Die Beinahe-Demütigung

5:4 n.E.

Argentinien löst das Ticket fürs Halbfinale der Copa América – und tut dies eigentlich in überzeugender Manier. Doch trotz einer dominanten Vorstellung können sie Kolumbien erst im Elfmeterschießen schlagen.

2015-06-26_Argentinien-Kolumbien_Grundformation

Grundformationen zu Spielbeginn

Abgesehen von der ersten Halbzeit im Post-WM-Testspiel gegen Deutschland liefert die Albiceleste hier im Schmuckkästchen von Viña del Mar wohl die stärksten 45 Minuten unter der Ägide von Tata Martino ab. Aufgrund der zuletzt vergleichsweise schwachen Vorstellungen geht Kolumbien sowieso schon als Außenseiter in die Begegnung. Aber was José Pékermans Spieler dann erleben, es ist zeitweise eine Demontage. Wie verläuft die Partie?

Falcao draußen

Nach drei enttäuschenden Spielen und lediglich einem Torschuss in eben diesen Auftritten muss Falcao endgültig auf der Bank Platz nehmen. Pékerman hatte genug gesehen. Er gibt Jackson Martínez die Chance von Beginn an. Anders als in der letzten Partie gegen Peru soll Martínez aber direkt an vorderster Front neben Teófilo Gutiérrez agieren. Insgesamt treten die Cafeteros in einer Mischung aus 4-1-3-2 und 4-4-2 an, wobei sie ständig in die Defensive gedrängt werden und folglich eher in letzterer Grundformation spielen. Dabei fungiert James Rodríguez als zweiter Sechser neben Alexander Mejía. Die beiden Sechser Carlos Sánchez (gesperrt) und Edwin Valencia (verletzt) stehen nicht zur Verfügung. Auf Außen beginnen mit Juan Cuadrado und Víctor Ibarbo zwei tempostarke Spieler.

Bei den Argentiniern gibt es hingegen keine Änderungen. Martinos Team startet einmal mehr in einem 4-3-3/4-2-1-3. Éver Banega muss dabei einmal von draußen zuschauen, da Lucas Biglia und Javier Pastore im Mittelfeld den Vorzug erhalten.

Kolumbien hält mit…kurz

In den ersten Minuten scheint es noch so, als könne Kolumbien auf Augenhöhe mitspielen. Sie pressen in einem horizontal kompakten 4-4-2. Beide Angreifer positionieren sich um Javier Mascherano, sofern dieser nicht zwischen die Innenverteidiger abkippt. Im weiteren Spielverlauf stehen die Kolumbianer aber auch teils in einem 4-4-1-1, wobei zum Beispiel die Mittelfeldkette rechts etwas verengt wird, während der Außenverteidiger nach vorn schiebt. Dies erschwert allerdings zuweilen das eigene Konterspiel, das in der Anfangsphase mehrheitlich auf die rechte Seite ausgelegt ist. Dorthin weicht Teófilo Gutiérrez regelmäßig aus, um Bälle festzumachen. „Unser Plan war es, über außen anzugreifen und sie auseinander zu ziehen“, sollte Pékerman nach der Partie sagen und fügte an: „Allerdings ohne ständig den Ball zu verlieren.“

Schon bald übernahm Argentinien die absolute Kontrolle über die Partie. Ein entscheidender Hebel ist Messis Positionierung im Zehnerraum, wodurch vielleicht die rechte Seite oftmals verwaist bleibt, wenn es nicht gerade entgegengesetzte Ausweichbewegungen auf diesen Flügel gibt. Messi kann so zentral einige direkte Zuspiele von Mascherano oder auch den anderen spielaufbauenden Akteuren erhalten. Biglia agiert übrigens in der ersten Halbzeit eher rechts, was diese Seite stabilisiert. Pastore sucht derweil rechts den Kontakt zu Ángel Di María.

Heatmap von Messi über 90 Minuten

Heatmap von Messi über 90 Minuten

Der Linksaußen ist sowieso ein Schlüsselspieler im Angriffsspiel. Denn die Ballbehauptungen von Messi und Co. im Zentrum führen immer wieder zu Diagonalpässen auf Di María am gegnerischen Strafraum. So ziehen die Argentinier das Spiel kurz in die Breite, um anschließend flache Hereingaben ins Zentrum des Sechzehners oder Zuspiele in den Rückraum für Schüsse zu nutzen.

An sich verliert Kolumbien komplett den Zugriff im Mittelfeldzentrum, woran auch die vereinzelt gute Staffelung der vorderen Viererkette nichts ändert. Im Verlauf des ersten Durchgangs ziehen sie sich immer stärker zurück. Cuadrado und Ibarbo fungieren schon als zweite Außenverteidiger, weil Zuniga und Arias zentraler verdichten müssen oder im Falle von Arias im Sechserraum alle Hände voll zu tun haben.

Trotzdem: Argentinien kommt entweder zu Chancen oder die Einzelleistungen einiger kolumbianischer Defensivakteure kann die Angriffsmaschinerie noch geradeso stoppen. Vereinzelt tut dies Mejía vor der Abwehr. Oder Jeison Murillo rückt sehr geschickt aus der Kette heraus. Im Verlaufe der ersten Halbzeit verfolgt auch Linksverteidiger Santiago Arias vermehrt Messi manndeckend in den eigenen Sechserraum. Diese Direktzuordnungen können die Argentinier aber ebenso zum eigenen Vorteil nutzen. Zuweilen lässt sich Messi im Zentrum sogar hinter Pastore und Biglia zurückfallen, was wiederum Räume um Kolumbiens Sechser öffnet.

Gegen den Ball formieren sich die Argentinier meist in einer Art 4-2-3-1. Sie üben über die Dreierreihe hinter Sergio Agüero Druck auf die ersten Passwege für Murillo und Cristián Zapata aus, was diese zu einigen langen Schlägen veranlasst. Den Kampf um zweite Bälle verlieren die Kolumbianer aber ebenso. Daran ändert auch der frühe Wechsel von Seiten Pékermans wenig. Bereits in der 24. Minute muss Teófilo Gutiérrez den Platz verlassen. Es kommt Edwin Cardona aufs Feld, der sich an die Seite von Mejía begibt. Beide bilden fortan die neue Doppelsechs, während James Rodríguez nach vorn rückt. Der Star von Real Madrid hängt dabei häufig auf der rechten Seite etwas hinter Martínez. So versucht James kleinere Kombinationen mit Cuadrado zu kreieren oder dessen Ablagen nach langen Diagonalschlägen aufzunehmen.

Zur Halbzeitpause steht das Schussverhältnis bei 11 zu 0 sowie 5 zu 0 bei Versuchen aufs Tor. Es grenzt mehr oder weniger an ein Wunder, dass Kolumbien noch nicht in Rückstand geraten ist. Allein David Ospina hält sie beispielsweise mit seinem grandiosen Doppel-Save im Spiel, als Pastore eine flache Hereingabe von rechts zu Agüero bringt, der mit seinem Versuch an Ospina scheitert und der 26-jährige Schlussmann einen Bruchteil einer Sekunde später noch den Kopfball von Messi aus fünf Metern abwehrt.

Ein anderer Aspekt, der Kolumbien in dieser Partie begünstigt, war das Verhalten von Schiedsrichter Roberto García, der anscheinend nur auf die allerhärtesten Fouls reagiert. Die Attacken gegen Messi ahndet er oftmals gar nicht. Ein Akteur wie Arias, der häufig das Nachsehen gegen Messi im Zuge der direkten Bewachung hat, muss eigentlich schon in den ersten 45 Minuten vom Platz fliegen. Dafür sehen im Verlauf des Spiels Messi, James, Agüero und Falcao Gelbe Karten für Meckerei.

Offenerer Schlagabtausch

Im zweiten Durchgang ändert sich eigentlich wenig. Argentinien dominiert weiter, bringt aber nur noch einen weiteren Schuss auf Ospinas Gehäuse und kann insgesamt die Intensität nicht ganz aufrechterhalten. Deshalb ergeben sich für Kolumbien einige Lücken. Insbesondere Cuadrado kann vereinzelt Sprintduelle auf der rechten Seite forcieren. In der 67. Minute leitet er in dieser Form auch die beste Chance der Cafeteros ein. Seine flache Flanke zu James gelangt schlussendlich zu Ibarbo, dessen Schuss allerdings geblockt wird.

Apropos Ibarbo: Interessanterweise wechseln die beiden Außenverteidiger Kolumbiens die Seiten. Juan Zúñiga rückt links aber meist sehr weit ins Zentrum, um die Schnittstellen auf der Messi-Seite zu verdichten. Ibarbo verhält sich folglich eher als eine Art Wing-Back, in der Regel als direkter Bewacher von Pablo Zabaleta, wodurch die Kolumbianer häufiger im 5-3-2 verteidigen. Da Cardona halblinks zudem noch Biglia verfolgt, ist die linke Außenbahn des Öfteren in der Offensive nutzlos, wenn Ibarbo nicht zu einem seiner weiträumigen Sprints ansetzt.

Da es in der Copa bei einem Remis nach neunzig Minuten sofort ins Elfmeterschießen geht, unternehmen beide Trainer offensive Wechsel und halten so den Schlagabtausch mit frischen Kräften am Leben. Pékerman bringt für den meist isolierten Martínez dann doch noch Kapitän Falcao. Martino wechselt Carlos Tévez für Agüero und Banega für Pastore ein. Später kommt noch Ezequiel Lavezzi für Di María sowie Sampdorias Luis Muriel anstelle von Ibarbo.

Bei aller Kritik gibt es ein Lob für die Schlussphase der Kolumbianer, die offensiv mau bleibt, aber die Flexibilität im Pressing einmal mehr unter Beweis stellt. Um die 75. Minute herum pressen die Cafeteros beispielsweise in einer Art 4-3-3. Falcao ist zentral, James rechts, Cardona stößt halblinks vor, dafür zieht sich aber Cuadrado auf die Höhe von Mejía und Ibarbo zurück. Taktisch interessant, aber die absolut leitenden oder blockierenden Effekte bleiben aus.

Die Argentinier können gerade über ihren Libero Mascherano und dessen grandiose Vertikalpässe die ersten Linien in vielen Szenen locker überwinden. Übrigens wirkt auch durch diese Facette das Viertelfinalspiel teilweise wie eine Vintage Edition. Hinten der Libero, die Außenverteidiger zuweilen tief, die Innenverteidiger vorstoßend – und das gegen ein Team wo munter vor- und zurückgependelt wird, gemischt mit Manndeckungen gegen die gegnerischen Top-Stars. Nur so viel dazu.

Schlussendlich gewinnt die Albiceleste die Partie im Elfmeterschießen. Die ersten sechs Schützen verwandeln noch souverän. Dann kommt Muriel mit einem Sergio-Ramos-Gedächtnisschuss. Biglia vergibt derweil den zehnten Elfmeter. Im anschließenden Eins-gegen-Eins bekommen zunächst drei Spieler den Ball nicht aufs Tor, bevor Tévez antritt. Schnell werden Erinnerungen an die letzte Copa geweckt. Damals dominierte Argentinien im eigenen Land gegen den späteren Titelträger Uruguay das Viertelfinale, schied aber im Elfmeterschießen wegen Tévez aus. Dieses Mal verwandelt der 31-Jährige vom Punkt – an dem Tag, als die Boca Juniors seine Rückkehr bekanntgeben.

Argentinien zieht ins Halbfinale ein. Macht es sich aber schwerer als nötig. Nach 90 Minuten stehen 16 Schüsse bei 62 Prozent Ballbesitz zu Buche. Was leistet Kolumbien? 29 Tacklings und 22 Fouls. Überraschenderweise fliegt keiner vom Platz, obwohl sich nach Arias und Mejía in der ersten Halbzeit Juan Cuadrado mit seinem Foul an Marcos Rojo ebenfalls für Gelb-Rot bewirbt.

Nach vier Spielen bei der Copa muss man sich ehrlich fragen, wohin die Mannschaft von der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr verschwunden ist. Einen einzigen Treffer – durch Murillo gegen Brasilien – konnten sie auf ihr Konto bringen.

SU 50 27. Juni 2015 um 21:01

Bei der WM in BRA waren es noch Messi und Di Maria ganz alleine die die Defensive des Gegners knacken und die Tore erzielen mussten. Wieviele Tore haben die Beiden bisher bei der Copa gemacht?
Was erwartest Du eigentlich von einem Team welches sich aus 11 verschiedenen Einzelspielern aus 11 verschiedenen Teams zusammensetzt? Sollen die diese perfekte Abstimmung im letzten Drittel in den 5 Tagen vor dem Turnier oder zwischendurch einstudieren?
Nach dem 2:2 gegen PAR hat sich das Team zusammengesetzt und analysiert wie sie das Turnier weiter bestreiten. Dabei wurde entschieden dass zuerst einmal die defensive Absicherung wie auch bei der WM 2014 sitzen muss. Sie haben gegen KOL praktisch Nichts zugelassen und starke Pressing Mechanismen gezeigt ( bis etwa 70. min ).

Natürlich ist ARG im letzten Drittel primär auf Einzelaktionen angewiesen. Der Treffer zum 1:0 gegen URU schien einstudiert gewesen zu sein- aber Pekermann hat eben auch zugeschaut und sein Team entsprechend eingestellt.
Di Maria erhält auf links kaum Unterstützung. Rojo hatte die Anweisung keine Konterattacken zuzulassen da man sicher war das eine Aktion von Messi zum Erfolg führen würde.

Interessant in diesem Zusammenhang ist das Otamendi nach Messi die meisten Schüsse aufs Tor zu verzeichnen hatte- 1 IV rückt auf da Masche hinten mit Garay absichert. Dieser taktische Schachzug scheiterte an der Glanzleistung von Ospina.
Es ist richtig das ARG ein gefährlicher OM fehlt- so bleibt es an Messi die Kraft raubenden Tempodribblings im MF machen zu müssen. Di Maria scheint nur mehr Luft für einige wenige Tempodribblings bevorzugt auf der linken Seite zu haben.

Erschwerend hinzu kommt das extrem körperbetonte Spiel von CHI, URU oder auch KOL -was viele gefährliche Situationen durch frühzeitige Fouls unterbindet. Die Temperaturen um die 15 Grad Celsius sowie das laissez faire der Referees begünstigen dieses physische ( Simeone anti Barca / Real Taktik ) Spielweise.

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Hannibal 27. Juni 2015 um 22:26

Das klingt als hätte Otamendi aus dem Spiel heraus offensiv agiert… Dabei hatte er doch alle Abschlüsse bei Standards

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SU 50 27. Juni 2015 um 23:03

Damit sollte ausgedrückt werden wie wenig von Di Maria und speziell Pastore kam. Bei einem so tief stehenden Gegner kann man da durchaus mehr erwarten. Um den Ball gegen URU oder KOL ins gegnerische Angriffsdrittel zu schleppen bedarf es keiner besonderen Qualitäten.
Kommt Banega von Anfang an dann hat er hinter Messi die meisten Abschlüsse.

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Hannibal 28. Juni 2015 um 13:59

Du schreibst das so als hätte Mascherano irgendwelche Vorstöße von Otamendi abgesichert obwohl es davon nichts zu sehen gab… Und gerade di Maria und Pastore machten doch ein gutes Match (haben zwar beide im Laufe des Spiels abgebaut aber waren am Anfang der Hauptgrund, dass Klumbien so hinten rein gedrückt wurde)

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SU 50 28. Juni 2015 um 20:05

1. Du hast natürlich Recht, Otamendis Abschlüsse resultieren aus Standards.

2. Messi sagt es selbst nach dem Spiel: „Wir haben KOL offensiver erwartet“
Pekerman hat mehrere taktisch intelligente Entscheidungen getroffen. Wobei für mich die durch ARG Offensivpower erzwungene Auswechslung von Teo sehr wichtig war. Häufig hatte Leo dadurch den Käfig um sich herum den Mou für ihn zu seiner Real Zeit erfunden hat. Messi aus der Box herauszuhalten war Pekermans Hauptanliegen.

3.Ein weiterer ganz wichtiger Schachzug war die Funktion von Cuadrado der die Aufgabe hatte Di Maria zu doppeln und eben auch Vorstöße von Rojo oder Pastore mit abzusichern. Ist ihm nicht immer optimal gelungen- zudem ganz ganz nahe an einer roten Karte.
Sporadisch kam auch Pastore in diese Zone um eben ein Dreieck mit Di Maria + Rojo zu bilden ( was nie so richtig funktioniert hat ). Die gefährliche Doppelchance von ARG ( Aguero + Messi ) resultierte aus einem dieser Vorstöße von Pastore über die linke Seite.
Was mir fehlt ist ein Di Maria oder Pastore der auch mal nach Kurzpasskombinationen mit Ball am Fuss in den 16m Raum geht um letztendlich Lücken für Aguero / Messi zu reißen oder selbst abzuschließen.

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Todti 27. Juni 2015 um 16:31

Allgemeiner Kommentar:
Ich muss sagen, dass ich irgendwie mit der Copa America nicht wirklich warm werde. Es mag ein temporärer Eindruck sein, den ich durch Chile-Uruguay (hier in erster Linie die 2. Halbzeit) und nun Argentinien-Kolumbien bekommen habe, aber teilweise sind die Spiele fast nicht anzuschauen durch die vielen Fouls, Rudelbildungen und Beschwerden beim Schiedsrichter.
Die Schiedsrichter zeigen auch nicht gerade die souveränsten Leistungen, haben teilweise keine Kontrolle oder bekommen durch schlechte Entscheidungen auch keine Ruhe in das Spiel. Wobei man wohl sagen muss, dass das auch keine einfache Aufgabe bei der Copa sein dürfte.
Jedenfalls finde ich es schade, dass der taktisch interessante und (vor allem bei Chile) extrem ansehnliche Fußball dadurch gestört wird.

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luigi 27. Juni 2015 um 16:05

Schöne Analyse von euch. Danke dafür.

Für mich als Laie, der in einem Spiel, die taktischen Komponenten nicht wirklich zu entschlüsseln mag, fand ich das Offensivspiel Argentiniens extrem schwach, ehrlich gesagt. Natürlich gab es einige schöne Kombinationen und auch viele schöne Einzelaktionen (Drehungen inkl. Tempoverschärfung usw.) von den bekannten Akteuren (Messi, Pastore, Di Maria, Agüero). Dennoch fand ich das das Spie massiv auf Einzelaktionen ausgelegt war. So im Sinne: „Ihr seid alles super Fussballer, habt Spaß und schießt Tore“. Ich fand es wurde viel zu oft ein 1 gg 1 (oder meisten mehr) gegangen als das notwendig war. Damit war zwar das Tempo recht hoch, dennoch ungewöhnlich viele Ballverluste, wenig Torabschlüsse. Besonders in der zweiten HZ fand ich das bemerkenswert. Insgesamt etwas, das ich von einer solchen Offensive wie die Argentinien hat nicht erwartet hätte.
Ist das nur mein Eindruck oder ist da was dran, dass das Offensivspiel (im Zusammenspiel) stark kränkelt und eigentlich nur durch die „Ergebnisse“ und Einzelleistungen überdeckt wird?

In diesem Zusammenhang hab ich mir auch gestern oft die Frage gestellt, was wäre wenn die Albiceleste einen Weltklasse Strategen im Mittelfeld hätte? Vielleicht einen Toni Kroos Verschnitt? Würde die Offensive dann (s.o.) nicht so „individuell“ und launenhaft sein?

Btw.: Kam nur mir das so vor oder hatte Di Maria ungewöhnlich viele Stockfehler und Probleme bei der Ballannahme/-verarbeitung?

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BinDagegen 27. Juni 2015 um 19:29

Auf deine Kroos-Frage heißt die Antwort Banega. Strategisch vielleicht sogar besser, wenn auch technisch schlechter umgesetzt.

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PNM 27. Juni 2015 um 22:21

Würde eher umgekehrt sagen. Technisch, vor allem in Sachen Pressingresistenz, Dribbling und Nadelspielerfähigkeiten (!) nochmal deutlich drüber, dafür strategisch nicht ganz so stark.

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Valentin 28. Juni 2015 um 16:48

Volle Zustimmung.

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SU 50 27. Juni 2015 um 23:12

Die Frage ist natürlich warum Tata nach der Auswechslung von Teo nicht spätestens zur Hz. Banega ( für Pastore ) eingewechselt hat- offensichtlich traut er der Arbeit Banegas nach Hinten nicht. Oder anders formuliert: mit Pastore ist mehr Sicherheit im Spiel von ARG.
Tata hat auf ein Aktion von Leo vertraut und Banega erst viel zu spät gebracht.

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cali 28. Juni 2015 um 00:29

Warum hätte er Pastore auch auswechseln sollen? Dieser hat eine gute Leistung gezeigt. Wenn, dann für Biglia.

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SU 50 28. Juni 2015 um 02:33

Nein eben nicht für Biglia da dann die Balance verloren geht. Tata macht es richtig.
Falls Du es nicht gemerkt hast, Pastore wurde in MInute 77 gegen Banega ausgewechselt. Banega hatte in den 15 Minuten die er im Spiel war mehr Wirkung als Pastore über eben jene gesamten 77 Minuten.

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cali 28. Juni 2015 um 04:57

Sehe ich eben nicht so. Pastore hat sich ohne Ball gut bewegt und war eine große Hilfe für Messi beim Ausspielen von Arias‘ Manndeckung.

Banega und Pastore haben zudem im ersten Spiel bewiesen, dass sie sehr wohl zusammenspielen können. Sah in der ersten Halbzeit vs Paraguay auch sehr gut aus.

SU 50 28. Juni 2015 um 12:23

Ohne Ball gut bewegt gegen einen tief stehenden Gegner? Meine Verehrung.
Im Spiel gegen PAR konnte man sehr gut sehen dass die defensive Stabilität bei ARG fehlte- deshalb wurde ja auch umgestellt und Biglia kam folgerichtig ins Team.
Da Torgeschenk an Aguero gegen PAR kann man nun wahrlich nicht als einstudierten Spielzug verkaufen.
Bei den Tempodribblings von Leo steht Pastore in aller hinter ihm ( und bewegt sich gut wie Du sagst- smiley ). Tatsache ist dass Leos Tempodribblings eben notwendig sind da Pastore sich nicht richtig bewegt. Bei Barca kann man wunderschön sehen wie Rakitic in Kombi mit Leo- Suarez – Ney sich mit perfektem Laufweg noch zusätzlich in der Box positioniert und dort als möglicher Verwerter glänzt ( siehe gegen FCB + Juve ).
Messi würde Pastore jedoch nie in der Box anspielen da er weiß dass der PSG Spieler da praktisch völlig ungefährlich ist.

cali 28. Juni 2015 um 15:03

Hier oben geht’s weiter, @SU 50.

Hast du das Spiel gegen Paraguay gesehen? Falls ja, wirst du wohl erkannt haben, dass die Balance sehr wohl gewährleistet war. Sie ist erst mit der Einwechslung Tevez‘ für Pastore flöten gegangen. Der Zwischenlinienraum war dadurch nicht mehr so gut besetzt und Mascherano/Banega hatten nach Ballverlusten sehr viel Raum abzudecken. Biglia für Banega konnte daran auch nichts mehr ändern.
Allg. finde ich, dass Pastore Unrecht tust. Du solltest einsehen, dass sich sein Spielstil verändert hat und er nicht mehr die Torgefährlichkeit früherer Tage besitzt. Ich gebe auch zu, dass seine Entscheidungsfindung in der Box nicht sonderlich gut ist.
Ihn mit Rakitic zu vergleichen, ist angesichts ihrer Verschiedenheit einfach nicht fair. Du weiß ganz genau, dass Rakitic der vertikalere von den beiden ist und von seiner Dynamik lebt.
Ich habe aber gegen Kolumbien dennoch ein paar Mal beobachten können, wie Pastore den ‚Rakitic‘ gab und Messis Position auf dem rechten Flügel nach seinen diagonalen Tempodribblings besetzte.
Seine Arbeit gegen den Ball wird auch gerne unterschätzt. In dieser Hinsicht hat er sich unter Blanc sehr stark verbessert. Im Rückspiel gegen Chelsea war er bspw. überragend!

Valentin 28. Juni 2015 um 17:06

Ich bin da ganz klar bei cali. Pastore ist doch bisher einer der stärksten bei Argentinien. Wie richtigerweise gesagt, bewegt er sich ohne Ball sehr ansprechend, entweder als Kombinationspartner für Messi im Zwischenlinienraum oder er geht eben bei dessen Dribblings rechts raus (so hat er zum Beipiel das entscheidende Tor gegen Uruguay klasse eingeleitet). Kann die Kritik echt nicht verstehen. Durchschlagskraft im Strafraum ist doch überhaupt nicht seine Aufgabe.
Davon abgesehen, Banega muss natürlich trotzdem spielen. Die Aufstellung gegen Paraguay fand ich am Überzeugendsten, allerdings hat da die Einbindung von Banega noch nicht gepasst. Wenn Tata wieder so aufstellen würde und diesen Punkt noch optimieren würde, könnte er noch einiges mehr aus dem Team rausholen, denke ich (ist natürlich auch leichter gesagt als getan). Eine interessante Option wäre auch ein Einsatz von Gago, Mascherano dafür in die Innenverteidigung, auch wenn es dazu höchstwahrscheinlich nicht kommen wird.

SU 50 28. Juni 2015 um 21:02

@cali
Natürlich hat Pastore eine sehr wichtige balancegebende Funktion bei ARG. Aber gerade Biglia ist Derjenige der hervorragend antizipiert, Räume schließt und wichtige Zweikämpfe gewinnt. Was dann noch durchkommt ( und das war gegen KOL und URU sehr wenig ) wird von der Viererkette mit zusätzlichem Libero ( Masche ) abgeräumt. Gerade die Position von Masche zeigt doch wie sehr ARG darauf bedacht ist kein Gegentor zu fangen. Da Masche so tief steht müssen Pastore und Biglia sehr viel Laufarbeit verrichten und größere Räume schließen. Di Maria ist häufig auf LA Position und arbeitet relativ wenig nach Hinten.

Um ARG Pressing zu knacken benötigt man bei „System 1“ einen Zielspieler ( siehe Roque gegen BRA ) weshalb Pekerman mit Jackson für den schlaffen Falcao operiert hat. Aber gerade jene 2. Bälle wurden speziell durch Biglia / Pastore behauptet ( manchmal gewann Biglia auch direkt das Kopfballduell gegen Jackson ) und ergo verpuffte dieses taktische Mittel von KOL- es gab praktisch keine Entlastung. Man konnte sehr genau beobachten wie James mehrfach auf diese 2. Bälle spekulierte.
Biglia ist also auch aufgrund seiner Größe und Kopfballstärke sehr wichtig. Opfert man Biglia für Banega ( und lässt Pastore drin ) dann kann der Gegner mit langen Bällen in den 6 er Raum auf eine sich fallen lassende Spitze ( Roque ) operieren, Masche gewinnt gegen Roque kein Kopfballduell.
Das System hat Paraguay bis zur Vergasung gegen BRA gespielt. Und sie werden es auch gegen ARG wieder versuchen. Entscheidend wird dann sein ob Biglia und Pastore / Banega / ;Masche die 2. Bälle behaupten können. Wenn ja, dann wird es für PAR kaum Luft zum Atmen geben.

Die wesentliche taktische Frage für Tata ist ob er Masche weiterhin so tief stehen lässt? Rückt Masche weiter vor dann wird es auch für Pastore und Biglia leichter die Räume zu schließen.
Da Masche so tief steht verfällt ARG häufig in den Schweinsteiger oder auch Alonso Modus. Zu Anfang der 2. Hz gegen KOL hat man dann bei ARG versucht schneller und direkt in die Spitze zu spielen. Aber auch dabei waren Di Maria und Aguero gut markiert.
Rückt Masche weiter vor ist ARG gefährlicher aber auch verwundbarer. Alles eine Frage der Balance. Aber Masche wird nicht schneller…..
Schiebt Masche vor dann kann Higuain als hängende Spitze fungieren und Messi mehr über die rechte Seite agieren. Messis Spiel gegen KOL auf der 10 sowie die vielen Tempodribblings im MF haben Kraft gekostet.
Aber PAR hat eine Tag weniger Erholungspause.

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cali 28. Juni 2015 um 22:28

Ich mag Biglia auch, aber ich glaube, dass du seine Kopfballstärke etwas zu hoch hängst. 😀

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Hannibal 27. Juni 2015 um 22:34

Anhand dieser Partie kann man doch keinen fehlenden Strategen beklagen. Der Ball lief ordentlich… Sowohl in den wenigen Phasen wo Kolumbien Druck machte als auch beim Bespielen des tiefstehenden Gegners. Letztendlich war das eine richtig beeindruckende Leistung der Gauchos bei denen man lediglich die Chancenverwertung beklagen kann. Viel mehr Gelegenheiten kann man sich nicht rausspielen wenn man hinten selbst sicher stehen will und auch berücksichtigt, dass der Gegner mit viel Einsatz Beton anrührt während der Schiri auch Ringkämpfe und Karate zulässt.

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luigi 29. Juni 2015 um 10:17

Nein, verstehe ich nicht falsch. Auch ich sah eine durchaus gute Partie der Gauchos. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass da mehr drin gewesen wäre bzw. anhand des Spielermaterials mehr drin sein müsste. Ich fand sie haben sich zu oft im 1gg1 verheddert und meine laienhafte Frage war, ob die Antwort darauf evtl. ein fehlender Stratege sei, der die Räume und Lücken mit Pässen füttert bzw. dem Spiel grundsätzlich eine bessere und solidere Struktur gibt.
(Ich bin mir der Einschränkungen natürlich bewusst: Nationalmannschaft, Ende einer langen Saison usw.).

Ich bedanke mich jedenfalls schonmal für die Antworten und die entstandene Diskussion. Leider habe ich das erste Spiel nicht verfolgen können und daher Pastore/Banegra zusammen nicht gesehen. Werde im Halbfinale mal auf beide achten 😉

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SU 50 27. Juni 2015 um 15:54

1. Messi und Ospina als die Top Performer ihrer Teams zeigen die taktische Marschroute. Pekerman will mit aller Macht das 0:1 verhindern und hat 10 Verteidiger sowie einen Oktopus aufgeboten.

2. Messi dominiert Tempo und Match in beiden Hz von der 10 er Position. Apropos 10er, James hatte in Hz1 lediglich 5 Ballberührungen in der Hälfte von ARG. Deshalb spricht SV auch von einer 6 er Position bei James.

3.Erst durch den Wechsel Banega für Pastore wird Messi im Aufbauspiel entlastet. MIt Banega kommt endlich mehr Kreativität ins Spiel ( siehe langer Ball auf Tevez sowie Schussversuch auf die Latte ).

4. Pekermans Taktik ist also aufgegangen ( dank Ospina ). Mehr war für KOL ohne zwei wichtige MF Akteure einfach nicht möglich. Das Di Maria nicht mehr die Form von 2014 ( Real + WM ) hat spielte dem Coach von KOL voll in die Karten. So blieb es letztendlich bei der Messi Show ohne Tore.

5. CHI- URU wie auch ARG- KOL waren von der extrem körperbetonten Ausrichtung her sehr ähnlich. Wobei Tabarez zumindest mit der Einwechslung von Hernandez nach etwa einer Stunde URU zumindest offener und breiter fungieren ließ. Dies war jedoch nach der roten für Cavani schnell wieder vorbei.

6. Mit Masche + Biglia in der Anfangsformation hat ARG noch kein Tor kassiert. Tata wird also dabei bleiben und möglicherweise Banega gegen BRA ( wenn sie denn ins HF kommen ) für Pastore bringen. Auch ein Wechsel Higuain für Aguero ist möglich. Falls Biglia müde ist muss Gago ran.

Antworten

cali 27. Juni 2015 um 15:45

Danke für die Analyse.

James war in den ersten 20 Minuten der schwächste Spieler auf dem Platz. Er machte Arias und seinem Nebenmann Mejia das Leben sehr schwer, da er Biglia in den völlig falschen Momenten verfolgte. Ich habe selten so ein schlechtes Gespür gesehen. Seine Deckungsschattennutzung war ebenfalls sehr mangelhaft.
Allg. finde ich, dass ihm der Wechsel zu Real bisher nicht gut getan hat. Stand jetzt ist er auf dem besten Weg, sich zu einer schlechten Di Maria-Kopie zu entwickeln. Sein Flair hat auch stark abgenommen. Es ist nicht das erste Mal, dass er so kopflos agiert.

Fazit: Du solltest du niemals einen Messi in Manndeckung nehmen.

Antworten

Hannibal 27. Juni 2015 um 15:41

Argentinien war beeindruckend. In der Gruppenphase oder auch bei der WM war es offensiv bei den Gauchos oft eher zäh aber heute Nacht fehlte nur das Glück im Abschluss… Kolumbien hatte kaum Entlastung nach vorne und in 90 Minuten eigentlich nur einen gefährlichen Angriff und einen Kopfball nach Standard. Jeder geklärte Ball landete bei Argentinien und eröffnete die nächste Angriffswelle. Mascherano neben Messi und Ospina für mich bester Mann auf dem Feld.

Es zeigt sich weiterhin, dass die Schiris bei der Copa leider oft im Rampenlicht stehen. Auch hier teilweise üble Fouls selbst von den schon verwarnten Spielern. Cuadrado hatte nach seinem gelb-rot würdigen Foul an Rojo sogar nochmal eine Szene wo er am eigenen 16er mit beiden Beinen in Messi reinspringt nachdem der den Ball schon abgespielt hat. Dass der Ref beim Meckern so durchgreift fand ich angenehm weil uns dadurch zu extreme Rudelbildungen nach jeder Entscheidung erspart blieben aber ansonsten war die Linie absolut lächerlich. Selbst bei offensichtlichen Attacken wurde vom Ref abgewunken, so dass Kolumbien immer weiter reinknüppeln konnte.

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