FC Valencia – FC Barcelona 1:1
Valencia hatte den FC Barcelona am Rande einer Niederlage.
Mit einer interessanten Taktik und einer sehr guten Umsetzung konnte Valencia einige Zeit lang mit Tabellenführer Barcelona mithalten. Insbesondere Lionel Messi wurde vorbildlich neutralisiert. Valencia stand aber nicht nur defensiv gut, sondern kam auch zu einigen Chancen.
Aggressivität und Resistenz
Bereits vor über einem Jahr hatte Barcelona bei einem 2:2 gegen Valencia außerordentliche Probleme. Valencia presste hoch und aggressiv, spielte kompakt und agierte mit Gegenpressing.
Doch noch viel stärker als dieses aggressive Pressing wiegt die Pressingresistenz der Valencia-Spieler. Dies ist auch der Unterschied zu Mannschaften wie Espanyol oder Rayo Vallecano, die teilweise noch heftiger und stärker pressten. Im Gegensatz zu diesen individuell schwächeren Mannschaften kann Valencia den Ball nach dem Ballgewinn länger in den eigenen Reihen halten.
Damit können sie Barcelona in die Tiefe zwingen, können sich selbst strukturieren und effektive Kombinationen fahren. Symbolisch für diese Spielweise steht Ever Banega, der den ersten Treffer in dieser Partie erzielte. Der Argentinier gilt unter Experten als schlampiges Genie. Herausragende Aktionen werden immer wieder durch mangelnde Disziplin, wenig Fitness, Inkonstanz oder zu viel Risiko im Passspiel vergessen gemacht. In Spielen gegen den FC Barcelona aber scheint er deutlich mehr Spaß am Spiel zu haben.
Aus taktischer Sicht ist dies relativ einfach zu erklären – und in geringerem Ausmaß trifft es auch auf seine Mitspieler zu. Banega hat seine Probleme in der Entscheidungsfindung meist dann, wenn er viel Zeit hat und sich die Option auswählen kann. Er verzögert dann manchmal, wählt hin und wieder die falsche Strategie oder agiert entgegen des Angriffsrhythmus.
Gegen Barcelona fallen diese kleinen Schwächen aber weniger ins Gewicht, weil das Pressing der Katalanen ihn zu einer Entscheidung zwingt. Dies hat dann zur Folge, dass er im Endeffekt keine Entscheidung trifft, sondern nur dem gegnerischen Pressing ausweicht; die Entscheidungsfindung wird ihm abgenommen. Dank seiner herausragenden Ballkontrolle, Dynamik und Wendigkeit gelingt ihm dieses Ausweichen und er kann dann in freie Räume stoßen.
Diese Pressingresistenz – speziell bei Banega und in kleinerem Maße auch bei anderen Valencia-Akteuren (Tino Costa z.B.) – macht Valencia zu einem unangenehmen Gegner für Dauerpresser Barcelona und zu einem relativ dankbaren für eine optionsorientiertdeckende Mannschaft wie Malaga. Auch Benat, Andrés Guardado oder die eingewechselten Pablo Piatti und Sergio Canales leiden bisweilen unter diesem Banega-Syndrom; kann vorteilhaft sein, muss es aber nicht.
Allerdings gab es neben dieser immanenten „Stärke“ Valencias auch einige interessante Wechselwirkungen, die vom Trainer bewusst erzeugt wurden. Ein Aspekt betraf beispielsweise den eigenen Mittelstürmer sowie das Bespielen des gegnerischen.
Das ungleiche Stürmerduell
Roberto Soldado und Lionel Messi sind beide hochklassige Mittelstürmer. Sie erzielen viele Tore – einer davon allerdings etwas mehr – und können nahezu jeder Mannschaft der Liga einen Abend verderben. Ihre Gefahr liegt aber in unterschiedlichen Bereichen. Während Soldado durch seine Präsenz im Sturmzentrum für Probleme sorgt, so macht Messi dies durch seine Inexistenz in jenem Bereich. Um den Gefahrenherd Messi auszuschalten, der durch sein konstantes Zurückfallen und dynamisches Aufrücken in freie Räume am Ende des Angriffs Tore erzielt, ließ sich Valencia etwas einfallen.
Adil Rami verfolgte „den Floh“ als Manndecker. Ernst Happel sagte einst, die Manndeckung wäre was für Esel – in diesem Fall überraschend treffend, denn dieses Tier ist das Symbol der Katalanen. Wieso sollte man sie also nicht so behandeln?
Insbesondere in der ersten Halbzeit klappte diese Spielweise hervorragend. Messi wurde bei der Ballannahme bedrängt, musste sich noch stärker nach hinten fallen lassen und wurde dann von einem Mittelfeldspieler gedoppelt. Rami stellte ihn nicht nur, sondern bedrängte ihn durchgehend bei der Ballannahme. Damit hinterließ er ein Loch in der Abwehr, das aber niemand so recht zu nutzen wusste. Die entstehende Lücke konnte deswegen kaum bespielt werden, weil die restlichen Verteidiger sich eng positionierten und die Schnittstelle verengten.
Desweiteren befanden sich um die Tanzpartner Rami und Messi zahlreiche Valencia-Akteure, welche bei Ballverlusten des Argentiniers zuschnappten und den Ball mit ihrer Pressingresistenz behaupten konnten. Hier griff dann der zweite Mechanismus: Soldado wich vorne immer wieder auf die rechte Seite aus. Der Grund, wieso diese Seite, lag bei näherer Betrachtung relativ klar auf.
Einerseits rechnete man eventuell mit einem sehr offensiven Alba – was nur phasenweise der Fall war -, andererseits wollte man die Spielerrollen Barcelonas ausnutzen. Auf rechts haben die Katalanen mit Pedro Rodriguez einen schnellen, lauf- und defensivstarken Flügelstürmer. Auf links haben sie sowas nicht, denn sowohl Fabregas als auch Iniesta gehen immer wieder in die Mitte und verbleiben dort öfters in der eigenen Angriffsphase. Im Umschaltmoment konnte dieses noch nicht verschlossene Loch dann für sichere Ballannahmen oder Prallpässe genutzt werden.
Auf diese Spielweise Valencias wollte Barcelona natürlich reagieren. Ihre taktischen Veränderungen im Spiel gehören bekanntlich zu den besten und interessantesten der Welt. Zumeist werden sie auch gruppentaktisch und ohne Wechsel gelöst, was sie umso interessanter macht.
Die (versuchte) Befreiung des Flohs
Taktisches Mittel Nummer 1 war das veränderte Wechselspielchen zwischen Fabregas und Iniesta in der zweiten Spielhälfte. Normalerweise zieht Fabregas in die Spitze, Iniesta in die Mitte und Alba gibt die Breite. Doch wegen Alves‘ einmal-mehr-Fixplatz in der Startelf sowie der Spielweise Valencias konnte Letzteres nicht praktiziert werden und Fabregas wich öfters nach links aus, um dem Spiel die Breite zu geben.
Daraus entstand ein Problem, denn Messis Zurückfallen und Ramis Verfolgung desselben konnten ohne einen anderen Spieler in der Tiefe kaum ausgenutzt werden. In weiterer Folge orientierte sich dann Alba nach dem Seitenwechsel höher, Fabregas schob von seiner breiten Position öfters diagonal in die Spitze. Dabei wurde die Last der Ballsicherung auf Iniesta übertragen, der sich noch stärker ins Aufbauspiel einband und Alba zeigte eine sehr gute zweite Halbzeit, was diese Veränderung positiv konnotierte.
Das zweite taktische Mittel bezog sich auf Pedro. Auch hier spielte aber der Außenverteidiger nach der Pause höher. Dani Alves überzeugte offensiv wie defensiv, insbesondere durch sein Timing und dadurch, dass er nicht gnadenlos und ohne Rücksicht auf Verluste in die Höhe schob. Er passte sich den Bewegungen seines Vordermannes an.
Dessen Laufwege waren nämlich wichtig, um Messi zu befreien. Pedro lief einige Male entlang der Horizontale ins Sturmzentrum und auf die linke Seite, damit Rami ihn nicht verfolgen und die Viererkette das Spiel nicht kompakter machen konnte. Aber großen Nutzen hatten die weniger werdenden Manndeckungsverfolgungen Ramis nicht.
Valencia stand nun etwas tiefer, war wohl auch vom Pressing ermüdet, und machte dadurch das Spiel kompakt. Letztlich befand sich Messi wie auch Iniesta immer von mehreren Gegnern umgeben, wodurch sie nur selten Zugriff auf den Torraum erhielten. Einzig zwei tolle Pässe von Messi hätten Barcelona noch den Sieg bringen können, doch so blieb es bei einer eher dürftigen Individual- und einer passablen Mannschaftsleistung.
Fazit
Es war ein interessantes Spiel mit einem knappen Unentschieden. Sowohl Barcelona als auch Valencia hatten die Chancen auf den Sieg, letztlich dürfte die Punkteteilung in Ordnung gehen. Valencia presste in der ersten Halbzeit sehr aggressiv, hatte zur Halbzeitpause gar an die 45% Ballbesitz und hätte bei einem vor dem Tor kaltblütigeren Soldado wohl die Partie für sich entscheiden können.
Taktisches funfact: Das Tor von Banega fiel auch deswegen, weil sich keiner der Mittelfeldspieler für den freien Raum zuständig fühlte. Die Sechzehnerdeckung wurde vernachlässigt, Xavi bspw. stand weiter vorne leblos im Raum. Dieses Mini-Zocken wurde u.a. bereits von Inter Mailand (unter Mourinho) und Rubin Kazan ausgenutzt. Der Trainer der Russen war es auch, der diese Lücke im katalanischen Defensivnetz bemerkte:
„I studied all Barcelona’s games in the Spanish championship. The game against Valencia [a 0-0 draw] was the most helpful to understand them. I noticed that Xavi and Andrés Iniesta – key players in the team – almost never drop back to their own penalty box. This style of play in the midfield creates free space for shots from the middle range.” – Kurban Bedyev
Danke an Laola1.tv für das Bildmaterial!
24 Kommentare Alle anzeigen
El Entrenador 6. Februar 2013 um 16:16
Stimme HerrnHannibal zu. Gerade Kreisklassetrainer kommen auf solche Ideen. Aber deswegen, weil sie die meisten von denen von der ball- bzw. raumorientierten(n) Spielweise eh´keinen Schimmer haben :-). Aber es ist eben nicht so: schalte ich Messi aus, dann schalte ich auch den FCB aus. Dafür sind die alle viel zu spielintelligent.
Johnny 4. Februar 2013 um 20:10
Fragt sich nur, warum das nicht öfter gemacht wird mit der Verfolgung Messis durch einen Innenverteidiger. Selbst ein Kreisklassetrainer würde auf diese Idee kommen und es wirklich nicht verständlich, dass man immer noch darauf hereinfällt und die IV´s in der Linie stehen lässt.
Sicher, das klappt nicht immer, aber gestern hat Valencia ein wirklich gutes Spiel gemacht gegen Messi und auch im Allgemeinen.
HerrHannibal 4. Februar 2013 um 20:25
Haben doch schon etliche Mannschaften so gespielt und wurden dann bestraft weil die Lücken in der Abwehrkette zu groß waren. Ganz so einfach ist das nicht. Der Druck auf Barca muss dann so groß sein, dass die Bälle nicht gezielt nach vorne gespielt werden können. Wenn Messi sich geschickt löst, wird es sofort brandgefährlich…
wombat 4. Februar 2013 um 16:24
habe als gegenteil von konstanz soeben inkonstanz gelernt.
leider erst, nachdem ich für einige sekunden versuchte , mir diesen satz, den mir mein hirn vorgaukelte „Herausragende Aktionen werden immer wieder durch mangelnde Disziplin, wenig Fitness, Inkontinenz oder zu viel Risiko im Passspiel vergessen gemacht.“ bildhaft vorzustellen.
RM 4. Februar 2013 um 16:46
Made my day. Hahaha!
Bernhard 4. Februar 2013 um 11:32
Sorry,dass das jetzt überhaupt nicht zum Thema passt,aber könntet ihr einmal Alex Ferguson in eure Trainerportäts hinzufügen? Eure Meinung zu ihm würde mich brennend interessieren!
😉
Cliff 4. Februar 2013 um 09:14
Eine gelungene und gut zu lesende Analyse.
Valencias Risiko- und Laufbereitschaft über fast 75min des Spiels Barca zu pressen wurde belohnt. In der letzten Viertelstunde wechselten sie(wie erwähnt wahrscheinlich Kraft- und Ergebnisabhängig) zur gegen Barca üblichen sehr tiefstehenden, auf Konter ausgelegten Verteidigung. Insgesamt sicher eine ihrer besten Saisonleistungen.
Zur (Unter)Überschrift: „Valencia hatte den FC Barcelona am Rande einer Niederlage.“ möchte ich noch anfügen: das gilt natürlich auch andersherum.
El Entrenador 4. Februar 2013 um 09:11
Was ich noch vergessen habe: eine kurze Analyse von Granada vs. Real Madrid wäre auch nicht uniteressant. Habe das Spiel ebenfalls gesehen und war sprachlos. Was Granada aus seinen Möglichkeiten gemacht hat war schon bemerkenswert. Aber nix für ungut: euer Tempo der Analysenveröffentlichung ist schon heftig und ich will ja nicht gleich die ganze Hand nehmen, wenn mir der kleine Finger gereicht wird. Hut ab….
El Entrenador 4. Februar 2013 um 09:06
Habe das Spiel ebenfalls live online gesehen. Sehr interessante Partie. Gerade hinsichtlich der Begegenung Valencia gegen Real Madrid hat mich das Auftreten Valencias doch recht überrascht. War insgesamt ein interessanter Spieltag in der Primera Division. Was hier in der Analayse meiner Meinung nach etwas zu kurz kommt ist die Einwechslung von Villa für Fabregas und seine Auswirkungen. Meiner Ansicht nach kam die Einwechslung zu spät. Da hätte noch was gehen können….
Jean-Luc 4. Februar 2013 um 02:54
„…welche bei Ballverlusten des Argentiniers zuschnappten und den Ball mit ihrer Pressingresistenz behaupten konnten.“
Ich hab mich schon öfter gefragt, ob das Wort „Pressingresistenz“ nicht eigentlich mehr auszusagen scheint, als es tatsächlich aussagt. Macht es da nicht einen entscheidenden Unterschied, welche Art von Pressing überhaupt gespielt wird? Wenn stärker auf den Mann gepresst wird brauche ich als Spieler doch völlig andere Fähigkeiten, um „resistent“ zu sein, als wenn eine Mannschaft eher in die Räume presst oder die Passwege zustellt. Nämlich einerseits eine gute Ballkontrolle, eventuell auch ein intelligentes Zweikampfverhalten, und andererseits eine gute Übersicht, einen klaren Kopf und eine blitzschnell, aber hellwache Entscheidungsfindung. Natürlich ist das kein Schwarz-Weiß und letztendlich ist immer ein ganze Paket an fußballerischen Fähigkeiten vonnöten, aber der Schwerpunkt liegt eben ganz anders.
Insofern weiß ich nicht genau, ob man überhaupt von „der Pressingresistenz“ sprechen kann, oder ob es nicht sinnvoller wäre, im konkreten Fall zu beschreiben, warum eine Mannschaft im vorliegenden Fall besonders gut das Pressing des Gegners auskontern (im boxerischen, nicht im fußballerischen Sinn) kann. So, wie du es im übrigen ja auch sehr schön bei Banega gemacht hast.
datschge 4. Februar 2013 um 15:32
Die verschiedenen Arten des Pressings unterscheiden sich ja mehr in ihrer Organisation (das wo und wann), welche Komplex an Schwächen des Gegner damit attackiert werden sollen, bleibt im Prinzip relativ gleich. Pressing setzt dabei gegen ein Mangel an Ballkontrolle (der Ball wird unsauber angenommen und verspringt), Übersicht (der Ausweg aus der Drucksituation wird nicht mehr gesehen, Ball wird in scheinbare Lücken in die Falle gespielt) und Passgenauigkeit (Ball kann abgefangen werden) an. Ein pressingresistenter Spieler ist somit also ein Spieler, der in der Tendenz unter Druck die Übersicht behält, gute Ballkontrolle und gute Passgenauigkeit hat.
Herrring 4. Februar 2013 um 02:54
Der Artikel liest sich sehr gut meine aber einen kleinen Fehler entdeckts zu habe:
„Dies hat dann zur Folge, dass er im Endeffekt keine Entscheidung trifft, sondern nur dem gegnerischen Pressing ausweicht; die Entscheidungsfindung wird ihm angenommen.“
Ich denke das soll am Ende „abgenommen“ heißen…
Gruß
messanger 4. Februar 2013 um 00:28
Danke
Ein paar Anmerkungen: „Herausragende Aktionen werden immer wieder durch mangelnde Disziplin, wenig Fitness, Konstanz oder zu viel Risiko im Passspiel vergessen gemacht.“ Du meinst wohl Inkonstanz?
„Doch wegen Alves‘ einmal-mehr-Fixplatz in der Startelf sowie der Spielweise Valencias konnte Letzteres nicht praktiziert werden“ Verstehe Ich nicht ganz. Hätte er ausgewechselt werden sollen? Oder stand er zu früh zu weit vorne?
Allein für den Kommentar von Rasengrün solltet Ihr einen „Gefällt mir“ Button einführen 😉
Bin schon gespannt auf die Analyse des Clasico.
Robert 3. Februar 2013 um 22:14
Gute Analyse. Mir ist die sehr mannoriente Pressingart von Valencia über einen großen Raum in HZ 1 ebenfalls aufgefallen. Barca hat oft das Problem, dass die Tiefe nicht ausreichend besetzt wird, wenn die gegnerischen IV situationsbedingt rausrücken und Messi begleiten. Diese Art des Pressings hat übrigens als erstes Bilbao vor zwei Jahren eingeführt: hohes Pressing mit Schwerpunkt auf vielen situativen 1:1 Aktionen, also weg vom klassischen Verschieben mit Überzahl schaffen. Quasi ein organisiertes Chaos. In der Vergangenheit haben viele Teams gezeigt, dass nur die Extreme (ganz hohes Angriffspressing vs. sehr tief stehen) gegen Barca erfolgreich sind.
Macht weiter so mit euren guten Analysen. Lese ich immer gern
seils 3. Februar 2013 um 22:10
„Das Tor von Banega fiel auch deswegen, weil sich keiner der Mittelfeldspieler für den freien Raum zuständig fühlte. Die Sechzehnerdeckung wurde vernachlässigt, Xavi bspw. stand weiter vorne leblos im Raum.“
Ist mir auch als sehr befremdlich aufgefallen. Schon in der Szene unmittelbar vor Banegas Tor hatte Barcelona infolge der Flanke in den Strafraum keine Chance auf den zweiten Ball. Insbesondere angesichts der Konterschwäche der Katalanen sehr fragwürdig.
Überraschend schwach (verhältnismäßig natürlich) fand ich Barcelonas Pressing, respektive Gegenpressing. Mag sein, dass das an Valencias Pressingrestistenz lag.
Interessant auch das Barcelona nur zwei Schüsse (von gesamt zehn) abgab, die tatsächlich aufs Tor kamen. Ich habe an anderer Stelle ja schon mal vermutet, dass die Messi-Fixierung zu einer problematisch großen Ausrechenbarkeit der Offensive führt; auch in diesem Spiel hat er wieder fünf der zehn Torschüsse abgegeben.
Tank 4. Februar 2013 um 23:47
Ja, dieses Spiel war Wasser auf die Mühlen deiner Thesen. Wobei ich die Messi-Dependencia in diesem Spiel weniger daran, dass Messi mal wieder das Tor geschossen hat, festmachen würde, sondern daran, dass es fast immer Messi war, der das Spiel durch seine Bewegungen und Pässe in die Gefahrenzone brachte. Ohne ihn vermoderte der Ball längerfristig irgendwo an der Mittellinie.
Eh, was für ein merkwürdiges Spiel. Ist euch aufgefallen, dass Barca allen Ernstes eine Auswechslung zum Zeitschinden vorgenommen hat? Bei einem Unentschieden! Nun war die Mannschaft wirklich gegen Ende extrem platt. Was zwar zum einen der Verdienst Valencias war, aber zum anderen auch dem Clasico zuzuschreiben ist. Aber wenn man weiß, dass viele Spieler platt sind, dann stellt man die doch gar nicht auf! So schlecht ist die Barca-Bank doch nun auch nicht. Was hätte zum Beispiel gegen folgende Aufstellung gesprochen:
—————————————-Valdes——————————————
Montoya————-Bartra————————–Mascherano———-Alba—
————————————-Busquets——————————————
————————-Xavi/Iniesta—————Thiago—————————
Tello———————————-Messi————————————-Villa-
Alba hat die Power über 90 Minuten zu spielen, Messi tut’s eh und Xavi und Busquets hätte man gegen Iniesta und Fabregas tauschen können, so dass außer Alba und Messi niemand zweimal 90 Minuten hätte spielen müssen. Mit Xavi und Busquets hat man zudem die Pressingresistenz um Valencias Anfangsoffensive zu überstehen.
Natürlich ist die Aufstellung nominell nicht so gut, wie die tatsächlich aufgestellte, aber dafür wäre sie fit gewesen. Außerdem hätten Tello und Villa für die Unberechenbarkeit im Barcelona-Angriff gesorgt, die schmerzlich gefehlt hat.
Und selbst wenn man die Elf aufstellt, die man aufgestellt hat, warum dann so späte Wechsel? Villa für Fabregas und Thiago für Xavi waren ja richtig, aber viel zu spät! Villa muss zur Halbzeit kommen und Thiago 55.-65.. Aber wenn es so offensichtlich nicht läuft, dann kann man doch mit dem dritten Wechsel nicht bis in die Nachspielzeit warten…
seils, noch einen allgemeinen Punkt zur Messi-dependencia: Ich würde wirklich nicht zu sehr auf die Torstatistiken gucken, um die zu belegen. An diesem Punkt hast du vielleicht tatsächlich ein Erkenntnisdefizit, da du sie so selten gesehen hast. Denn diese und letzte Saison hatten durchaus auch andere Spieler (Iniesta, Villa!, Pedro!!, Fabregas!!!, Alexis!!!!) Torchancen en masse, und zwar keine schlechten. Sie haben sie bloß auf groteske Art und Weise vergeben. Und das liegt nicht dadran, dass diese Spieler keine Torjägerfähigkeiten haben. Pep bezeichnete Pedro mal als den zweitbesten Finisher im Team. Was er mit der Nationalmannschaft ja auch eindrücklich unter Beweis stellt. Kurzgesagt: Die Torverteilung innerhalb des Teams hätte gut und gerne anders sein können. Warum die anderen nicht treffen, ist wohl eher eine Frage für den Clubpsychologen als für den Taktikanalysten.
Zur Diskussion über Xavi: 09/10 war seine beste Saison. Klare Sache. Sonst hätte ich ihn in der Saison wohl kaum zum besten Spieler der Welt gewählt, oder?! 😉
seils 5. Februar 2013 um 12:02
„Messi-dependencia: Ich würde wirklich nicht zu sehr auf die Torstatistiken gucken, um die zu belegen“
Sicher richtig, trotzdem fällt – rein statistisch – doch auf, dass Barcelona in dieser Saison nur 13,6 Schüsse pro Spiel abgibt; ligaweit nur der achtbeste (!) Wert.
In den Spielzeiten davor gab man 16,5 in 2011/ 12, 15,8 in 2010/ 11 und 15,6 in 2009/ 10 Schüsse aufs Tor ab und war damit, jeweils hinter Real Madrid, Zweiter dieser Statistik. Es werden also schon signifikant weniger Torschüsse abgegeben. Entgegen des Mannschaftstrends schießt Messi aber häufiger aufs Tor als noch 10/ 11: In dieser Saison versucht er 5,3 Schüsse pro Spiel, 10/ 11 waren es nur 3,7. D.h. während die Mannschaft insgesamt 15% weniger Torschüsse abgibt, schießt Messi selbst etwa 30% häufiger aufs Tor- also eine erhebliche Einschränkung der Torschussbeteiligung der übrigen Mannschaft.
Da Barcelona nach dem 22. Spieltag dennoch 72 Tore erzielt, was in etwa dem Wert der Saison 2010/ 11 entspricht (damals 70 Tore), scheint sich die Omnipotenz im Sturm (noch) nicht nachteilig auszuwirken. Aber gerade gegen kollektiv herausragend verteidigende Mannschaften dürfte sich diese Ausrechenbarkeit noch rächen.
Das ist dadurch mit dem von mir Gesehenen in Einklang zu bringen, als ich den Eindruck habe, dass Barcelona nicht mehr organisch zum Ball hin kontrahiert; die Flügelspieler scheinen bloß noch zum Breite geben „missbraucht“ zu werden, um Messi im Zentrum Räume zu öffnen. Auch schienen mir die Spieler im Ballbesitz nicht mehr konsequent Dreiecke mit dem Ballführenden zu bilden, was dem „dass es fast immer Messi war, der das Spiel durch seine Bewegungen und Pässe in die Gefahrenzone brachte“ entsprechen dürfte.
Lukinger 3. Februar 2013 um 22:04
Ich fände jeweils noch eine kurze Analyse der Tore interessant.
Nicht nur in diesem Artikel (hier wird sogar halbwegs darauf eingegangen) sondern überhaupt (zb habe ich es gestern bei Mainz-Bayern vermisst).
Aber insgesamt tolle Arbeit. Weiter so 🙂
firedo 3. Februar 2013 um 21:46
tolle Analyse.
und mir ist schon bevor ich deinen Kommentar las, die veränderung im Stil positiv aufgefallen. auch wenn immer noch ein paar holperer drin sind.
RM 3. Februar 2013 um 21:31
Bevor es zu Kritik oder Fragen kommt: ich werde wohl heute Abend noch den Clásico aus der Copa ansehen sowie das Topspiel zwischen Bayer und dem BVB. Analysen kommen also hoffentlich morgen.
Außerdem hoffe ich, dass dieses Mal meine Analyse flüssiger zu lesen ist. Würde mich über ehrliches Feedback freuen.
Für alle Interessieren gibt es übrigens hier einen Podcast zum FC Barcelona unter Tito Vilanova.
Tank 3. Februar 2013 um 21:37
Das Spiel ist vor 40 Minuten zu Ende gegangen! Dein Arbeitstempo ist ja abartig… Ich les die Analyse später, musste meine Verwunderung aber gleich loswerden…. unnormal,ey.
RM 3. Februar 2013 um 21:38
Habe mich dieses Mal sogar überwunden und Korrektur gelesen…
Rasengrün 3. Februar 2013 um 22:46
Die Überwindung hat sich ausgezahlt, auch wenn ich eigentlich mit deinen Bandwurmsätzen und den dann fast unvermeidbaren Verhasplern weniger Probleme als viele andere User hatte, was natürlich auch daran liegen wird, dass ich von dieser stilistischen Unsitte alles andere als frei bin, obwohl ich mir entsprechende Beschwerden auch schon häufig genug zur Länge, Breite, Höhe und Tiefe anhören musste, ohne dass dies nennenswerten Niederschlag in meinem Satzbau gefunden hätte, der nach wie vor eine inhärente Tendenz zu überzogener Verschachtelung aufweist – da mag dieses Beispiel sogar noch als relativ harmloses Beispiel erscheinen, immerhin habe ich das Hilfsverb diesmal nicht durch ein halbes Dutzend Nebensätze vom Vollverb getrennt. 😉
Was das Spiel angeht: Ich fand Fabregas wirklich enttäuschend, hat mMn viel zu selten versucht seinerseits in die Spitze zu gehen oder mal spekulative Läufe einzustreuen.
Martin 4. Februar 2013 um 00:54
Die Analyse ist sehr gut zu lesen und auch das Korrekturlesen dürfe sich gelohnt haben. Wobei auch deine anderen Analysen sprachlich gut zu lesen sind. Einzig bei dem Satz:
“ Der Argentinier gilt unter Experten als schlampiges Genie.“
im Abschnitt über Pressing (-resistenz) würde ich den Ausdruck bemängeln. „Experte“ ist hier eine Formulierung ohne Wert, abgesehen von der allgemeinen Problematik der sog. Experten, ist der Fußballexperte wohl besonders schwammig und schließt fast jeden mit ein. Falls es Deine Meinung bzw. die Meinung der SV-Autoren ist warum nicht einfach so schreiben? Grade weil Du in den nächsten Sätzen gute Argumente und weitere Erklärungen lieferst. Ansonsten sind direkte Verweise mit Quellen (wie bei dem Link auf zm.net bzw. dem Zitat) deutlich wertvoller.
Allgemein finde ich die Qualität Euer Artikel sehr gut und würde mich freuen falls die etwas trockenere Sprache beibehalten wird, oberflächliche und sprachlich einfache Erzeugnisse über Fußball gibt es genug.