe Koller als sehr selbstreflektierten Menschen, der in seiner Zeit als Teamchef schon einige Schritte vorwärts gemacht hat. Wechselzeitpunkte, In Game-Coaching, Alternativsysteme, Menschenführung… ich hoffe, er darf seinen Weg bis 2018 ohne schlimmere Zwischentöne fortsetzen.
HW 24. Juni 2016 um 13:36
Sorry, aber schaut man auf die Tabelle und die Erwartungen von dem Turnier dann kann man doch nur sagen: Österreich ist die Enttäuschung bei diese EM.
Besonders gut haben sie auch nicht gespielt. Das waren keine zufälligen Ergebnisse total entgegen des Spielverlaufs.
Aber: Österreich war sicher nicht die einzige Enttäuschung der Gruppenphase.
Peda 24. Juni 2016 um 16:36
Ich dachte Taktikanalysen erfolgen unabhängig von den Ergebnissen, um nicht einem Narrativ zu folgen, dass sich zu großen Teilen auf Zufall stützt?
Österreich war genau 45 Minuten gut: 5 gegen Ungarn (Gegentreffer bis Ausschluss), 40 gegen Island (Halbzeit bis zur Lucky Punch-Phase). Da wurden die Wege gegangen und die Pässe gespielt, wie man sie aus der Qualifikation kannte. Koller wird keinem verboten haben seinen Anweisungen länger als ein Sechstel der Zeit folge zu leisten.
Die Fans blieben übrigens nach dem Schlusspfiff zum Großteil im Stadion und applaudierten der Mannschaft, bis sich auch der letzte in die Kabine schleppte.
Den Boulevard und den Erstellern der Fehlprognosen hier scheint es also am härtesten getroffen zu haben.
HW 25. Juni 2016 um 10:55
Taktikanalysen vielleicht, aber die Tabelle wird nach dem Ergebnis und nicht nach der buntesten Taktik aufgestellt. Die Taktik hat den Zweck die Erfolgsaussichten zu verbessern. Außerdem ist es wahrscheinlich kein Zufall wenn taktisch experimentiert wird, das Team nicht gut spielt und die Ergebnisse nicht stimmen. Das könnte alles zusammenhängen.
Die Experten trifft es immer am härtesten wenn ein Favorit nicht performt. Das ist dann fast schon eine persönliche Beleidigung.
HK 23. Juni 2016 um 20:50
Ich bin ja kein großer Freund davon nach Niederlagen gleich die „Vercoacht-Karte“ zu ziehen.
Aber das was schon heftig.
Alaba als Stürmer?? Und diese komische Dreierkette? Da stehen die Isländer alle 20 Meter vor dem eigenen Tor und die Österreicher reihen ihre Dreierkette wie an der Perlenschnur (positiv formuliert so eine formschöne Dreierkette habe ich noch nie gesehen) an der Mittellinie oder teilweise noch dahinter auf?? Keiner bewegt sich, alle halten Position?
Alles weitere dann siehe Spielbericht. Seltsam gestreckte Formation, unpassende Staffelungen, keine Kompaktheit usw.
HW 24. Juni 2016 um 10:18
Das ist das Problem wenn ein Team ungewohnte Systeme spielen muss. Da halten sich die Spieler an ihrem Rahmenwerk fest. Besser wäre es vielleicht gewesen in den gewohnten Systemen die Lösungen für ein besseres Spiel zu finden.
GatlingJ 23. Juni 2016 um 20:05
Alaba vorne als falsche Neun!
Muhahaha – der war gut.
Hallo Koller, bitte stelle Alaba im nächsten Spiel als Torwart auf…Bitte, er sollte in seinem Leben in der Ösi N11 wirklich auf allen Positionen seinen Einsatz bekommen.
…Mann, mann, mann, geht’s noch!?! Der Typ hat doch nich mehr alle Tassen im Schrank, ehrlich.
prandellis nasenflügel 23. Juni 2016 um 18:56
Wenn eine Mannschaft nahezu jedes Testspiel vor eigenem Publikum bestreitet und sich nie über ein schwieriges Auswärtsspiel hinübertraut ist es auch kaum ein Wunder, wenn die mentale Komponente bei einem Turnier auf fremdem Terrain nicht gänzlich klappt.
Abgesehen davon hat Koller in der gesamten Quali auf die selbe 11 gesetzt und selbst gegen Liechtenstein, als bereits alles entschieden war mit der Stammform begonnen. Wenn ich dann ausgerechnet 2016 und sogar während dem Turnier selbst auf das Experimentieren zurückgreife ist es nicht weiter überraschend, dass die Spieler dann damit überfordert sind. Dass in der heimischen Bundesliga nach wie vor wenig taktische Varianz geboten wird und die Spieler mit vorhersehbaren taktischen Systemen aufwachsen und dies verinnerlichen trägt ihr übriges dazu bei. Die Mannschaft war spätestens zu Beginn dieses Jahres taktisch auszurechnen und hatte kein System B oder C einstudiert. Wenn ein Spieler wenig Spielraum bekommt und dann plötzlich bei einer EM in der Startformation steht darf er auch überfordert sein.
Dies ist alles hausgemacht und hat nicht unbedingt etwas mit Pech zu tun. Abgesehen davon haben wir es in Österreich mit kritischer Aufbereitung von Spielen nach wie vor nicht und so und Journalisten denken zwei Mal nach bevor sie eine ernsthaft kritische Frage stellen, vor allem wenn sie für das öffentlich rechtliche Fernsehen arbeiten. Dies alles erzeugt ein Umfeld, indem Selbstkritik und Weiterentwicklung durch mutige Entscheidung sehr schwer sind. Wie viele heimische Sportler sind wirklich dazu in der Lage bei größtmöglichem Druck zu funktionieren? Dominic Thiem ist eine Ausnahme.
euler 23. Juni 2016 um 23:58
Ich halte nichts davon jetzt alles in Frage zu stellen. Trotz der EM hat Österreich die letzten 2 Jahre sehr erfolgreich gespielt. Leider neigt man in Österreich immer zu Extremen. Nach 3 Siegen wird die Mannschaft in den Himmel gelobt, verliert sie 2 mal hintereinander ist alles schlecht.
Wie viele Formationen soll ihrer Meinung nach eine Mannschaft beherrschen um erfolgreich zu sein. Man kann auch immer die gleiche Formation spielen und sich trotzdem an den Gegner anpassen. Das machen die meisten erfolgreichen Trainer so. Nicht jede Mannschaft ist Bayern und nicht jeder Trainer Pep. Eine klare Spielidee und eine eingespielte Mannschaft ist Kollers Strategie und hat zur erfolgreichen Qualifikation geführt (das sollte in Österreich nicht als selbstverständlich angesehen werden).
HW 24. Juni 2016 um 10:38
Ich würde auch nicht alles in Frage stellen. Es ist vielmehr der nächste Entwicklungsschritt notwendig. Man muss lernen sich nicht von einer guten Quali blenden zu lassen. Man muss starke Gegner für Freundschaftsspiele finden. Man muss bereit sein taktisch zu experimentieren, damit man das im Turnier nicht mehr machen muss. (Und damit man Umstellungen besser umsetzen kann.) So lernt man seine Fähigkeiten besser kennen.
Und man muss vielleicht auch schauen wie man so ein Turnier besser angeht. Organisatorisch aber auch die Mentalität der Mannschaft betreffend.
koom 24. Juni 2016 um 13:17
Persönlich würde ich sagen: Koller halten. Grundsätzlich gut ist er ja, das hat er durchaus bewiesen über die Jahre. Seine Arbeit beim Turnier und dessen Vorbereitung muss man prüfen und die Schlüsse daraus ziehen.
Und die turnierorganisation an sich muss man sowieso checken und sich vielleicht erprobte Kräfte ins Boot holen. Ich behaupte mal, dass bspw. der DFB durchaus Infos weitergeben würde an den ÖFB, bzw entsprechende Kontakte vermittelt.
HW 24. Juni 2016 um 13:42
Keine Ahnung ob die Verbände da aktive ‚Hilfe‘ leisten würden. Aber man kann Erfahrung in der Organisation auch einkaufen.
Was aber auffällt ist, dass kleinere Teams zwar gerne gehypt werden. Aber Turniererfahrung und Turnierhärte bekommt niemand durch ein paar gute Spiele in der Quali. Da liegt dann der Vorteil von Ländern wie Deutschland oder Italien, die es meistens im Turnier hin bekommen (außer die Spieler sind wirklich schlecht).
Reiner 23. Juni 2016 um 15:51
Es herrscht in Österreichs Nationalteam immer noch eine gewisse „Freunderlwirtschaft“. Ein in Top Form spielender Gregoritsch vom HSV wird gar nicht einberufen? Und des Trainers Taktik ist nicht nachvollziehbar. Hat er die Island Spiele vorher nicht angeschaut. Und die körperliche Verfassung der Spieler entspricht nicht dem internationalen Standard. Da gibt es viel Arbeit, das System des Fußballverbandes ist nicht mehr tragfähig. „Wir sind doch alles Freunde“
Objektiv 23. Juni 2016 um 15:23
Sehr treffende Analyse zum Spiel, jedoch nicht zum Ausscheiden Österreichs. Hier müsste ,an mehr Faktoren als nur die Taktische Komponente beachtet werden! Sei es die Unerfahrenheit mancher Spieler oder auch des Trainerteams, einige „Anfängerfehler“ und letztlich das Nerven-flattern das sogar vor Championsleague erfahrenen Alaba keinen halt mach, nur um einige zu nennen.
Insgesamt glaube ich hat niemand alles falsch oder Richtung gemacht, weder der Verband noch Koller und sein Team, aber auch nicht die Spieler. Österreich als Geheimfavorit zu nenne zeugt aber auch von dem unglaublichem Hype der in und um Österreich aufgebaut wurde, trotz bedenklicher Spiele kurz vor der Em.
Unter Koller haben wir die gesamte Quali mehr oder weniger mit dem selbem System gespielt, und rotiert wurde nur Aufgrund sperren und ausfällen (Stichwort Okotie) Das einzige land das mir einfällt, das sich derart auf seinen Plan A verlassen hat ohne Gedanken daran das man gegen größere Gegner vlt anders Spielen muss, ist Spanien. Und da haben wir es: Den Österreichischen Größenwahn, selbst unter einem Schweizer Coach.
Und nicht zuletzt ist eigentlich alles schief ging was schief gehen konnte in Frankreich: Das erste Spiel, der erste Schuss einfach alles. Dann die Taktische Umstellung gegen Portugal, die erste unter Koller in diesem Ausmaß -absolute Überraschung. Ich habe ihn dafür gefeiert, habe mir aber sorgen gemacht wie er innerhalb eines Turniers so schnell wieder zwischen den unterschiedlichen Systemen und Grundeinstellungen (komplett Konträr) wechseln will. Die Spieler haben sich (und das ist nicht selbstverständlich) gefügt und haben brav gemauert gegen Portugal, nicht ihr Spiel aber plötzlich können sie es. Dann aber gegen Isalnd wieder eine neue Taktik aus dem Hut zu zaubern war schlichtweg zu viel des „guten“, im Interview wars ja noch lustig aber auf dem Platz? Absolutes Chaos, die Arbeit und den Erfolg der letzten Jahre zunichte gemacht, ich habe kaum Ansätze irgendwelcher Fortschritte unter Koller wieder erkennen können.
Sehr gut beschrieben ist das Pressing Problem, bis auf ein paar individuell aus Frust heraus geborenen Pressing Anfälle von Sabitzer oder Alaba und Arnautovic ging da gar nichts! Spielerisch eine Katastrophe, nur individuell ging was, und wieder war Österreich auf Mittel beschränkt auf die sie sich noch NIE verlassen mussten/konnten, nachdem Arnautovic kein Neymar ist und Alaba auch kein messi wird aus dem wir wir verlassen uns darauf das die da vorne das richten dann auch nichts, der verschossene Elfer hat Symbolkraft.
2te Halbzeit dann der Kniefall Kollers, erkannt das er sich und die Taktische Variabilität des Teams komplett überschätzt hat. Aber die Gemüter waren bereits am boden, Alaba ein Nerviges Wrack und Janko einer von vielen tragischen Figuren, der Mann auf den sich Österreich in der Quali letztendlich immer verlassen konnte, war bei dieser EM mehr oder weniger nicht vorhanden.
Was kann man Koller vorwerfen? Das er die Manschaft eingestellt hat als ob er wärend der Quali 3 verschiedene Systeme eingeübt hätte, als ob er bei einem CLub wäre, und selbst da wäre die umstellung von kompakten 4231 Pressing hinzu mauern hinzu 3er Kette mit falscher 9 Wahnsinn gewesen. Nichtmal Paco oder Pep hätten das innerhalb 3 Wochen gemacht. Österreich hat dieses Turnier unter koller gespielt als hätte er sie gerade erst übernommen. Mich interresiert eigentlich viel mehr die Frage warum Koller hier plötzlich den taktikzauberer spielen wollte, einen Überblick über die veränderungen innerhalb der 3 Matches wäre sehr interresant zu lesen!
Kleine Anmerkung: Die Grundlinienläufe wurden gegen ende nur von Jantscher UND Klein gemacht. Wirklich schade, das man auch diese Taktische Komponente nicht drauf hat: Wenn sich die Innenverteidiger gegenseitig den Ball zu schieben und Fuchs ab und zu mal aus der tuefe flankt wird das nicht gefärlicher werden. Arnautovic als Spieler der neben Janko auf die hohen Bälle wartet? Verschenkt, da hätte man ebenso Dragovic hinstellen können! Und Schöpf, Alaba, und die Außenverteidiger den Spielaufbau überlassen können, Arnautovic hätte mehr dem Ballführenden entgegen kommen können und Hinteregger hätte Absichern können und aus der 3ten Reihe mal schießen.
Zum Schluss noch 2 Fragen: Wann kommen wieder mal Podcasts und wie meldet man sich hier fest an ohne jedesmal die Email eingeben zu müssen um zu kommentieren (gibt hier ja auch ein Forum, in dem man aber nur als User schrieben darf)
euler 23. Juni 2016 um 15:41
Auch wenn es hier vorrangig um Taktik geht darf man die psychologische Komponente nicht ignorieren. Nach der Qualifikation wurde der öffentliche Druck auf die Mannschaft schon sehr groß. Nachdem den die Vorbereitung daneben ging (Malta muss der angehende Europameister schon aus dem Stadion schießen) wurde der Druck nur noch größer.
Ich denke, der defensive Ansatz wurde gegen Portugal aus Angst gewählt. Funktioniert hat er nicht, aber man hat mit Glück (und Ronaldo) einen Punkt geholt. Dann hatte Koller wohl das Gefühl etwas ändern zu müssen um die Mannschaft wieder zum Leben zu erwecken…
mb89 23. Juni 2016 um 13:01
Ich finde die Aufstellung war in 1 HZ deutlich zu defensiv. Warum man mit einer 5er Kette und zwei 6er gegen einen Gegner agiet, dem ein Punkt reicht verstehe ich nicht. Man hätte durchaus mit 3 IV spielen können. Dann hätte ich jedoch die Flügel mit Alaba und Arnautovic besetzt. Die 2 6er hätten in diesem Fall dann auch Sinn gemacht. Vorne drin wäre dann Janko und hängend Schöpf meine Wahl gewesen. Das wäre mMn mutig gewesen und nicht eine 5er Kette, welche uns als 3er Kette verkauft wird, nur hätte man dann Fuchs opfern müssen, das hat er sich nicht anscheinend nicht getraut..
Will_Grigg 23. Juni 2016 um 12:52
Wieso wurde Österreich überhaupt als „Geheimfavorit“ gehandelt? Das war doch von Beginn an lächerlich.
Koom 22. Juni 2016 um 22:36
Den „Geheimfavoritentod“ gestorben. Die Aufarbeitung davon wird sicherlich interessant sein. Rein von den Namen und auch der Quali-Leistung war das eine gute, talentierte Elf mit guter Mischung. Die Wechselorgie jetzt speziell in diesem Spiel, aber auch schon zuvor lässt aber eine schlechte Turnier-Trainer-Leistung vermuten. Es ist dann doch was anderes, ob man in der Turniervorbereitung und -begleitung die Mannschaft coacht oder in 2-3 Trainingseinheiten vor einem Qualispiel.
Das natürlich auch eine Portion Größenwahn der Deutschen und englischen Meister und der tollen Quali mitspielt, kann man auch vermuten.
HW 22. Juni 2016 um 22:45
Man muss schon an der Zurechnungsfähigkeit von Marcel Koller zweifeln.
Die Mannschaft war im Turnier wie erstarrt und die Umstellungen haben sie dann noch schockgefroren.
Rasengrün 23. Juni 2016 um 02:52
Immer die einfachste Lösung, den Trainer zum Bekloppten zu erklären. Die Mannschaft hat in der Qualifikation funktioniert, im Turnier nicht. In meinen Augen ist da eher der Verband, speziell die Organisierenden, zu hinterfragen. Österreich hat allerdings auch länger kein Turnier mehr gespielt und wenn man nach zwanzig Jahre alten Rezepten vorgegangen ist, dann wäre das eine weitaus plausiblere Erklärung als mangelnde Zurechnungsfähigkeit des Trainers.
HW 23. Juni 2016 um 08:08
Und in der Quali hat Alaba als 10er gespielt?
Der Trainer muss doch bei der Taktik eine halbwegs nachvollziehbare Linie haben. Lange kein Turnier gespielt zu haben, hat Ungarn, Island und einige andere nicht negativ beeinflusst.
Aber natürlich ist der Trainer nie alleine Schuld. Er hat hier aber auch nichts zum besseren verändert.
Rasengrün 23. Juni 2016 um 21:24
Er hat halt versucht ein Problem zu lösen und die Lösung war keine. Passiert. So abwegig ist der Gedanke aber doch erst einmal nicht, seinem bestem Feldspieler maximalen Einfluss verschaffen zu wollen. Hat sich halt geirrt, wie das zu bewerkstelligen wäre, aber angesichts der Grütze, die zuvor gespielt wurde, musste irgendetwas versucht werden. Auch oder gerade, wenn ich mit meinem Verdacht richtig liege, denn das ließe sich ja kaum ad hoc korrigieren. Wenn man unter Druck zum Experiment gezwungen ist, dann ist das eben riskant. Ein Trainerfehler ist es aber nur, wenn einfach so weitermachen mehr Erfolgsaussicht gehabt hätte. Wird aber kaum jemand behaupten wollen, oder?
HW 24. Juni 2016 um 10:27
Ich bin kein Freund von der These: Wenn es nicht läuft, muss ETWAS probiert werden.
Wenn es nicht läuft, muss das richtige getan werden. Herauszufinden was das richtige ist, ist die Aufgabe des Trainers. Es gibt Dinge, die lassen sich schwer in drei Tagen bei einem Turnier lösen. Da braucht es Vorbereitung und Tests im Vorfeld. Wenn es das nicht gegeben hat, dann ist so ein Schritt wie Alaba auf die 10 nicht mehr als ein Schuss ins Blaue.
Das alles zeigt wie unvorbereitet die Österreicher waren.
gs 23. Juni 2016 um 11:53
Das mit den Geheimfavoriten ist immer so eine Sache. Die GE- hen halt gerne vorzeitig HEIM … 😉
Sorry, der musste sein …
Aber objektiv betrachtet nicht erstaunlich: wer nur einen einzigen internationalen Topspieler in seinen Reihen hat (hier Alaba, oder auch bei Schweden Ibrahimovic), kann auf so einem leistungsmäßig engen Turnier nur etwas reißen, wenn ein super Teamspirit da ist und in jedem Spiel alle auf dem Feld mit 100% Leidenschaft spielen. Und ein Trainer, der leidenschaftsmäßig dazu passt und im Idealfall auf ein eingespieltes Team und die passende Taktik setzt, schadet auch nicht.
Insofern stimmungsmäßig schon mal eine Schnapsidee, einen Schweizer als österreicheichen Nationaltrainer zu engagieren … und die Auf- bzw. Umstellungen im Team haben sich ja nun auch nicht als besonders geglückt erwiesen.
Fazit: man lasse sich nie von einer guten Qualifikation blenden – in der Gefahr war die deutsche Mannschaft ja zum Glück nicht 🙂
prandellis nasenflügel 23. Juni 2016 um 19:11
so wie die Schnapsidee einen deutschen Trainer mit Griechenland Europameister werden zu lassen und die Elfenbeinküste mit einem europäischen Trainer den Afrika Cup gewinnen zu lassen?
HW 24. Juni 2016 um 10:32
Der Unterschied zwischen Schweden und Österreich ist: bei Schweden weiß jeder, die sind als Team nicht wirklich gut, haben aber einen guten Stürmer (was wenig bringt, wenn der selten den Ball bekommt).
Österreich dagegen galt als gutes Team. Da haben sich die Experten etwas in die Nesseln gesetzt und nicht beachtet, dass die Österreicher vielleicht zu ausrechenbar sind, keine Turnierhärte besitzen und nicht sehr starke Gegner gespielt haben (ich hab mir das auch nicht angesehen).
euler 23. Juni 2016 um 13:26
Klar war Österreich weit von ihrer Topform entfernt. Trotzdem hätten die Spiele gegen Ungarn und Island auch anders herum ausgehen können. Zudem ging die eher defensive Ausrichtung gegen Portugal und die 1. Halbzeit gegen Island eher nach hinten los. Ohne hohes Pressing und schnellem Umschaltspiel hat man sich selbst die eignen Waffen genommen. Aber ohne Selbstvertrauen funktioniert hohes Pressing nur sehr selten.
Dazu ist mit Junuzovic ein Spieler ausgefallen, den man nicht gleichwertig ersetzen kann. Auch wenn er kein internationaler Topstar ist, passt er perfekt in das österreichische System und ist dort sehr wichtig.