Kleiner Abschlussrückblick auf die U20-WM
Vor einer Woche ging die U20-WM 2015 in Neuseeland zu Ende. Mit etwas Abstand kann man noch einmal ein abschließendes Resümee des gesamten Turniers und insbesondere der K.O.-Phase ziehen.
Überblicksartikel zur Vorrunde mit Analysen zu fast allen 24 Mannschaften
In der Gesamtbetrachtung war das Duell zwischen Serbien und Mali eines der besten Spiele der Vorrunde gewesen. Das sollte sich im weiteren Turnierverlauf bestätigen, als sich die beiden im Halbfinale wiedertrafen und schließlich die beiden anschließenden Partien gewannen, so dass abschließend der Titel respektive der dritte Platz für sie zu Buche standen.
Malis Potential im Kombinationsspiel
Zu den Favoriten wurden sie nicht gezählt, doch die Malier hatten ihr Potential in der Gruppenphase andeuten können und unterstrichen dies nicht nur mit dem dritten Platz, sondern konkret vor allem im spielstarken Achtelfinale gegen Ghana. Wie in vielen ihrer Partien hatten sie anfangs noch etwas Probleme, sich kontrolliert ins Spiel zu bringen und genügend Zugriff auf die Begegnung zu entwickeln, um ihre Offensivqualitäten zuverlässig in die Waagschale werfen zu können – doch dann folgte eine herausragende Leistung. Es gelang ihnen zu dominieren, sie zeigten ihre schon aus der Vorrunde bekannten Kombinationen, die bei einigen Toren des 3:0-Sieges gerade über die starken Adama Traóre, Diarra und Samassékou zu herausragenden Momenten durch Ablagenspiel und Halbraumdoppelpässe führten, und steigerten sich auch im Defensivspiel. Das bezog sich einmal auf den individualtaktischen Bereich, wo sich ihre Verteidiger deutlich stabilisierten, geschickter antizipierten und in der Viererkette verzögerten.
Zum anderen galt es beispielsweise auch für die schärfer werdenden Bewegungen und das effektivere Zusammenziehen im Mittelfeld. Obwohl die Ghanaer in einer sehr offensiven Ausrichtung antraten und gerade über den kombinativ sehr gut antreibenden Kapitän Clifford Aboagye von der Doppel-Sechs viele schöne Ansätze verbuchte, blieb Mali ohne Gegentor. Problematisch für Ghana war, dass ihre Angriffe zwar sauber gestaltet und von guten Zentrumsversuchen geprägt waren, aber oft etwas zu ähnlich abliefen – über von halblinks druckvoll in den rechten Halbraum an die letzten Linie zum ambivalenten Yeboah gespielte Diagonalpässe mit recht individueller, aber gut umstellter Auslösung. So hatten sie anschließend nur wenige mannschaftliche Folgemechanismen, weshalb oft bloß Direktabschlüsse aus etwa 20 m blieben. Im späteren Halbfinalspiel gegen Serbien zeigte Mali im engen 4-4-2 einige horizontal kompakte Momente in der Mittelfeldreihe und auch die Stürmer arbeiteten kohärenter angeschlossen, wenngleich die herausrückende Einbindung und die verschiedenen Staffelungsmöglichkeiten der beiden Sechser etwas unkoordiniert abliefen.
Im Viertelfinale gegen die deutsche Mannschaft, die sich zuvor mit einer souveränen Vorstellung 1:0 gegen Nigeria durchgesetzt hatte, konnten die Malier allerdings nicht an diese Leistung anknüpfen. Zwar agierten sie gegen den Ball weiterhin solide und verteidigten trotz einer individuell herausragenden Vorstellung Julian Brandts viele der typischen deutschen Angriffsansätze, doch offensiv fanden sie nicht die richtige Balance. Das war auch ein Rhythmusproblem – fehlte es ihnen an ruhiger Kontrolle zur Vorbereitung ihrer Angriffsmuster wurden sie oft hektisch und ungenau, ließen sich in den ungewohnten Strukturen leicht in problematische Räume drängen und verloren die Verbindung zueinander. Hier lag ein generelles Problem des Teams, das später auch im Halbfinale gegen Serbien für eine chaotische erste Halbzeit sorgen sollte, in der sie ihre Ansätze überhaupt nicht ans Laufen brachten und gegen die sehr kontrollierte gegnerische Ausrichtung eher wie ein aufgescheuchter, überforderter Hühnerhaufen wirkten, der sich ständig schon in Frühphasen seiner Versuche verzettelte.
Deutschlands Viertelfinal-Aus
Gegen die deutsche Mannschaft war es so, dass sie sich aufgrund dieser Aspekte – möglicherweise war auch ein etwas simpler, direkterer, risikoloserer Angriffsstil gegen den als überlegen eingestuften Gegner vorgegeben – zu oft auf den Flügel und zu vorschnellen, unsicheren Aktionen über die Seiten drängen ließen. Die Folge waren mehrere Hereingaben und Flanken von nur mäßiger Gefahr. An dieser Stelle funktionierte auch die deutsche Defensive, die bereits gegen die Nigerianer Geschick und Bewusstheit – beispielsweise gegen die gelegentlichen Dribblings der individuell starken Stürmer – in der Rückzugsbewegung gezeigt hatte, gut. Neben den passiv leitenden Bewegungen im zweiten Drittel spielte vor allem das schon in der Gruppenphase zu ihren größten Stärken gehörende hohe Pressing diesmal eine entscheidende Rolle.
Das Anlaufen gestaltete sich meist in asymmetrisch gestaffelten Anordnungen einmal zwischen den Flügeln, hinter die die Sechser unterschiedlich heraus pendelten, und einmal zwischen den zentralen Offensiven, von denen einer situativ auch etwas breiter nach außen rückte. Die deutsche Mannschaft setzte dieses Mittel strategisch geschickt und fokussiert ein, um die Schwächen der Malier bei eher unkontrollierten Situationen und Phasen auszunutzen – man wollte sie nicht in ruhige Umgebungen für ihre Kombinationen kommen lassen, sondern die Intensität und den Rhythmus so beeinflussen, dass sie dem Spiel des Gegners unpassendere Vorrausetzungen boten. Daneben wussten die Restverteidigung des hinteren Blocks bei langen Bällen der Malier, die Stabilität am Flügel und die soliden, eng gezogenen 4-4-2(-0)-Anordnungen im tiefen Mittelfeldpressing, die in etwas höherer und verschobener Interpretation mit zunehmender Spieldauer überwogen, durchaus zu überzeugen.
Gegenüber Malis eher durchwachsenem Auftritt hatte die deutsche Offensive die besseren Ansätze, ohne jedoch durchgehend überzeugen zu können. Unter anderem über das Herauskippen von Weigl nach links konnten sie das gegnerische Pressing einige Male öffnen und aus ihrer gewohnt sicheren, vielleicht etwas trägen Zirkulation nach vorne kommen. Dort versuchten sie – neben einigen kompakten, in den Positionierungshöhen etwas unscharfen Rechtsüberladungen – vor allem kurze Rückfallbewegungen der äußeren Offensivspieler in den Halbraum zu bedienen. Diese Methodik deutete Potential an, lockte die gegnerischen Außenverteidiger einige Male heraus und sorgte für die eine oder andere gefährliche Szene, wenn Öztunali und Brandt direkt eine Ablagestation um sich hatten. Auch über diagonale Rochaden zwischen Mukhtar und Brandt konnte Letztgenannter einige Male im rechten Halbraum freigespielt und damit Löcher in den sonst schwer zugänglichen Sechser- und Achterräumen des Gegners geöffnet werden.
Eine solche mannschaftliche Reaktion der Kollegen war in manchen Phasen jedoch zu inkonstant, weshalb die potentielle Effektivität dieser Maßnahmen – auch durch unangenehme Bewegungen des Gegners – nicht immer zustande kam. Dazu waren die frühen langen Bälle, die als Alternative des deutschen Aufbaus angebracht wurden, in die Spitze kaum mal effektiv, während klare Flügeldurchbrüche durch Malis beim Zurückfallen aufmerksame Außenspieler aufgefangen wurden. Andererseits hatten die DFB-Jungs auch gute Ansätze über ihre verschiedenen Horizontalkombinationen in hohen Zonen an der letzten Linie entlang. Letztlich fehlte es häufig aber an der entscheidenden Tiefenstaffelung und – auch durch die Besetzung verursacht – Durchschlagskraft. So mussten beide Tore dieser Begegnung nach Standardsituationen fallen.
Zahlreiche knappe Spiele mit Verlängerungen
Die – hier zu Ungunsten des deutschen Teams ausfallende – Entscheidung der Partie im Elfmeterschießen war in dieser K.O.-Runde kein Einzelfall, was generell auf manche etwas unscharfe Ausrichtungen verwies. Dies äußerte sich konkret von Team zu Team unterschiedlich, sah beispielsweise bei den USA so aus, dass sie bei ihren vielen Änderungen eigentlich gute Anordnungen und Systeme im Turnierverlauf für schwächere Varianten über Bord warfen. Zwar waren die US-Boys stabil, aber in den Ausscheidungspartien wie schon zum Ende der Gruppenphase zu normal ausgerichtet und gestalteten dabei die Einbindung ihrer starken Mittelfeldakteure nicht passend genug. Im Achtelfinale konnten sie noch knapp gegen die etwas unglücklichen Kolumbianer gewinnen, die nur drei ihrer 24 Abschlüsse auf den Kasten brachten und nach einem eher zufälligen Tor nach einem Abstoß verloren.
Ihre normalere und weniger offensiv präsente 4-3-3-Ausrichtung bot Kolumbiens aufrückendem, situativ mannorientiert intensivem und gegen die schwächer eingebundenen Flügelrochaden von Zelalem und Hyndman gut zuschiebendem Pressing einen Ansatzpunkt. Zumindest der US-Rhythmus im Aufrücken wurde dadurch beschädigt, so dass die Amerikaner wenige klare Chancen erspielten, auf der anderen Seite allerdings die aufrückenden Staffelungen bei Kolumbien auch nicht immer optimal, sondern phasenweise recht unbedacht daherkamen. Entsprechend war das knappe Resultat von 1:0 nicht ganz unerwartet – und auch in der nächsten Runde sah es ähnlich aus, als die Amerikaner nach einem 0:0 gegen Serbien im Elfmeterschießen die Segel streichen mussten. Ihre grundsätzliche Defensivstärke im Pressing schränkte das klarere 4-3-3 zwar kaum ein, doch nach vorne musste diesmal gerade Zelalem zu breit agieren, was auch die etwas angepasste und schiefe Offensivabteilung nicht gut genug auffangen konnte.
Daneben zeigte sich in diesen knappen, eben un-entschiedenen Partien, dass viele Teams zwar mit taktischer und gerade formativer Vielseitigkeit sowie soliden Aufbaumechanismen überzeugten, im letzten Drittel aber vor allem auf die grundlegenden Punkte der Rollenverteilung und ansonsten individuelle Aspekte setzten. Das war beispielsweise beim ausgeglichenen Duell zwischen den jeweils stark über ihre Einzelspieler kommenden Ukrainern und Senegalesen der Fall, das zwischen zwei soliden Teams nach jeweils 17 Abschlüssen auf jeder Seite letztlich vom Punkt entschieden werden musste. Die Osteuropäer waren über die nach außen ziehenden Rochaden Biesiedins gefährlich und erfolgreich, während der Senegal mit einigen Ansätzen über etwas chaotische, aber – gegen das diesmal etwas unkoordiniert ablaufende mannorientierte Herausrücken der Verteidiger – Verwirrung stiftende Überladungsversuche aufwartete.
Die zwar stabilen, pressingstarken und horizontal enorm kompakten, aber offensiv zu sehr auf Bolzen ausgerichteten Österreicher unterlagen im Achtelfinale überraschend den Usbeken. Als diese über zwei etwas glückliche, aber in den Situationen geschickt vorbereitete Tore nach frühen Bällen hinter die letzte Linie zu Beginn der zweiten Halbzeit in Führung gingen, fand die Alpenrepublik kaum mehr vernünftige offensive Antworten, um in gestaltender Rolle den Rückstand aufzuholen. Bei Usbekistan gehörten diese Pässe in die Spitze generell zu den wichtigsten Mitteln, mit dem sie auch gegen den Senegal zum Erfolg kommen wollten – letztlich war es aber zu simpel. Dafür steigerten sie sich in der Abwehrleistung erheblich und wurden zu einem Team mit kohärentem Defensivblock, so dass sie gegen Österreich praktisch kaum etwas zuließen, ohne Gegentor blieben und gegen den Senegal auch nur spät durch einen Schnellangriff bezwungen wurden – was jedoch beim 0:1 das Aus bedeutete.
Immer wieder Serbien und Mali
Nachdem Mali sich also gegen die deutsche Mannschaft durchgesetzt hatte, kam es im Halbfinale zur Neuauflage des Duells mit Serbiens sauberer Stabilität. Letztlich stand diese Begegnung beispielhaft einerseits für die in einigen Phasen – gerade zu Anfang – großen Probleme Malis bei eher unkontrollierten Grundkräfteverhältnissen und andererseits für die generelle Qualität der Serben in der Arbeit gegen den Ball sowie ihrer soliden, festen, teilweise unmerklichen Dominanz. Erst im Spiel um Platz drei brachten die Malier nach den zwei durchwachsenen Begegnungen ihr Kombinationspotential wieder auf den Rasen, als sie vor allem zu stärkeren Nutzung der zentralen Präsenz zurückkehrten und am Ende beim 3:1 ein schönes Tor durch einen kurz ausgeführten Freistoß markierten.
Übrigens wären die Serben im Achtelfinale gegen Ungarn beinahe schon gescheitert, als sie ihre größten Probleme hatten und erst mit einem Tor nach einer Standardsituation in der Nachspielzeit überhaupt die Verlängerung erreichten. Beim zentralen Zurückfallen des Sechsers im Aufbau wurden die Verbindungen zu den eher hochbleibenden und sich als Doppel-Acht formierenden Kollegen in dieser Partie zu weit, so dass die Mannschaft nur schwerlich nach vorne kam. Zwischendurch schafften sie es mal, durch tiefe weiträumige Kombinationen Raumgewinn über einzelne Aufrückbewegungen zu erzielen, doch fing Ungarn dies über passende Horizontalumformungen recht geschickt auf – und ansonsten mussten die Serben oft mit langen Bällen eröffnen.
Die nach dem schwachen Abschluss der Gruppenphase wieder erhöhte Defensivstärke und vor allem Konsequenz der ungarischen Mannschaft von Bernd Storck – beispielsweise bei der Balance im Herausrücken oder den Positionierungen der Flügelspieler – war also ebenfalls ein Faktor. Gelegentlich konnten diese ihrerseits sogar mit guten Aufbaubewegungen das Pressing der Serben anlocken und durch den Zwischenlinienraum aufrücken, wenngleich sie im letzten Drittel nur wenig daraus machten, was wiederum auch am starken, oft 4-5-1-haften Rückzug der Serben lag. Dennoch hätte Ungarns Führungstreffer von Mervó fast gereicht – ehe der späte Ausgleich und, trotz mittlerweile serbischer Unterzahl, ein unglückliches Eigentor kurz vor Ende der Verlängerung das Spiel drehten.
Brasiliens Eigenheiten und ihre Finalniederlage
Über den Sieg im Elfmeterschießen gegen die USA und den Erfolg über Mali erreichten die Serben schließlich das Finale gegen Brasilien. Diese hatten nach ihrer vielversprechenden Vorrunde in den anschließenden Partien etwas abgebaut beziehungsweise litten an einer gewissen Inkonsequenz, weshalb sie ihre Ansätze nicht ganz durchbrachten. Es gab kleinere Schwierigkeiten mit der Durchschlagskraft und eine nachlassende Mobilität in der etwas symmetrischer gewordenen Offensivanlage, andererseits aber weiterhin enorme Spielkontrolle und eine gute Defensivstärke. So hatten sie gegen Uruguay – trotz 35 eigener Abschlüsse – und Portugal – das einzige Team, das mal über längere Phasen gegen sie überlegen war – nach zwei jeweils torlosen Remis erst über das Elfmeterschießen den Halbfinaleinzug geschafft. Im Detail äußerten sich diese kleinen Probleme innerhalb der eigentlich starken Ausrichtung in mehreren Schattierungen. Zwischendurch gab es immer wieder Phasen, in denen Inkonstanz und Nachlässigkeit auftraten, so dass dann die Präsenz in bestimmten Räumen nachließ oder die Staffelungen in den vorderen Bereichen schwächer und flacher wurden.
Im Ausspielen von Überladungsversuchen im Halbräumen übergingen sie die guten strukturellen Ansätze bisweilen dadurch selbst, dass die Spieler unpassende und zu weiträumige, beispielsweise verlagernde, Entscheidungsmuster wählten. Bei Kombinationen durch die Mitte führten sie die Unterstützung am Ball etwas zurückhaltend und unharmonisch aus. Zudem schoben die nominellen Flügelstürmer oft schematisch schon zu Beginn der Angriffe dorthin, um diese zu starten, aber es gab innerhalb der Dynamiken nach vorne zu wenige horizontale Besetzungswechsel zwischen Halbräumen und Zentrum, weshalb immer etwas einschränkend mit den Verteilungen zu Angriffsbeginn durchgespielt werden musste. Im Halbfinale sorgte die junge Seleção nach den zwei mäßigen Auftritten jedoch wieder für einen Paukenschlag, zeigte sich offensiv fast von seiner besten Seite und konnte – auch dank ungewohnter Effektivität im Abschluss – den Senegal mit einem furiosen 5:0 nach Hause schicken. Über stark ausgespielte Schnellangriffe und nach Ballgewinnen im Pressing fielen ebenso Tore wie nach herausragenden Kombinationen, die an die besten Momente aus der Gruppenphase erinnerten. Vor allem die beiden letzten über halblinks herausgespielten Treffer – einmal über die Unterstützung des inversen Dribblings von Jorge und einmal zu dritt interagiert – ragten heraus.
Im Finale gelang es aber ihnen nicht, diese wiedergefundene spielerische Leichtigkeit nahtlos weiterzuführen. Sie litten erneut an kleinen Rhythmus- und Balanceproblemen in der genauen Angriffsausrichtung und -vorbereitung, so dass die verschiedenen Kombinationsansätze minimal zu undynamisch oder inkohärent abliefen, um gegen die erneut saubere und stabile Arbeit der Serben im Defensivdrittel entscheidend durchgehend gefährlich werden zu können. Diese wiederum hatten sich einen geschickten Plan für die Defensive zurechtgelegt. Während die beiden offensiven Außenspieler sich gegen den Ball etwas tiefer zurückzogen, schob einer der Sechser zusammen mit dem hängenden Stürmer aufrückend in breite 4-3-2-1-Staffelungen nach vorne, um den brasilianischen Sechserraum und die von dort ausgehende Aufbauflexibilität unter Kontrolle zu bringen versuchen. Auffällig war, dass in vielen Phasen der eigentlich tiefste Akteur Zdjelar diesen Posten übernahm und Maksimovic absichernd zurückließ – ein interessanter und durchaus wirksamer Schachzug, der die Brasilianer frühzeitig aus den seitlichen Streifen des Zehnerraums heraushalten sollte. Diese hatten zwar einige gefährliche Szenen über schnell beschleunigende Überladungsansätze etwas weiter außen, kamen ansonsten mit ihren von Boschilias driftendem Zurückfallen eingeleiteten Angriffsmustern aber nicht entscheidend zum Zuge.
Auch offensiv gab es von Seiten der Serben ein spezielles Mittel, um die seit über vier Partien und damit in der gesamten K.O.-Phase noch gegentorlosen Brasilianer zu knacken. Anfangs konnte sich dies aufgrund der vorsichtigen eigenen Haltung noch nicht entfalten und auch etwaige Kontermöglichkeiten ergaben sich durch die gute Arbeit der gegnerischen Sechser sowie die eigenen tiefen Flügelstürmer nur inkonstant. So konnten sie allein über einzelne Aufrückszenen am Flügel durch, gerade auf rechts, durchaus vielseitige Herauskippbewegungen und Raumsuchaktionen mal gewisses Potential andeuten. Dabei blieben Torchancen allerdings lange Mangelware. Später wurde das erwähnte Mittel jedoch entscheidender und sollte an beiden Toren beteiligt sein: die auf rechts diagonal nach außen in die Schnittstellen rochierenden Bewegungen von Maksimovic, der diese Läufe mit der Zeit besser timte und zielstrebiger anbrachte. Beim ersten Tor trat er bei einem Schnellangriff als Vorbereiter in Erscheinung, indem er über das Strafraumeck in Richtung Grundlinie zog und zur Mitte querlegte, und beim Siegtreffer kurz vor Ende der Verlängerung schloss er nach einem Konter selbst halbrechts im Sechzehner erfolgreich ab.
Fazit
Damit stand für das Team von Trainer Veljko Paunovic der im Gesamtverlauf des Turniers aufgrund der Geschehnisse in den Einzelspielen vielleicht etwas glückliche, aufgrund dieser konkreten geschickten Final-Anpassungen jedoch nicht unverdiente und insgesamt auch wegen der stabilen Gesamtrichtung nicht unerwartete U20-WM-Titel für Serbien. Alles in allem war es ein interessantes Turnier, das spielerisch oder taktisch starke Lichtblicke und simpel ausgerichtete Enttäuschungen ebenso bereithielt wie beispielsweise den Gegensatz zwischen enorm torreichen und torarmen Phasen. Dazu kamen dann noch einige exotische Teams, eine hohe Bandbreite an unterschiedlichen strategischen Ausrichtungen, zu Beginn zahlreiche verschiedene Formationen und generell viele interessante Einzelspieler. Einige Teams fokussierten sich offensiv etwas zu stark auf diese und auch die sehr kombinativen Mannschaften wie Mali oder Brasilien hatten ihre schwachen Phasen, doch zumindest die Defensive und der Aufbau zeigten sich doch erneut auf einem guten Durchschnittsniveau, das im Allgemeinen dann immer wieder von positiven Ausreißern begleitet wurde.
5 Kommentare Alle anzeigen
FAB 2. Juli 2015 um 13:49
Interessant wäre auch eine Analyse warum die U21 einen etwas peinlichen Auftritt im Halbfinale hingelegt hat. Hauptgründe aus meiner Sicht waren neben einigen Motavations- und Teamfindungsproblemen (die in der Folge auch taktisch sichtbar waren) auch individuelle Defizite. Das die Mannschaft als einer der Favoriten angetreten ist, war sowieso nicht nachvollziehbar. Die Frage bleibt, wer sich aus der U21 in der kommenden Saison überhaupt in die A Elf hineinspielen kann. Da fallen mir eigentlich nur ter Stegen (als die Nummer 2) und Emre Can (evtl. Rechtsverteidiger) ein. Die Viererkette hat schon einen auffällig schwachen Eindruck gemacht. Man muss sehen, wer sich davon überhaupt dauerhaft in der 1. Bundesliga durchsetzen kann. Leider haben auch Geis und Kimmich enttäuscht und werden in dieser Form keine große Rolle bei Schalke und Bayern spielen. Auch Volland und Max Meyer sind in ihrer Entwicklung irgendwie stehengeblieben … schade!
Leider waren auch die Auftritte der U17 und der U19 nicht wirklich berauschend. Obwohl zumindest die U19 individuell einiges an Potential angezeigt hat, es aber irgendwie nicht richtig auf den Platz gebracht hat. Ich bin nun auf die U20 gespannt, die zunächst eine sehr schwere Gruppenrunde zu überstehen hat.
Op 29. Juni 2015 um 07:32
Ich vergass. Auch u 17 mali ist afrikameister. Hatte das spiel der herren nationalmannschaft gegen sud sudan am 13.6.2015 live gesehen. Sehr konservative spielanlage, weit und breit, ab und zu ein langer ball in die spitze. Ein paar gute offensivspieler, die in europa spielen. Werden so nicht weit kommen. Interessant ist auch das der belgier jean marie dort eine academie hat und spieler nach belgien verkauft. Die es nicht schaffen spielen bei real bamako. so gibt es viele junge technisch starke spieler in real bamako. Dann dazu wie gesagt deutsche ausbildung der trainer und deswegen steht mali als eins der armsten länder im fifa ranking ganz gut, und hat gute jugendergebnisse.
Felix 28. Juni 2015 um 20:04
Kann man denn von diesen Ergebnissen auf die Leistung der zukünftigen Senioren schließen? Ist Mali bei der WM in Katar Titelaspirant?
FAB 2. Juli 2015 um 13:54
Mali Titelaspirant. das wohl nicht, aber mit diesem Jahrgang als Grundstock gibt es die Chance sich überhaupt mal zu qualifizieren. Über die Jahrgänge hinweg waren bisher aber auch die U17 von Frankreich und die U21 von Portugal auffällig. Das deutet schon darauf hin, dass die nächsten Turniere der A Mannschaften spannend werden dürfte, ohne eindeutige Überlegenheit der üblichen Verdächtigen wie Deutschland, Spanien und Argentinien.
op 28. Juni 2015 um 19:05
Ich war vor kurzem in Mali. Laut Trainervereinigung wurden über 40 Trainer in der „deutschen Schule“ ausgebildet. Joachim Fickert ca. 2006-2012 leitete als Deutscher Auslandsexperte in Mali die Trainerausbildung. Also kein Wunder über die Qualität des malischen Spiels.