Auftakt der U17-EM 2014 in Malta
Acht Teams kämpfen bei der U17-EM in Malta um die Europameister-Krone. Ein Blick auf alle vier Begegnungen des ersten Spieltags.
Gruppe A: Niederlande – Türkei 3:2
Die Partie zwischen den mit-favorisierten Niederlanden und der Türkei um Starspieler Enes Ünal eröffnete das Turnier und wurde auf beiden Seiten von zwei vielseitigen 4-3-3-Formation, jeweils flexiblen, aber doch klaren Mannorientierungen – gerade im Mittelfeld – und vielen, phasenweise deutlich zu vielen langen Bällen in der Offensive geprägt. Dadurch kam anfangs wenig Spielfluss auf, so dass die Aktionen aus dieser klaren, aber wenig durchschlagenden taktischen Lage heraus nur wenig Struktur hatten.
Das Problem der türkischen Offensive bestand vor allem darin, dass sie aus dem Mittelfeld nicht genügend Personal nach vorne brachten, um dort konstant Gefahr entwickeln zu können. Stattdessen fielen die Mittelfeldakteure häufig gleichzeitig nach hinten zurück – die Achter, insbesondere der athletische und elegante Vatansever auf rechts, aber auch der in höheren Räumen recht druckvolle Aydogan, kippten gerne leicht nach außen. Dabei gingen sie diagonal zwischen die Innen- und die weit aufrückenden Außenverteidiger. Bei den vielen über halbrechts aufgebauten Angriffe versuchte Özkan als körperlich starker Sechser immer mal wieder vor Vatansever ausweichend zu agieren und damit über diesem dominanten Halbraum Löcher zu öffnen, indem er Slabbekoorn wegzog.
Allerdings blieben die Niederländer stabil, reagierten gut und zogen sich ballnah zusammen – Slabbekoorn ging außerdem nicht zu weit mit, sondern blieb eher „vor“ Özkan und blockierte die Passwege. Zusätzlich rückte der körperlich starke Beerenstein von der Seite ein wenig zur Mitte und half damit, die türkischen Bemühungen in diesem Halbraum abzuschneiden – ebenso arbeitete der emsige Bergwijn auf der anderen Seite zum Beispiel bei möglichen Verlagerungen nach hinten mit. Wenn Ünal sich zurückfallen ließ, um verstärkt ins Spiel eingebunden zu sein und die festgefahrenen Ansätze seiner Kollegen zu unterstützten, zog er oft nur seinen robusten und individuell starken Gegenspieler Veendorp mit in die Enge hinein. So kamen die Türken aus ihren Aufbauszenen nur selten kontrolliert über die Übergangszonen hinaus, sondern verfingen sich in schwierigen Bereichen. Am gefährlichsten waren sie durch die Dribblings ihrer beiden interessanten Außenstürmer, die beispielsweise bei Kontern etwas Raum fanden und dann recht antreibend wirkten. Dagegen hatte Ünal nur wenige Szenen und konnte im ersten Match selten zeigen, wieso er redaktionsintern bereits als „mannschaftsdienlicher Ibrahimovic“ bezeichnet wurde.
Im niederländischen Aufbau war erkennbar, dass insbesondere die beiden vorderen Mittelfeldakteure schon frühzeitig weit aufrückten, viel vordere Präsenz herstellten und damit die türkische Defensive nach hinten drängten. Dahinter agierten sie balldominant und – insbesondere durch den bestimmenden Veendorp – sehr raumnutzend, spielten im Endeffekt aber dennoch viele lange Bälle. Der Kapitän wirkte ruhig und präsent am Leder, in seinen letztlichen Entscheidungen aber schlampig und strategisch etwas zu unbewusst, weshalb er ebenfalls viele dieser langen Schläge anbrachte, die überflüssig und ineffektiv waren.
Einige Male gab es niederländische Ansätze durch die Läufe von Donny van de Beek, der rechts diagonal in die Schnittstellen zu rochieren versuchte, was allerdings mannschaftlich schwierig auszuspielen war und ohnehin nur bedingt ertragreiche Positionen im Strafraum brachte. Ansonsten fand Oranje eben kaum klare Szenen, weil sie ihre Mittelfeldstrukturen schlecht ausspielten. Die vielen frühen Ballverluste aufgrund der langen Bälle würgten einige Angriffsversuche bereits in der Entstehung ab, so dass die Mannschaft insgesamt zunächst einmal kaum gefährlich wurde. Einzelne gelegentliche Rückstöße der Mittelfeldakteure halfen dabei nicht entscheidend weiter und wichen die gegnerischen Mannorientierungen auch nur inkonsequent auf, ohne dass darauf gezielte Synergien für das Schaffen von klaren Freiräumen erwuchsen. Wenn sich gewisse Lücken auftaten, wurden einige Male die Pässe in diese zu wenig balanciert gespielt.
Gerade van de Beek und Jari Schuurman schienen unter diesen mannschaftlichen Problemen der Anfangsphase zu leiden, da ihre jeweiligen Vorzüge nur selten offenkundig waren. Letzterer ist ohnehin ein etwas zurückhaltender und unscheinbarer Typ, der auch in dieser Partie nur selten direkt eingebunden wurde. Dennoch ist der Feyenoord-Akteur ein sehr eleganter Spieler, der sich vor allem immer wieder sehr gut bewegt, in engen Räumen feinfühlig agiert und die Bemühungen der Kollegen unbemerkt befruchten kann. Der bei Ajax spielende Donny van de Beek wirkt auf den ersten Blick etwas unbeweglich, fällt auch durch die eine oder andere unruhige Aktion am Ball auf und benötigte in dieser Begegnung eine gewisse Anlaufzeit. Letztlich wird aber immer wieder deutlich, wie gut und wirksam er sich generell in fast sämtlichen Szenen verhält, wenn man von einzelnen übertriebenen Verlagerungen aus seltsamen Situationen absieht. Dabei ermöglicht ihm seine Vielseitigkeit und in gewisser Weise auch Komplettheit, dass er diverse Mittelfeldrollen effektiv ausführen kann – von ihm dürfte in Zukunft noch einiges zu hören sein.
Mit der Zeit verbesserten sich die Niederländer allerdings in ihrer Balance, rückten noch stärker und konsequenter auf, so dass sie das türkische Team – auch durch weiteres Vorschieben ihrer Außenverteidiger – extrem weit zurückdrängten. Die freien Aufrückräume waren nun klarer vor dem gegnerischen Mittelfeld definiert und konnten nicht mehr durch einzelne umformende Bewegungen in ihrer Erschließung behindert werden. Mitte der ersten Halbzeit fanden sich die niederländischen Innenverteidiger zunehmend besser zurecht und spielten nach dem Aufrücken viel häufiger flach und konstruktiv in den türkischen Block hinein, wo sich das hohe Mittelfeld ballte. Insbesondere der in Engstellen souveräne Bergwijn kam im rechten offensiven Halbraum – unterstützt von van de Beeks taktischer Arbeit – mehrfach gut frei und konnte dann Kombinationen einleiten, bei denen Angreifer Dani van der Moot sich nun einbringen durfte.
Normalerweise liefert der bullige, teilweise etwas grobmotorisch wirkende Stürmer herausragende Weiterleitungen, die er mit der Hacke in verschiedensten Situationen sehr kreativ und technisch sauber ausführen kann – auch in dieser Partie gab es ganz selten leichte Kostproben davon zu sehen, die aber nicht die große oder spektakuläre Wirkung entfalteten. Beerenstein auf links stellte in diesen von Bergwijn eingeleiteten Szenen eine mögliche Verlagerungsoption dar, brachte sich aber auch verstärkt ballschleppend ein. In diesem Kontext hatte er dann einige Überladungsansätze mit Slabbekoorn und Schuurman, die sie etwas besser in die offener gewordene Mitte tragen konnten. Vor der Pause kam der Oranje-Nachwuchs mit diesen durchaus guten diagonalen Spielwegen aber noch nicht ganz durch.
Nach dem Rückstand zu Beginn des zweiten Durchgangs, bei dem Enes Ünal seine individuelle Qualität unter Beweis stellte, wurden die Niederländer aus ihren grundsätzlich ähnlichen Aktionen leicht gefährlicher. Nun agierte Schuurman eher halbrechts als Pendant zu Slabbekoorn und sollte den dortigen Halbraum unterstützten, so dass van de Beek ausgeglichener die Übergangszonen bearbeitete. Aus ihren weiterhin ansatzweise guten Positionierungen und Überladungen verlagerten die Niederländer häufig aber zu oft auf den breitstehenden Beerenstein, der dann ineffektive Flanken in die aufrückende Zentrumspräsenz schlug. Dennoch kamen sie durch ihre vorderen Akteure zum Ausgleich – der dribbelstarke und dieses Mittel auch pragmatisch wie kollektiv nutzende Bergwijn zog einen Elfmeter nach einem Abpraller, ehe Schuurman mit einer hinterlaufenden Aktion für den eingewechselten Außenspieler Ould-Chikh Raum schuf und der ebenfalls neu gekommene Nouri den Abpraller von dessen Schuss verwertete.
Die beiden Joker zeigten sich sehr effektiv, wobei Erstgenannter vor allem über seine schnellen und dynamischen Dribblings für Unruhe sorgte, während Ajax-Talent Nouri seine spielmachenden Fähigkeiten einbrachte. Gerade zum Akteur des Turniers beim AEGON Future Cup gewählt, ließ der geschmeidige Offensivmann seine fast zeitlose, iniesta-eske Ballbehandlung und seine verbindenden Fähigkeiten aufblitzen, sorgte diesmal aber vor allem für pragmatische Effizienz in den entscheidenden Aktionen. So drehten die Niederländer das Spiel zum 3:1, ehe die Nachspielzeit durch den Anschlusstreffer des eingewechselten Fatih Aktay noch einmal spannend wurde.
Gruppe B: Deutschland – Schweiz 1:1
Beim Nachbarschaftsduell der von Christian Wück trainierten DFB-Junioren und den Eidgenossen aus der Schweiz waren durchaus ähnliche Strukturen zu beobachten – klare Grundformationen, gewissen Tendenzen zu Mannorientierungen und die Dominanz von Aufbausituationen, insbesondere von denen des deutschen Teams.
Die Schweizer agierten in einer klaren 4-1-4-1-Defensivformation, die sich über eine recht balancierte und disziplinierte Ausführung definierte, und überließen der deutschen Mannschaft über weite Teil der Partie den Ball. Offensiv fielen die Eidgenossen durch vereinzelte Rechtsüberladungen mit Cani und Huser auf; ansonsten nahmen sie gerne Anstoß an den Dribblings des überzeugenden Schlüsselspielers Oberlin auf Linksaußen, die dann durch die Einbindung von Mittelstürmer und Superstar Ajeti zu einem Zweierspiel in engen Räumen kombiniert wurden, bei denen Sow als linker Achter in einer indirekten Verbindungsrolle wirkte.
Abgesehen von diesen Szenen lag die Initiative allerdings bei der DFB-Auswahl, die sich grundsätzlich überzeugend präsentierte und den 4-1-4-1-Defensivblock der Schweizer durch eine bewegliche Spielanlage zu dominieren wusste. Im Aufbau schoben sie mit ihrem Mittelfeld immer weit auf die jeweils bespielte Seite, um im Bereich des dortigen Halbraums Überzahlen und nahe Anspielstationen herzustellen, und zeigten in der Offensive generell einige Rochaden. Im weiteren Verlauf versuchten sie mit Vertikalpässen in den Schweizer Block einzudringen und im hohen Zwischenlinienraum zu zentralem Zusammenspiel zu kommen. Dafür zeigten die beiden Außenstürmer – die ansonsten für Verlagerungen auch mal extrem breit stehen konnten – einige Male sehr gut getimte und zum ausweichenden Angreifer gegenläufige Einrückbewegungen an der letzten Linie. Die auf diesem Wege initiierten Überladungen brachten in der ersten Halbzeit einige gute Halbchancen – einmal kam Besuschkow fast durch, dann bereitete er für den einrückenden Aydogan vor – sowie einige weitere Szenen nach dem Seitenwechsel.
Eine enorm wichtige Rolle für den insgesamt guten Auftritt der deutschen Mannschaft spielte Lukas Boeder als rechter Innenverteidiger. Der eigentliche Sechser zeigte eine herausragende Leistung und stieß gegen den eher zu Gimber orientierten Ajeti sowie die passiv zurückweichende 4-1-4-1-Formation der Schweizer beim Aufbauspiel mit Ball immer wieder konsequent nach vorne. Bewusst und raumnutzend trieb er die deutschen Bemühungen an und spielte anschließend gute Bälle in die gegnerische Formation hinein. Möglicherweise dürfte Trainer Wück den zuletzt nicht in der ersten Elf gesehenen Boeder speziell gegen das 4-1-4-1 der Eidgenossen mit solchen Freiheiten als aufrückender Innenverteidiger aufgestellt haben.
Vor ihm im Mittelfeld agierte der balancierende und dafür gelegentlich ausweichende Bektic, der für einen reibungslosen Ablauf der Bewegungen im deutschen Zentrum sorgte und mit seinem guten Raumgespür einige Male auch die Zirkulation am Laufen hielt, wenn diese zu stocken drohte. Dominanter war dagegen sein Kollege und Kapitän Benjamin Henrichs ausgerichtet, der als Achter auf beiden Seiten engagiert unterstützten wollte und gerade seine Weiterleitungen für schnelle Flügelüberladungen einbringen konnte. Phasenweise litt der recht vielseitige, in seiner Orientierung und strategischen Ausrichtung etwas wechselhafte sowie rhythmisch starke Leverkusener ein wenig unter seiner dominanten Rolle, die ihm in durchgehender Ausführung nicht so gut lag.
Der recht weiträumig agierende Zehner Max Besuschkow komplettiert das Mittelfeld und erinnert mit seinem großen Zugriffsradius in gewissen Bereichen an Namensvetter Kruse von der Gladbacher Borussia. Obwohl kein wirklich klassischer Zwischenraumspieler tat er sich mit seiner antreibenden Art hervor und wirkte in den zentralen Bereichen mehrfach kombinationseinleitend. Im Zehnerraum rochierte er gerne horizontal, parallel zur tiefer stattfindenden Ballzirkulation und zog hinter dem gegnerischen Mittelfeld deren Verschieberichtung nach, um sich dann im ballnahen Raum leicht davon abzusetzen. So fand er kurz vor der letzten Linie etwas Raum und sich dann oft in guter Position für das kombinative Zusammenspiel mit den einrückenden Flügelstürmern, für die er auch in den hohen Zonen gerne etwas auswich – speziell nach links.
Mit Aydogan und Ferati konnte die deutsche Mannschaft hier zwei zuverlässig einschiebende Akteure aufbieten, die immer wieder sehr klar in solchen Situationen auftraten. Dabei wirkte der kleine Stuttgarter Ferati etwas antreibender, inkonstanter und in seiner Entscheidungsfindung wirrer, aber potentiell gelegentlich auch explosiver bei seinen Aktionen. Teilweise positionierte er sich auch in tieferen Bereichen konstanter in der Mitte, während Aydogan sich auf seine hohen Läufe konzentrierte. Schließlich darf auch der für die einrückenden Aktionen wichtige Mittelstürmer Philipp Ochs nicht erwähnt werden, der enorm engagiert und mannschaftsdienlich auftrat. In arbeitsamer Ausrichtung half er defensiv in verschiedensten Zonen und wich offensiv unermüdlich in alle Richtungen aus. Darüber hinaus wusste er auch spielerisch zu überzeugen. Auffällig waren insbesondere seine geschickten, sehr sauberen und teilweise verrückten Ballsicherungen, mit denen er auch einige mannschaftlich schlechte Szenen retten konnte, bei denen das Leder längst verloren schien.
Alles in allem verfügt der DFB-Nachwuchs nicht nur über viele interessante Einzelspieler, sondern hatte auch taktisch und spielerisch überzeugende Ansätze und interessante Spieler. Dass grundsätzlich kombinationsorientiert ausgerichtet waren, wusste zu gefallen – man merkte meistens, dass sie in den meisten Aktionen etwas Sinnvolles planten. Im letzten Drittel gab es immer mal wieder aber auch zu viele Seitenwechsel in die Breite, bei denen sie aus ihren verschobenen Mittelfeldstellungen herausspielten und dann ballfern nicht genug unterstützten konnten, zumal solche Bälle ohnehin recht anspruchsvoll geschlagen wurden. Zwar wollten sie nach jenen Verlagerungen letztlich doch wieder zurück ins Zentrum kommen, doch gingen durch diese ungenauen Wechsel einige Angriffe schon unnötigerweise kaputt, bevor dies möglich wurde. Dadurch gab es weniger Torchancen, als das Team eigentlich hätte haben müssen.
Dennoch war ihre Dominanz unzweifelhaft und entsprechend erzielte die deutsche Mannschaft in der zweiten Halbzeit dann auch die Führung, die durch einen Schnellangriff entstand. Die ausweichenden Bewegungen von Ochs und Besuschkow gingen dabei als typische Kennmerkmale des deutschen Spiels voraus, so dass Henrichs in die Lücke nachstoßen und den Treffer erzielen konnte – bei solchen Läufen wusste der Kapitän zu überzeugen. Allerdings hielt die deutsche Führung nicht lange – nur eine gute Viertelstunde bis zum Schweizer Ausgleich. Der trickreiche und gewitzte Oberlin war einmal mehr ebenso entscheidend beteiligt wie der eingewechselte Kutesa, der immer wieder kombinationseinleitend wirkte. Ein Fehler von Becker ermöglichte nach dem eigentlich geklärten Angriff den Ausgleich, den die deutschen Kicker fast noch korrigiert hätten, doch Ferati vergab die Chance vom Elfmeterpunkt kurz vor Ende. Letztlich ist dies ein unangenehmes Ergebnis für die deutschen Junioren, die gegen diesen stark eingeschätzten Gegner – in der Quali immerhin den Bezwinger des spanischen Nachwuchses – mehr hätten erreichen können. Mal sehen, ob sie ihr Potential in den kommenden Partien besser nutzen und ob vielleicht die Wiederholung der Leistung von 2012 möglich ist.
Gruppe B: Schottland – Portugal 0:2
Vor dem Hintergrund der anderen beiden Partien zuvor wirkte die Grundsituation bei dieser Begegnung durchaus bekannt. In einer passiven, 4-1-4-1-haften Formation zogen sich die Schotten in die Defensive zurück und überließen Portugal den Ballbesitz, den diese allerdings über weite Teile des Spiels schwächer verwendeten als Deutschland und die Niederlande. Ein entscheidendes Problem waren dabei die beiden Innenverteidiger, die sich häufig recht inaktiv die Bälle zuschoben anstatt konsequent raumnutzend zu agieren und die großen Abstände um den isoliert herumlaufenden schottischen Angreifer anzuvisieren.
Auch wenn sich Rechtsverteidiger Hugo Santos intelligent im Halbraum positionierte, Rodrigues aus dem Mittelfeld weit nach links abkippte und auch sein Kollege Renato Sanches einige Male weit zurückfiel, spielten die Portugiesen lange Zeit bloß ertragreich in der unnötig engstehenden hintersten Linie umher. Nur vereinzelt kamen sie über den rechten Flügel zu wirkungsvollem Aufrücken, wo dann der engagierte Diogo Goncalves das Spiel diagonal in den Strafraum tragen wollte. Auch Starspieler Renato Sanches und Alexandre Silva unterstützten ihn mit ansatzweisen Überladungen und zeigten vergleichbare Bewegungen, doch kamen sie mit diesen recht klaren Strukturen nur selten in wirklich qualitative Positionen. So hatten die Portugiesen aus ihrer enormen Spielkontrolle kaum gefährliche Chancen. Entsprechend fiel der Führungstreffer nach einer Einzelaktion von Renato Sanches, der zunächst alleine im linken Halbraum dribbelte und aufgrund eher wenig vorhandener Optionen aus der Distanz abschloss – McCrorie sah nicht gut aus und es stand 0:1.
Die Schotten blieben ihrer Ausrichtung über weite Teile der Partie treu, ließen mit ihrer soliden Verteidigung nur wenige Szenen zu, zeigten sich nach vorne aber noch weit ungefährlicher als die Portugiesen. Ihre Angriffsbemühungen waren von geringem Nachrücken und mittelmäßigen Verbindungen gekennzeichnet und sollten wohl vor allem auf langen Bällen aufbauen, was aber mannschaftlich nicht konsequent umgesetzt wurde. Wright und Wighton sorgten vereinzelt für etwas Unruhe, doch ansonsten wussten nur der ausweichende Nesbitt – allerdings wurde diese Arbeit kaum genutzt – mit einigen starken Weiterleitungen und dessen recht ballsicherer Achter-Kollege Thomson mit einigen guten Positionierungen zu überzeugen. Auch bei Kontern zeigten sich die Probleme der von manchen als Geheimfavorit gesehenen Schotten, so dass diese letztlich nur vier Abschlüsse zustande brachten, von denen bloß einer aufs Tor ging. In der zweiten Halbzeit steigerten sich die Portugiesen noch etwas und hatten die eine oder andere klarere Szenen, brauchten allerdings auch eine unglückliche Klärungsaktion von McCrorie bei einem Konter nach einer Ecke, um zwei Minuten vor dem Ende alles klar zu machen.
Am Abend ging der maltesische Gastgeber im letzten Match des Tages als krasser Außenseiter gegen die Engländer ins Spiel und musste sich mit einer erwartbaren Niederlage abfinden. Gegen das sehr tiefstehende 4-4-1-1 der Südeuropäer dominierten die Mannen von der Insel und wussten ein über weite Strecken wirkungsvolles Ballbesitzspiel in hohen Zonen aufzuziehen. Die beiden Außenverteidiger, der unauffällige Kenny und der wirre Moore, schoben weit vor und drückten die Gegner nach hinten, überließen sonst aber den zentralen Akteuren das Feld. Diese konzentrierten sich vor allem auf den rechten Halbraum, starteten dort Überladungen und spielten sich dann kombinationsstark in jenem Bereich durch, fokussierten einige Male aber auch die Mitte. Sowohl Gomez aus der Innenverteidigung als auch Kapitän Ledson agierten halbrechts vor dem maltesischen Zehner sehr raumnutzend und trugen das Spiel nach vorne, so dass die sich ballenden Kombinationsakteure auf halbrechts effektiv bedient werden konnten.
Dabei tat sich insbesondere der engagierte und dynamische Patrick Roberts hervor, der mit seiner druckvollen Interaktion viele dieser Aktionen startete und Doppelpässe in engen Räumen mit Ablagen zeigte. Ebenfalls äußerst versiert agierte der mitspielende Stürmer Armstrong, der sich unauffällig, aber effektiv in Kombinationen einzubinden wusste, taktisch wertvolle Drehungen einbrachte und ein sehr gutes Raumgespür zeigte. Manchmal hatte er etwas zufällig wirkende Phasen, in denen er auf einmal sehr weit zurückfiel und sich kurzzeitig vor allem ankurbelnd im Sechserraum betätigte. Zusätzlich zu diesen beiden Protagonisten schaltete sich auch der wendige Joshua Sims von links immer mal wieder im rechten Halbraum ein, wirkte aber ebenso balancierend in etwas tieferen Räumen.
Von der Achterposition wirkte Joshua Onomah nachstoßend und sorgte dadurch einige Male für Gefahr, wobei das Tottenham-Talent mehrfach auch auf die kaum bespielte linke Seite rochierte und dort seine Dribblings einsetzte. Interessant war schließlich die Rolle des körperlich starken Zehner Dominic Solanke, der in zuarbeitender Rolle häufig als Ablagespieler für die Kombinationen diente und dann leicht ballfern auswich. Ebenso übernahm er den Mittelstürmerposten, wenn Armstrong sich längerfristig zurückfallen ließ, und durfte dadurch als primärer Abnehmer im Strafraum agieren, wenn die Angriffe im Halbraum Richtung Grundlinie durchbrachen. Mit dieser Offensive verfügten die Engländer über eine spielstarke Anlage, mit der sie Malta problemlos dominieren und durch die Mitte oder über die Überladung des rechten Halbraums kombinativ zu vielen Chancen kommen konnten – der 3:0-Sieg war demnach verdient.
Bei den Turniergastgebern wussten die Innenverteidiger mit einigen gut antizipierten Klärungen mit am besten zu gefallen. Gefahr ging bei ihnen meistens nur von Rechtsaußen Friggieri aus, der mit seinen Läufen und Dribblings der englischen Defensive individuell durchaus auf Augenhöhe begegnen konnte, aber selten Unterstützung erfuhr. Im Verlauf der Partie sollte Linksaußen Mbong mit einigen Läufen nach rechts etwas Aufmerksamkeit von ihm wegziehen und mehr positionelle Freiheiten ermöglichen, doch brachte das gelegentliche Zentrumsdriften von Friggieri keine entscheidenden Offensivverbesserungen.
Fazit
Auffällig war an diesem ersten Tag, dass praktisch alle vier Begegnungen in ihrer Grundanlage und ihren Abläufen viele taktische Ähnlichkeiten zueinander aufwiesen. Dennoch waren die Partien durchaus interessant zu beobachten und versprechen mit weitgehend ansehnlichem Fußball samt einigen schönen kombinativen Szenen oder Versuchen ein ansprechendes Turnier. Bis zum 21. Mai finden die weiteren Spiele statt, die man auf eurosport respektive eurosport 2 verfolgen kann. Am kommenden Montag stehen dabei die nächsten Partien vom zweiten Gruppentag auf dem Programm.
22 Kommentare Alle anzeigen
wombat 18. Mai 2014 um 21:43
ich hab eine grundsätzliche frage, da beim nl-türkei-spiel häufig die körperlichen voraussetzungen hervorgehoben werden: sind da spieler dabei, die in ihrer pubertät sehr unterschiedlich weit sind?
ich kenn mich nur in einer anderen sportart gut aus – dort hat jemand, der am anfang der pubertät steht, gg. jemanden, der sie ziemlich hinter sich hat, 0,0 chance.
blub 18. Mai 2014 um 23:45
kommt auf die spielweise an. Die Nigerianer/Kameruner haben häufig relativ weit entwickelte Jugendmannschaften geschickt und sind häufig recht erfolgreich gewesen. Das ist halt vond er Verbandsphilosophie abhängig, wie sehr man die Titel im Jugendbereich anstrebt , auch auf kosten anderer.
z.B: jemand wie Max Meyer ist sicher noch nicht fertig entwickeln, kann sich aber schon in der BL behaupten. z.B: Mats Hummels hat auch mit 19 schon BL gespielt und als IV brauchst du den Körper einfach, aber auch der hat sicher auch ein paar kilo Muskelmasse zugelegt.
Da du beim Fußball auch vielen positionen nicht in ein Duell mit Körperkontakt gehen musst (wie Eishockey oder Handball oder Basketball) geht da schon einiges wenn man sich clever anstellt.
Klar den Körper muss man in den Ball stellen, aber das ist alles ne Frage der technik und im endeffekt mehr der schnelligkeit.
wombat 19. Mai 2014 um 10:47
danke.
wo findet man denn am besten ausschnitte von jugendländerspielen, damit ich etwas mehr ahnung bekomme?
HW 19. Mai 2014 um 11:03
Die EM läuft bei Eurosport in einer Dauerschleife. Ansonsten könnte man es bei DFB TV versuchen, weiß aber nicht ob die was streamen.
Mich wundert, dass dieses Turnier mitten in der Saison stattfindet und nicht im Sommer (terminlich direkt vor der WM?). Wer schon mal auf Malta war weiß natürlich, dass es sehr heiß wird. Trotzdem ein seltsamer Zeitpunkt.
wombat 19. Mai 2014 um 14:42
danke, werd’s versuchen.
juventino 12. Mai 2014 um 20:00
Abgesehen von den ganzen Namenswirren, wie fandest du Ajeti? Er galt ja lange als DAS basler Supertalent mit angeblichen Angeboten von Barcelona undundund…allerdings hiess es auch, dass er in letzter Zeit stagnierte. Wie fandest du seine Leistung?
CF 12. Mai 2014 um 21:03
Ja ganz cooler Spielertyp. Ziemlich intelliegenter Pressingspieler. Verschiebt sehr gut auf den Ball, blockt gut Räume. Im Anlaufen und Rückwärtspressing noch mit Potentzial aber hat sehr gute physische Anlagen, die er ab und an im Pressing schon sehr gut zeigt. Dazu interessante Bewegunsgmsuter, gute Tiefensprints, gut getimte fallenlassende Bewegungen, überdurchschnittlich kreativ, technisch gut. Im effektiven Dribbling gibt es noch Entwicklungsmöglichkeiten. Insgesamt schon cooler Nachwuchsspieler. Für sein Alter schon sehr weit. Breites Fähigkeitenprofil, bei guter Einbindung in allen Offensiven Positionen vorstellbar. Würde sehr gut zu Barcelona passen.
MorataBVB 10. Mai 2014 um 22:41
Danke für den Artikel, TR! Habe mir mal die Aufstellung von vor 2 Jahren angesehen (https://spielverlagerung.de/wp-content/uploads/2012/05/u17ger-isl.png)
Ist ja schon komisch, die IVs (Süle und Sarr) und DMs (Goretzka, Kempf) und die offensiven MFs (Brandt, Stendera, Meyer) dürften hier dem Großteil bekannt sein (Stendera ist leider die komplette Saison ausgefallen, der hätte aber sicherlich für Furore gesorgt). Nicht in den Fokus geraten ist der Torwart Schnitzler (derzeit Lev II), die beiden AVs und der Mittelstürmer Benkarit.
Ist das Zufall, dass dies gerade die Positionen sind, bei denen die U-Mannschaften in den letzten Jahren durchgängig keine Nationalspieler hervorbringen? Liegt das an der Komplexität der Positionen oder an den Ausbildungsschwerpunkten? Ändert sich da mittlerweile was?
Bei den U21- Europameistern 2009 um Khedira, Özil, Neuer und Hummels waren die Stürmer z.B. Sandro Wagner, Chinedu Ede und Dejagah…
CE 11. Mai 2014 um 07:15
Das kann man so pauschal nicht unbedingt sagen. Pascal Itter ist als Kapitän der Schalker U19 ins Halbfinale der Youth League eingezogen und wird seinen Weg gehen. Von Dudziak hält man beim BVB ebenfalls sehr viel. Er kam auch schon bei einem Winter-Test zum Einsatz. Allerdings hat sich da natürlich Durm auf der LV-Position gut entwickelt. Bandowski gibt es auch noch.
Benkarit wurde in dieser Saison massiv von Verletzungen zurückgeworfen und kam nur wenig in der U19 des BVB zum Einsatz. Aber er hat das Potenzial zum Durchbruch.
Niki 10. Mai 2014 um 11:13
Jungs, sry wenn das Off-Topic ist, aber welche Farbe hat auf der Taktiktafel Deutschland? Rot oder Weiß? Bzw. ist das wirklich Deutschland gegen Schweiz bei so Namen auf der einen Seite wie Selmanaj, Cani, Ajeti und auf der anderen Seite Bektic, Besuschkow, Aydogan? 😀
karl-ton 10. Mai 2014 um 11:53
Du hast die Wahl zwischen Schwarz und Rot. Schaut man sich die Fahnen an, könnte man auf die Idee kommen, dass Rot wohl die Schweiz ist…
Muss man diesen Namesblödsinn, weil die Jungs nicht alle Müller und Rütli heißen wirklich noch fragen im Jahr 2014?
wombat 18. Mai 2014 um 21:32
oh, der aufstand der pcs. ich finde es auch lustig.
anscheinend hat kaum ein „germanenkind“ oder „alemannenkind“ das nötige talent und das nötige durchhaltevermögen und umfeld um es so weit zu bringen.
natürlich stimmt es, dass manche sportarten kinder (und eltern) mit mig. hintergrund anziehen, während bei anderen sportarten, meist individual~ das bildungsbürgertum seinen nachwuchs überfordert.
so, und jetzt zum artikel, den ich mir aufgehoben habe.
wombat 19. Mai 2014 um 14:41
hab jetzt den artikel und die namen gelesen.
der 1te beitrag ist wirklich blöd. muss mich revidieren.
JS 10. Mai 2014 um 12:24
Namen sind denkbar schlechte Indikatoren für Nationalität. Ein richtiger Deutscher hieß denn auch nicht immer ‚Georg‘. Es gab auch eine Zeit, in der man noch wüste, dass nur Griechen so heißen.
Izi 10. Mai 2014 um 17:14
Na, wie die Trikotfarben natürlich! 🙂 Deutschland in weiß, Schweiz in rot. Übrigens sind das ja deutsche Namen, sonst dürften die gar nicht in der Nationalmannschaft spielen! :-p
malte 10. Mai 2014 um 19:11
niki das ist widerlich!
Niki 11. Mai 2014 um 18:09
weiß nicht, wieso das widerlich ist. Bin selber Ausländer. Musste nur lachen, weil ich einige Minuten benötigt habe, da man die jungen Spieler auch nicht kennt, um zu erkennen wer zu wem gehört.
HW 12. Mai 2014 um 09:50
Das Wort widerlich hätte ich jetzt auch nicht verwendet. Aber jeder der ab und an eine DFB Elf spielen sieht assoziiert die deutsche Manschaft mit weißen Trikots. Und die schweizer Nationalflagge ist zum größten Teil rot. Auch wenn diese direkte Verbindung einen in andere Fällen fehlleiten könnte, bringt sie einem in diesem Fall direkt zu Ziel. Mit ein wenig Hirnschmalz ist die Frage nach den Team-Farben also überflüssig.
Was die Namen betrifft. Nun, wenn ich Länderspiele zwischen Der Schweiz und Deutschland von z. B. vorm zweiten oder ersten Weltkrieg betrachte, und es gab viele Länderspiele, dann kan ich anhand der Namen auch nicht zwingend erkennen welche Startaufstellung zu welchem Verband gehört. Bei den Schweizern kommt vielleicht mal ein französischer oder italienische Name vor und bei den deutschen ein ostpreußischer Name. Aber grundsätzlich sind diese Namensähnlichkeiten grundsätzlich in der gemeinsamen deutschen Sprache und in jünger Vergangenheit zusätzlich in gewissen Parallelen in der Zuwanderung von Ausländern seit dem letzten Weltkrieg.
Ein Kommentar zum Thema „deutsche“ Namen ist hier also nicht nur unangebracht, sondern einfach unsinnig für zwei deutschsprachige Länder.
HW 12. Mai 2014 um 09:54
Ich hätte mal Korrekturlesen sollen.
Es heißt natürlich:
Aber grundsätzlich sind diese Namensähnlichkeiten in der gemeinsamen deutschen Sprache und in jüngerer Vergangenheit zusätzlich in gewissen Parallelen in der Zuwanderung von Ausländern seit dem letzten Weltkrieg begründet.
HW 12. Mai 2014 um 10:13
Die Frage ob bei den Namen wirklich Deutschland gegen die Schweiz spielen kann man nur positiv beantworten. Den Grinsesmiley kann auch ich am besten mit dem Wort widerlich beschreiben.
malte 12. Mai 2014 um 11:01
ehrlich gesagt hab ich nach dem lesen von dem beitrag von niki erstmal durchgeatmet, sonst ständen da noch ganz andere dinge. natürlich beziehe ich mich auch auf den letzten satz und das blöde lachgesicht.
ich weiß dass ich da einen sehr antifaschistischen blick habe und empfindlich bin, aber beim thema rassismus kann man meiner meinung nicht empfindlich genug sein.
wenns garnicht so gemeint war, dann doch bitte auf die ausdrucksweise und eventuellen subtext achten!
HW 12. Mai 2014 um 11:27
Und ich hatte den letzten Satz zunächst überlesen. Beim zweiten Blick fand ich es dann auch widerlich.