Lazio – Juventus 2:1

Ein wenig unterhaltsames Spiel endet mit einer turbulent-dramatischen Nachspielzeit.

Vor einer Woche hatte es im Hinspiel des italienischen Pokals ein 1:1-Unentschieden zwischen Tabellenführer und Meister Juventus Turin und den ohne Miro Klose antretenden Laziali aus Rom gegeben, welche nun beim Rückspiel im heimischen Olimpico wieder auf den deutschen Nationalspieler zurückgreifen konnten. War das Hinspiel noch eine sehr fluide und variable, aber auch chaotische und spielerisch mittelmäßige Partie gewesen, schien diesmal trotz höherer Intensität die Klasse und Tiefgründigkeit der Begegnung abgenommen zu haben.

Abgesehen von einer beiderseits durch Pressing geprägten Anfangsphase in den ersten gut zehn Minuten standen die Hausherren aus der Hauptstadt in diesem Rückspiel wesentlich tiefer und passiver, während auch Juventus bei der Defensivarbeit sich verstärkt zurückzog, aber nichtsdestotrotz weiterhin die Mehrheit der Ballbesitz-Phasen hatte.

Lazios Defensive und Juventus´ offensives Scheitern

lazio-juve-coppaDagegen hatte Lazio seinen Defensivansatz noch im Hinspiel bereits zu einem frühen Zeitpunkt abändern müssen, kehrte diesmal aber zumindest partiell zum Ursprungsgedanken zurück, da sie wieder verstärkt mannorientiert verteidigten, was auch aufgrund der nicht mehr so konsequenten Ansteuerung der entsprechenden Schwachstellen durch Juventus zu einer taktisch simpler gestreckten Begegnung führte.

Dennoch gab es ein paar weitere kleinere Aspekte bei der Abwehrarbeit der Hausherren, die für die nötige Modifikation der Mannorientierung an den Gegner sorgen sollten. Dabei war auffällig, dass Lazio besonderen Fokus auf die linke Offensivseite der Turiner legte, um dort deren zwischen Positionen bewegliches Trio aus Giaccherini, Padoin und Peluso räumlich einzuengen. Dies geschah, indem das Mittelfeld etwas nach links verschoben wurde, so dass Ledesma auch bei seitlichen Ausweichbewegungen von Giaccherini diesem unmittelbar folgen durfte und González als naher, situativer „freier Mann“ für Absicherung sorgen und auf mögliche Überladungen reagieren konnte. Auf der anderen Seite wurden die leichten Freiheiten für Arturo Vidal dann durch die Unterstützungsarbeit von Mauri, besonders aber durch das aus dem Verlauf des Hinspiels übernommene, gut getimte Herausrücken von Ciani kompensiert.

Insgesamt fehlte es der „Alten Dame“ dann ähnlich wie vor einer Woche an den nötigen Verbindungen nach der Neutralisation ihrer Interaktionsversuche auf halblinks sowie an der ausreichend gestaffelten Besetzung des Zehnerraums. Über die Außenseiten ging ebenso wenig, weil die Wing-Backs sich individuell ein weiteres Mal nicht durchsetzen konnten, was gegen die defensive Fünferkette Lazios (mit dem antizipationsstarken Radu) erst recht wenig Aussicht auf Erfolg hatte.

Auf der anderen Seite machte es der Gastgeber im Angriffsspiel kaum besser und war hinsichtlich der spielerischen Darbietung und den erzeugten Torgelegenheiten sogar unterlegen. In Kombination boten das Eingehen von eher geringem Risiko sowie die vielen langen Bällen auf den meistens allein gelassenen Klose oder gelegentlich einlaufende Spieler fast überhaupt keine Durchschlagskraft. Dabei darf man aber eines nicht vergessen:

Der Wert des Hinspiels

Der Unterschied zwischen der schwachen Offensivleistung auf der einen und der vielleicht noch schwächeren Offensivleistung auf der anderen Seite liegt letztlich darin, dass Lazio die Durchschlagskraft und Gefahr, die sie nicht erzeugten, auch nicht unbedingt erzeugen musste. Schließlich bestand ihr großer Vorteil doch in der Ausgangsposition des Hinspiel-1:1, dank dessen ein torloses Remis zum Weiterkommen gereicht hätte – ein sehr interessanter Aspekt dieser weitgehend ereignislosen Partie.

Ähnlich wie es einige Male bei der Europameisterschaft – zum Beispiel beim Sieg der deutschen Mannschaft in der Gruppenphase gegen die Niederländer – zu sehen war, hielt auch Lazio im Spielaufbau und nach Ballgewinnen immer wieder das Leder in dem zu großen Raum, den Juventus zwischen den beiden hochstehenden, lauernden Stürmern sowie der weit zurückfallenden Mannschaft ließ. Auch durch den sehr frei umher driftenden und immer lokal als sichere Anspielstation dienenden Mauri gelang es Lazio somit, über einige Phasen trotz spielerischer Probleme eine gewisse Ballsicherheit zu erzeugen, das Spiel zu entschleunigen und Juve dadurch Zeit zu rauben sowie den Wind aus den Segeln zu nehmen. Mit der Ausgangsposition im Rücken konnte sich Lazios dieses verteidigende Angriffsspiel erlauben und nahm den Freiraum dafür dankend an.

Veränderungen und turbulente Schlussphase

Dieser Freiraum spielte auch eine mitentscheidende Rolle beim Führungstor für Lazio kurz nach Wiederbeginn der Partie (51.), als Ledesma im Bereich des mittleren Zehnerraums zu viel Zeit für ein individuell starkes Chip-Zuspiel auf Alvaro González erhielt. In dieser Szene war Lazio einmal mit viel Präsenz aufgerückt und erzielte dann über diesen Weg des Drucks und der Power in vorderster Front den Treffer.

Anschließend änderte sich aber wenig an den Gegebenheiten auf dem Feld, auch nicht durch die Auswechslungen der beiden Trainer, die vor allem offensiveres bzw. defensiveres (und im Falle der Turiner mit Pirlo auch individuell stärkeres) Personal brachten. Erst in den allerletzten Minuten stellte Antonio Conte bei Juventus auf ein offensives 4-3-3 um, indem er den linken Wing-Back opferte, Peluso auf die Außenverteidiger-Position nach vorne zog und einen weiteren Stürmer brachte.

Zu Beginn der sechs Minuten Nachspielzeit fiel dann der Ausgleichstreffer, der sich nicht wirklich angekündigt hatte, weil Juventus zu planlos und chaotisch, meistens mit recht vorhersehbaren Flankenangriffen angerannt war. Obwohl Lazio aufgrund einer Reihe von spielerischen Limitationen im zweiten Durchgang fast nur noch die Bälle vom eigenen Tor fernhielt und fast überhaupt keine Entlastung mehr zustande brachte, schafften die Turiner es nur sehr selten, gefährliche Torszenen zu kreieren. Doch auch sie erzielten einen Treffer über die Quantität der Attacken, wobei ihnen natürlich zugutekam, dass sie Lazios mannorientierte Herangehensweise etwas aufbrechen und diese nach hinten drücken konnten, was die Erfolgsquote der Außen-Durchbruchs-Strategie etwas erhöhte.

Es wäre nach dem Ausgleich also in die Verlängerung gegangen – hätte Lazio nicht unmittelbar im Gegenzug doch noch zu einem ordentlichen Spielzug angesetzt, der eine Ecke bescherte, welche wiederum nach einer unglücklichen Verlängerung vom eingewechselten Floccari verwandelt wurde. Nun ging jede Disziplin verloren, weshalb Juventus mit einem schönen Überladungs-Angriff die doppelte Riesenchance zum erneuten Ausgleich hatte – doch die Hoffnungen auf das Weiterkommen schoss Marchisio aus Nahdistanz am Pfosten vorbei.

Fazit

Keine wirklich gute oder ansehnliche Partie, die weniger vielschichtig war als das Hinspiel und dem Zuschauer außer sehr intensiven Zweikämpfen und direkten Duellen sowie einer überaus dramatischen Nachspielzeit wenig bot. Natürlich kann man argumentieren, dass Lazios Finaleinzug glücklich ist, allerdings zeigten sie sich weitgehend stabil, nutzten Juves Kompaktheitsprobleme im Defensivspiel mit Ballhalten konsequent aus und hatten die Moral, um in der Nachspielzeit noch einmal zurückzuschlagen.

amani 31. Januar 2013 um 16:31

Ereignisloses Spiel? Für mich war dies eine interessante Partie mit hochdramatischer „extra time“. 6 Minuten Zuschlag hab ich bisher noch auf keiner Tafel gesehen.
Wie auch immer Juve hat das Spiel klar beherrscht und es ist logisch warum Llorente verpflichtet wurde. Wer ein Spiel so dominiert ( dabei kamen Pirlo + Marchisio erst zur 70. rein ) und nicht gewinnt hat keine Topscorer im Team.
Lazio hat eine ganz ausgezeichnete Defensive. Im Mittelfeld reicht es selbst gegen die zweite Riege von Juve nicht. Ohne Klose würden wir viele 0:0 Spiele von Lazio sehen.

Antworten

JayM 31. Januar 2013 um 14:54

Ich war überrascht dass Lazio trotz des Fehlens von Pirlo im zentralen Mittelfeld so wenig entgegensetzen konnte. Dafür wurde das Duell auf den Außenbahnen eindeutig gewonnen.

Es ist zwar nichts neues, dass Serie-A-Mannschaften im Coppa meistens die zweite Garnitur bzw. einige Nicht-Stammkräfte einsetzen, aber es hat mich doch überrascht das Conte in diesem Spiel nicht stärker aufgestellt hat. Immerhin brauchte man Tore und dass Isla & Padoin es eher schwer gegen Radu & Konko haben werden war abzusehen.

Am meisten hat mich jedoch überrascht, dass Giovinco von Beginn an randurfte. Klar, er ist schnell und wendig und ohnehin jedem anderen Fußballspieler inklusive Messi & Bojan körperlich unterlegen, aber dass er kaum einen Stich gegen die Monster Ciani & Dias machen wird, wusste vorher auch jeder (außer Conte). Zumal Ciani im Gegensatz zu Dias auch alles andere als langsam ist.

Antworten

juventino 30. Januar 2013 um 20:24

Starke Analyse!

Bin persönlich sehr entäuscht vom Spiel…erschreckend wie ein Isla und ein Padoin auf den Aussen immer wieder hängen blieben! Beide haben in meinen Augen bei weitem nicht die Qualität für Juve. Jedoch bin ich viel mehr entäuscht von Conte. Wie er nach dem Hinspiel, wo es nun darum geht Tore zu machen und zu dominieren einen Pirlo, Marchisio, Pogba, Lichtsteiner oder Caceres auf der Bank lassen kann ist schlicht unbegreiflich.

Das Problem liegt in meinen Augen jedoch immernoch im Sturm. Es war zum Haare ausreissen, wenn man sah wie viele Chancen Giovinco liegen liess. Die vergebene 100%ige von Marchisio am Schluss ist natürlich auch viel Pech, trotzdem muss die natürlich sitzen. Die Schiedsrichterleistung will ich mal nicht thematisieren.

Ich glaube das Problem der Anbindung von vorne und hinten liegt in meinen Augen vor allem am Fehlen von Marchisio und Pirlo. Marrone schien der Mut zu fehlen und vielleicht auch die Spielintelligenz um sich zu bewegen wie ein Pirlo (was natürlich auch keiner erwartet). Giaccherini im Gegenzug hat zu viel Zug zum Flügel was ein loch auf Halbrechts entstehen lässt. Marrone muss sich anpassen und Vidal hat nicht die Freiheiten die er mit Marchisio und eben auch Pirlo hat.

Naja, den Ligatitel müssen wir holen…hoffentlich zeigen wir bald wieder unser wahres Gesicht! Vor allem in der CL..

Antworten

juventino 30. Januar 2013 um 20:25

Ich meine natürlich ein Loch auf Halblinks, sorry!

Antworten

JayM 31. Januar 2013 um 14:58

Naja mit der Schiedsrichterleistung mussten beide Teams leben. Wenn Marchetti gegen Vucinic ein Elfer war, dann war das erste Foul an Klose auch ein Elfer. Es gab aber in beiden Fällen keinen Strafstoß (meiner Meinung nach in beiden Fällen korrekt) und somit war die Schiedsrichterleistung zumindest konsequent.

Antworten

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*