Kurz ausgeführt: Napoli – Milan 2:2
Milans Aufholjagd bestrafte Napolis mangelnde Chancenverwertung der ersten Spielhälfte.
Napolis starke Anfangsphase
Um eine 2:0-Führung herzuschenken, muss man sich bekanntlich erst eine erspielen. Die Neapolitaner taten dies für ihre Verhältnisse etwas unüblich. Anstatt sich nach dem frühen Treffer tief zu formieren und auf ihre Konterstärke zu vertrauen, praktizierten sie zwar ein tiefes MIttelfeldpressing, aber ließen den Ball nicht immer schnell in die Spitze laufen. Sie haben nämlich ihre Spielweise etwas verändert und ließen den Ball bei Möglichkeit auch in den eigenen Reihen zirkulieren.
Dadurch konnten sie nicht nur kollektiv aufrücken, sondern auch Milan in der eigenen Hälfte einschnüren. Diese mussten dann erst einmal den Ball erobern, wobei sie sich in dieser Disziplin schwer taten und oftmals auf die gegnerischen Sechser nur wenig Zugriff erhielten. So kam es, dass Napoli beim Stand von 2:0 annährend auf 50% kam und Milan bis dahin kaum zwingend werden konnte. Sogar nach der Führung gab es noch eine weitere Großchance, welche allerdings vergeben wurde.
Aus taktischer Sicht waren dabei vier Faktoren relevant: die Bewegungen von Marek Hamsik und Lorenzo Insigne als hängende Stürmer, die breitegebenden Flügelverteidiger, die drei Anspielstationen im ersten Drittel und die tiefen, aber sehr beweglichen Sechser. Insigne und Hamsik beackerten die Schnittstellen und unterstützten Edinson Cavani an vorderster Front. Dabei postierten sie sich bewusst zwischen den zwei Linien und versuchten auch die Mittelfeldspieler Milans tief zu stellen.
Die tiefen Sechser hatten dabei viel Raum, konnten einfach angespielt und auch die Seite durch Kurzpassstafetten bei Bedarf gewechselt werden. Die Flügelverteidiger schoben dabei bis ans Ende des zweiten Spielfelddrittels auf. Mit bestimmten Spielzügen, wie bspw. einem Pass in die Mitte, einem darauffolgenden auf Außen und danach einem Linienpass oder diagonalen Pass in die Mitte, konnten sie immer wieder ins letzten Spielfelddrittel kommen.
Milan konnte kaum dagegen vorgehen und erst nach dem 2:1 kamen sie zurück ins Spiel.
Die Verbesserungen Milans in der zweiten Spielhälfte
Schon in den ersten Minuten nach dem Seitenwechsel zeigten sich die Mailänder verbessert. Sie attackierten früher und aggressiver, doch die wichtigsten Veränderungen betrafen wohl das Umschaltspiel nach vorne. Dabei ließ sich Bojan stärker fallen und half als Anspielstation in der offensiven Transition. Er konnte dort Bälle prallen lassen und dadurch wurde das Aufrücken von Riccardo Montolivo und Antonio Nocerino effektiver.
Gleichzeitig konnte sich El Shaarawy stärker in die Mitte orientieren und mit seinen schnellen Läufen für Gefahr sorgen. Außerdem spielte Kevin-Prince Boateng etwas defensiver und unterstützte die Abwehr verstärkt. Damit wurde der Druck erhöht und dem nun sehr offensiven rechten Außenverteidiger Mattia de Sciglio wurde mit gutem Rückwärtspressing geholfen, wodurch er sich weiter nach vorne traute.
Trotz der höheren Kompaktheit und besserem Umschaltspiel nach vorne steckte Napoli nicht auf, es entwickelte sich sogar ein schnelleres Spiel in beide Seiten, auch wenn Napoli sich im Gesamtkontext gesehen tiefer formieren musste. Beide Teams versuchten jetzt schnell ihre Angriffe abzuschließen, wobei Milan mehr Aktionen hatte und Napoli lange Zeit die etwas besseren Möglichkeiten.
Milans fluides Dreistürmersystem und die bewegliche Neun
Ein großer Aspekt in dieser Partie war natürlich Milans Fluidität bei den drei Stürmern. Durch drei unterschiedliche Spielertypen mit vielen offensiven Freiheiten entstand eine hohe Bewegung, denn Boateng rückte immer wieder ein oder ließ sich fallen. Gleichzeitig tauschte El Shaarawy die Seiten und versuchte von rechts oder links für Gefahr oder für Breite zu sorgen. Er war es auch, der primär bespielt werden sollte.
Der Wert von El Shaarawy in dieser Milan-Mannschaft ist nicht zu unterschätzen. Zwar ist er im Kombinationsspiel oder in puncto Kreativität nicht auf der Stufe von Spielern seiner Altersstufe wie Mario Götze oder Isco, allerdings besitzt er einige herausragende Eigenschaften. Einerseits bewegte er sich gut in offene Räume und kommt dadurch zu guten Abschlusspositionen. Andererseits kann er diese Positionen auch gut verwerten, besitzt einen hervorragenden Schuss und erzielte 50% aller Tore Milans in dieser Saison.
Seine Dribbelstärke, Schusstechnik und Schnelligkeit sind die wichtigsten Aspekte seines Spiels und könnten dafür sorgen, dass er als inverser Winger einer der torgefährlichsten Spieler auf dieser Position wird. Darum versucht Massimo Allegri auch mit dem kombinationsstarken und in die Mitte ziehenden Boateng sowie der falschen Neun Bojan Krkic das Spiel auf El Shaarawy auszurichten.
Bojans Rolle ist dabei ebenfalls eine flexible. Er variiert zwischen einer hohen spielmachenden Neun, einer umschaltenden und einer ausweichenden Neun. Dadurch geht ihm die Präsenz an vorderster Front verloren, allerdings bringt er einen taktischen Mehrwert in die Mannschaft. Gegen Napoli half er nämlich nicht nur im offensiven Umschaltspiel, sondern band sich auch ein paar Mal schön in den Spielaufbau mit ein.
Fazit
Es war weder taktisch noch spielerisch ein überzeugendes Spiel, denn beide Mannschaften hatten so ihre Probleme. Napoli scheiterte ein paar Mal mit zu breiten oder unpräzisen Angriffen, war aber über einige Spielphasen die bessere Mannschaft. Bei Milan war es dann eine erhöhte Kompaktheit durch einen defensiv besser mitarbeitenden Boateng sowie ein verbessertes Umschalten, was sie zurück ins Spiel brachte. Überzeugend war aber generell das viele Rückwärtspressing der offensiven Spieler in beiden Mannschaften, welche einige Angriffe unterbanden.
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