Al-Sadd SC – FC Barcelona 0:4
Der FC Barcelona startete mit einem 4:0 Sieg gegen Al-Sadd Sports Club in die FIFA Klub-WM und erreicht damit das Finale am Sonntag gegen den FC Santos. Obwohl der Asienmeister kein adäquater Gegner für den katalanischen Club war und der Sieg nie in Gefahr geriet, muss sich Barça-Trainer Pep Guardiola über die Verletzung von David Villa ärgern. Wegen eines Schienbeinbruchs wird Villa wahrscheinlich mehrere Monate ausfallen.
Obwohl Xavi, Dani Alves, Piqué, Busquets und Fàbregas auf der Bank saßen, stellte Barça eine A-Elf auf. Dabei setzte Guardiola wieder auf eine 3er- Kette in der Abwehr; bot mit Adriano aber einen Flügelstürmer auf, der durchaus auf die Position des Außenverteidigers rücken kann. Puyol und Mascherano blieben als Innenverteidiger auf der hintersten Linie, während Abidal Keita im defensiven Mittelfeld oder Pedro auf dem Flügel unterstützen durfte. Das kreative Zentrum bildeten Thiago, Iniesta und Messi. Villa übernahm die Position des Mittelstürmers.
Al-Sadds Trainer Jorge Fossati hatte das Problem den Leistungsunterschied zu Barcelona nicht einschätzen zu können; im Gegensatz zu Mannschaften aus Spanien oder Europa, die zumindest in der gleichen Liga spielen oder Spiele eines direkten Konkurrenten gegen Barça zur Einschätzung nutzen können. Einem Team aus einem anderen Kontinentalverband fehlt also das gemeinsame Biotop von Vereinen zur Analyse und Al-Sadd wählte den wahrscheinlichsten Schritt und versuchte Zement anzurühren. Ein 5-4-1 sollte den UEFA Champions League Sieger stoppen.
Al-Sadd wie hypnotisiert
Das Spiel verlief wie erwartet. Barcelona hatte den Ball und spielte in der Hälfte des Gegners, oft mit allen Feldspielern. Pedro und Adriano klebten an den Außenlinien um das Spielfeld breit zu machen, als Nebeneffekt banden sie die Außenverteidiger in der Defensive. Al-Sadds Mittelfeld übernahm Iniesta und Thiago, einer der Spieler lief Keita an, der den Fixpunkt für Barças Passspiel bildete. Messi bewegte sich oft ins Mittelfeld, konnte aber aufgrund der Überzahl in Al-Sadds Innenverteidigung von einem Verteidiger verfolgt werden.
Die Mannschaft aus Katar verteidigte den Raum von der Strafraumkante bis etwa zur Mitte der eigenen Spielhälfte und war vor allem darauf bedacht die eigene Formation nicht zu sehr durcheinander zu bringen. Der ballführende Gegenspieler wurde zwar angelaufen aber nie in Bedrängnis gebracht solange Barça einen gewissen Abstand zum Tor hielt. Diese Taktik führte natürlich dazu, dass sich Barcelona in seinen Rhythmus spielen konnte. Keita, Thiago Iniesta und Messi kombinierten im Mittelfeld und suchten dann die Spielverlagerung nach außen, besonders häufig auf Pedro. Die Außenspieler konnten nun Flanken bringen oder nach innen ziehen.
Abidal mit allen Freiheiten
Besonders beliebt in war bei den Katalanen ein Wechselspiel zwischen Messi und Iniesta. Der Argentinier hielt sich gerne im Mittelfeld auf und Iniesta stieß in die Spitze. Dass Abidal sich nach vorne schob und meistens auf einer Höhe mit Keita spielte hatte für Iniesta den Vorteil offensiver agieren zu können. Er musste keinen Notausgang für Pedro bilden, wenn der auf dem Flügel nicht weiter kam und den Ball zurück spielen wollte, weil Abidal nahe genug positioniert war. So konnte Iniesta in die Spitze stoßen oder auf den Flügel gehen, während Thiago nur sporadisch Läufe in die Spitze startete. Durch Abidals Positionierung ergab sich oft eine W-W Formation mit Thiago, Keita und Abidal auf einer Linie und eine sehr flexiblen Offensive davor.
Um die 15. Minute herum hatte Al-Sadd eine kurze Zeit Ballbesitz in der sich Barças Defensivordnung erahnen ließ. Messi und Villa bildeten den Sturm und schnitten den Rückpass auf die Verteidiger ab. Pedro rückte ins Mittelfeld zurück, wo er mit Iniesta die linke Seite bildete (der Angriff ging über diesen Flügel). Abidal war linker Verteidiger und Keita hatte sich zwischen Puyol und Mascherano fallen lassen (in späteren Szenen wählte er eine Position vor der Abwehr). Auf dem entfernten Flügel hatte sich Adriano bis auf Höhe der Abwehrkette fallen lassen. Iniesta und Pedro, bzw. Abidal und Mascherano gingen ihre Gegenspieler aggressiv und oft doppelnd an, und erstickten den Aufbau damit.
Al-Sadd stand tief hinten drin und ließ Abidal so viele Freiheiten, dass der Franzose sich Rege am Offensivspiel beteiligen konnte und sogar bis in die Spitze vorstieß. Auch Thiago wurde immer offensiver. Die rechte Seite mit Adriano und Thiago war im ersten Durchgang aber nicht so verspielt, wie der andere Flügel mit Pedro und Iniesta.
2x Adriano und 1x Villas Schienbein
Die Passivität der Katarer wurde von Adriano bestraft. Nach einem Chip von Pedro an den langen Pfosten konnten sich Belhadj und Mohamed nicht einigen wer den Ball zu klären hat, was Adriano zum 1:0 nutzte (25.). Der Brasilianer legte kurz vor der Pause auch noch sein zweites Tor mit einem Flachschuss nach Vorlage von Thiago nach (43.).
Zwischen den beiden Toren erlitt David Villa bei einem Laufduell (ohne gegnerische Schuld) den Bruch des linken Schienbeins und musste für Alexis Sánchez ausgewechselt werden.
Noch mehr Thiago und das alte 4-3-3
Nach der Pause versuchte Al-Sadd höher zu verteidigen und positionierte sich etwas 10 bis 15 vor dem eigenen Strafraum. Dazu stand das Mittelfeld jetzt in 3-1 Formation (mit Keita hinter Niang) und nicht mehr hauptsächlich auf einer Linie. Diese Staffelung sollte Barças Keita stören und früher Druck erzeugen. Mit Abidal aus der Abwehr und seinen Kollegen aus dem Mittelfeld hatte der defensive Mittelfeldspieler aber keine Probleme Anspielstationen zu finden. Eine Voraussetzung des katalanischen Kurzpassspiels ist die ständige Bewegung der Spieler ohne Ball. Einzelne Spieler zu pressen oder von Zuspielen abzuschneiden hat da keinen Sinn. Die höhere Abwehrlinie attackierte Barça mit Pässen in den freien Raum hinter die Innenverteidiger für Messi, Sánchez und Co.
Messi leitete mit einem tollen Pass das 3:0 durch Keita in der 64. Minute ein. Danach kam Maxwell für Abidal, der als offensiver linker Außenverteidiger spielte. Adriano machte das gleiche auf der rechten Seite. Sánchez spielte nun halbrechts bis rechts, wurde aber in der 70. Minute durch Cuenca ersetzt. Pedro durfte zunächst halblinks, dann zentral und rechts im Sturm agieren, weil Maxwell auf der Außenbahn überlappte und Cuenca ebenfalls nach links ging. Guardiola stellte, wenn man es in Zahlen ausdrückt, auf 4-3-3 um ohne zu taktischen Anpassungen gezwungen gewesen zu sein.
In der 81. Minute sorgte Maxwell für den Endstand, wieder nach Vorlage von Thiago. Der 20-jährige hatte sich zu beginn des Spiels etwas zurückgehalten, als Iniesta über links und Messi im Mittelfeld viel wirbelten. Aber schon vor der Pause zeigte er mit seiner Vorlage zum 2:0 was er kann und im zweiten Durchgang agierte er mit seinen Kollegen auf Augenhöhe. Er unterstrich seine Leistung mit einigen großartigen Pässen und einer weiteren Torvorlage.
Fazit
Der FC Barcelona fährt einen ungefährdeten Sieg ein und bestätigt damit die Favoritenrolle bei diesem Turnier. Al-Sadd brachte keinen Schuss aufs Tor und lag unter 30% Ballbesitz. Ein Grund war der Sicherheitsabstand, den die Spieler von ihren Gegnern hielten.
Das Ensemble um Iniesta und Messi konnte Tiqui Taca spielen und mit Läufen in die Spitze und über die Flügelstürmer Torchancen erzeugen. Guardiola setzt Messi immer mehr als Spielmacher (oder 10 ½) ein und bietet dazu einen Mittelstürmer auf, der den Gegner zwingt die Abwehrlinie zu halten. Bei der in dieser Saison gebotenen Flexibilität lässt sich aber keine Aussage treffen wie Barça das Finale gegen Santos bestreiten wird.
5 Kommentare Alle anzeigen
HW 30. August 2014 um 20:04
Nachdem ich das Buch Herr Guardiola gelesen habe, muss ich mich für den Ausdruck Tiki Taka entschuldigen. Ich habe ihn aber nicht so gemeint, wie Guardiola ihn beschreibt.
Abidals Rolle in diesem Spiel ist mit den ins zentrale Mittelfeld aufrückenden Außenverteidigern der Bayern vergleichbar, nur aus einer 3er-Kette heraus.
HerrHAnnibal 15. Dezember 2011 um 20:14
Starker Artikel… Relativer müder Kick aber ich würde alle deine Ausführungen so unterschreiben. Messi nahm sich heute mal seinen schwachen Tag und war recht unkonzentriert mit seinen Pässen.
Santos wird im Finale wohl auch recht tief stehen und dann aber mit der individuellen Klasse in der Offensive für mehr Gefahr sorgen. Da ist in der Abwehrkette bei Barca auf jeden Fall auch Antrittsschnelligkeit gefragt. Bin daher gespannt ob Puyol spielt.
HW 15. Dezember 2011 um 21:45
Santos wird mit Sicherheit gefährlicher sein. Ihr Spiel gestern war aber auch nicht sehr überzeugend. Sie waren viel zu passiv im zweiten Durchgang und ob ihre Abwehr stabil ist und Barca auch mal der Ball geklaut werden kann wage ich zu bezweifeln. Santos hat da echt aufs Bremspedal getreten.
Ich denke mal Barca wird ordentlich tauschen, wegen der langen Reise usw. Pique und Busquets spielen. Iniesta und Thiago wohl raus und dann Fabregas und Xavi rein. Villa fehlt natürlich. Ist die Frage ob Iniesta doch auf dem Flügel ran darf oder ob Sanchez kommt (nehm ich mal an). Und Alves natürlich rechts, ist nur die Frage ob in der Abwehr oder als Rechtsaußen.
Wenn man bedenkt, dass Barcas Kader vor einigen Jahren noch dünn genannt wurde haben die jetzt viele Möglichkeiten.
HerrHAnnibal 16. Dezember 2011 um 00:20
Ich habe vom anderen Halbfinale nur eine Zusammenfassung gesehen. Santos wird sicherlich aggressiver spielen und offensiv 1-2 Nadelstiche setzen. Dennoch habe ich keine Bedenken, dass Barca sich durchsetzen wird.
Mit dem Kader ist es schon erstaunlich… Man hat dieses Jahr bisher recht viele kleiner Ausfälle zusätzlich zu Afellay (und jetzt Villa) und daher in 27 Spielen auch 27 unterschiedliche Startformationen gesehen. Da wird schon wahnsinnig viel rotiert. Viele Spieler beweisen/besitzen aber auch große Flexibilität und werden bei Pep auch dementsprechend in vielen Rollen eingesetzt.
Wenn ich überlege wie Lahm jammerte wenn er die Seiten wechseln musste….Adriano spielt beide Aussenverteidigerpositionen und auf beiden offensiven Flügeln.
Teilweise wechseln die Spieler in 90 Minuten 3 Mal ihre Rolle und man findet kaum ein Barcelona Spiel wo es keinen zumindest kleinen Systemwechsel gibt.
Zum Finale gegen Santos:
Ich denke auch, dass die geschonten Spieler nun gegen Santos alle beginnen werden (Xavi, Cesc, Pique, Busquets, Alves)
Mi Sicherheit auch Messi und vermutlich Sanchez (den hätte Pep sonst ja nicht wieder ausgewechselt)
Mein Tipp:
Alves-Pique-Mascherano-Abidal
————Busquets—————
———Xavi——Thiago———
Messi——- Cesc—— Sanchez
Alternativ halt Alves als Winger und Dreierkette.
HW 16. Dezember 2011 um 09:18
@HerrHAnnibal
Es ist immer schwer Barca mit anderen Teams zu vergleichen. Guardiola hat vor kurzem ja gesagt, dass es nicht um Formationen geht, sondern um Spieler. Er gibt seinen Jungs einfach bestimmte Aufgaben, sie übernehmen eine Rolle im Team. Da ergibt sich die Formation fast automatisch.
Ich weiß jetzt nicht mehr ob sich Lahms Aussage bezüglich des Seitenwechsels mehr auf die Offensive oder die Defensive bezog.
Ich denke mal für eine defensive Stabilität sind Positionswechsel nicht so sinnvoll (Abidal spielt ja auch nicht rechts und Alves nicht links). Und weil die Bayern viel klassischer verteidigen als Barca muss der Aspekt der Verteidigung mehr berücksichtigt werden.
Im Angriff leben gute Mannschaften eh von Positionswechseln, da sollte es weniger Probleme geben.
Bei der Formation im Finale bin ich mir nicht sicher, es gibt zu viele Optionen. Messi schätze ich eher wieder in der Mitte ein. Dort kann er entweder mit Fabregas im Wechsel die Spitze bilden oder hinter Sanchez spielen. Vielleicht darf Pedro auch wieder ran (der kann ja links und rechts).
Santos hat nur mit halber Kraft gespielt. War für die Japaner vielleicht ganz nett den Eindruck eines offenen Spiels vermittelt zu bekommen. Aber total unter den Möglichkeiten von Santos. Barca hält wenigstens den Ball wenn sie das Spiel verwalten und hatte auch Bock noch Chancen zu kreieren.
Ich hab auch gehört, dass Santos sich seit nem halben Jahr auf diese WM konzentriert. In der Liga sind sie nur 10ter usw.
Barca hat dagegen einen Höhepunkt nach dem nächsten. Unzählige Clasicos, Spiele gegen Milan usw. Sie haben bewiesen, dass sie die Leistung bringen können und werden auch Sonntag gewinnen.