1. FC Nürnberg – Erzgebirge Aue 1:0
Erster Spieltag der 2. Bundesliga, erster Sieg für den Club. Der 1. FC Nürnberg gewinnt mit 1:0 gegen den Gast aus Aue. Ein Ex-Erzgebirgler besorgt den Sieg und trotzdem bleiben noch viele Baustellen bei den Franken. Eine kurze Analyse zum Trainerdebüt im Profifußball von Valérien Ismaël.
Grundausrichtung
Von den grundsätzlichen Ansätzen zogen sich einige Parallelen zwischen beiden Mannschaften durch die Partie. Allerdings war es besonders die individuelle Klasse der Nürnberger und das teils eher zögerliche Defensivverhalten und Abwehrpressing der Auer, was zu einer phasenweise klaren Dominanz der Gastgeber führte.
Diese mussten insgesamt sechs Neuzugänge in die Startelf integrieren. Die Doppelsechs mit Rückkehrer Jan Polák und dem österreichischen Top-Talent Alessandro Schöpf war komplett neu. Ismaël vertraute auf ein recht herkömmliches 4-4-2. Die beiden Außenbahnen wurden von den Neuzugängen Robert Koch und Niclas Füllkrug besetzt. Letzterer kam also nicht mehr im Sturmzentrum zum Einsatz, wie es beispielsweise zuletzt noch bei Greuther Fürth der Fall war.
Die Gäste aus Sachsen begannen ihrerseits mit einer weitestgehend eingespielten Mannschaft. In der Abwehr kamen Rechtsverteidiger Thorsten Schulz und Innenverteidiger Stipe Vučur als Neuzugang hinzu. Der defensivstarke Filip Lukšík wurde im Mittelfeld eingesetzt und wechselte mit dem ebenfalls erst im Sommer transferierten Niederländer Romario Kortzorg häufiger die Seiten. Die entscheidende Schwächung der Mannschaft von Trainer Falko Götz spielte quasi beim Gegner. Der Top-Torjäger Jakub Sylvestr wechselte im Sommer von Aue ins Frankenland.
Interessanterweise ergaben sich einige Parallelen. So war die Sechser-Achter-Aufteilung bei beiden Teams eindeutig. Rico Benatelli sowie Schöpf waren die Strategen bei eigenem Ballbesitz, während sich Polák und Michael Fink jeweils auf Pressingdruck im Mittelfeld konzentrierten. Auch hatten beide Mannschaften unterschiedlich ausgerichtete Außenbahnen. Koch sowie Aues Lukšík suchten vornehmlich lineare Wege und kamen vor allem über die Laufleistung ins Spiel, während sich Füllkrug und Kortzorg häufiger ins Diagonaldribbling getrauten. Nicht zuletzt ließen beide Trainer ihr Stürmerpärchen leicht versetzt agieren. Sylvestr kippte nach der Anfangsphase, wo er sich eher noch leicht links bewegte, vermehrt in den Zehnerraum ab. Solomon Okoronkwo tat dies auf Auer Seite sogar noch klarer. Er pendelte sogar aus dem Zehnerraum heraus vielfach auf die Seiten und war damit klar hinter Prallstürmer Frank Löning. Folglich ergab sich bei Aue auch verstärkt ein 4-4-1-1.
Nürnbergs Spielaufbau
Besonders in der ersten halben Stunde des Spiels hatten die Hausherren doch einige Probleme, geordnet und mit einer passablen Staffelungen nach vorn zu gelangen. In beiden Umschaltsituationen hatte Nürnberg zunächst noch Schwierigkeiten. Defensiv passten beispielsweise die Abstände zwischen den beiden Viererlinien nicht und zum Teil wurde von den Flügelspielern sogar defensiv gezockt, was Ismaël aber überhaupt nicht gefiel. Die Abstände wurden dann mit zunehmender Spielzeit verbessert. Offensiv blieb man aber zunächst recht einfallslos. Aue lief die Innenverteidiger in der ersten Halbzeit nur selten wirklich an. Polák positionierte sich häufig direkt vor der Abwehr und nahm den Ball auf. Ohne großen Druck spielte er dann entweder einen langen Ball hinter die Viererkette der Gäste oder er suchte mit einem mittellangen Zuspiel Koch oder Füllkrug. Vor allem Füllkrug wurde immer wieder mit Verlagerungsbällen von seinen Teamkollegen gesucht. Wahrscheinlich wechselte auch deshalb Lukšík nach einiger Zeit die Flügel. Der Slowake ist defensivstärker als Kortzorg und deshalb wollte Lukšík die Seite gegen Füllkrug und den immer wieder aufrückenden Ramírez absichern.
Auffällig war, dass Aue eigentlich konstant Probleme mit Zuspielen hinter die letzte Linie hatte. Tomáš Pekhart wie auch Sylvestr überliefen die Verteidiger mehrmals, konnten aber kein Kapital daraus schlagen. Götz ließ seine Mannschaft in der Anfangsphase einerseits passiv aber andererseits kompakt als Kollektiv agieren. Auch deshalb schoben Paulus und Vučur etwas auf. Das versuchten die Nürnberger zu bespielen.
Es gab weitere Facetten in der Spielgestaltung der Franken: Beispielsweise schalteten sich die Außenverteidiger situativ in den Aufbau ein und taten dies, vor allem im Fall von Ramírez, indem in den Sechserraum eingekippt wurde und damit entstand neben Polák eine weitere Anspielstation. Der Nürnberger Linksverteidiger vorderlief auch teilweise Füllkrug im letzten Drittel oder ging vor seinem Vordermann direkt mit Ball nach innen. Nach dem Abspiel zog sich Ramírez, Neuzugang von Fortuna Düsseldorf, wieder in seinen Grundraum zurück.
Im Zentrum war vor allem Schöpf der Spieler, der sowohl als Ballschlepper wie auch als dynamischer Akteur in den Zehnerraum eindrang und er versuchte auch mit Zuspielen auf die Außen sowie kleineren Dribblings gegen Aues Sechser für Durchbrüche zu sorgen.
Durchschlagskraft für die Gastgeber ergab sich aber vor allem über die Außenbahnen, besonders über die linke Seite. Lukšík nahm Füllkrug zunehmend in Manndeckung. Schulz sicherte dahinter ab und musste auch den Abstand zu Nebenmann Vučur im Auge behalten. Denn gerade Pekhart hatte diese Lücke immer häufiger angepeilt, während Sylvestr vermehrt Bälle tiefer aufnahm. In der 39. Minute konnte er sich beispielsweise rund 40 Meter vorm Auer Tor durchsetzen und den sprintenden Koch auf rechts bedienen. Dieser legte auf Pekhart quer, welcher aber im Abseits stand. Eine Großchance war vergeben.
Aues Arbeit gegen den Ball
Im zweiten Durchgang änderte sich das Gesamtbild nicht wesentlich. Bei den Gästen ergaben sich aber im Pressing leitende Elemente. Löning und Okoronkwo liefen nämlich mehr von innen an. Nürnbergs Innenverteidiger standen zuweilen etwas breiter, weil sich auch seltener Kombinationen mit eingerückten Außenverteidigern ergab. Folglich leiteten die beiden Neuner von Aue die ersten Zuspiele auf die Außen. Allerdings blieben Aues Flügelspieler zunächst passiv und pressten erst kurz vor der eigenen Strafraumlinie. Bei diesen daraus oft entstandenen Eins-gegen-Eins-Duellen zogen Miatke und Schulz nicht selten den Kürzeren.
Im Gegenzug waren die Sachsen für situatives Angriffspressing nicht anfällig. Eigentlich wurden alle Bälle aus der Abwehr heraus nach vorn geschlagen. Folglich kamen auch die Außenverteidiger Miatke und Schulz nicht unter Druck, denn sie wirkten bei Ballbesitz nicht immer sicher. Vorn rieb sich Okoronkwo weiter auf den Flügeln bei Überladungen auf und Löning versuchte weiter mit Ablagen und Weiterleitungen nutzbare Situationen zu kreieren. Er wurde stetig von einem Nürnberger Innenverteidiger verfolgt und konnte sich infolgedessen nicht drehen.
Nach rund einer Stunde folgten die ersten Wechsel. Interessanterweise nahm Götz Benatelli vom Platz und brachte den etwas defensiveren Oliver Schröder. Ismaël wechselte derweil Timo Gebhart für Koch ein. Wichtiger war aber die Hereinnahme von Peniel Mlapa für Pekhart. In der 69. Minute war Mlapa entscheidend am Siegtreffer beteiligt. Er gewann gegen Vučur ein Kopfballduell an der Mittellinie. Während sich zwei Auer noch selbst über den Haufen rannten, liefen Sylvestr und Mlapa auf Paulus zu. Dabei konnte Mlapa den Ball am Verteidiger vorbeispitzeln. Der Ex-Torjäger von Erzgebirge schob zur Führung ein.
In der Schlussphase stellte Götz auf ein 3-4-3 um. Mike Könnecke sowie Lukšík kamen über die Außen. Der eingewechselte Arvydas Novikovas agierte als Linksaußen. Okoronkwo rückte leicht nach rechts. Aber auch mit dieser Art der Brechstange kam nur wenig aus dem Spiel heraus zustande. Schlussendlich konnte Aue nur bei Standardsituationen überhaupt Gefahr ausstrahlen.
Fazit
Ismaëls Debüt war auf der einen Seite vom Ergebnis her erfolgreich. Aber andererseits müssen noch viele Mechanismen verfeinert werden. Der neue Nürnberger Trainer kündigte bereits an, dass er Wert auf ein gutes Ballbesitzspiel legt. In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage, ob das praktizierte 4-4-2 dafür geeignet ist. Denn die recht simplen Strukturen wirkten gegen Aue vor allem über einzelne Individualaktionen sowie längere Zuspiele in die Spitze gefährlich.
Für die Sachsen wird es in dieser Saison wohl wieder gegen den Abstieg gehen. Mit dem Verlust des umtriebigen Angreifers Sylvestr haben es Götz und seine Mannschaft noch ungleich schwerer.
6 Kommentare Alle anzeigen
NanLei 11. August 2014 um 21:43
Es war im Rückspiel viel Chancen da für Mainz aber Tripolis war glücklich weil Mainz dann doch hinten kassiert hat und vorne nicht mehr traf. Im Hinspiel beim eins zu Null durch Okazaki war die Abwehr super von Mainz.
Fürth ist momentan stärker als Nürnberg, Pekahardt wurde gerade eingewechselt für Sylvester. Patzer von Schäfer dann noch Elfmeter kassiert. Pinola als neuer Kapitän für langverletzten Polak eigentlich okay aber beim 3 zu 1 war dann keine gute Abwehrarbeit von Nürnberg zu sehen der Pass musste unterbunden werden ein Spieler überspielt und BABA zu zweiten durch zwei Nürberger durchgeschossen
Beim zwischenzeitlichen Anschluss nach der Ecke hätte Fürths Torwart rauskommen müssen
Schade Fürth gewann die letzten 2 oder drei Frankenderbys hintereinainder
Koom 8. August 2014 um 10:03
Eine Analyse zu Tripolis-Mainz wird es vermutlich nicht geben, oder? Würde mich mal interessieren (gern auch als Kommentar), wie ihr das bisherige Wirken so seht, ob es bereits interessante Ansätze gibt.
Koom 4. August 2014 um 10:06
Liest sich für mich so, dass Ismael beim Debütspiel vor allem erst mal eine gewisse einfache Sicherheit in die Mannschaft bringen wollte. Das 4-4-2 ist ja als Grundsystem ideal für sowas, jeder kennt die Abläufe darin, defensiv ist es idR auch gut auf jeden Gegner angepasst und letztlich kann Ismael auch davon ausgehen, dass die individuelle Klasse seines Kaders höher ist als die von Aue.
Das von ihm geforderte „gute Ballbesitzspiel“ kann man ja noch entwickeln, das tut sich wesentlich leichter mit 3-4 Siegen im Rücken. Selbstbewusstsein, Moral sind für Aufnahmebereitschaft sehr wichtig. Ohne jetzt also zuviel Vorschusslorbeer auszuschütten: Eine gelungene, pragmatische Herangehensweise von Ismael.
mh 4. August 2014 um 02:01
Gutes Spiel des FCN. Aber durch verwaisten Zehnerraum manchmal zu statisch. 4-1-3-2 könnte eine Option sein gegen schwächere Gegner. Wobei Polak als möglicher alleiniger Sechser erst mal ausfällt…
Dieter 3. August 2014 um 23:51
Der Club bitte mit C, zudem waren es sechs Neue (Ramirez, Polak, Schöpf, Füllkrug, Sylvestr und Koch).
Ansonsten aber wie immer interessant. Ich bin gespannt, ob Ismaël tatsächlich bei diesem System bleibt (wohin dann mit Schöpf, wenn Polak und Petrak die beiden Sechser sind und Stark IV?) und ob der FCN wirklich eine ganz Saison ohne Rechte Außenbahn durchziehen will…
CE 4. August 2014 um 00:15
Besten Dank. Hatte extra noch richtig nachgezählt und schreibe trotzdem die falsche Zahl hin. Haha