Villarreal 2010-2012: Höhenflug und tiefer Fall
Nach starken 2000er-Jahren in der spanischen La Liga ist das Gelbe U-Boot aus Villarreal in der harten Fußball-Realität angekommen – nachdem man in der vergangenen Spielzeit als Champions-League-Teilnehmer abgestiegen ist, läuft nun der Neuanfang in Liga zwei.
Vielleicht war der Verein aus Valencia keine so große Nummer wie der große Lokalrivale, wie Sevilla oder wie Atletico Madrid. Dennoch gelang es dem lange Zeit unscheinbaren Villarreal, sich in den 2000er-Jahren in der spanischen Spitze zu etablieren und auch international für einige Schlagzeilen zu sorgen – am stärksten spielte man sich wohl 2005/06 ins Rampenlicht, als die von ihrem genialen Zehner Juan Riquelme geführte Mannschaft fast das Finale der Champions League erreicht hätte.
Auch in den folgenden Jahren gehörte Villarreal weiterhin zur nationalen Spitze und erreichte 2008 mit dem zweiten Platz hinter Real Madrid gar die beste Ligaplatzierung aller Zeiten. Besonders auf sich aufmerksamen machte der Klub dann wieder in der Saison 2010/11, als man unter dem jungen Trainer Juan Carlos Garrido, der in die Fußstapfen des ehemaligen Erfolgstrainers Manuel Pellegrini treten konnte, in der Meisterschaft sowie in der Europa League mit guten Leistungen aufhorchen ließ. Ermöglicht wurden diese Erfolge besonders durch ein interessantes und fast schon außergewöhnliches taktisches Konzept, das aufgrund der attraktiven Spielweise neben den Erfolgen auch viele Sympathien brachte.
Garridos Mannschaft wechselte je nach Situation und Gegner sehr flexibel zwischen einer dominanten und eine auf Tiefstehen und sehr auf schnelle Gegenangriffe konzentrierten Spielweise, zeichnete sich dabei aber immer durch proaktives Spiel aus. Dies geschah in einem 4-2-2-2-System – genauer gesagt einer Kreuzung aus der weitläufig bekannten europäischen und der mit zwei Sechsern und zwei Zehnern in einer Art Mittelfeld-Quadrat gespielten südamerikanischen Variante.
Villarreal 2010/2011 – die Grundzüge des Systems
Die beiden defensiven Mittelfeldspieler sorgten in der Tiefe für den Spielaufbau, konzentrierten sich im weiteren Verlauf der Angriffe aber stark auf die Absicherung und blieben zusammen mit den beiden Innenverteidigern tief im Raum, was einen starken Abwehrblock ermöglichte. So spielten immer wieder sowohl gelernte Innen- als auch Außenverteidiger im defensiven Mittelfeld, da besonders Letztere bei der Absicherung sich auf die Außen fallen ließen, um die eigentlichen Außenverteidigern bei deren sehr offensiven Vorstößen abzusichern.
Nötig war die offensive Ausrichtung der Außenverteidiger, weil die offensiven Mittelfeldspieler – meistens Santi Cazorla auf der linken und entweder Cani oder Borja Valero auf der rechten Seite – immer wieder von der Außenposition nach innen zogen, wo sie sich als eine Art Doppel-Zehn formierten. Währenddessen gingen die beiden sehr beweglichen Stürmer Nilmar und Giuseppe Rossi genau den umgekehrten Weg und bewegten sich aus dem Zentrum auf die Außenbahnen.
Dadurch wurde die defensive Ordnung des Gegners auf eine Probe gestellt, traf er doch auf ein sehr fließendes Angriffsspiel Villarreals: Durch die einlaufenden Offensivspieler wurde für enorme Kreativität im Zehnerraum gesorgt, wo Santi und der jeweilige Kollege den Gegner durch ihre nahen Verbindung und ihre hohe spielerische Klasse überladen konnten. Die nach außen rochierenden Stürmer schufen in der Mitte Räume und gleichzeitig auf der Außenbahn eine Anspielstation, banden damit zudem die gegnerischen Außenverteidiger, so dass die eigenen Außenverteidiger von ihren jeweiligen Gegenspielern verfolgt werden mussten.
Spiele mit Beteiligung Villarreals garantierten in diesen Zeiten spielerisch starke Aktionen, hohen taktischen Genuss und meistens auch viele Treffer. In der Hinrunde lieferte man sich mit Barcelona ein taktisch enorm hochwertiges Spiel und hatte Real Madrid am Rande einer Heimniederlage. Auch in der Rückrunde konnten die Katalanen nur mit großer Mühe ein wackeliges 1:0 aus dem El Madrigal entführen.
Gelbes U-Boot mit Schließmechanismus
Insgesamt spielte Villarreal ein 4-2-2-2, dessen vier Linien sich allesamt durch eigenständige fluide Verschiebungen bewegten, wobei sich die angrenzenden Linien aufeinander abstimmten, und dessen zehn Feldspieler desweiteren in fünf Pärchen arbeiteten, von denen das Pärchen in der Innenverteidigung von der Fluidität ausgenommen war.
Das tiefste Pärchen, die beiden Außenverteidiger, sorgten für vertikale Fluidität und wurden von dem Pärchen vor ihnen, den beiden Sechsern, durch eine horizontale Verschiebung nach außen abgesichert. Eine Linie weiter vorne bewegte sich das dritte Pärchen entsprechend dazu horizontal von außen in die Mitte, während das vierte Pärchen die erneut gegenläufige Bewegung vom Zentrum auf die Flanken machte. Dabei waren die fluiden Horizontalbewegungen der Mannschaft wie ein Schließmechanismus, der auf der Außenbahn von den vertikalen Bewegungen der Außenverteidiger umschlossen wurde. Dadurch entstanden stetige, aber fluide und damit gut in der Vorwärtsbewegung zu durchspielende Verbindungen zwischen Zentrum und Seite in den Halbräumen, die für das attraktive Angriffsspiel der Mannschaft die Plattform bereiteten.
Doch ein Schließmechanismus ist nicht immer festgelegt – und so war es auch bei dieser Villarreal-Mannschaft nicht. Die drei vorderen schematischen Linien (die Sechser, die Zehner, die Stürmer) konnten jeweils jede beliebige Stellung einnehmen (zentral oder außen), solange sichergestellt war, dass nicht alle drei Pärchen im gleichen „Kanal“ postiert waren, sondern eines immer die Balance hielt. Meistens fiel diese Rolle den beiden Sechsern zu, die ihre horizontale Bewegung an jene Fluidität vor ihnen anpassen mussten.
Weil somit die Zehner und die Stürmer auch in der gleichen Spielfeldbreite agieren konnten, war neben den erwähnten „Z-Kombinationen“ zwischen Zentrum und Flügel auch das Überladen eines dieser Bereiche möglich – in diesem Fall bewegten sich die vier kreativen Offensivspieler allesamt in eine Spielfeldzone und überluden den Gegner auf Basis der lokalen Überzahlbildung mit ihrer spielerischen Qualität, was zudem ein effekives Gegenpressing ermöglichte. So wie bei der ersten Variante die gegnerischen Innenverteidiger isoliert wurden, waren es bei diesem Überladen die ballfern postierten Gegner.
Die Wichtigkeit der „interiores“ und der Wert der Taktik
Die zentralen Spieler für ein solches System sind sicherlich die beiden Zehner, im Spanischen „interiores“ genannt, deren Bewegungen besonders spielbestimmend sind. Sie dirigieren den Schließmechanismus und ziehen die Zuordnung des Gegners auseinander, lassen sich Raum öffnen und sorgen selbst für eben diesen – ebenso wie ihre Kollegen, doch die „interiores“ sorgen darüber hinaus für die Kreativität und stehen im Zentrum des Mechanismus.
Allerdings kann nicht jeder Kreativspieler eine solche Rolle passend ausfüllen – der ideale „interior“ ist nicht nur bloß Kreativspieler, seine Bewegungen sind ebenso von innen nach außen wie von außen nach innen geschickt, er ist stark im Zentrum und stark auf dem Flügel. Wenn man einen solchen Spieler nicht mehr hat – und Villarreal hatte ihn nach dem Verkauf des überragenden Santi an Malaga im Sommer 2011 nicht mehr – dann funktioniert das System nicht mehr und muss dementsprechend umgestellt werden.
Juan Garrido bewies erneut seinen taktischen Verstand, indem er schnell die Notwendigkeit einer Systemumstellung erkannte, doch im neuen System kam die Mannschaft nie so richtig an – wenn die psychologische Basis als Grundvoraussetzung für Erfolg nicht gegeben ist, kann die Taktik dadurch einen Teil ihres Wertes verlieren oder negativ beeinträchtigt werden. Scheinbar fehlten der letzte Zug und die nötige Frische bereits zu Saisonbeginn, scheinbar nagte noch am ganzen Verein, wie die bis dahin so begeisternde Vorsaison geendet hatte – mit einer bitteren Niederlage im Hinspiel des Europa-League-Halbfinals.
Knackpunkt: Europa-League-Halbfinal-Duell mit Porto – erster Akt
Gegen das leicht favorisierte und enorm starke Porto unter André Villas-Boas lief die erste Hälfte in dieser Auswärtspartie dabei noch sehr gut – zur Halbzeit führte man sogar mit 0:1 nach einem taktisch hochintensiven Match. Angelehnt an die Taktik von Villarreals Lokalrivale Valencia, die das Gelbe U-Boot gut zwei Wochen vorher im Ligaderby mit 5:0 versenkt hatten, modifizierte Villas-Boas sein übliches 4-3-3, das sich im Laufe des Spiels immer wieder zu einem 3-4-3 veränderte.
Mit der hohen 4-3-Stellung im offensiven Teil der Formation – wie sie zu jener Zeit auch der FC Barcelona so stark ausführte – rückte Porto enorm weit auf und presste Villarreal von Beginn an aggressiv in tiefen Zonen. Zwei gute Angriffe samt Halbchancen nach etwas mehr als einer halben Minute waren die Folge. Durch das immer wieder zwischen Dreier- und Viererkette wechselnde System gelang es den Portugiesen, dass die rochierenden vier Offensivspieler Villarreals immer wieder zwischen den sich angepasst verschiebenden eigenen Defensivspielern übergeben werden konnten.
Schon nach wenigen Minuten reagierte Garrido und stellte als Gegenmittel auf ein „normaleres“ 4-2-3-1 mit Nilmar auf der rechten Seite um, was für eine breitere Fächerung und mehr Optionen im Mittelfeld sorgen, gleichzeitig eine bessere Abdeckung der bis dahin offensiv zu frei gelassenen Außenverteidiger Portos garantieren sollte – aufgrund dieses Problems hatte man unter anderem auch so hoch gegen Valencia verloren. Dieses 4-2-3-1 wurde desweiteren stark asymmetrisch interpretiert und fokussierte sich vermehrt auf die eigene rechte Seite.
Besonders Borja Valero rochierte aus dem Zentrum immer wieder in diesen Bereich, um die Räume für Gegenstöße auszunutzen, die der sehr offensive Alvaro Pereira bei seinem unbändigen Vorwärtsdrang hinterließ. Weil auch Nilmar seinen direkten Gegenspieler, der aus diesen Freiheiten aber ungewohnt wenig produzierte, nicht immer konsequent verfolgte, hatte Villarreal bei Kontern teilweise zwei Leute auf der freien rechten Seite.
Neben diesem Pärchen auf rechts gab es auch ein Pärchen in der Zentrale, in welche Cani von links immer wieder rochierte und damit die Rechtslastigkeit des eigenen Spiels unterstützte. Durch seine enge Stellung wurde zum einen Portos Rechtsverteidiger Sapunaru isoliert und zum anderen eine Überzahl im Zentrum hergestellt, was weitere Schnellangriffe durch die Mitte begünstigte. Insbesondere Portos Sechser Fernando, der eigentlich immer wieder die beiden Stürmer mit hatte absichern sollen, nun aber aufgrund der 4-2-3-1-Anordnung wirkungslos zwischen zentralem und halblinken Sechserraum hing, hatte kaum Kontakt zu den anderen Mittelfeldspielern, was es Santi und Cani einfach machte.
Konter über die rechte Seite oder Schnellangriff durch das Zentrum sowie die enorme Schnelligkeit von Solospitze Rossi – dagegen grenzte die enorm offensive Ausrichtung Portos mit sehr hoher Viererkette an taktischen Selbstmord, weil man eben die schnellen Angriffe Villarreals in ihrer Entstehung nicht mit genügend Druck im Mittefeld bremsen konnte. Dass die Gäste aus Spanien unmittelbar vor der Pause durch einen Konter über rechts in Führung gingen, als alle offensiven Spieler weit auf rechts standen, Nilmar die Räume hinter Alvaro Pereira attackierte, die hohe Abwehr entblößte und für Cani flankte, war also durchaus verdient und das Ergebnis einer taktischen Überlegenheit.
Knackpunkt: Europa-League-Halbfinal-Duell mit Porto – zweiter Akt
Doch dann kam der tiefe Fall im zweiten Durchgang, in welchem Porto aus dem Rückstand ein sattes und vorentscheidendes 5:1 machen sollte – weil Villas-Boas sinnvoll umstellte und Garrido sich einmal vercoachte, als er beim Versuch einer Antwort alles nur noch schlimmer machte.
Viele kleine Faktoren, die zusammen für große Wirkung, waren dafür ausschlaggebend, dass Porto gleich fünf Mal treffen konnte. Ein schneller Ausgleichstreffer, eine hohe Effektivität nach Standardsituationen, ein zustande kommender spielerischer Rausch im zweiten Teil der zweiten Halbzeit und die Tatsache, dass mit Hulk und Falcao die beiden stärksten Offensivspieler eine individuelle Gala zeigten.
Abgesehen davon gab es aber auch noch wichtige taktische Aspekte, die ebenfalls in das Faktorengemisch einwirkten. Auf der linken Seite agierte Alvaro Pereira zurückgezogener, um Konterräume zu minimieren, wohingegen Sapunaru auf der anderen Außenbahn nun mehr nach vorne tun sollte, was den sehr zentral spielenden Cani mehr auf die Seite zwang. Desweiteren rückte Fernando etwas weiter nach vorne und ermöglichte dadurch ein kompakteres und flexibleres Mittelfeld.
In der Defensive konnte man sich variabel an die Bewegungen der gegnerischen Offensive anpassen, während in der Offensive die Verbindungen zwischen den drei Mittelfeldspielern besser zur Geltung kamen, so dass durch ihre verstärkte Nähe auch ein fluides Überladen möglich wurde. Direkte Auswirkungen hatte dies zudem auf Freddy Guarín, der weniger horizontal arbeiten musste, sondern nun stärker seine vertikale Rolle verkörpern konnte und mit brutalen Vorstößen in von Hulk geöffnete Lücken stieß, was sogar direkt einen Treffer brachte.
Bei diesem Tor war auch erkennbar, dass Villarreal zu wenig Druck auf die Spieleröffnung Portos ausüben konnte. Auf das stärker werdende Mittelfeld der Portugiesen hatte die Mannschaft Garridos mit höherem Aufrücken reagiert, um die Räume in der Zentrale besser verengen zu können, doch die auch in der defensiven Phase angewandte 4-2-3-1-Formation war zu breit gestaffelt und verschob zu langsam. Insgesamt konnten durch das Fehlen eines zweiten zentralen Stürmers weder die Innenverteidiger konsequent angelaufen noch die Halbräume vernünftig geschlossen oder die Außenverteidiger unter Druck gesetzt werden – Sapunaru spielte nicht nur den entscheidenden Pass vor dem Guarín-Treffer.
Nach dem dritten Tor durch Falcao reagierte Garrido mit der Einwechslung von Mubarak für Borja Valero. Eigentlich sollte der neue Mann auf seiner Seite als Hybrid aus linken und zentralem Mittelfeldspieler für mehr Stabilität sorgen und auch das Angriffsspiel aus den Halbräumen ankurbeln, doch ließ er in seiner Zwischenposition viel zu große Löcher in seinem Rücken und tat sich im Angriffsspiel nur mit wenig effektiven langen Pässen hervor – der Schuss ging nach hinten los.
Am Ende des Tages hatte Porto aus ihrem 0:1-Pausenrückstand in nur einer Dreiviertelstunde ein sattes 5:1 machen können, das schon mehr als Vorentscheidung darstellte – im Nachhinein war es sogar ein heftiger psychologischer Nackenschlag, von dem sich Villarreal nicht so schnell erholen sollte.
Abstieg in die zweite Liga 2012/2013
Der Start in die neue Saison stand unter keinen günstigen Vorzeichen und schien die Mannschaft psychologisch so zu blockieren, dass sie unbewusst nicht „aufnahmefähig“ genug war, um mit Elan den psychologischen Knacks zu überwinden und in das nach Santis Abgang nötig gewordene neue System hinein zu starten.
Der unglücklich verlaufende Saisonstart stürzte die Mannschaft noch tiefer in den Mentalsumpf: Gegen ein überragendes Barcelona gab es am ersten Spieltag nichts zu holen, anschließend musste man gegen Sevilla bereits nach 20 Minuten in Unterzahl spielen und verlor trotz Führung kurz vor Schluss zwei Punkte und schließlich wurde das dritte Saisonspiel gegen Granada trotz Überlegenheit mit 0:1 verloren, weil kurz vor Schluss auch noch ein verschossener Elfmeter hinzukam.
Als Alternative zum 4-2-2-2, das mit de Guzman anstelle von Santi Cazorla in etwas anderer Ausführung gespielt wurde, aber dennoch noch als vielversprechendster Ansatz sich präsentierte, wurden ein 4-2-3-1 mit Borja Valero in der offensiven Dreierreihe oder ein 4-3-1-2 gespielt. Problematisch hierbei war allerdings, dass oftmals keine Verbindungen zwischen den beiden Mittelfeldbändern bestand, was für eine Isolation der Offensive und mangelhafte offensive Kompaktheit sorgte.
Auch in der Defensive war die fehlende Kompaktheit ein zentrales Problem für die Mannschaft Garridos, das sich allerdings formations- und systemunabhängig durch die gesamte Saison zog. Schon der erste von sechs mehr oder weniger erfolglosen Auftritten in der CL-Gruppenphase beim 0:2 gegen die Bayern war mehr oder weniger sinnbildlich – trotz dreier Sechser im 4-3-1-2 gelang es ihnen nicht, die Räume in der Mittelfeldzentrale dicht zu halten. Im Rückspiel wurde das Mittelfeld dadurch geschwächt, dass Bruno und damit nicht zum ersten Mal ein Sechser viel zu tief fast als fünfter Verteidiger spielte.
In vielen anderen Spielen scheiterte die Mannschaft entweder an ihrer fehlerhaften Raumaufteilung im Allgemeinen, was sich an fehlender vertikaler Kompaktheit oder Unordnung durch zu stark mannorientierte und daher zu unflexible Zuordnungen im Mittelfeld zeigte, sowie daran, dass sie nicht die richtige Balance zwischen Raum- und Gegnerdruck fand.
Hinzu kam gerade ab dem zweiten Quartal der Spielzeit eine enorme unglückliche Häufung an Verletzungen und auch Sperren von Schlüsselspielern, die der ohnehin eher dünne Kader nicht auffangen konnte. Schnell geriet das Gelbe U-Boot daher in einen Abwärtsstrudel, aus dem es sich nicht mehr befreien konnte. In der Rückrunde konnte man zwischendurch immer wieder das Gefühl haben, dass Villarreal das Ruder noch herumreißen könnte, doch es kam letztlich zu keiner Zeit zu einem durchschlagenden Erlebnis und zu keinem Wendepunkt, so dass auch die psychologische Abwärtsspirale nicht unterbrochen wurde.
„Neuanfang“ im Unterhaus
Nach knisternden Fußballabenden zur besten Sendezeit im El Madrigal oder anderen europäischen Stadien ist Villarreal etwas mehr als ein halbes Jahr später im harten Liga-Alltag angekommen. Mit Zapata, Nilmar, Borja Valero oder Marco Rubén verließen einige wichtige Spieler die Mannschaft, doch einige Leistungsträger der letzten Jahre sind immer noch vorhanden. Zusammen mit einigen namhaften Zugängen wie Uche, Cavenaghi oder Levantes Altstar Javi Venta wurde von den Verantwortlichen eine für Zweitligaverhältnisse immer noch sehr schlagkräftige Truppe auf die Beine gestellt.
Voriges Wochenende begann bereits am Freitag der Auftakt der Liga Adelante – und zu Beginn trafen die Submarinos aus Villarreal vor heimischer Kulisse direkt auf einen großen Namen, auf Real Madrid. Auch wenn es nur die zweite Mannschaft war, die bei Villarreal gastierte, so brachten die Königlichen doch immerhin ein wenig von jenem Glanz, gegen den die Mannschaft von Neu-Trainer Julio Vélazquez es in den letzten Jahren so gerne gewohnt war zu spielen.
Jener Vélazquez hat nach zwei Leerjahren in der zweiten und dritten Mannschaft des Klubs nun das Profiteam übernehmen dürfen und scheint sich dabei im Grundsatz an jener Philosophie zu orientieren, die Villarreal fast ein Jahrzehnt lang ausgezeichnet hat und die er in seiner „Lehrzeit“ bereits miterleben durfte.
So reihte sich die Mannschaft gegen die Castilla der Madrilenen in einem recht Villarreal-typischen 4-2-2-2 auf. Die beiden nominellen Mittelfeldaußen Cani und Trigueros schoben sich gerne in die Mitte, die beiden Spitzen bewegten sich viel horizontal, suchten aber mehr die Schnittstellen gegen die aufrückende Defensive des Gegners für Lochpässe. Auf den Seiten spielten die Außenverteidiger gewohnt hoch und breit, so dass nicht nur die beiden defensiven Mittelfeldspieler – wobei Senna etwas statischer, der junge Toríbio dagegen deutlich beweglicher war – abkippen konnten, sondern auch die Innenverteidiger wechselweise weit in die offenen Halbräume vorstoßen konnte, was besonders Musacchio nutzte. Insgesamt war das Spiel aber dennoch nicht mehr ganz so fluid angelegt, weniger radikal und besonders weniger systematisch verschachtelt.
Allerdings ist dies auch gar nicht schlimm: Im Ansatz sah das System bereits gut aus, war es doch einerseits auf die Spieler zugeschnitten und nicht überkompliziert, während es andererseits eine gewisse Flexibilität beinhaltete, an den Geist der vorherigen Villarreal-Teams anknüpfte und für Dominanz sorgen konnte. Somit war es den Hausherren am ersten Spieltag möglich, trotz eines Rückstandes durch U19-EM-Torschützenkönig Jesé die Partie durch zwei Treffer von Cavenaghi noch zum verdienten Sieg zu drehen.
Am Samstag gastiert Villarreal auf der zweiten Etappe der Mission Wiederaufstieg bei CE Sabadell – ein durchaus symbolisches Match. Schließlich wäre der kommende Gegner vergangene Saison aus der zweiten eigentlich in die dritte Liga abgestiegen, wurde aber durch den Abstieg Vilarreals aus der Primiera División gerettet, da folglich deren zweite Mannschaft in die dritte Liga zwangsversetzt wurde und damit Sabadell in der zweiten Spielklasse hielt. Nun soll hier der nächste Schritt getan werden, damit Villarreal möglichst bald wieder dort zu sehen ist, wo sie mit ihrem attraktiven Angriffsfußball 2011 zuletzt begeistert haben.
13 Kommentare Alle anzeigen
André 25. August 2012 um 20:52
Woher soll man denn auch wissen, dass TR=Possesionplay ist!?
Wenn’s so ist war’s das Eigentor des Jahres:)
André 25. August 2012 um 09:18
Volle Frechheit solch einen Artikel zu veröffentlichen ohne eine Quellenangabe anzuhängen. Über die Hälfte des Artikels ist nur minimal im Wortlaut verändert und dem Artikel http://www.spox.com/myspox/group-blogdetail/Interessante-Teams-2010-11–1-,128772.html entnommen… So viel dazu, dass ihr tolle Taktikfüchse seid;)
RM 25. August 2012 um 11:14
Ich wusste nicht, dass man eine Quellenangabe veröffentlichen muss, wenn die Quelle ein eigenes Werk darstellt. Und wieso sollte TR nicht auch Wissen von seinem eigenen Artikel „klauen“ dürfen, nur weil er ihn vor Unzeiten woanders veröffentlichte?
plonk 25. August 2012 um 12:50
Touché! 😀
adailton 24. August 2012 um 23:42
Sehr interessanter Artikel.
Es ist bemerkenswert wie wenig Mannschaften dieses System spielen. Dabei wäre es eine Alternative, wenn man nicht gerade spielmachende Innenverteidiger und 6er im Kader hat, sondern eher die klassischen Protagonisten.
Ich würde diesem Spielsystem durchaus eine Zukunft bescheinigen
crs 24. August 2012 um 16:36
sehr aufwändiger artikel. sauber und kompakt verfasst. 🙂
aus defensiver sicht ist mmn noch erwähnenswert, dass man sich nie tiefer als 16er-linie fallen gelassen hat. der raum zwischen grundlinie und strafraumgrenze wurde so lang wie möglich gemieden.
beim 1-5 gegen porto war das ein negativer schlüsselpunkt, sofern ich mich richtig erinnere.
Peter 24. August 2012 um 09:25
Schöne Beschreibung dieses aktuell selten eingesetzten Systems – zufällig setze ich gerade das System beim Football Manager 2012 erfolgreich ein. Und dazu konnte ich einige Punkte wiederfinden, vor allem die offensiven Außen und die positionsflexiblen Offensivspieler.
Nachoman 23. August 2012 um 23:50
Beim Lesen der Überschrift hatte ich einen ähnlichen Aha-Moment wie in dem Augenblick, als ich den Artikel über Bielsa’s Bilbao vor Monaten auf eurer Homepage erblickt habe.
Als ich vor 1 1/2 – 2 Jahren Freunden vom Fussball des gelben U-Boot vorgeschmärmt habe, ernetete ich nur verwirrte Blicke. Ich bin froh, dass es in der Fussballwelt auch solche Fans gibt, die in die selbe Schublade gehören und denen die Swanseas, die Bilbaos oder die Villareals besonders zusagen.
Großes Lob für diese feinen Zeilen!
Der Lürriper 23. August 2012 um 23:13
Bitte noch das CL-Playoff zwischen Gladbach und Kiew analysieren.
Aus meiner Sicht auch durchaus interessanter als ein Spiel Regensburg vs. Bayern.
Danke!
M 24. August 2012 um 01:19
wurde unter dem Deckmantel des ZDF veröffentlicht
Link findest du beispielsweise irgendwo unter facebook.com/Spielverlagerung
klaus 23. August 2012 um 20:26
mehr artikel
Pitti 23. August 2012 um 20:26
Interessanter Artikel, zeigt einmal mehr, warum ihr das Nonplusultra der Fußballberichterstattung und des erweiterten Fußballhorizontes seid. Dass was 11Freunde gern gewesen wäre und nie war, was kicker und SportBild von sich behaupten und nichtmal annähernd sind, vereinigt ihr in sagenhafter Qualität.
Das System von Villareal 10/11 ist äußerst interessant, vor allem weil es auf den ersten Blick anmutet, als würde Villareal auf den Flügeln recht konteranfällig sein, aber die Flexibilität, die das System bietet macht es gegen jedes andere System sehr effektiv, wenn denn die notwendige Disziplin eine Rolle vorhanden ist, die nach den Rückschlägen im letzten Jahr beim gelben U-Boot wohl allgemein und logischerweise flöten gegangen war. Hoffen wir auf ein schnelles „auftauchen“.
Marc 23. August 2012 um 23:24
Ich kann mich dem Lob nur anschließen.
Solche Texte sind nicht nur extrem arbeitsaufwendig, sie erfordern auch eine Menge Wissen.
Villareal selber war für mich der traurige Anschauungsunterricht wie schnell es gehen kann. Von der Champions League in die zweite Liga in nur einer Saison.
Freut mich auch die taktischen Hintergründe zu sehen. Eine Frage hätte ich aber noch:
Wird das 4-2-2-2 mit „Mittelfeld-Würfel“ in den südamerikanischen Ligen ähnlich interpretiert? Oder ist es stark aufs Zentrum konzentriert?