Liverpools 3-4-2-1-Siegessträhne geht auch gegen City weiter

2:1

Das Spitzenspiel dieses Spieltags in der englischen Premier League stieg wohl in Liverpool. In den letzten zehn Partien holten die Reds 24 Punkte und sind somit das formstärkste Team der Liga. Sie empfingen den Tabellenzweiten und amtierenden Meister Manchester City.

Liverpools flexibles 3-4-2-1/5-4-1 kontrolliert Citys Bewegungen weitestgehend

Die zwei Meistertitel Citys basieren – neben massiver individueller Überlegenheit – weitestgehend darauf, dass englische Mannschaften ihr 4-4-2/4-2-2-2 nicht kontrollieren konnten. Mindestens einer der Flügelstürmer rückt ein, bei einer Aufstellung wie heute (Nasri und Silva auf den Flügeln) tun dies sogar beide. Dazu weicht mindestens einer der Mittelstürmer (meist Agüero) geschickt auf die Flügel aus und dadurch überladen sie den Zwischenlinienraum der meisten Gegner in der Premier League, desorganisieren deren meist mannorientierten Bewegungen und öffnen Räume.

Grundformationen

Grundformationen

Gegen Liverpool funktionierte dies allerdings nur selten beziehungsweise auf andere Art und Weise. Wir haben in den letzten Wochen schon mehrmals über Liverpools neues System geschrieben, welches eine Mischung aus 3-4-2-1 und 5-4-1 darstellt. Häufig nehmen sie als Initialposition ein 5-4-1 ein, in welche die ballnahen Flügelstürmer herausrücken und pressen; nur situativ im höheren Pressing agieren sie wirklich im 3-4-2-1.

Citys einrückenden, zentrumsüberladenden Bewegungen können dadurch gut aufgefangen werden. Die Flügelstürmer bzw. Zehner Liverpools können sich situativ an die Außenverteidiger Citys orientieren und diese übernehmen, während die fünf Abwehrspieler hinten sehr eng agieren und bei Bedarf auf lange Pässe in den Zwischenlinienraum aggressiv und gut abgesichert herausrücken.

Wenn City aber bereits aufgerückt war, die Auenverteidiger höher standen und die Flügelstürmer eingerückt waren, dann würden die Flügelstürmer/Zehner Liverpools tiefer und zentraler agieren. Damit konnten sie die zwei Sechser unterstützen, das Zentrum eng machen und Anspiele in diese Zone verhindern. Insofern funktionierte Liverpools System passabel, bis auf die Umformungsbewegungen, einzelne Mängel beim Übergeben und grundsätzliche strategische Punkte.

Diese waren beim 1:1 beispielsweise sehr gut zu erkennen. Die zentrale Mittelfeldreihe war etwas vorgeschoben, die Abwehrreihe rückte aber nicht nach. Die vertikale Kompaktheit war schwach. Ein toller Pass von Yaya Touré durch die Mittelfeldreihe in den Zwischenlinienraum öffnete dies. Silva erhielt den Ball ohne einen Gegenspieler in Sicht, dazu gesellten sich eine schwache Rückzugsbewegung des Mittelfelds, kein Herausrücken der Abwehr und Agüeros Kreuzen, die zum Tor führte. Agüero orientierte sich nämlich auf die andere Seite, überlud dort mit Silva und spielte einen tollen Pass auf Dzeko, der zum Ausgleich traf.

Interessanterweise schienen bei Liverpool die Halbverteidiger im Vergleich zum Spiel gegen Southampton getauscht zu haben, um die Stürmer Citys passender abzudecken. Lovren agierte links anstatt rechts und orientierte sich an Dzeko, der dynamischere Emre Can wiederum sollte Agüero abdecken. Eine passende Idee, aber die verstärkten Positionswechsel und kreuzenden Bewegungen von Citys Stürmer sorgten für Probleme und bespielten die Abwehrreihe Liverpools mit fortschreitender Spieldauer immer besser. Die verstärkten Rechtsüberladungen funktionierten passend.

Trotz der Probleme konnte sich City dadurch mit fortschreitender Spieldauer besser ins letzte Drittel kombinieren, wodurch ein ausgeglichenes Spiel entstand. Liverpool hatte auch einige interessante Aspekte in der Offensive, wobei die auch wegen Citys Problemen gegen den Ball entstanden.

City ohne Zugriff in der ersten Pressinglinie

Liverpools Dreierreihe im Aufbau und die einfache Flügelbesetzung auf den Seiten hat Vorteile gegen ein 4-4-2. Durch die drei Spieler in der ersten Linie haben sie Überzahl und können den Ball meist gut laufen lassen. Zwar versuchte City das zu neutralisieren, indem sie die Flügelstürmer ballnah etwas herausrücken ließen, doch die mangelnde Intensität und die schwache Organisation der restlichen Bewegungen waren für die geringe Effektivität dieser Bewegungen verantwortlich.

City mangelt es an Kompaktheit, immer wieder gab es weite Räume hinter den beiden Stürmern im Pressing. Dorthin konnten die Verteidiger Liverpools Pässe spielen, welche die Sechser Liverpools erhielten. Um diese zu pressen, rückten wiederum die zwei Sechser Citys heraus, was allerdings natürlich Räume im Zwischenlinienraum hinter den Sechsern öffnete. Die mangelnde Kompaktheit und das schwache Nachrücken der einzelnen Mannschaftsteile waren bei City noch extremer als bei Liverpool.

Garniert wurde dies durch die Probleme auf den Flügeln. Standen die Flügelstürmer Citys enger und/oder höher, würden sich die Flügelverteidiger Liverpools etwas zurückfallen lassen. Dadurch unterstützten sie nicht nur die Halbverteidiger als Anspielstation, sondern versuchten auch Citys Außenverteidiger herauszulocken. Die Flügelstürmer/Zehner Liverpools wiederum bewegten sich in die Mitte und liefen sich hinter den Sechsern Citys frei.

Zu dritt wollten sie die gegnerischen Außenverteidiger binden; wenn diese aufrückten, hatte Liverpool Gleich- oder Überzahl in der letzten Linie. Blieben sie tiefer, dann waren die Flügelverteidiger (vorerst) frei. Standen sowohl die Flügelstürmer als auch die Außenverteidiger tiefer und zurückhaltender, dann hatte City keinen Zugriff in der ersten Linie. Letzteres wurde nach der Anfangsphase verstärkt genutzt und führte zu etwas Stabilität bei Liverpool, aber auch weniger Offensivpräsenz. Ein aus tieferer Position startendes Anlaufen der Stürmer half City ebenfalls und die enormen Probleme Mitte des Spiels lösten sich dadurch ein bisschen auf.

Interessant war auch die Rollenverteilung der Sechser und Flügelspieler. Markovic schob ein paar Mal weit in die Mitte, Lallana als rechter Flügelstürmer wich dann teilweise auf den Flügel aus. Ansonsten überluden sie eben die Mitte und es gab zahlreiche Positionswechsel mit Sterling sowie schnelle Kombinationen. Garniert wurde dies mit Hendersons Nachstoßen, welches auch die Führung nach einem Konter brachte, als Henderson den offenen Raum auf der Seite nach einer Balleroberung anvisierte, den Ball erhielt und mit einem Kunstschuss in den Winkel das 1:0 besorgte.

Diese Spielweise blieb eigentlich bis zum Spielende. Beide Mannschaften waren ganz gut in Ballbesitz, Liverpool dominierte aber die Phase nach der Anfangsphase und eigentlich die gesamte zweite Halbzeit, weswegen City letztlich auch verdient verlor. Sie konnten nur zu Beginn und Mitte der ersten Halbzeit wirklich konstant Druck erzeugen, ansonsten liefen sie eher hinterher, obgleich sie durch ihre individuelle Qualität immer wieder zu einzelnen starken Situationen und Aktionen kamen.

Fazit

Ein interessantes und durchaus ansehnliches Spiel mit zwei Mannschaften, welche aus taktischer Perspektive spannende Stärken und Schwächen mitbrachten. Größere Anpassungen und Veränderungen gab es im Spielverlauf nicht, nur kleinere Umstellungen in den Pressingbewegungen und später auch offensivere, aber positionsgetreue Wechsel.

Letztlich gab es gar nicht so viele klare Torchancen und Liverpool hatte mehr, doch eine wirklich überlegene Mannschaft über neunzig Minuten auszumachen ist schwierig. City hatte ein paar gute und drückende Phasen, obgleich Liverpool wohl wie schon erwähnt für längere Zeit leicht überlegen war. Die zweite Halbzeit war beispielsweise enorm stark und somit endete die Partie mit einem verdienten Traumtor Coutinhos.

woody10 3. März 2015 um 09:41

Lob!

v.a wie es dir gelungen ist, die Spielanalyse mit zwei knappen Mannschaftsanalysen zu kombinieren, verdient Respekt!

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IcemanZero 2. März 2015 um 04:11

Man sollte vielleicht mal einen Begriff für die Position kreieren, die bei Liverpool von Lallana und Coutinho bekleidet werden. Für mich sind diese Positionen eine Mischung aus 10er/Flügelstürmer/Hängende Spitze. Eventuell Halbspitzen? Jedenfalls übernehmen Spieler die dort in solch einer Rolle agieren diverse Aufgaben und sind dabei recht flexibel. Gegen den Ball versperrt man das Zentrum in den offensiven Halbräumen und leitet gegnerische Angriffe auf die Flügel.
Mit Ball besetzten sie spielmachend den 10er-Raum, stoßen mit in die Spitze, verhalten sich hängend hinter dem Stürmer oder weichen auf die Flügel aus.

In Italien bei Florenz spielen zur Zeit Diamanti und Ilicic oft solch ein Rolle. Generell spielt man das in Italien häufiger. Vor ein paar Jahren gabs das auch bei Palermo mit Miccoli zb oder unter Mazzari bei Neapel im 3-4-2-1 (ähnlich wie hier Liverpool) spielten Hamsik und Lavezzi diese Position. Damals bei Mainz unter Klopp spielte man den Tannenbaum mit ähnlichen Rollen.

Meiner Meinung nach ist diese Position sehr interessant und noch zu wenig beleuchtet. Vielleicht könnt ihr ja da mal ein bisschen drauf eingehen bzw. evtl sogar einen Bericht drüber schreiben. Das würde einige bestimmt sehr freuen 🙂

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Peda 2. März 2015 um 15:47

Die eigentlich veraltete Bezeichnung „Halbstürmer“ bietet sich dafür eigentlich ideal an, da mit „halb“ sowohl die vertikale als auch die horizontale Abweichung von der (Mittel-)Stürmerposition zum Ausdruck kommt.

Zudem hat der „Zehner“ seinen Namen vom Halbstürmer, der sich – zwischen Außen- und Mittelstürmer aufgestellt – zunehmend zurückfallen ließ und kreative Aufgaben übernahm.

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Adebar Storch 2. März 2015 um 17:03

Übernehmen nicht die beiden 8er einer raute ähnlich Aufgaben nur eine Ebene weiter hinten?
Ich finde man sollte aufpassen, dass man es mit der Benennung von Positionen nicht auf die Spitze treibt. Sonst gibt’s irgendwann auf dem Blatt Papier mehr Positionen als Spieler.

Nichtsdestotrotz gibt es bei liv einiger interessanter neuausrichtungen der Positionen und deren Aufgabenverteilung.

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RM 2. März 2015 um 20:27

Naja, Halbstürmer ist ebenso wie Halbläufer oder „Halbspieler in der Raute“ kein neuer Begriff, beides gibt’s schon seit Ewigkeiten und bezeichnet beim Halbstürmer auch genau das, was Peda schreibt. Und natürlich sollte es mehr Positionen als Spieler geben, weil es auch mehr als eine Formation gibt; oder verstehe ich das falsch?

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Adebar Storch 2. März 2015 um 23:41

Nen bisschen (-:
der Kommentar sollte noch überspitzer sein. Also für jeden existierenden Spieler eine eigene Positionsbezeichnung finden! Es ist glaub ich ne harte Grenze zwischen alt bekanntes leicht umzudefinieren (Positionen anders zu interpretieren) und eine neue Position zu benennen.

Egal wie es gemacht wird eigentlich sind die Texte fr mich immer nachzuvollziehen und darum geht es ja im Textverständnis!
Schöner ausflug in die PL mal wieder, nebenbei.

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RM 3. März 2015 um 00:35

Ach so, das meinst du. (:

Ja, ich würde dir da zustimmen. Denke, wenn man zwischen „Rolle“ und „Position“ unterscheidet, ist es schon verständlicher. Dann kann man auch separat spezielle, unorthodoxe Rollen Spielern zuschreiben, ohne direkt eine neue Position als solche zu erfinden. Vielleicht wäre ja eine Art Positionsraster ganz nett, während es in diesem Positionsraster eine schier unendliche Zahl an unterschiedlichen Rollen gibt. Sollte eigentlich verständlich, nicht rigide und doch eine Hilfe beim Austausch sein. Andererseits heißt es dann wieder, wir erfinden den Fußball neu, wollen uns mit Worten profilieren und sind arrogante Nerds, wenn wir sowas machen, obwohl der Beweggrund anders wäre.


Adebar Storch 2. März 2015 um 00:01

Im dritten Absatz „Liverpools flexibles 3-4-2-1/5-4-1 kontrolliert Citys Bewegungen weitestgehend“ fehlt ein ß bei Außenverteidigee.
Hab die zweite Hälfte fast vollständig gesehen.
Neben hendersons nachrücken auf der linken Seite war auch mal wieder Cans nachrücken auf der rechten Seite interessant (als quasi-IV).
Außerdem das sehr schnelle Entgegenkommen der zentralen Mittelfeldspieler auf die eigene Abwehr zu war auffällig. Geschah meist wenn ManCity einen AbwehrSpieler beim Pressing im deckungsschatten hatte, um diesen dann anzuspielen, der dann meist das Spiel nach vorn brachte (meist Can).

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