Fortuna Düsseldorf – SC Paderborn 2:3

Das absolute Topspiel in der 2. Bundesliga stand an: Der ungeschlagene Tabellenführer Fortuna Düsseldorf empfing das Überraschungsteam aus Paderborn, das die beste Defensive stellte und ernsthaft um den Aufstieg mitspielt.

Grundformationen

Die Analyse in 6 Punkten:

1. Paderborns defensive Aufstellung

Wie gewohnt traten die Gäste in ihrem sehr soliden 4-4-1-1 an, doch die Besetzung der einzelnen Rollen beim Team von Roger Schmidt war durchaus überraschend. In der Defensive spielte man diesmal mit drei Innenverteidigern in der Viererkette, doch das eigentlich Verwunderliche war die Aufstellung von Bertels als hängende Spitze – kein Neuland für ihn, doch einen linken Mittelfeldspieler bzw. Verteidiger auf diese Position zu stellen, zeigte die Intentionen von Schmidt.

Umgesetzt wurden diese Intentionen über weite Strecken sehr gut, die Düsseldorfer kamen kaum zu Chancen. Erneut arbeiteten alle Spieler der Ostwestfalen höchst diszipliniert und effektiv mit nach hinten – die Grundvoraussetzung für die extreme Kompaktheit, die schon die ganze Saison auszeichnendes Merkmal der Mannschaft ist.

2. Strohdieks Rolle und Paderborns Isolieren

Interessant war hier die Rolle Strohdieks, der als Rechtsverteidiger sehr eng stand und mit Meha und Krösche die Passwege zu Rösler zusperrte, der außerdem zwischen den Linien isoliert wurde und nur in der Tiefe an den Ball kam. Auch die zweite Viererreihe an sich arbeitete als Schutzmauer sehr gut und ließ kaum Gefährliches nach vorne durch.

Weiterhin zeichnete die Mannschaft von Schmidt auch in diesem Spiel wieder eine enorme Einsatzbereitschaft bis zum Äußersten aus – die Düsseldorfer hatten selbst gegen einen solchen Gegner die Qualität, ihn fast zu knacken, doch immer wenn es schien, als ob ihnen nun mit einem tollen Spielzug der Durchbruch gelungen sei, klärte ein Paderborner immer noch unorthodox und akrobatisch in letzter Sekunde.

3. Pressing

Paderborn zeigte – je nach Situation – ein gutes Mittelfeld- oder sogar Abwehrpressing, mit dem man den Düsseldorfern ordentlich zusetzte. Auch auf den Flügeln verteidigte und presste man gut, indem man lieber den Strafraum als mögliche Spielverlagerungen sicherte. Durch das starke Verschieben der zentralen Mittelfeldspieler auf die Flügel lenkte man den Gegner nach hinten, während der Kollege dahinter versetzt absicherte, wie auch die ganze Mannschaft eine diagonale Linie bildete.

Dadurch ließ man eben den anderen Flügel etwas frei, was insbesondere der offensive van den Bergh nutzte. Seine offensiven Vorstöße über die linke Seite waren vor allem nach Seitenwechseln die einzige echte und konstante Gefahrenquelle des Tabellenführers.

4. Düsseldorfs Probleme

Vor allem die vier Offensivkräfte der Fortuna konnten von den Paderbornern ziemlich gut ausgeschaltet werden. Wie bereits erwähnt wurde Rösler isoliert, während Bröker zwar sehr beweglich war und immer wieder auf die Flügel rochierte, aber auch keine große Effektivität ausstrahlen konnte. Gerade Beister zog es stark in die Mitte, wo er aber wenig Räume bekam und generell nicht seinen besten Tag hatte, und auch Fink litt darunter, dass die (halb)linke Seite von den Paderbornern besonders eng gemacht wurde.

Es fehlte den Hausherren aber nicht nur an der Breite und dem richtigen Gespür für die zu besetzenden Räume, sondern auch an Verbindungen. In einigen Szenen war zu sehen, wie man den Gegner mit drei Spielern – zum Beispiel van den Bergh, Fink und dem herüber gekommenen Beister – auf links überladen wollte, aber dann ein viel zu großes Loch zu weiteren Spielern hatte, welche allesamt auf Flanken in der Mitte warteten.

Von diesen schlug man übrigens 12 in den Strafraum, doch gegen die in der klassischen Defensivarbeit sicheren Paderborner kamen davon nur 2 an. Zudem wirkte man nicht mehr so gut in Form wie in vorigen Spielen, was etwas Natürliches ist, hier aber eben als weiterer Grund in die Niederlage hinein spielte.

5. Das zentrale Mittelfeld Fortunas

Im zentralen Mittelfeld setzten die Gastgeber auf eine klare Aufteilung. Der unermüdliche Kapitän Lambertz stieß von der Sechserposition weit mit nach vorne und schaltete sich in die Angriffe mit ein, hatte dabei gewisse Freiheiten und einen großen Bewegungsradius, während Bodzek deutlich tiefer stand und hinter ihm absicherte und – aufräumte. Doch ohne die große Wirkung der ausgeschalteten Offensivkräfte fehlte es so an Kreativität im zentralen Mittelfeld. Dafür machte Lambertz  zu viele Stockfehler, auch wenn er in vielen anderen Bereichen sehr gut spielte. Der Kapitän kommt eben eher über seine Ausdauer, dynamisch-aggressive-giftige Zweikampfstärke und seinen Einsatz.

Die klare Aufteilung führte auch nach Ballverlusten zu einigen Problemen, denn Bodzek zeigte zwar eine ordentliche Leistung und konnte einige Situationen bereinigen, doch den großen Raum im Mittelfeld wussten die Paderborner auszunutzen – es war der Raum, den Alushi für den Pass zum wichtigen 0:1 nutzte.

6. Konter und Tore

Einige Male konnte der tiefliegende Spielmacher des SCP so seine gefährlichen Pässe aus der Tiefe spielen und damit Torchancen heraufbeschwören. Insgesamt strukturierte er hervorragend das Angriffsspiel seines Teams, welches einige ordentliche Konter spielte – doch die Schaltstation war Alushi, der häufig auch die Angriffe etwas verlangsamte und das Spiel beruhigte.

Vorne wurde gerne sehr direkt Proschwitz eingsetzt, der sich bei langen und hohen Bällen in extremem Maße gegen die beiden starken Innenverteidiger des Gegners aufrieb und unzählige Kilometer abspulte. Nicht nur für seine Tore, sondern auch seinen Einsatz verdient der Mittelstürmer große Lorbeeren.

Sein Tor, jedenfalls, sollte das entscheidende sein, denn es lenkte das Spiel endgültig in die Bahnen, in denen es dann verlief – es prägte den Charakter maßgeblich. Außerdem drückte es am besten die Verhältnisse auf dem Platz wieder, denn die drei folgenden Tore waren allesamt Standard-Treffer, während das Düsseldorfer 2:3 aus einer Halbfeldflanke resultierte, wobei man hier anmerken muss, dass die Rothosen Freistöße gegen die hier starken Paderborner durchaus gut vermieden, doch diese ausgerechnet aus zwei guten Situationen zweimal trafen.

Fazit

Es war ein verdienter Sieg der Gäste, die dem übermächtig scheinenden Tabellenführer die erste Niederlage mit einer hervorragenden Defensivtaktik beibrachten. Düsseldorf fehlte die Breite, in der Defensive ließ man zu viel Platz, ihre Form ist mittlerweile abgesunken. So dürfte diese Partie vielleicht ein wichtiges Signal gewesen sein für die Rückrunde, in der der Aufstieg unverändert wahrscheinlich scheint.

Abschließend sollte beiden Teams für diese jeweils unglaublichen Hinrunden ein großes Lob und Kompliment ausgesprochen werden.

laterookie58 18. Dezember 2011 um 17:07

@TR: ich habe diese Spiel- Ausschnitte im TV sehr genossen! Eine sehr zutreffende Analyse von Dir! Die meisten Spieler- Namen sind mir durch wiederholtes Erwähnen in der Öffentlichkeit mehr oder weniger bekannt; was mich an mir selbst stört: daß sich Paderborn nahezu völlig meiner Aufmerksamkeit entzogen hat und ich nicht wirklich etwas von dieser sagenhaften Arbeit von Roger Schmidt und dem Team mitbekommen habe.
Es beinhaltet einen uralten Fußball- Traum von mir, der ausgerechnet in Paderborn (ich habe eine dort eine pers. Niederlage erlitten) stattfindet: man möge mir verzeihen mit „No- names“ als Spieler- „Material“, der passenden Philosophie zu diesen!; dem fast lautlosen“Fuchs“ als Trainer ( die Kräfte werden anderswo benötigt!) , der das Handwerk wirklich gut beherrscht und sich nicht scheut, alle Spieler zu fußballerischer Grundlagen- Arbeit im täglichen Training anzuleiten/ ihnen Stück für Stück Taktik und beinharte Disziplin nahebringt und ganz, ganz sicher ein hervorragender Psychologe sein muß oder einen solchen mit im Team hat… Ich freue mich sehr für Paderborn und glaube, daß sie noch „Interessantes“ erreichen können– nur Geduld, liebe Ost- Westfalen.

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juwie 18. Dezember 2011 um 14:26

Vor allem der Charakterisierung von Lambertz kann ich zustimmen: Eigentlich ist es unglaublich, dass der Mann mit seinen technischen Möglichkeiten auf diesem Niveau mithalten kann. Da ziehe ich jedes Mal meinen Hut!

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