Torres-Rückkehr beim Stadtderby
Einmal mehr dominiert Real Madrid ein Stadtderby. Einmal mehr gewinnt Atlético. Mit einem 2:0-Heimsieg haben sich die Rojiblancos eine gute Ausgangsposition für das Rückspiel im Copa-del-Rey-Achtelfinale geschaffen. Der zurückgekehrte „Sohn“ Fernando Torres hatte einen einstündigen Auftritt. Dazu eine kurze Analyse.
Atlético trat erneut in einer 4-1-4-1-/4-3-3-Grundformation an, tendierte aber defensiv zum altbekannten 4-4-2, was sich vor allem nach der Führung horizontal sehr kompakt gestaltete. Diego Simeone nahm einige personelle Änderungen vor, sodass beispielsweise die Außenverteidigerpositionen im Vergleich zum letzten Wochenende neu besetzt wurden. Jesús Gámez ersetzte Juanfran. Eigengewächs Lucas Hernández spielte anstelle von Guillherme Siqueira auf der linken Seite. Vor der Abwehr agierte Mario Suárez, wobei er gerade infolge der Mischformation von der Solosechs tendenziell leicht nach links driftete, wenn Gabi von rechts einrückte und sich Raúl García nach hinten fallen ließ. Phasenweise waren die Rojiblancos vor allem auf sehr schnelle, steile Zuspiele in die Spitze fokussiert, sodass man über die vordere Dreierreihe besser ins Gegenpressing kam.
Gegen den geordneten Spielaufbau von Real Madrid versuchte man zunächst, die Pässe nach außen abzuleiten. Der erste Pressingblock stand zunächst vor den beiden Innenverteidigern, wobei sich Fernando Torres, der sein erstes Spiel seit seiner Rückkehr absolvierte, verstärkt am tief positionierten Toni Kroos orientierte, der oftmals halblinks den Ball erhielt. Im nächsten Schritt zog sich Atléticos erste Linie zurück und wollte die zentralen Räume für die gegnerischen Sechser versperren. García ging derweil meist ins rechte Glied des Mittelfeldbandes, um eine effektivere Flügelverteidigung zu erwirken, die eine konsequente Folgemaßnahme der leitenden Elemente war.
Dass die Gäste nicht in den eigenen Zehnerraum hineinkamen, lag nicht nur an Atléticos Pressing, sondern auch an den wohl bewusst verwaist gelassenen zentralen Zonen. Carlo Ancelotti schickte seine Mannschaft dieses Mal in einer Art 4-4-2 in die Auseinandersetzung mit dem Stadtrivalen. Sami Khedira agierte an der Seite von Toni Kroos, wobei Ersterer tendenziell über den rechten Halbraum stärker nach vorn schob. James Rodríguez war als Rechtsaußen etwas passiver, weil Gareth Bale ebenso des Öfteren in seinen gewohnten Grundraum zurückfiel, während Karim Benzema im Zentrum einen großen horizontalen Bereich abzudecken versuchte, sich aber dabei vermehrt in isolierten Situationen wiederfand. Dominanter und agiler wirkte hingegen Isco, der sich noch am häufigsten nach innen fallen ließ und dort der einzige effektive Knotenpunkt vor Toni Kroos war. Ansonsten waren dem deutschen Spielmacher oftmals die Hände gebunden.
Was machte unterdessen Fernando Torres? Simeone vertraute dem 30-Jährigen sofort einen Startplatz an und schonte dafür Mario Mandžukić. Zunächst orientierte sich Torres nicht nur leicht nach rechts, um Kroos zu bewachen, sondern der Angreifer driftete außerdem vermehrt auf den rechten Flügel ab, um bei Kontern für schnelle Überladungen zu sorgen oder einfach nur einen freien Raum fernab von Sergio Ramos zu finden. Allerdings fand sich Torres daraufhin ohne Anspielstation. Manchmal konnte er es mit seinen typischen Dribblings lösen, wo er mehr oder weniger nur an den Gegnern vorbeiläuft, ohne Zugriff zu ermöglichen. In anderen Fällen wurde er von Marcelo und Co. gestellt.
Gegen den Ball fügte sich Torres sehr gut ins bestehende Gefüge der Colchoneros ein. Es wirkte nur zu Beginn so, als würde der für 18 Monate ausgeliehene Angreifer als passive Spitze fungieren. Im Verlaufe der Partie verengte er aber vor allem zusammen mit Griezmann immer wieder horizontal, sodass sich für die gegnerischen Ballführenden nur kleine Passkanäle ergaben, die wiederum von den Reihen dahinter bewacht wurden.
Insgesamt war es aber noch ein verhaltener Auftritt des 30-Jährigen. In 59 Spielminuten hatte er 19 Ballkontakte, spielte einen Key Pass bei einer Passquote von 56 Prozent. Hinzu kamen vier Fouls in der ersten halben Stunde, wo er manchmal etwas zu ungestüm vorging, anstatt lediglich verdichtend und leitend vorzugehen. Aber Simeone wollte Torres – beide spielten Mitte der 2000er sogar zusammen bei Atlético – unbedingt verpflichten und kann ihn sicherlich nach durchwachsenen Jahren wieder aufbauen.
Der Mittelstürmer wurde nach dem Führungstreffer der Rojiblancos durch einen García-Elfmeter ausgewechselt. Koke übernahm zunächst die Position des Linksaußen. Wenig später kam Arda Turan für Saúl Ñíguez aufs Feld. Der Türke gab sofort die Kommandos von Simeone weiter. Atlético spielte fortan konstant im 4-4-2 mit Grizemann (später Mandžukić) sowie Arda vorn und konnte so mit einer exzellenten vertikalen wie horizontalen Kompaktheit nicht nur die Führung über die Zeit bringen, sondern erneut eine Standardsituation zu einem weiteren Tor nutzen.
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10 Kommentare Alle anzeigen
king_cesc 9. Januar 2015 um 18:39
Kann mir jemand sagen wie man Cani bei Atletico einbindet? Oder ist er einfach wieder die klassische Kadererweiterung?
http://www.transfermarkt.de/cani/profil/spieler/7983
CE 10. Januar 2015 um 09:59
Klassische Kadererweiterung. Wahrscheinlich als Backup hinter Gabi, Saúl, Koke eingeplant. Da gerade Gabi im RZM sehr viele Spiele macht, könnte Cani da vielleicht ein paar Einsätze bekommen. Ich glaube eher nicht, an viele Auftritte auf der Außenbahn, wie ich generell nicht an zahlreiche Einsätze von ihm glaube. Aber warten wir mal ab. Womöglich kommt er dann doch als kombinativer RA/LA seine Chancen. Langfristig hoffe ich, dass Simeone Óliver Torres ab dem Sommer einbaut.
SB 8. Januar 2015 um 17:42
Treffende Analyse! Kann man aber auch so wie du es getan hast kurz und knackig zusammenfassen: eine Mannschaft, die nicht ins Zentrum kommt (bzw. es garnicht besetzt hat) gg. Atlético. Aber erst jetzt wo es in diesem Artikel erwähnt wird, fällt mir auf, dass es generell relativ wenige Bestrebungen von Real gibt, das Zentrum zu kontrollieren: Benzema weicht nach außen aus, Ronaldo und Bale kommen immer von außen, Kroos spielt seine spielverlagernden Bälle nach außen, usw. Modrić scheint da wirklich zu fehlen. Bin aber auf F. Torres‘ Entwicklung in den nächsten Wochen gespannt. Werde ich verfolgen
getuerkt 8. Januar 2015 um 14:48
Gute kurze Analyse, ohne den Blick auf das Wesentliche zu verlieren.
Irgendwie stört mich lediglich die Beschreibung des Pressings von Atletico, denn durch die
Ausführungen könnte man glauben, dass sie lediglich im Standard 4-4-2 agiert hätten.
Ich für meinen Tiel konnte gerade in der ersten Halbzeit und zum Ende gegen der zweiten Halbzeit mehrere „Zwischenformationen“ erkennen. Zu Beginn hat Atletico, während RM sich im Aufbau befand, sehr oft in einem 4-3-3 gepresst, wobei ich zum Teil den Abstand zwischen dem Mittelfeldband und der Angriffsreihe davor als zu weit empfand. Die typische 4-4-2 Formationen kamm größenteils in der Endverteidigung bzw. im Abwehrpressing zum Einsatz.
Zum Ende der Partie gab es sogar bei Atletico zum Teil sogar ne 5er Kette in der letzten Reihe, wobei mir die Ursachen hierführ nicht ganz bewusst sind. Zum einen könnte es an Mannorientierung der Flügelspieler liegen, zum anderen kann es aber auch ein bewusstes taktisches Mittel gewesen sein, denn im letzten Jahr sah man das garnicht.
Wäre froh zu wissen, ob meine Ausführungen soweit stimmen.
CE 8. Januar 2015 um 14:59
Stimmt alles. Das mit dem 4-3-3 zum 4-4-2 deute ich kurz an. Und es war in der Tat ab der 60./70. Minute häufiger ein 4-5-1 in tiefer Stellung. Ich habe mich hier eben vor allem auf el Niño konzentriert. Aber alles richtig, was du sagst.
SCP-Poker 8. Januar 2015 um 22:17
Ja war besonderes in der ersten Hälfte häufiger mal ein Asymetrisches 433
Dr. Acula 8. Januar 2015 um 13:04
beeindruckend wie Atlético das pressing nach dem Führungstreffer intensiviert hat, offenbar hat Simeone aus dem CL Finale gelernt!
Interessant war dass Real mit der Formation gegen Atlético antrat, mit der Atlético spiel um Spiel Barca entzaubert…
Isco 8. Januar 2015 um 13:01
Ich finde es eigentlich schade, in welche Richtung AM sich entwickelt hat. Das Schaffen von Kompaktheit haben sie immer noch besser drauf als alle anderen europäischen Mannschaften im Moment, aber die Durchschlagskraft im Konter von letzter Saison ist ihnen eigentlich komplett abhanden gekommen, einerseits natürlich weil ein Costa da vorne natürlich extrem abgeht, aber ich finde sie spielen die Konter auch nicht mehr so gut durch. Letztes Jahr hatten sie oft so schnelle Kurzpasskombinationen dabei, die ich diese Saison noch nicht so richtig gesehen habe.
Würde man Standardsituationen aus dem Regelwerk entfernen, die hätten gestern auch in 180 Minuten nicht getroffen.
Bei hat man leider gemerkt, dass der beste Fuballer der Galaxie nicht dabei war (nein, nicht Ronaldo sondern Modric), wieso Ancelotti aber Khedira statt Illarra bringt bleibt sein Geheimnis.
Msen 9. Januar 2015 um 12:52
Zu Khedira/Illaramendi:
Die Frage lese ich häufig; Ancelotti hat vor kurzem mal gesagt, dass er Illara als reinen Kroos-Ersatz sieht. Das war nach Modric‘ Verletzung und einigen wenigen Versuchen mit Illara auf der 8 neben Kroos, die ihm dann wohl nicht so gefallen haben dürften. Er unterscheidet in seinem ZM also offenbar zwischen DLP (Kroos, Illaramendi) und 8er (Modric/Isco/Khedira).
Gh 9. Januar 2015 um 13:26
Obwohl Atletico Gegner war: Aufstellungen im spanische Pokal haben nicht so viel zu sagen.