Hamburgs flache Vier gegen Freiburg

Fink greift gegen Freiburg daneben und verliert.

Thorsten Fink spiegelte das Freiburger System und ließ gegen das Team von Christian Streich im 4-4-2 agieren. Während das 4-2-3-1 und die Raute diese Saison häufiger zum Einsatz kommen, ist das flache Vier im Mittelfeld für die HSV-Akteure eher ungewohntes Terrain.

HSV FREIBURG

Fink spiegelte Freiburgs System

Besonders interessant war nicht unbedingt die Formation an sich, sondern viel mehr die Personalwahl. Auf den Außenbahnen spielten Aogo und Skjelbred. Beide überzeugten im 4-3-1-2 auf den Halbpositionen, lebten dabei aber sehr stark von den extrem aufrückenden Außenverteidigern.

Da Aogo und Skjelbred eher kombinative Typen sind, lag ihnen die eingerücktere Position deutlich besser als die Rollen in den Jahren zuvor – gerade Skjelbred wurde zu Beginn seiner Zeit in Hamburg nach einigen Einsätzen als offensiver Außenspieler mangels Schnelligkeit schon von einigen als Fehleinkauf abgestempelt.

Im Zentrum gab es ebenfalls eine ungewöhnliche Besetzung: Tolgay Arslan spielte neben Rafael van der Vaart. Während Arslan seine Stärken am besten als offensiver Part einer Doppelsechs ausspielen kann, ist van der Vaart ein klarer, abschlussorientierter Zehner.

Westermann läuft ohne Unterstützung in die Freiburger Falle

Mit dieser Besetzung im Mittelfeld bekamen die Hamburger große Probleme im Spielaufbau gegen die wie gewohnt hoch pressenden Freiburger. Normalerweise baut der HSV unter Fink mit einer breit aufgefächerten Dreierkette auf. Sechser Milan Badelj lässt sich dabei zwischen die Innenverteidiger fallen und dient als primärer Aufbauspieler. Diekmeier und Jansen schieben extrem weit vor und geben die Breite, während man mit Aogo, Skjelbred und van der Vaart drei zentrale Spieler hinter den Stürmern hat.

Da alle potenziellen abkippende Sechser der Hamburger auf der Bank saßen – auch Kacar und Rincon können diese Rolle spielen – fehlte den Gastgebern ein wichtiges Element im Aufbau. Anfangs versuchten Mancienne und Westermann die Spieleröffnung alleine zu bewerkstelligen. Rosenthal und Kruse setzten die beiden Innenverteidiger aber sofort unter Druck, die Schwächen der beiden HSV-Akteure im Aufbau wurden sofort deutlich.

Michael Mancienne ist ohnehin nicht der beste Passspieler und wirkte zudem stark verunsichert. Er spielte 61 erfolgreiche Pässe – 22 davon allerdings zu Rene Adler! Heiko Westermann machte es sich nicht so einfach. Häufig rückte er mit Ball vor und versuchte sich mit seiner Dynamik etwas Raum zu schaffen, um gute Pässe spielen zu können.

Die Freiburger waren allerdings wohl genau auf diese Vorstöße aus: Kruse und Rosenthal leiteten den Ball im Aufbau immer wieder auf Westermann und boten ihm den Weg nach vorne an. Nahm er diesen, verfolgten ihn die Freiburger Stürmer von schräg hinten, sodass Westermann immer weiter vor getrieben wurde. Früher oder später war er dann dazu gezwungen, schwierige Pässe aus der Bewegung mit seinem schwachen Fuß zu spielen – nicht gerade vielversprechend.

Fehlende Verbindungen

Rafael van der Vaart erkannte dies recht früh und ließ sich häufiger zu den Innenverteidigern fallen, um ihnen im Spielaufbau zu helfen. Dies brachte jedoch gleich mehrere Probleme mit sich:

kurz ausgeführt

Freiburg lockte Westermann in den roten Raum und Zwang ihn zu langen Bällen mit seinem schwachen Fuß. Kippte van der Vaart ab, war Arslan aufgrund der (zu) breiten und hohen Stellung der Flügelspieler im Zentrum allein auf weiter Flur.

Jansen und Diekmeier rückten auf den Außenbahnen zwar weit vor, wurden in ihren Räumen aber von ihren nun breiter stehenden Vordermännern Aogo und Skjelbred beschränkt – ein klarer Nachteil der flachen Vier. Viel schlimmer war jedoch, dass Hamburg im Zentrum eigentlich überhaupt nicht präsent war. Wie denn auch? Aogo und Skjelbred spielten viel breiter als sonst, van der Vaart suchte Bälle im ersten Dritte. Der bedauernswerte Arslan war in vielen Situationen tatsächlich Hamburgs einziger Spieler im zentralen Mittelfeld.

Van der Vaart blieben von hinten heraus also nur lange Bälle, worauf die Freiburger gut eingestellt waren. Der Niederländer hatte zwar am Ende des Spiels die höchste Laufdistanz zurückgelegt (12,47 km) und hatte die meisten Ballkontakte (89), war letztendlich jedoch ohne Einfluss auf das Spiel.

Den Hamburgern fehlten Verbindungsspieler in allen Ebenen: Van der Vaart spielt die abkippende Sechs nicht so souverän und geduldig wie Badelj, sodass viel zu früh lange Bälle kamen. Da die eigentlichen Achter Aogo und Skjelbred zu weit auf den Flügeln spielten, fehlte in den Hamburgern die Präsenz und Anbindung in den Halbräumen, was letztlich dazu führte, dass der Zehnerraum komplett verwaist war.

Genau aus jenem Raum wurden die einzigen beiden guten Angriffe der Hamburger initiiert, einmal vergab Son, das andere Mal zwang der Koreaner Krmas beinahe zu einem Eigentor. Von van der Vaarts 56 Pässen gingen letztendlich ganze vier auf die Stürmer Rudnevs und Son – die Distanz war schlichtweg zu groß, van der Vaart war im Aufbau verschwendet.

Freiburg hingegen zeigte sich im 4-4-2 wie gewohnt sehr kombinationssicher, lauffreudig und deswegen kompakt. In den sich überall auf dem Platz ergebenen direkten Duellen hatten die Breisgauer klare Vorteile. Dort, wo die direkten Duelle für Freiburg gefährlich werden konnten, kam der Ball nur selten hin – zumeist dann auch noch hoch. Im Aufbau war das Risiko in direkten Duellen für die Hamburger größer als für Christian Streichs Team, sodass sie Dribblings verständlicherweise unterließen. Freiburgs Führungstor entschied das Spiel im Prinzip, da sie nun endgültig auf Fehler der Hamburger warten konnten. Diese passierten zwar recht häufig, Freiburg konnte gegen die in der offensive weiterhin harmlosen Hamburger jedoch nicht nachlegen.

Fazit

Betrachtet man das Hamburger Spielermaterial, muss Thorsten Fink eigentlich die Raute spielen lassen. Milan Badejl befindet sich gerade zwar – wie fast sämtliche HSV-Spieler – im Formtief, kann die abkippende Sechs an guten Tagen allerdings so spielen wie kaum ein anderer in der Liga. Aogo und Skjelbred sind als kombinationsstarke, aber wenig dynamische Spieler auf den Halbpositionen besser aufgehoben als auf den Flügeln, wo sie zudem die Vorstöße ihrer Hintermänner in gewisser Weise einbremsen. Van der Vaart ist hinter den Spitzen am wertvollsten, da das Risiko im Passspiel dort nicht nur erwünscht, sondern auch erforderlich ist, zudem kann er selbst den Abschluss suchen.

Für eine Formation mit nur drei Linien, wie es das 4-4-2 gegen Freiburg beispielsweise war, fehlen dem HSV die dynamischen Verbindungsspieler. In der Raute sind die Abstände kleiner und die Passswege kürzer. Die einzigen Spieler, die hauptsächlich über ihre Dynamik kommen, sind Diekmeier und Jansen, welche bei einer Raute auch den nötigen Raum dafür bekommen.

Erst als Fink Kacar und Badelj brachte und auf Raute umstellte, bekam der HSV den Aufbau besser in den Griff. Da allerdings nur noch zwanzig Minuten zu spielen waren und Freiburg nun natürlich eine hervorragende Ausgangslage hatte, wirkte sich die Umstellung kaum mehr aus.

Koblenzer 9. April 2013 um 16:20

Erstmal, danke für eure tolle Arbeit hier auf der Seite. Ich habe zum Artikel eine konrekte Frage. Wenn der 10er Raum so verwaist war und sich fast nur Arslan sich dort bewegte, wäre es im Angriff nicht möglich/sinnvoll gewesen, dass sich je nach Situation Aogo oder Skjelbred in diese Räume beweget hätten? Dann wäre Raum für die Außenverteidiger geschaffen worden. Hätte das was am Ausgang des Spieles ändern können?

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PP 9. April 2013 um 17:46

Möglich ja, sinnvoll ja, aber es ist komischerweise nicht geschehen. Aogo und Skjelbred standen einfach zu breit.

Spielt der HSV in der Raute, lässt sich VDV ja auch häufiger mal fallen. Dann wird das durch genau die von dir angesprochenen Bewegungen ausgeglichen. Dieses Mal waren Aogo und Skjelbred aber offenbar angewiesen, die Flügel zu halten…

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Tom 9. April 2013 um 09:09

Der HSV hat van der Vaart als 10er und Badelj als 6er. Bei Bremen fehlte es an einem geeignetem 10er vor allem. Hunt, Ekici und Marin konnten die zehn nur mäßig gut spielen.
Bargfrede war dazu im Aufbau längst nicht so gut wie Badelj.

Die Raute hat gut funktioniert als Bremen einen überragenden 10er hatte: Micoud, Diego und Özil.

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PP 9. April 2013 um 10:50

Nicht zu vergessen, dass nie wirklich gute Außenverteidiger da waren. Breite geben ist eine Sache, dabei so gefährlich zu sein, dass der Gegner einen eben nicht ignoriert wiederum eine andere….

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HW 9. April 2013 um 08:48

@Rasengrün
Da sprichst du etwas wichtiges an. Verbindungen und ein guter Name sind sehr viel wert (nicht nur im Fußball). Gute Namen bekommt man über Titel schneller als über Fachartikel.
Das hört man oft durch, wenn junge Trainer von Glück beim ersten oder zweiten Job sprechen. Wie viele Chancen bekommt z. B. Jens Keller (eine und dann nach ein paar Jahren wieder eine). Wie viele Chancen hatte Lothar Matthäus schon? Diese Vorgänge sind auch ganz natürlich, weil ein Entscheider sich nur auf begrenzte Daten verlassen kann. Man sehe sich die Bayerntrainer an: Klinsmann (nur eine kleine Trainerlaufbahn zum Bewerten -> Risiko), van Gaal (längere, erfolgreiche Laufbahn, auch charakterlich einschätzbar -> geringes Risiko einer Fehleinschätzung, trotzdem haben die Bayern den letzten Punkt unterschätzt). Auch bei Heynckes weiß man was man bekommt und Guardiola steht ebenfalls für eine gewisse Art Fußball, dazu stellt er dank seiner Erfolge als noch junger Trainer kein unkalkulierbare Risiko dar.
Natürlich kann jeder Trainer scheitern, egal wie lange im Geschäft. Aber für eine Vorstand ist die Trainerfindung eine Abwägung von Risiken. Ex-Profis geben zumindest das Gefühl man kenne die Person und die Person auch den Fußball, was die Entscheidung zumindest scheinbar kalkulierbar macht.

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HW 9. April 2013 um 08:29

@IchBinNichtMatthiasSammer

Bei der ganzen List geht es ja nur um Trainer, die es geschafft haben. Die „gescheiterten“ Ex-Profis bekommt man auch noch zusammen, aber wie viele nicht-Profis haben es ernsthaft versucht und nicht geschafft? Und aus welchen Gründen?
Die großen Trainer waren alle Führungspersönlichkeiten, die einen vom Typ eher Lehrer, die anderen Generäle.
Jeder dieser Trainer hat(te) seine Sachverstand, aber kaum einer war in allen belangen perfekt. Alex Ferguson holt sich seit Jahren Trainer ins Team, die die Arbeit auf dem Trainingsplatz hauptsächlich durchführen.
Die heutigen Trainer haben natürlich eine andere Ausbildung durchlaufen als Michels oder Paisley, die aus einer Zeit kamen in denen oft noch eine praktische Ausbildung gemacht wurde (daher oft so was wie Physiotherapie), oder Sacchi, der natürlich nicht im Profifußball gestartet war. Aber, fast alle Trainer haben ihre Leidenschaft gemeinsam und nur weil ein Trainer kein Profi gewesen ist, bedeutet das nicht, er kenne sich nicht in der Kabine aus. In unterklassigen Mannschaften funktioniert die Kabine oft ähnlich wie bei großen Teams, den Rest lernt man auf dem Weg. Das ist dann mit Psychologie gemeint, dafür braucht man kein Diplom.

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hertizworld 9. April 2013 um 08:09

„Für eine Formation mit nur drei Linien, wie es das 4-4-2 gegen Freiburg beispielsweise war, fehlen dem HSV die dynamischen Verbindungsspieler. In der Raute sind die Abstände kleiner und die Passswege kürzer. Die einzigen Spieler, die hauptsächlich über ihre Dynamik kommen, sind Diekmeier und Jansen, welche bei einer Raute auch den nötigen Raum dafür bekommen.“

Die Frage für mich , ob Jiracek eurer Meinung nach hätte einen solchen Part spielen können? bzw. ob er ein 6er neben einem fallenden 6er wie Badelj für euch sein auch im 4-2-3-1 mit Rafa auf der 9,5 sein könnte? Bzw. wer solche Typen für euch sind: zB Frankfurts Rode, Bayerns Kroos?

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PP 9. April 2013 um 10:40

Jiracek + Badelj könnte interessant sein. Allerdings halte ich bei den Hamburgern aktuell nur die Raute für wirklich gut spielbar. Für Skjelbred und Aogo hast du sonst keine richtige Verwendung, zudem bringt die Raute Badeljs und van der Vaarts Stärken meiner Meinung nach am besten zur Geltung.

Ja, Rode wär so einer, Khedira natürlich auch. Kroos ist da schon ein anderer Typ, er verbindet über sein Kombinationsspiel – und das in Mannschaften, die extrem gut in selbigem sind.

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grasnarbe 8. April 2013 um 23:15

super diskussion!

mmn ist das problem, dass die anforderungen hinsichtlich der taktik extrem gestiegen sind. früher reichtem vielleicht dem ausgebufften ex-profi die intuitiven fähigkeiten, die er sich durch anschauungslernen erworben hatte, um eine mannschaft erfolgreich zu führen – immerhin hatten die anderen trainer ja auch nicht das taktik-wissen der heutigen zeit. obwohl ich schon nicht-sammers meinung bin, dass auch damals die aufgezählten qualitäten nicht zwangsläufig durch eine spielerkarriere vermittelt werden.

was ist die lösung? nun, sie läuft wie in anderen immer professionelleren sportarten und ligen (die „american big five“) und wie in der gesamten menschheitsgeschichte auch schon beim fussball: spezialisierung und arbeitsteilung. firmen entstehen, die daten sammeln. scouts beobachten spieler. statistiker bereiten …ähm statistiken vor. sportwissenschaftler/-lehrer leiten das konditionstraining. mannschaften arbeiten mit sportunis zusammen.

und bundesligatrainer, besser vielleicht „coaches“, werden in zukunft ihre hauptaufgabe in der taktik sehen müssen. und für dieses aufgabenprofil wird die eigene frühere spielleistung immer weniger wichtig werden, durch die arbeitsteilung und eben weil die taktiken selbst und vor allem die komplexität der taktik meilen von der früherer jahre entfernt ist. dieser trend wird sich natürlich noch vergrößern.

der aktive spieler muss qualitäten wie kondition, orthopädische voraussetzungen, technik und taktik besitzen. im zweifelsfall kann er letztere so vermittelt bekommen, dass er sie auch umsetzen kann. ein coach braucht keine der fähigkeiten bis auf letztere (und dafür noch paar weitere) und muss diese intellektuell und explizit erarbeiten – eine ganz andere aufgabe, die menschen mit anderen fähigkeiten verlangt.

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SR 10. April 2013 um 14:27

Hervorragende Antwort und ein Ausblick auf die Zukunft!

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can-rnb 8. April 2013 um 21:44

Vielen dank für diesen sehr informativen Beitrag.

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Capi 8. April 2013 um 20:42

@Grasnarbe
Weil, und da trete ich dem SV Team wohl nicht zu nahe, zu einem Trainer mehr gehört, als Taktiken zu analysieren. Trainingsmethodik, Psychologie, Menschenkenntnis, Ansprache, Ansehen innerhalb der Mannschaft usw. spielen ebenso eine Rolle. Damit will ich nicht sagen, dass die grundlegende Frage falsch ist, warum es immer noch so wenige Seiteneinsteiger gegenüber einer Masse von Exprofis gibt- im Gegenteil. Aber ein wenig Stahlgeruch („Ich weiß wie die Jungs ticken“) ist sicher nicht von Nachteil. Und das zwischen Analyse und Umsetzung noch ein meilenweiter Unterschied ist, wird dir wohl auch jeder Kreisklassetrainer sagen können.
Was die Leistungen des SV-Teams aber in keinster Weise herabwürdigen soll. Danke und weiter so!

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Tank 8. April 2013 um 20:55

„Stahlgeruch“ ist ein zu schöner Vertipper, um ihn unerwähnt zu lassen.

So im Sinne von: Im medialen Stahlbad des Haifischbeckens Bundesliga braucht es jemand mit Stahlgeruch, um sich durchzusetzen, yeah.

Nichts für Ungut, Capi, versteh es bitte nicht als Kritik. Ist keine.

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IchBinNichtMatthiasSammer 8. April 2013 um 21:38

Fakt ist aber, dass die meisten Trainer nur sehr wenig von den von Ihnen genannten Aspekten haben.

Trainingsmethodik? Die ist vielleicht bei zwei von fünf Vereinen der Bundesliga dem Budget und den Anforderungen angemessen, in vielen Vereinen ist es erbärmlich; und wird meistens von Externen übernommen.

Psychologie? Woher haben denn ehemalige Fußballer komplexe Kenntnisse über den menschlichen Geist? Weil sie im Rahmen der Trainerausbildung zwei Prüfungen im Fach Psychologie ablegen? Oder weil sie Menschen sind? Ich bin mir da nicht ganz sicher.

Menschenkenntnis? Fraglich, ob diese bei einem lange Zeit öffentlich sehr abgeschottet und in speziellen Fähigkeiten lebenden Fußballprofi signifikant besser ausgebildet sind, als beim 08/15-Bürger.

Ansprache? Ansehen? Das sind meiner Meinung nach die zwei Entschuldigungen, weswegen im Fußball immer wieder inkompetente Personen auf nicht adäquate Posten gehoben wurden. Diego Maradona als krönendes Beispiel.

Manche haben natürlich ein gewisses Talent: Uli Hoeneß im (betriebs-)wirtschaftlichen Bereich z.B. oder auch ein Giovanni Trapattoni zu seiner Zeit. Aber lass‘ uns die großen Trainer der Neuzeit (also ohne Jimmy Hogan oder Bela Guttmann) aufzählen:

Johan Cruyff – Weltklassefußballer.
Josep Guardiola – Sehr guter Fußballer.

Rinus Michels – Guter Fußballer.
Giovanni Trapattoni – Guter Fußballer.
Carlo Ancelotti – Guter Fußballer.
Fabio Capello – Guter Fußballer.
Bob Paisley – Zwar ein guter Fußballer, aber ausgebildeter Physiotherapeut und Lehrling Shanklys, der seinerzeit auch „nur“ ein guter Kicker war.
Ottmar Hitzfeld – Guter Fußballer.
Marcelo Lippi – Guter Fußballer, hochintelligenter Verteidiger.

Louis van Gaal – Mittelmaß, galt als intelligenter und talentierter Mittelfeldspieler.
Sir Alex Ferguson – Mittelmaß, galt als intelligenter und talentierter Stürmer.
Vicente del Bosque – Guter Spieler, galt als intelligenter und talentierter Mittelfeldspieler.
Stefan Kovacs – Kein Nationalmannschaftseinsatz, durchschnittlicher Spieler, galt als intelligenter und talentierter Mittelfeldspieler.
Walery Lobanowsky – Galt als intelligenter und talentierter Flügelstürmer, nach seiner Karriere war er fanatisch nach Informationen und Wissenschaft.

José Mourinho – Kein Profi.
Dettmar Cramer – Kein Profi.
Udo Lattek – Kein Profi.
Arrigo Sacchi – Kein Profi.

Wer davon hat den Fußball maßgeblich verändert? Richtig, vier Genies, die als Spieler schon durch unübliche Fähigkeiten auffielen (Cruyff und Guardiola) oder abseits des Platzes (Michels, Lobanowksy), ansonsten nur Externe oder Spieler, die nur durch ihren Intellekt erst „weit“ nach oben kamen.

Wie wird es in Zukunft aussehen? Was würden José Mourinho, André Villas-Boas, Thomas Tuchel, Jürgen Klopp, Robin Dutt, Sascha Lewandowski, Ralf Rangnick, Rafael Benitez, Marcelo Bielsa, Andrea Strammaccioni und Co. dazu sagen würden?

Unai Emery (Zweite Spanische Liga), Massimo Allegri (Wandervogel zwischen 2. und 3. italienischer Liga), Walter Mazzarri (Wandervogel zwischen 1. und 2. italienischer Liga), Manuel Pellegrini (nie Sprung nach Europa geschafft), Arsene Wenger (Meister mit Straßburg), David Moyes (Meister mit Celtic Glasgow), Cesare Prandelli (kaum eingesetzer Bankspieler bei Juventus in den späten 80rn war sein Topergebnis), Christian Streich (1 Jahr in der Bundesliga) oder Tito Vilanova (26 Profi-Spiele) waren auch keine herausragenden Spieler.

Im Konzert der aktuell großen Trainer gibt es eigentlich nur fünf große Spieler: Jupp Heynckes, Vincente del Bosque, Didier Deschamps, Pep Guardiola und Antonio Conte. Auch andere Nationaltrainer wie Alejandro Sabella, Roy Hodgson oder gar Luiz Scolari sind alles andere als Vorzeigespieler gewesen.

Gegenfrage: Wie viele „Externe“ sind denn als Trainer wirklich gescheitert? Und war davon ein einziger jemand, der nicht als Motivator oder Notlösung galt?

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Tank 8. April 2013 um 21:58

Beeindruckende Auflistung.

Versteht man unter „große Trainer“ „erfolgreiche Trainer“, dann fällt mir neben Cruyff noch ein anderer absoluter Weltklassespieler ein, der auch als Trainer geglänzt hat: Franz Beckenbauer.

Beckenbauers Trainerlaufbahn lag größtenteils vor meiner Zeit und ich habe die von ihm betreuten Teams nie eingehender studiert. Folglich kenne ich neben Beckenbauer, den Spieler, nur Beckenbauer, die Mediengestalt.

Und dass der gleiche Beckenbauer, der von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen stapft (überspitzt, zugegeben), die Kompetenz hatte, einer der besten Trainer seiner Zeit zu sein, wundert mich daher sehr.

Aber mein Gott, irgendwie hat er seine Pokale ja gewonnen. Würde mich wirklich interessieren, was des Rätsels Lösung ist.

Ich will mit diesem Kommentar übrigens nicht implizieren, dass ehemalige Top-Spieler als Trainer in irgendeiner Form überlegen sind. Mir fiel nur grade das Beispiel Beckenbauer ein und es steht irgendwie interessant quer zu den anderen Trainern in deiner Liste:

Weltklassefußballer: Ja.
Weltklassetrainer: Ja. (Wenn vllt. auch kein Visionär.)
Macht den Eindruck, als hätte er die Kompetenz um Trainer zu sein: Eher nicht.

Strange indeed.

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IchBinNichtMatthiasSammer 8. April 2013 um 22:06

Nur weil Herr Beckenbauer nicht so wirkt, darf man ihn nicht unterschätzen. Herr Beckenbauer war als Spieler hochintelligent und als Mensch kommt er ja auch sehr erfolgreich durchs Leben.

Während seiner Zeit als Trainer war er übrigens in einigen Aspekten sehr modern: Er ließ enorm viele Statistiken aufnehmen, wählte seine Verteidiger nach den Zweikampfquoten aus, besaß ein Händchen für die Wahl richtiger Spieler und ihre Zusammenstellung.

Eine Einspielen von komplexen Spielzügen oder Mechanismen im Training war während seinen Amtszeiten aus unterschiedlichen Gründen ohnehin kaum möglich, darum war seine Stärke im taktisch harmonischen Zusammenstellen unterschiedlicher Spielertypen umso wertvoller. Gleichzeitig hatte er ein außerordentlich gutes Gespür für spielphilosophische Ausrichtungen, kurz- wie mittelfristig. Glaubt man nicht, ist aber so.

Wäre er noch visionärer gewesen und interessierter an der tagtäglichen Trainerarbeit, hätte ich persönlich ihm gar die Rolle des deutschen Cruyffs zugetraut. Aber gut, wer bin ich schon? Ich bin nicht Matthias Sammer.

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Tank 8. April 2013 um 22:18

Unterschätzen würde ich den guten Mann nie, darum habe ich ihn ja auch als Weltklassetrainer bezeichnet. Seine Erfolge, die zwar mit sehr gutem, aber nicht mit alles überragendem Spielermaterial errungen wurden, lassen ja kaum einen anderen Schluss zu.

Ist es also tatsächlich nur ein Problem der Außenwirkung, die irgendwo im Viereck aus Kaiser, Suppenkasper, Lichtgestalt und Weihnachtsfeier manchmal doch arg arg unglücklich ist?

Mich würden mehr Informationen über Beckenbauer, den Trainer, wirklich sehr interessieren. Hier auf Spielverlagerung fällt mir da spontan nur die Retroanalyse zum WM-Finale 1986 ein.

Wenn Du, wer immer Du auch bist, außer Matthias Sammer, da noch was interessantes weißt, bin ich ganz Ohr.

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Capi 8. April 2013 um 22:20

@Tank
Absolut kein Problem. Musste gerade selbst sehr schmunzeln.

@Christian Nerlinger 😉
Die von mir genannten Attribute waren auch keinesfalls als Argument GEGEN einen Nichtprofi als Trainer gemeint sondern sollten nur ausdrücken, dass zum Trainer mehr gehört als nur eine gute Taktikanalyse. Urs Siegenthaler ist ein gutes Beispiel für fachlich sehr hohe Kompetenz in diesem Gebiet, der aber als Trainer nie groß in Erscheinung getreten ist (wenngleich das auch viele Gründe haben kann).
Um auf deine Aufzählung zu antworten, sind aber die meisten Trainer trotzdem Profis gewesen. Sie haben somit alle einen tieferen Einblick in den „Zirkus“ Fussballwelt als ein reiner Amateur. Ich denke der Punkt darf nicht völlig außer Acht gelassen werden.
Womit ich dagegen absolut konform gehe, ist die Tatsache, dass (zu) wenig Nichtprofis eine Chance kriegen, dagegen aber jeder Bundesligaspieler irgendwo unterkommt (Mario Basler lässt grüßen).
Fazit: Bei fachlich gleich gutem Wissen hat der Exspieler den Erfahrungsvorteil. Ohne Wissen bringt dir aber auch alle Erfahrung nix.

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Rasengrün 9. April 2013 um 05:17

Es ist ja auch nicht so, dass auf den Entscheidungsebenen, die über die Besetzung des Trainerstuhls zu befinden haben, ausnahmslos hochkompetente Fußballfachleute säßen. Da mischen je nach Struktur sehr viele und sehr unterschiedliche Leute mit und dann kommen bei sehr vielen Vereinen auch noch inoffizielle Parallel-Strukturen hinzu, die in den Hinterzimmern wüten. Wer das mal näher mitbekommen hat, der ist danach um einige Illusionen ärmer. Whatever. Ein bekannter Name verhilft auf der Ebene eher zu einer Anstellung als ein gutes Abschneiden in der Trainerausbildung.

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ES 9. April 2013 um 08:26

Das hört sich insgesamt fast so an, als wären die sportlichen Führungen in der Bundesliga von Vollpfosten besetzt, die schlechte Trainer für Ihren Verein auswählen, während in den Akademien lauter Hocjqualifizierte sitzen, die den Job besser machen würden. Dagegen könnte man mal den generellen Stellenwert und die Qualität der Bundesliga In Europa, den Erfolg der vielen kleinen Vereine anführen etc. Aber schauen wir doch mal wie andere Wirtschaftsunternehmen ihre wichtigste Führungsposition besetzen würden: Schulnoten? Die reden doch nicht mit Anfängern! Da geht es erstens um den bisherigen Erfolg am besten in der Wunschposition (also ein Trainer, der schon mal Titel geholt hat, ist da keine schlechte Wahl), und in der Vita oder in anderen Positionen (da spielt es dann z.B. eine Rolle, ob der als Spieler mal erfolgreich war). Dann geht es zweitens darum, ob der oder diejenige ins Konzept, ins Team und zur Philosophie passt (da ist es natürlich von Vorteil, wenn man ein Team, ein Konzept und eine Philosophie hat; wenn nicht: bringt der Neue davon etwas mit?). Schließlich stellt man sich die Frage: Will ich was radikal verändern, weil ich nicht zufrieden bin (dann hol ich vielleicht einen Klinsmann, auch wenn’s in die Hose geht, aber er hat immerhin mal was bewegt) oder ich will Kontinuität, dann hol ich Streich und Tuchel und Weinzerl etc.). Erzählt mir bitte nicht, dass solche Überlegungen nicht auch beim Verein mitspielen und dass daraus nicht relativ rationale Entscheidungen fallen.

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ES 9. April 2013 um 08:49

…und, @rasengrün, Du hast natürlich recht: Da gibt es auch viele Hinterzimmermauscheleien, übrigens, wie in jedem Unternehmen auch….das sind alles keine transparenten Demokratien, sondern es geht bei solchen Entscheidungen auch um Geld, Einfluss, Macht, Prestige, da mischen viele mit.

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AP 9. April 2013 um 23:57

@Matze. Zu einem Super Trainer gehört eine ebenso gute Mannschaft. Die Auflistung ist Top. Grob gesagt finde ich, die Nichtprofis-Trainer haben mehr „Inhalt“. Wäre ein Tuchel mit Bayern erfolgreich? Eher ja. Wäre ein Heynckes mit Mainz so erfolgreich wie Mainz mit Tuchel, eher nein. Spekulativ, ich weiß.

@ES. Das hat Klopp doch mal schön gesagt. In den meisten Vereinen sitzen Personen auf Positionen, die vom Fußball keine Ahnung haben. Und diese haben Berater usw. Wie sollen die einen Trainer und seine Arbeit beurteilen, wenn sie niemals mit dem Sport verbunden waren. Hoffenheim lässt grüßen.

Und jetzt kommt wieder Sammer ins Spiel. Hoeneß hat es längst Begriffen und versucht seine Bayern so aufzustellen. Viele andere Vereine fallen mir da nicht ein…

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ES 10. April 2013 um 08:59

Sammer scheint eine gute Wahl zu sein, keine Frage, aber ich sehe jetzt keine besonderen Unterschied bei der Wahl eines Sportdirektors zu anderen Vereinen. Selbstverständlich holt man sich einen Sportdirektor mit nachgewiesener sportlicher Kompetenz. Ich kenne keinen Verein, der das anders macht. Einzigartig bei Bayern ist, dass sie auch in der eigentlichen Vereinsführung, also Präsidium und Aufsichtsrat, hohe sportliche Kompetenz haben. Aber ist und war das der entscheidende Faktor für den Erfolg? Oder war es die WIRTSCHAFTLICHE Kompetenz von Höness, und einige andere Faktoren, wie regionale Strukturstärke. Übrigens ist es hier auch nicht so einfach. Auch Höness hat viele falsche Entscheidungen getroffen, Klinsmann ist seine Berühmteste. Er hatte hat wegen der wirtschaftlichen Tärke mehr Freischüsse als an dere Vereeine. Ich glaube kaum, dass Rauhball und Watzke viel mehr Ahnung von Fussball haben als wir. Und trotzdem haben sie den richtigen Sportdirektor und Trainer ausgewählt. Warum bitte soll die Wahl von Arnesen als Sportdirektor per se schlecht sein, und dann die Wahl von Fink als Trainer ebenso? Kurz gefasst lauten meine These nur: 1) In den Vereinsführungen werden prinzipiell vernünftige Entscheidungen getroffen wie in den meisten anderen mittelgrossen Unternehmen auch (incl. Hinterzimmermauscheleien) 2) Ich brauche einen sportlich kompetenten Sportdirektor, aber nicht notwendig sportliche Kompetenz in den anderen Führungsorganen (je nach Struktur Vorstandsvorsitzender, Aufsichtsratvorsitzender etc.) 3) Mehr sportliche Kompetenz (außer Sportdirektor) in den Gremien kann hilfreich sein, ich finde aber keine eigentlichen Belege

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Bayern-Fan 16. April 2013 um 14:50

Ein ehemaliger Spieler als Trainer hat mehrere Vorteile:
1. Er lässt sich in den Medien gut verkaufen. Wer möchte als Vorstandsvorsitzender schon seinen Kopf riskieren, weil er einen Unbekannten auf den Trainerstuhl setzt? „nobody ever got fired for buying IBM equipment“ (angebliche Verkaufstrategie in der IT-Branche der 1970er).

2. Er ist vernetzt. Dies gilt auch für ehemalige Spieler als Sportdirektor. Schließlich kann da mal ein Tipp von einem ehemaligen Mitspieler kommen, der gerade die Jugend des Drittligavereins in der Nähe trainiert und einem seiner Jungs eine Profi-Karriere zutraut.

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trauni 8. April 2013 um 16:09

Ich habe zum Thema Raute noch eine Frage an die Experten:

Thomas Schaaf wurde ja wurde ja letzte Saison doch ziemlich kritisiert, da er immernoch auf die „veraltete“ Raute in Bremen gesetzt hat. Jetzt wird aber für den HSV die Raute auf Grund des Spielermaterials als ideal angesehen und auch Mainz spielt diese ja immer wieder.

Was war dann das große Problem an der Bremer Raute? War das Spielermaterial einfach das Falsche oder hatte das noch andere, taktische Gründe?

lg trauni

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RM 8. April 2013 um 18:57

Wer kritisierte die Raute denn? Das ist eigentlich ein tolles System, welches nur dann kritisiert wird, wenn man es schlecht bespielt – was aber bei jedem System der Fall ist.

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RP 8. April 2013 um 19:41

Naja die Raute ist im modernen Fußball nicht in der Häufigkeit zu finden, wie vor ein paar Jahren noch. Deshalb hat sagt dann der Volksmund: Ey, Raute spielt doch keiner mehr, außer Werder. Bremen spielt schlecht. DIE RAUTE IST SCHULD!!!

Wäre trotzdem nett, kurz zu erklären, warum die Raute bei Werder schlussendlich nicht mehr funktioniert hat.

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grasnarbe 8. April 2013 um 20:10

ich dachte auch, dass das einer von eurem team war, der bemerkte, dass die raute mittlerweile anderen systemen unterlegen ist.

bei hamburgs beispiel bin ich überzeugt, dass es tatsächlich handwerkliche fehler eines trainers sind. sv.de hat mittlerweile ein so hohes niveau erreicht, dass einige höchstbezahlte elite-mitglieder einer profession alt aussehen. man stelle sich das bei anderen berufen vor, wenn ein fernsehzuschauer aufgrund von höherem wissen einen kniespezialisten bei der op kritisiert, oder schuhbeck beim kochen. man merkt daran, dass die professionalisierung in der taktik beim fussball noch nicht sehr weit gediehen ist. immer noch werden trainer aufgrund ihrer leistungen in der aktiven zeit eingestellt als aufgrund ihrer fachkenntnisse als trainer.

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RM 8. April 2013 um 20:42

Auch wenn ich die Generalkritik nicht so unterschreiben würde, hat dein Beitrag einige interessante Punkte, die ich für zwei bis drei Artikel schon eingeplant habe =)

Bezüglich Raute: Ich kenne keinen einzigen Spielverlagerer, der ein System bzw. eine Formation per se abschreiben würde. Ich habe einst (vor Jahren, also vor Spielverlagerungszeiten) zu TR gar geschrieben, dass ich die 4-3-3-Variante der Raute (also nicht die 4-4-2-Raute) als mittelfristige Standardantwort auf das 4-2-3-1 sehe; weil ich persönlich die Potenziale dieser Ausrichtung sehr mag. Die 4-4-2-Raute hat natürlich gewisse Probleme, das 4-4-2 mit flacher Vier ebenso. Gleichzeitig kann man diese Probleme wie auch bei allen anderen Formationen durch gruppentaktische der gar individualtaktische Dynamiken ausgleichen oder gar zu einem Vorteil wenden.

Soll heißen: Formationen sind wie Statistiken, die kann man sich zurechtlegen und interpretieren, wie man möchte.

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ES 8. April 2013 um 21:14

Grasnarbe: Deinen Knieoperation-Fernsehkochvergleich finde ich sehr spannend, gerade weil er hinkt (haha, Knie-OP und hinken!….entschuldigung, nicht witzig). Also, erstens, wir wissen nicht, ob das Zeug wirklich schmeckt und ob die Knie-OP erfolgreich war. Ich hab da manchmal meine Zweifel. Wenn Knie-OPs doppelt so unterhaltsam wären wie Fussball, wären wir alle Experten und würden tausend Gründe finden, warum der Patient doch nicht so gut laufen kann. Zweitens, Fussball ist ein Spiel, und als solches weit weniger deterministisch in der Abfolge Handlung und daraus entstehendes Ergebnis (man denke sich die Herausforderung der Operateurs mit einem Gegen-Operateur, der die Anstrengungen des Ersteren zunichte macht). Drittens: Wir urteilen nach dem Ergebnis (heißt das ex-Post Analyse?, keine Ahnung), d.h. wir sind natürlich wesentlich schlauer als die armen Trainer, die alles voraussehen müssen.
Soll jetzt keine Ehrenrettung von Trainern im allgemeinen oder Thorsten Fink im Besonderen sein, nur: Ich glaub, so schlecht sind die auch nicht (z.B. Schweizer Meister werden…etc.)

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TW 8. April 2013 um 21:17

Ich bin ja schon so gespannt. Kann mir momentan nur schemenartig die Unterschiede zwischen 4-3-3 und 4-4-2 Raute vorstellen – insbesondere die Staffelung der Außenstürmer. Wieso das eine System veraltet und das andere die Antwort auf das 4-2-3-1 sein soll, bitte öffne mir die Augen.

Da ich noch keine Literatur zu Unterschieden des Rautensystems gesehen habe, wäre es super, wenn Du Deine Ausführungen auch entsprechend belegst. Es wäre toll, wenn sich aktuelle Trainer schon dazu geäußert hätten. Deine Interpretationen und Wortschöpfungen sind zwar toll, aber mit dem Background wäre es der Wahnsinn, quasi absolut lässig

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RM 8. April 2013 um 22:00

Veraltet ist gar nichts! Aber die 4-3-3-Raute gefällt mir im aktuellen zeitgenössischen Kontext und nach persönlichem Geschmack einfach mehr; aber gut, ich würde auch im 2-5-3/2-4-4-Hybrid oder einem 1-2-4-2-1 spielen lassen *zwinker zwinker*. Die Unterschiede sind zumeist marginal, ich finde jedoch, dass es viele gibt.

Literatur… gibt es ohnehin viel zu wenig zum Fußball. Ich kann noch immer nicht fassen, dass es anscheinend wirklich keine genauere Unterscheidung zwischen Raumdeckungsarten in der Fachliteratur gibt. Zugegeben, ich kenne auch keine Fachliteratur, werde mich aber darum kümmern und paar Rezensionen hier schreiben.

P.S.: Buchtipps sind bei meiner E-Mail-Adresse [[email protected]] abzugeben! =)

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TW 8. April 2013 um 22:29

Es ist wirklich wahnsinn. Ich habe auch grad noch einmal Google Scholar bemüht. Es gibt kaum Veröffentlichungen zu moderner Fußballtaktik. Und wenn, dann kommt Sie nicht aus den Sportwissenschaften, sondern aus der Statistik oder dem maschinellen Lernen – Loy lässt grüßen.

Die besseren Bücher sind noch von Sportjournalisten, die versuchen, vorhandene Entwicklungen zu erklären, z . B.
– Dietrich Schulze-Marmeling: Barca oder: Die Kunst des schönen Spiels. Verlag Die Werkstatt, 3. Auflage, 2011. ISBN 389533720X
– Christoph Bausenwein: Joachim Löw und sein Traum vom perfekten Spiel. Verlag Die Werkstatt, 1. Auflage, 2011, ISBN 3895338133
und dabei auch jeweils nur die letzten Kapitel.

In den Trainingsbüchern des DFB liegt der Fokus natürlich auf dem Erlernen von Automatismen. Da ist es anscheinlich eher verwirrend, neben der empfohlenen positionsbasierten Raumdeckung mit situativen Manndeckungen in gefährlichen Räumen noch andere Alternativen aufzuzeigen. Es wurde sich irgendwann auf dieses Prinzip als Standard geeinigt und nun wird es gelehrt. Eventuell wird die situative Raumdeckung in 10 Jahren Standard. Dann werden Regeln und Trainingsformen entwickelt, auch diese zu vermitteln und zu automatisieren. Bis dahin ist sie den paar Fußballern vorbehalten, die – warum auch immer -genügend Spielintelligenz besitzen.

Da Fußballtaktik noch keine eigene Wissenschaft darstellt, sondern nur einen Teil der Trainerausbildung ausmacht, war es wohl wirklich notwendig, dass eine Seite wie diese die Irren der Welt zusammenführt, um über die Weiterentwicklung und Analyse der Taktik zu diskutieren.

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Ein Zuschauer 8. April 2013 um 22:33

Es heißt a posteriori.

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ES 8. April 2013 um 22:41

Danke

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trauni 9. April 2013 um 08:35

Ich hatte gar nicht gemeint, dass die Raute auf dieser Seite kritisiert wurde, sie hat aber in Bremen nicht mehr wirklich funktioniert. Wobei ja auch heuer noch nicht alles rund läuft.

Ich wollte auch nicht wissen ob die Raute im Allgemeinen nicht mehr zeitgemäß ist, sonder was in Bremen nicht mehr funktioniert hat.
War es das Spielermaterial oder wurde sie einfach schlecht gespielt (Bsp.: mangelnde Breite durch zögerliches Aufrücken der AV´s)?

mfg trauni

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nougat 8. April 2013 um 12:34

vielen dank für die wieder einmal sehr klare analyse !
mir absolut unverständlich, was fink da aufstellt und welche intention verfolgt wird nach dem schlimmen debakel gegen bayern. ich hatte eine trotzreaktion erwartet, stattdessen glaubt man gegen die breisgauer sich eins zurechtzuschmusen.
westermann als aufbauspieler… das muss man sich mal geben !

es ist so wie netzer sagt, „die haben einfach kein konzept !“

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Rasengrün 9. April 2013 um 05:36

Die Analyse macht doch deutlich, dass der HSV eher von den Freiburgern dazu gezwungen/verleitet wurde den Aufbau über Westermann laufen zu lassen. Der Plan sah sicherlich anders aus. Ich glaube zwar immer noch, dass Taktik hier gar nicht der bestimmende Faktor war, aber trotzdem kann man aus den Personalentscheidung doch etwas ablesen. Wenn man zwei Achter auf die Außenpositionen im Mittefeld eines flachen 442 stellt, dann liegt es nahte, dass man auf eine enge Mittelfeldkette vor einer weiten Abwehrkette hinaus will. In der Theorie hat man defensiv eine gute Abdeckung der Schnittstellen, nach neun Gegentoren sicher eine Priorität. Offensiv sieht das schon anders aus, da fiel es wirklich schwer eine Idee zu erkennen. So oder so, egal welche Idee, ob gut oder schlecht, sie muss überhaupt erst einmal umgesetzt werden und das war in diesem Spiel auf Seiten des HSV halbgar und verwaschen. Freiburg im Kontrast dazu auch mit einer nicht gerade übermäßig komplexen Spielidee, aber extrem sicher und konsequent in der Umsetzung.

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ANIL 8. April 2013 um 10:48

Es hat mich auch verwundert, dass der HSV nicht mit einer Raute spielte. In Kombination mit hohem pressing, wäre es das adequate Mittel gegen den SC gewesen (siehe Frankfurt gegen Freiburg).

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datschge 8. April 2013 um 10:31

Gut ausgeführt.

Der HSV unter Fink hat sich ja schon in der Vergangenheit öfters dadurch „ausgezeichnet“, die Mehrzahl seiner Spieler durch mangelde Staffelung im letzten Drittel herzuschenken, während das eigene Mittelfeld zahlenmäßig ausgehungert wird. Verwunderlich, dass dies nicht als eines der Grundprobeme gesehen und abgestellt wird bzw. das man nun offensichtlich auf diesen Punkt zurückgefallen ist.

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PP 8. April 2013 um 10:44

Finde es auch extrem verwunderlich, man hatte das Problem ja schon behoben. Hatte mich eigentlich sehr auf die Raute – mit Badelj! – gegen Freiburg gefreut…

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Rasengrün 8. April 2013 um 11:38

Ich bin mir fast sicher, dass diese Aufstellung von Psychologie, nicht von Taktik bestimmt wurde. Es gibt ja kaum etwas Grundlegenderes als flaches 442. Hat Köstner bei Wolfsburg nicht auch dazu gegriffen als es darum ging eine verunsicherte Mannschaft zu stabilisieren? Man reduziert halt die Komplexität und da der HSV, bei allem Respekt vor der tollen Saison der Freiburger, individuell eigentlich die größere Qualität vorweisen kann, sind die vermehrt zu erwartenden direkten Duelle mehr Nutzen als Schaden. Auf dem Papier zumindest… in der Realität lies sich das Freiburger Kollektiv nicht so einfach um seine Synergien bringen. Vielleicht sogar gerade, weil die Raute noch in den Köpfen steckte und so unpassende Lösungen gesucht wurden.

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