Die Blancos gewinnen letztmalig „ihren“ Pokal
Die Mannschaft von Real Madrid um Kapitän Francisco Gento konnte 1966 zum letzten Mal in dieser Ära den European Cup gewinnen. Nach den Finalniederlagen 1962 und 1964 hatten sich die Blancos, mittlerweile aufgrund ihrer legeren und langhaarigen Spieler als Yé-Yé Team bekannt, langsam, aber stetig verändert.
Alfredo Di Stéfano gehörte nicht mehr zum Kader. Ferenc Puskás spielte eine für seine Verhältnisse kleine Rolle. Der Ungar erzielte auf dem Weg zum Finale aber immerhin noch fünf Tore – allesamt in den beiden Spielen der Qualifikationsrunde gegen Feyenoord. Doch anschließend absolvierte er nur noch eine Partie im European Cup. Cheftrainer Miguel Muñoz vertraute auf Amancio Amaro und Ramón Grosso als Sturmduo, die auch im Endspiel ihr gutes Zusammenspiel unter Beweis stellten.
Real Madrid ging aufgrund der Historie als Favorit in diese Partie. Aber der Gegner, der FK Partizan, entpuppte sich als ebenbürtiger Konkurrent. Die Mannschaft von Trainer Abdulah Gegić war auf europäischem Parkett kein unbeschriebenes Blatt. Jene Generation um Milutin Šoškić, Fahrudin Jusufi, Milan Galić und Velibor Vasović führte Partizan zu mehreren nationalen Meisterschaften, wodurch die Parni Valjak, die Dampfwalzen, auch im European Cup auftraten.
Die Saison 1965/66 wurde in diesem Kontext zur Krönung dieser Mannschaft. Unter anderem holte Partizan im Viertelfinale einen Rückstand von 1:4 noch im Rückspiel gegen Sparta Praha auf. Eine Runde später gewannen sie das Heimspiel gegen Manchester United mit 2:0 und konnten anschließend im Old Trafford dem Ansturm der Engländer standhalten, indem sie lediglich einen Treffer kassierten. So war der Weg ins Heizelstadion, dem Ort des 1966er Finales, bereitet.
Mittelmäßiges Niveau zu Beginn
Beide Mannschaften traten in ihrer jeweiligen Interpretation der 4-2-4-Formation an. Auf Seiten Partizans waren die Flügelspieler etwas asymmetrischer ausgerichtet. Rechtsaußen Mane Bajić positionierte sich oftmals tiefer als Josip Pirmajer. Dieser wiederum schob von der Außenlinie des Öfteren nach innen.
Bei den Madrilenen war die Formation hingegen symmetrischer. Gento sowie Fernando Serena kamen über die offensiven Flügel und flankierten die beiden zentralen Angreifer. Dahinter gab es zwischen Manuel Velázquez und Pirri klare Rollenverteilungen im Mittelfeld. Letzterer fungierte stets als tieferer Aufbauakteur, während Velázquez als Erster in die Spitze nachschob.
Die Spieleröffnung wurde bei Real Madrid meist über die äußeren Verteidiger eingeleitet. Regelmäßig ging es über Pachín, der einen schnellen Pass auf seinen Vordermann Serena spielte, wodurch wiederum dieser als Ballschlepper in die Hälfte der Jugoslawen eindrang und im Anschluss auf Amancio passte. Im Gegensatz zu Grosso ließ sich Amancio in der Anfangsphase häufiger zurückfallen, um Zuspiele aus den hinteren Reihen aufzunehmen. Nach den ersten Minuten übernahm aber auch Pachín verstärkt offensive Läufe auf der Außenbahn.
Bei Partizan war derweil Vasović ein wichtiger Schlüsselspieler. Der technisch starke Abwehrakteur übernahm die Verantwortung im Aufbauspiel. Man merkte ihm direkt an, dass er vielen Verteidigern seiner Zeit überlegen war. Nicht ohne Grund wechselte er im darauffolgenden Sommer zu Ajax, wo er als Kapitän noch den European Cup 1971 gewinnen sollte.
Neben Vasović hatte bei Partizan auch Mittelstürmer Mustafa Hasanagić, der zuvor im European Cup sechs Treffer erzielt hatte, eine signifikante Rolle im Angriffsspiel. Häufiger wurden lange Bälle auf ihn geschlagen, damit er sie beispielsweise auf seinen wuseligen Partner Galić weiterleiten konnte. Oftmals deckte Madrids Pedro de Felipe sehr eng Hasanagić, damit dieser zumindest am Boden wenig Schaden anrichten konnte.
Jedoch war Partizan nicht nur bei langen Bällen aus der eigenen Abwehr beziehungsweise vom Torwart darauf ausgerichtet, den physisch starken Stürmer anzuspielen, sondern sie versuchten ebenso Flanken auf Hasanagić zu schlagen. Beide Flügelangreifer der Jugoslawen verhielten sich allerdings nicht nur als klassische Breitengeber. Sie waren außerdem mit ihren einrückenden Bewegungen auf ein verbessertes Kombinationsspiel durch die Mitte fokussiert.
Zusätzlich gab es über die rechte Seite ein effektives Hinterlaufen. Rechtsverteidiger Jusufi war deutlich aktiver im Offensivspiel als sein Pendant auf dem anderen Flügel, Ljubomir Mihajlović. Jusufi ging folglich weite Wege und wurde mehrfach von Bajić bis zum Strafraum der Madrilenen geschickt. Die starke Kondition der Jugoslawen ermöglichte ihnen ein derart laufaufwendiges Spiel, das sie auch über die volle Spielzeit durchhalten konnten.
Real Madrid hatte unterdessen größere Probleme bei seinen Flügelangriffen. Es gab in der Regel keine effektive Anbindung ins Zentrum oder der Ball wurde zu früh nach innen gespielt, sodass Partizan im Rücken des Ballempfängers Druck aufbauen konnte. Gento setzte auf der linken Seite auf seine Geschwindigkeitsvorteile und unternahm mehrfach Dribblingversuche in Richtung Eckfahne, was allerdings auch nur zu simplen Flanken führte.
Insgesamt war die Partie in der ersten Halbzeit sehr unruhig. Es gab viele Zweikämpfe und damit auch viele Fouls, weil Schiedsrichter Rudolf Kreitlein eine typisch kleinliche Linie verfolgte. Hinzu kam die hohe Intensität, die insbesondere Partizan einbrachte. Die Jugoslawen standen gegen den Ball in einem 4-5-1, weil sich Galić etwas zurückfallen ließ. Somit ermöglichten sie Real Madrid die ersten Pässe, attackierten aber umso stärker im mittleren Drittel.
Ab der 25. Minute wurde dann der Spielaufbau beider Mannschaften immer uninspirierter. Meist sahen die Zuschauer nur noch drucklose Chippässe über die Außen, die recht einfach verteidigt werden konnten. Um die 30. Minute herum gab es eine vereinzelte Kombination der Madrilenen, mit der sie ins letzte Drittel eindringen konnten und eine Schnittstelle in Partizans Abwehr aufrissen. Doch das war die absolute Ausnahme.
Madrilenen ergriffen Initiative
Nach der Halbzeitpause kamen die Spanier besser aus der Kabine. Sie pressten aggressiv mit einer hohen Viererreihe sowie dem Nachstoßen von Velázquez. Gento positionierte sich zudem bei eigenem Ballbesitz stärker im Zentrum, um die Angriffsgestaltung der Madrilenen variabler auszurichten. Partizan wurde in den ersten zehn Minuten der zweiten Halbzeit stark in die eigene Hälfte gedrückt, konnte aber dann in der 55. Minute die überraschende Führung erzielen.
Ein Eckball wurde auf den langen Pfosten geschlagen, von wo anscheinend Galić das Spielgerät nach innen legte. Vasović kam aus dem Rückraum angestürmt und köpfte mit Wucht den Ball ins Tor. Sollte Real Madrid erneut ein Endspiel verlieren?
Fast im Gegenzug hatten die Blancos die Chance auf einen Ausgleichstreffer nach einer unübersichtlichen Szene im Sechzehner von Partizan. Aber der Ball ging am Tor vorbei. Selbiges galt für Gentos Schuss wenige Minuten später, nachdem die Madrilenen zuvor in der Mitte durchgebrochen waren. Real Madrid schnürte den Gegner zunehmend am Strafraum ein. Die Außenverteidiger und –stürmer blieben außen, während mindestens fünf Madrilenen in der Mitte positioniert waren.
Derweil wirkten die langen Pässe von Partizan nicht mehr derart effektiv wie noch vor dem Führungstreffer. Es mangelte schlichtweg an der Unterstützung für die beiden Angreifer. Als sich die Jugoslawen in der 70. Minute doch mal einen Eckball erspielten, kassierten sie direkt im Gegenzug den Ausgleich. Real Madrid konterte Partizan im hohen Tempo aus. Grosso schickte am Ende Amancio, der seinen direkten Gegenspieler am beziehungsweise im Strafraum austanzte und zum 1:1 einschob.
Nur sechs Minuten später drehte Serena die Partie endgültig. Ein Kopfball aus dem zentralen Mittelfeld landete dabei direkt beim gebürtigen Madrilenen, der aus mittiger Position mit einem Dropkick den Ball im Gehäuse von Milutin Šoškić unterbrachte. Nun stürmten zahlreiche Fans den Rasen, der sich erst langsam wieder leeren konnte. In der Schlussphase probierte es Partizan mit ihrer ganzen Offensivkraft, aber Real Madrid wehrte die letzten Versuche ab oder profitierte von unpräzisen Abschlüssen der Jugoslawen.
Partizan konnte bereits mit dem Einzug ins Finale zufrieden sein. Da sie aber derart knapp an der Sensation vorbeischrammten, war die Enttäuschung bei Vasović und Co. natürlich groß. Die Mannschaft aus Spaniens Hauptstadt wandte eine dritte Endspielniederlage in Folge ab. Sie gewannen zum sechsten Mal in der elften Spielzeit des European Cups den Pokal, der anschließend nicht mehr vergeben wurde, sondern ab März 1967 sogar für immer im Vereinsmuseum der Madrilenen landete. Er wurde vom berühmten Pokal, der dem Vorgänger nachempfunden war, aber größere Henkel besaß, ersetzt.
Damit ging auch die Ära von Real Madrids Dominanz in Europa zu Ende. Sie zogen bis zur Einführung der Champions League nur noch in der Saison 1980/81 ins Finale ein, das sie jedoch gegen Liverpool verloren.
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