FC Barcelona – Real Madrid 2:2
Es war – einmal mehr – Zeit für einen Clasico in Spanien. Beim Aufeinandertreffen der zwei besten Mannschaften der Welt war wieder Spektakel, Drama, Kampf und natürlich die eine oder andere hervorragende taktische Idee zu erwarten.
Aufstellung, Anordnung und Synergien beim FC Barcelona
Die Katalanen wichen aufgrund der Verletzungssorgen und der Anpassung an den Gegner von ihrem 4-3-3-System leicht ab. Hinten wurde die Kette flexibel gespielt, Dani Alves sollte nämlich eine Manndeckung auf Cristiano Ronaldo übernehmen. Davon versprach sich Tito Villanova das Versperren von Passwegen auf den Portugiesen sowie eine Isolation von ihm aus dem Offensivverbund.
Dies erklärte auch die Hereinnahme von Adriano als linkem Innenverteidiger. Da Dani Alves in seinen offensiven Ausflügen durch seine Rolle eingeschränkt war, entstand im Aufbauspiel eine gewisse Asymmetrie. Diese wurde durch die Aufstellung von Cesc Fabregas als nominellen linken Flügelstürmer verstärkt. Aus der Not wollte Villanova eine Tugend machen, indem er Jordi Alba sehr hoch positionierte und mit einer verkappten Dreierkette im Angriffsspiel agieren ließ. Im Spielaufbau gab Alves zwar die nötige Breite, aber nicht die Höhe im letzten Spielfelddrittel, weswegen auch Pedro vor ihm auflief.
Mit Pedro auf rechts und Alba auf links gab man im letzten Drittel Fabregas die Freiheit, sich in die Mitte zu orientieren sowie Iniesta, seine Hybridrolle als zentralem und linkem Mittelfeldspieler zu spielen. Dadurch orientierte sich Xavi minimal tiefer als üblich und gelegentlich wirkte es mit Sergio Busquets wie eine Doppelsechs, wobei sich letzterer offensiv wie defensiv freie Räume zum Besetzen suchte und eine hervorragende Partie zeigte. Auch Messi zeigte sich in der ersten Halbzeit tiefer als üblich.
Aufstellung, Anordnung und Synergien bei Real Madrid
Die Gäste aus Madrid starteten in einem 4–2-3-1-System als Variante eines 4-3-3 von der Rollenverteilung her. In dieser Anordnung begann Cristiano Ronaldo auf links mit Karim Benzema als Mittelstürmer und Angel di Maria auf der rechten Außenbahn. Zentral positionierte sich Mesut Özil in seiner Rolle als Spielgestalter vor einer Doppelsechs. Er sollte bei den Umschaltangriffen als Strippenzieher und Verbindungspieler agieren, während sich Xabi Alonso als halblinker Sechser tiefer positionierte, womit er etwaige Konter Barcelonas in den Rückraum von Ronaldo absichern konnte.
Dank Alvaro Arbeloas tieferer Positionierung konnte Sami Khedira offensiver als sein Partner agieren, er schob immer wieder mit nach vorne und unterstützte seine Vorderleute als Anspielstation sowie bei den Gegenpressingintervallen. In der Defensive sollten beide Sechser gleichermaßen präsent sein und den spielentscheidenden Raum zwischen den Linien komprimieren.
Auf links in der Abwehr begann Marcelo, welcher seine Rolle gewohnt offensiv interpretierte.
Real attackiert Barcelonas Anfangsphase
Es ist hinlänglich bekannt, dass die Katalanen in vielen Partien einige Minuten brauchen, bis sie ihre 100%ige Leistung abrufen können. Sie brauchen etwas, bis sie ihre Passmuster an den Gegner angepasst und die endgültigen Anweisungen des Trainers in puncto Bespielbarkeit von Räumen erhalten haben. Exakt diese Phase wollte Real nicht nur für sich nutzen, sondern auch verlängern. José Mourinho versuchte dies mit mehreren taktischen Kniffen; zuerst war es Cristiano Ronaldo, der seine Position immer wieder wechselte. Die Manndeckung auf ihn wurde dadurch ineffektiv und sorgte für einige Löcher im katalanischen Defensivverbund. Erst als die Manndeckung nach der Auswechslung Alves‘ gelockert wurde, hielt Ronaldo seine Position auf der linken Außenbahn. Dazu kamen die passenden Bewegungen von Marcelo, welcher sich stark diagonal bewegte und gezielt in den Rückraum des mitschiebenden Alves gehen wollte, ebenso wie es auch Karim Benzema versuchte.
Ein weiterer Aspekt war das flexible Pressing der Madrilenen. Die Höhe und Aggressivität wurde immer wieder angepasst, ebenso die Formation. Es variierte zwischen einem 4-4-2, welches zu Beginn am öftesten genutzt wurde, einem 4-2-3-1 mit loser Orientierung Özils an Busquets sowie einem 4-5-1, in welchem sich der deutsche Nationalspieler als halblinker Achte positionierte.
Diese flache Fünf kam im weiteren Spielverlauf öfter zum Vorschein, isolierte die Räume nach hinten gut, doch zwängte Real selbst nach hinten ein. Sie versuchten mit antizipativen Ausflügen und vielen Vertikalbewegungen der drei zentralen Akteure den Ball zu erobern, allerdings gelang dies relativ selten.
Trotz dieser Anpassungen fanden die Katalanen die richtige Antwort und ihre Passmuster, wenn auch mit etwas Verspätung. Nach dem Ausgleichstreffer spielten die Gastgeber bestimmter, traten dominanter und mit weniger Fehlpässen auf. Insbesondere Sergio Busquets spielte intelligent, er ließ sich wegen des Pressings von Real gelegentlich tiefer fallen oder öffnete mit Läufen auf die Seiten Räume für Xavi und Co., außerdem sicherte er defensiv enorm stark ab.
Real defensiv flexibel
Die Gäste kümmerten sich besonders darum, dass sie hinten mit einem freien Mann agierten. Ähnlich wie Barcelona hatten sie eine verkappte Dreierkette in gewissen Situationen, ebenfalls durch einen hohen Linksverteidiger. Marcelo spielte weit vorne, während sich Arbeloa zurückhielt und es wurde eine flexible Manndeckung auf Messi gewählt.
Ob Arbeloa, Pepe oder Ramos – einer der Akteure dieser Dreierkette sorgte bei Umschaltspiel für eine enge Stellung an Messi, ansonsten wurde die falsche Neun des FC Barcelona an das Mittelfeld oder gar an Mesut Özil übergeben.
Mit dieser Spielweise hatte Real hinten immer einen freien Mann, welcher sich bei Möglichkeit zurückzog und die Vertikalläufe des Gegners beobachtete. Dieser, zumeist war es natürlich Pepé, war dann der organisierende Abwehrchef. Somit war die richtige Kommunikation der Schlüssel für die sehr wenigen Chancen von Barcelona in der ersten Halbzeit (nur zwei Torversuche).
Wegen der lange Zeit hohen Positionierung gegen Barcelona sah man unter anderem bei Marcelo gegen Pedro eine ungewöhnliche Körperhaltung: der Brasilianer positionierte sich bereits mit dem Körper zu Pedro und konnte dann mit diesem sofort nach hinten starten, wenn ein Pass gespielt wurde.
Aktive und passive Breite im Offensivspiel
In dieser Partie erkannte man auch die unterschiedlichen Ausrichtungen im Angriffsspiel der beiden Teams. Bei Barcelona wurden wie auch bei Real Akteure breit positioniert, doch die Katalanen bespielten primär das Zentrum. Die breitegebenden Spieler sollten die Ballzirkulation vereinfachen und Räume in der Mitte öffnen. Bei Real Madrid ist dies umgekehrt.
Hier sollen die zentralen Spieler den Ball behaupten und das gegnerische Pressing auf sich ziehen. Wenn der Gegner den Raum im Zuge der Raumverknappung verengt und beim Pressing seitlich einrückt, sollen gezielt lange Bälle auf die Flügel kommen, welche sich dann in Konter oder vorsätzlich geschaffene konterähnliche Situationen begeben. Diese Situationen werden geschaffen, indem der Ball im Aufbauspiel etwas zirkuliert wird, bis der Gegner angreift, woraufhin dann sofort ein langer Diagonalball kommt.
Dadurch wollten die Madrilenen die Defensive Barcelonas vor komplexe Aufgaben stellen, dann attackieren und die dynamische Bewegung ihrer Offensivspieler nutzen. Hinzu kommt natürlich auch die Stärke im eins-gegen-eins von Spielern wie Ronaldo und di Maria.
Das ist der große Unterschied zum Gegner: Barcelona sucht die qualitativen Chancen, die Kontrolle im Zentrum und utilisiert die Außenspieler für diesen Zweck. Bei Real wird die Quantität von Chancen gesucht, da ein Herausspielen von Torversuchen mit hoher Qualität wegen des starken Pressings des Gegners schwierig ist. Darum nutzen sie das Pressing des Gegners und fächern nicht im Aufbauspiel breit auf, sondern im Angriffs- beziehungsweise dem Umschaltspiel.
Gleichzeitig suchen sie die schnellen Konter für eins-gegen-eins-Situationen wie beim zweiten Treffer, welche letztlich für die ein oder andere 100%ige Möglichkeit sorgen. Statistisch gesehen könnte man sagen: Barcelona sucht nach möglichst vielen qualitativen Chancen, während Real hier eine größere Streuung aufweist. Gegen Spielende hatten sie trotz des großen Unterschieds im Ballbesitz die gleiche Anzahl an Torversuchen und Großchancen.
Interessanter Aspekt am Rande
Arbeloa spielte nur gelegentlich mannorientiert (gegen Messi, gegen Alba). Wenn sein nächster Gegner Fabregas oder Iniesta war, dann positionierte er sich eng und hoch an die zwei Ketten. Die Idee dahinter: Iniesta und Fabregas kollektiv und individuell Zeit am Ball zu nehmen. Dies war möglich dank deren geringerer Dynamik. Bei Alba und Messi oder Pedro auf rechts ist dies nicht möglich, diese starten dann zu dynamisch ins Loch. Hier gab es dann stärkeren Mann- statt Positionsfokus. Dazu sei gesagt, dass dies in solchen Situationen oft gegensätzlich wirkt; durch den Fokus auf die Position und Kompaktheit kommt man einfacher an den Gegner heran und attackiert ihn besser, durch eine Manndeckung gegen ein intelligentes Team wie Barcelona werden oft gar keine Pässe mehr auf den gedeckten Akteur gespielt. Eine noch offensivere Rolle von Alba und eine bessere Partie von Fabregas mit stärkerem Fokus auf Kombinationen am Flügel hätte womöglich diese Spielweise von Arbeloa bestraft, gab es aber kaum zu beobachten.
Fazit
Ein spannender Clasico mit zwei Treffern der beiden Stars ihrer jeweiligen Mannschaft, aber ohne taktischen Neuwert. Einige interessante Ideen waren auf beiden Seiten erkennbar, beispielsweise die situativen Dreierketten. Außerdem waren die Unterschiede in der Spielauffassung klar ersichtlich und dürften letztlich im Rückspiel kaum verändert werden.
Aller Ehren wert waren die vielen kleinen Anpassungen der beiden Trainer, welche ihre anfänglichen Risiken und Spielereien korrigierten/veränderten. Sei es die Manndeckung auf Ronaldo oder die daraus resultierende formative Drehbewegung des Dreiecks Benzema, Marcelo und Ronaldo – beide Ideen wurden mit einem richtigen Gedanken aufgegriffen und später verändert. Bei Barcelona war es die Veränderung der Intensität dieser Deckung, bei Mourinho war es die schnelle und richtige Reaktion darauf.
17 Kommentare Alle anzeigen
Tank 14. Oktober 2012 um 22:39
Danke für die Analyse, die sich auch mal traut zu sagen, dass man einen Clasico ohne taktische Revolutionen gesehen hat.
Einige Punkte:
Klar war Busquets gut, aber das kann er noch besser. Ich habe 3-4 Ballverluste/Fehlpässe im Spielaufbau gesehen. Nun hat Real ihn teilweise stark bedrängt und keiner der Ballverluste fand in einer Situation statt, in der es keine weitere Absicherung mehr gab, aber Sergio Busquets hat an einem richtig guten Tag genau 0 Ballverluste (kalkulierte Risikopässe in die Spitze rausgerechnet).
Die Positionierung von Arbeloa eng an den Innenverteidigern ist mir auch aufgefallen. Als Erklärung dafür setze ich aber weniger auf einen Mangel an Dynamik bei Iniesta und Fabregas, als auf die gute Defensivarbeit di Marias. Eine Diskussion, ob di Maria oder Pedro der bessere Allround-Flügelspieler/-arbeiter ist, wäre mal interessant.
Es ist zwar schon eine irgendwie interessante und spannende Idee, dass Barca wenig wert auf Körpergröße und Ähnliches ihrer Spieler legt, so lange sie gut Fußball spielen können, aber die Viererkette Alves-Adriano-Mascherano-Alba gegen Madrid spielen zu lassen, ist schon grenzwertig mutig. Interessanterweise hat das Konsequenzen auch auf ganz andere Elemente des Barca-Spiels. So ist es zwar normalerweise eine gute Idee, den Gegner so zu pressen, dass er einen unkontrollierten langen Ball hinten raus hauen muss, aber wenn kein Barca-Spieler in der Lage ist Ronaldo, Benzema oder Higuain im Kopfballduell gefährlich zu werden, werden diese langen Bälle auf einmal ganz vielversprechend. Man haut den Ball einfach irgendwo auf den linken Flügel, wohlwissend dass Ronaldo ihn ablegen kann und man gute Chancen hat mit diesem eigentlich antiquierten Mittel einen gefährlichen Angriff einzuleiten. So verliert Barcelonas Pressing an Sinn.
Angesichts des Anspruches dieser Mannschaft braucht es deshalb dringend einen IV von internationalem Format über 1,85 m, der neben Pique spielt oder zumindest Mascherano als Pique-Partner ersetzen kann. Wäre eine viel sinnvollere Investition als für Neymar die Bank zu plündern. Hummels oder Chiellini wären ja meine Favoriten…
Abschließend will ich sagen, dass ich beim ersten Mal schauen (live) die ersten 25-30 Minuten ein bärenstarkes Real und ein langsames, überfordertes Barcelona gesehen habe. Relativierte sich dann beim zweiten Gucken aber. Was blieb war der Eindruck, dass Barca erst gegen Ende der Partie den Mut (oder sachlicher erklärt: die Übersicht) aufgebracht haben ihr Spiel wirklich durchzuziehen. Davor wurde zu oft der lange Ball gesucht, wenn der kurze zwar schwierig, aber doch möglich gewesen wäre. Vielleicht hing das damit zu tun, dass man wusste, dass die eigene Verteidigung mit durch eventuelle Ballverluste verursachten Kontern nicht umgehen kann. Ein defensiver Lichtblick war Martin Montoya. Falls man im Trainerstab des FC Barcelona zum Schluss kommen sollte, dass Dani Alves zum Schluss kommt, dann steht der Nachfolger schon parat.
Gast 8. Oktober 2012 um 19:10
Bin ich eigentlich der Einzige, der Reals Spielweise … nun ja … „banal“ findet? Es wirkt so, als gäbe es 2 völlig verschiedene und voneinander getrennte Mannschaftsteile. Zum einen hinten drin 6 klassische Verteidiger, die sehr physisch agieren. 6, weil Alonso und Khedira mehr wie zusätzliche Innenverteidiger wirken und zu 90 % nur mit Löcherstopfen, Decken, Tacklen, taktischem Foulen beschäftigt sind, als spielerisch irgendetwas beizutragen (bei Alonso wundert es auch immer wieder, wie er schafft, sich in den Clasicos nie eine 2. Gelbe abzuholen). Das einzig spielerische Element, das von dem „Hinterteil“ der Mannschaft kommt, sind lange Diagonalbälle auf die Flügel von Alonso oder Ramos. Ein echtes Mittelfeld fehlt. Und dann hat man vorne 4 Individualisten. Und auch das wirkt sehr simpel aufgebaut. Benzema driftet immer wieder nach links, Ronaldo entkommt in die Mitte und Özil hat die ganze Kreativ-Bürde, Ronaldo dort mit Lochpässen zu finden. Irgendwie fehlt mir da doch das „Spielerische“ (von Özil abgesehen). Das „Flair“. Das Ganze wirkt einfach zu mechanisch. Kein Kombinationsfußball. Keine Pass-Stafetten. Es ist zwar erfolgreich, aber doch sehr seelenlos. Insbesondere verglichen mit den „Galacticos 1.0“ mit Zidane, Figo, Ronaldo, Raul und Carlos. Die waren zwar alle faul und haben nicht 90 Minuten Pressing betrieben oder nach hinten gearbeitet, aber sie waren einfach von Natur aus talentiert.
GH 8. Oktober 2012 um 22:47
kann ich überhaupt nicht zustimmen!
Allein schon Marcelo rückt soweit auf, dass er meist offensiv ein Außenstürmer ist. Zudem schaltet sich Khedira oftmals mit Doppelpässe nach vorne mit ein. Er rückt immer auf um eine weitere Anspielstation zu geben. Auch ein Arbeloa rückt teilweise auf. Die Außenverteidiger bei Real bilden meist mit den Flügelspieler ein Paar, um so ins Passspiel zu kommen.
Außerdem ist die Spielweise von Real gegen Barcelona meist auf Konter und starkes und frühes Gegenpressing ausgerichtet, da sie die langsamen katalanischen Verteidiger mit den schnellen Stürmern überlaufen und so zu Chancen kommen wollen.
Und defensiv bildet Real oftmals ein 5er-Kette im Mittelfeld.
Also von keinem Mittelfeld und von einer banalen Spielweise zu sprechen, finde ich komplett falsch.
Da würde ich eher noch sagen, dass Barcelona einen „einfachen“ Fußball spielt: Passen, Laufen, Passen. Wobei dies natürlich auch nur ganz engstirnig ausgedrückt ist.
Tank 14. Oktober 2012 um 22:46
Ich glaube selbst der härteste Barcelona-Fan kann den aktuellen madrilenischen Spielern nicht das Talent absprechen. Wenn du schreibst, dass Real kein Mittelfeld hat, dann stimme ich dir zwar so oder so nicht zu, kann was den Spielaufbau angeht, aber noch verstehen was du meinst. Was die Defensivarbeit angeht, jedoch gar nicht. Real zieht sich inzwischen (11/12 und fortlaufend) auch gegen stärkere Gegner ja meist nicht mehr, oder zumindest nicht mehr lange als ein Block (minus 1-2 Stürmer) zurück, um dann nur zu kontern, so dass man davon sprechen könnte, dass es echt nur Abwehr und Angriff gibt. Es findet echtes Mittelfeld- und manchmal auch Angriffspressing statt. Gegen schwächere Gegner gibt es zudem auch im Angriff längere Ballstafetten, da der Gegner sich tief zurückzieht. Schließlich funktionieren doch auch die Konter Reals keinesfalls nur über den langen Ball. Oft sind diese doch eher eine Aneinanderreihung von 4-5 15 Meter Flachpässsen.
juventino 8. Oktober 2012 um 19:04
Starke Analyse! Ein tolles Spiel, aber wie schon viele gesagt haben, nicht wirklich überraschend und sehr abhängig von der Tagesform einzelner Spieler.
Eine Idee meinerseits: Würde es für Real nicht vielleicht Sinn machen in einem 4-3-2-1 zu spielen? Das Spielermaterial hätten sie nämlich. Aussehen würde das dann ungefähr so:
Casillas
Arbeloa Pepe Ramos Marcelo
Essien Alonso Coentrao
di Maria Ronaldo
Benzema
Dies würde mehrere positive Aspekte haben. Einerseits natürlich wäre das eine deffensiv extrem kompakte Formation. Das Übergeben von Messi und z.B. eine situative Manndeckung bei Iniesta würden erleichtert werden. Ronaldo, di Maria und Benzema könnten so offensive Freirollen einnehmen. Da sie alle sehr polyvalent sind, könnten sie extrem viel rochieren. Di Maria wäre am ehesten eine Art verkappter 10er während dem Ronaldo seien gewohnte Rolle als stark inverser Flügelstürmer einnehmen könnte. Benzema würde sich natürlich auch immr wieder fallenlassen und könnte so beim kombinieren helfen.
Die Positionierung von Coentrao und Essien würde ein Hinterlaufen ermöglichen. Dazu könnten so auch Arbeloa und Marceola öfter mit nach vorne und hätten eine gute Absicherung (Essien wie auch Coentrao sind ja beide stark als Aussenverteidiger).
Ein anderer Vorteil ist die offensive Anpassungsfähigkeit. Durch einen Özil, Modric, Kaka, Higuain und Callejon auf der Ban könnte man extrem gut auf den jeweiligen Gegner reagieren. Ein Problem der oben genannten Aufstellung wäre natürlich das Loch im Zentrum, durch das Fehlen eines Zehners.
Eine Alternative wäre z.B. Kaka anstatt di Maria oder Benzema spielen zu lassen. Würde er für Benzema spielen hätte man eigentlich wieder ein 4-3-1-2 wie bei Milan. Dies würde Kaka natürlich sehr entgegen kommen. Würde man ihn für di Maria spielen lassen wäre es wieder eher ein 4-3-2-1. Kaka und di Maria könnten dann auch vorallem Busquets unter Druck setzen.
Die verschiedenen Varianten könnte man natürlich noch mehr ausführen.
In meinen Augen wäre das eine sehr effiziente und flexible Aufstellung (vorallem da es die Möglichkeit bietet schnell auf ein 4-2-3-1 odr 4-3-3(-0) umzustellen.
Glaubt ihr nicht diese Aufstellung könnte Erfolg haben?
Tank 14. Oktober 2012 um 22:54
Kann man sicherlich mit Erfolg haben. Glaube aber nicht dran, dass Mourinho das macht. Zumindest nicht, wenn er sich in einer Position der Stärke sieht. Eine Aufstellung mit 3 defensiven Mittelfeldspielern klingt schon arg nach „hinten dicht – vorne Ronaldo“ und ich glaube, dass die für Real Madrid erfolgreicheren letzten Clasicos gezeigt haben, dass genau das der falsche Weg ist. Nur hinten drin zu stehen und zu versuchen reaktiv zu sein bringt es nicht. Der Weg zum gegnerischen Tor ist, selbst mit Individualisten wie Ronaldo im Team, doch arg weit. Besser ist es selber Druck auszuüben, um Barca nicht ins Spiel kommen zu lassen. Das funktioniert durch Pressing, was mit deiner Formation natürlich sehr gut möglich ist, aber eben auch durch eigenes Offensivspiel. Dieses sollte aber mehr als den langen Ball nach vorne umfassen, da Barca dann nach ein paar Sekunden wieder den Ball hat und Druck aufbaut. Ein kreativer Spieler mehr gibt einem mehr Ruhe am Ball, längere Ballbesitzzeiten und weniger Druck. Und dafür lohnt sich meiner Ansicht nach der Verzicht auf einen dritten Sechser.
Ramy 8. Oktober 2012 um 16:47
Insgesamt eine gelungene Analyse 🙂 wie eigentlich immer…
Interessant fande ich den Part mit dem Titel: Interessanter Aspekt am Rande. Mir ist auch aufgefallen,dass Arbeloa manschmal sehr hoch verteildigte und Cesc und vor allem Iniesta sehr eng verteildigt und ihn bis yur Mittelinie folgte. Da dachte ich mir als Realfan schon ab und zu: ‚oh,wenn da jetzt in die Luecke ein Ball kommt‘. Aber die Angst war unberechtigt,hast es ja gut erklàrt ;). Komisch,dass es Tito aber nicht merkte. Ich mein da hàtte vlt der Jordi starten kònnen,wobei einmal ist es auch passiert,aber da war es Abseits. Wenn ich genauer darueber nachdenke,hat er vlt deswegen Sanchez eingewechselt(wenn der Wechsel nicht schon vorher geplant war),denn dieser ist ein dynamischerer Spieler als Cesc und wenn ich mich recht erinnere ist er auch 2xmal in die Luecke gestartet(ohne Erfolg:Abseits)
Und die Erklàrung dafuer,dass Mou so ein Risiko mit Arbeloa begann ist die engere Deckung fuer Iniesta. Wenn man sich nàmlich die letzten Clasico anschaute war es Mou wichtig, Iniesta sehr eng yu verteildigen!Meist von Khedira,der war aber gestern im Spiel ab und zu mit dem Intervallpressing zustàndig und Arbeloa sollte einfach aushelfen!
Was mir auch in den letzten 3 Clasicos aufgefallen ist, also seit Tito Trainer ist,dass dieser (mehr als Guardiola) die Taktik auf das Spiel von Real anpasst. Wie z.B. dass Isolieren von Ronaldo durch Mannverteildigung. Und das ein Alves aufeinaml nicht mehr im letyten drittel Offensiv aufzufinden ist.( hat er auch gg Benfica nicht gemacht gehabt) Desweitert finde ich spielt Barca nicht mehr dieses brutale Dreieck-Pressing. Bei làngeren Ballbesitz von Real zogen sie sich teilweise zurueck(in den ersten 25min war der Ballbesitz Anteil noch bei 55:45 oder auch bei dem 2:1 Rueckstand hatte Real in den nàchsten 10m àhnlichen Ballbesitz) da wurden die Bàlle auf den Fluegel nicht mehr so effektiv.
Was mich als Realfan enttàuscht hat,waren die letzten 10min. Real war da zu passiv! Sie zogen sich zurueck und spielten auch kein hohes Pressing mehr. Am Ende wurde noch Essien fuer Di Maria eingewechselt,und somit konnte man auch keine làngeren Bàlle mehr auf die Fluegel flanken weil auch Ronaldo am Ende nicht konnte(verletzung) Da frag ich mich,ob die kapituliert haben und auf Unentschieden gespielt haben.
Was ist eure Meinung/ RM deine Meinung,denkst ihr,dass am Ende Real auf Unentschieden gespielt haben,was eigentlich unrealistisch ist(Tabelle) oder dass sie an dem Tag einfach nicht besser waren und Real/Mou einfach kein Mittel fanden um am Ende Barca nocheinmal in Bedràngnis zu stellen,und deswegen er Essien noch bringte um immerhin ein Punkt zu holen???
Kaspar 8. Oktober 2012 um 14:11
Also beim analysieren der Formation von Real ist meiner Meinung nach etwas schief gegangen… viel klareres 4-2-3-1 geht eigentlich nicht. Siehe auch zonal marking…
MR 8. Oktober 2012 um 14:36
Was ist denn in der Grafik zu sehen? 4-3-3 hat RM wohl als Beschreibung wegen der Aufgabenteilung zwischen Flügel und Zehner gewählt. Man kann sich sicher streiten, nach welchen Kriterien man die Zahlen verteilt (ich hät’s auch 4-2-3-1 genannt), aber inhaltlich gibt’s da keinen Unterschied.
RM 8. Oktober 2012 um 14:45
Wie in der Grafik erkennbar war es von der Verteilung der Spieler auf dem Platz, also in der Anordnung, ein 4-2-3-1. Von der Rollenverteilung her ist es aber ein 4-3-3, da Angel di Maria und besonders Cristiano Ronaldo doch eher Stürmer sind, als es Mesut Özil ist. Das 4-2-3-1 kann, wie viele andere Formationen, unterschiedlich ausgelegt werden; bspw. als eine Variante des 4-4-2, des 4-3-3, des 4-5-1 oder des 4-2-4.
Ideales Beispiel ist das 4-2-3-1-System der Münchner: vor 1-2 Jahren wirkte es noch eher wie ein 4-2-4 (van Gaal bezeichnete es als 4-4-1-1), jetzt geht es mit Kroos als zentraloffensivem Akteur klarer zu einem 4-3-3 (mit Ansätzen eines 4-5-1 in der Defensive und eines 4-4-2 im Pressing) über.
Exakt deswegen wähle ich im Text auch die Beschreibung der Rollen anstatt der Anordnung, denn diese ist weniger aussagekräftig sowie in der Grafik ohnehin klar ersichtlich.
Rafael 8. Oktober 2012 um 13:07
Sehr gute Analyse, wie immer…
Zur allgemeinen gestiegenen Anfälligkeit von Barcelona in der Defensive denke ich, dass das nicht nur auf die Verletzungen zurückzuführen ist, sondern, dass eine kleine Änderung im gesamten Spielverhalten von Barcelona seit dem Trainerwechsel der Grund dafür ist.
Barcelona spielte gerade gegen Ende der Trainerzeit von Pep manchmal wahnsinnig „langweilig“ und auf unglaublich viel Ballbesitz bedacht, was meiner Meinung ein zutiefst defensives Verhalten darstellt(e). Der Gegner kam so nichteinmal zu der Möglichkeit einer Chance, allerdings auch Barcelona zu sehr wenigen, da der Ball meist bis kurz vor dem Strafraum hin- und hergeschoben wurde – und es auch quasi zu keinen Weitschüssen kam, die natürlich fast immer Ballbesitz für den Gegner bedeuten. (Auch bei der span. Nationalmannschaft war das zu beobachten.) Das führte bei guten Gegnern mit defensiver Ausrichtung zu unglaublichen Ballbesitzquoten aber nicht zu Siegen – Thema: Chelsea. Ein weiterer Vorteil dieses Systems ist, dass das körperlich sehr anstrengende Pressing von Barca nicht sehr oft zur Anwendung kommen musste – wenn doch, waren alle Spieler relativ frischer als der Gegner und der Ball war meist nach wenigen Ballberührungen des Gegners wieder in Reihen der Katalanen.
Seit Tito im Amt ist, ist zu beobachten, dass viel mehr auch aus der Distanz geschossen wird – und dieser Clasico ist dafür das perfekte Beispiel. Laut whoscored.com hatten beide Mannschaften gleich viele Schüsse aufs Tor (10), wobei unglaubliche 80% der Schüsse von Barca von außerhalb des Strafraumes waren. (der Vollständigkeit halber: Real 30% außerhalb)
Der Vorteil liegt darin, dass Barca auch gegen defensiv starke Gegner (mehr) Chancen hat, andererseits nimmt Tito aber in Kauf, dass der Gegener öfter an den Ball und zu Kontern kommt. In Kombination mit (Konter-)starken Gegnern oder individuell starken Stürmern und den verletzten Stamm-Innenverteidigern (und möglicherweise auch der relativen Langsamkeit der Barca-Innenverteidiger prinzipiell und der fehlenden Kopfballstärke der ganzen Mannschaft) führt das zu der schwachen Performance der Barca-Hintermannschaft. Dass das gegen schwächere Gegner (als Real) nicht zu Auswirkungen führt, ist an der Statistik zu erkennen: 19 Tore in 7 Spielen (niemand hat mehr in La Liga) gegenüber 7 Gegentoren (nur Malaga und Mallorca bekamen weniger).
Vor allem in der Champions League wird spannend, ob Barca hier eine gute Abstimmung finden wird.
Meiner Meinung nach ist es fast fahrlässig, in dem Bewusstsein, dass Titos Spielweise zu mehr Chancen für den Gegner führen wird, keinen starken Innenverteidiger zu zu verpflichten – nochdazu, wo sowieso früher oder später ein Nachfolger für Puyol gefunden werden muss. Man kann natürlich über die Ablösesumme streiten, aber rein spielerisch hätte Martinez Barca viel mehr weiterhelfen können, als er den Bayern bringen wird – und in Anbetracht der Verletzungen wäre er mittlerweile definitv schon Stammspieler in der IV von Barca.
puh, das wurde jetzt länger als geplant 😉
Tank 14. Oktober 2012 um 23:02
Ich denke es ist falsch, wenn man das Spiel gegen sehr defensive (gemeint sind: tiefstehende) Mannschaften wie Chelsea als Grundlage für eine Suche nach Fehlern, Verbesserungsmöglichkeiten etc. des FC Barcelona nimmt. Auch gegen Chelsea wurden ausreichend viele qualitativ hochwertige Chancen durch das Prinzip der „endlosen“ Ballzirkulation herausgespielt. Man hat sie damals nur einfach nicht gemacht. Das Problem des geparkten Busses hat Barca irgendwann zu Beginn letzter Saison „gelöst“, also man weiß wie man dagegen Chancen herausspielt. (Einfach ist es natürlich nie.)
Das aktuelle „Problem“ des FC Barcelona ist ein anderes: Wahnsinnig pressende Teams, die es in Kauf nehmen nach 70 Minuten platt zu sein, dafür einem aber bis dahin das Leben sehr schwer machen. An einem solchen Gegner müssen sich die Taktiken Barcas aktuell messen lassen.
EvS 8. Oktober 2012 um 08:55
danke für die schöne analyse…du hast ja in letzter zeit einen output das ist ja schon fast beängstigend
aber täuscht mich das oder ist bei den classicos ein wenig die luft raus?
GH 8. Oktober 2012 um 14:19
Dass die Luft raus sein soll, ist, glaub ich, ein falscher Ausdruck. Ich würde eher sagen, dass man mittlerweile übersättigt ist von den ganzen Clasicos. Vor allem da sich die Spiel in letzter Zeit immer ähnlicher waren.
Anfangsphase immer hoher Druck von Real auf das noch nicht eingespielte Barcelona. Dann fängt sich Barcelona und dominiert das Spiel größtenteils.
Auch die Taktiken der Trainer ändern sich fast nicht, weil sie immer noch gleiches Spielermaterial mit gleichem Spielstil zur Verfügung haben.
Das einzige was sich ändert sind nur noch Nuancen. Und diese entscheiden dann meistens das Spiel. Weil mittlerweile ist Real mit Barcelona auf einem Niveau. Jedes Spiel könnte jeder für sich entscheiden. Am Ende läufts wahrscheinlich auch auf die Tages form hinaus.
PEDRO 8. Oktober 2012 um 01:29
Gute Analyse. Das wesentliche habt ihr zusammengeschrieben, aber ihr habt ein paar interessante Punkte weggelassen. Wie z.B. dass Mou in der zweiten hälfte wohl auf ein unentschieden gespielt hat..
RM 8. Oktober 2012 um 11:19
Nun ja, solche Aussagen sind immer subjektiv und werden dann kritisch beäugt. Ich stelle eher das am wenigsten subjektive fest, sprich: keine Schiedsrichterentscheidungen, etc., sondern möglichst klare Dinge. Darum erwähne ich auch, dass es mit fortschreitender Spieldauer öfter die flache Fünf im Pressing gab – aber daraus „spielte auf Unentschieden bei xy Punkten Rückstand in der Liga“ abzuleiten, traute ich mich nicht, auch wenn’s subjektiv durchaus so gewirkt hat.
GH 8. Oktober 2012 um 00:51
Sehr gute Analyse! Danke dafür erstmal.
Das Umstellen im Pressingverhalten von Real zwischen den Systemen ist allerdings in den letzten Clasicos auch schon aufgefallen. Generell gleichen sich die Clasicos immer mehr. Am Anfang eine intensive Pressingphase von Madrid bis Barcelona einspielt, und dann nur noch Konter- und Umschaltspiel von Madrid, währen sich Barcelona auf ihr gewöhntes Tiki-Taka verlässt.