Hertha BSC – Schalke 04 1:2

Erfolgreich in der Hauptstadt: Der FC Schalke überlässt seinem Gegner Hertha BSC das Spiel und kann mit zwei Kontern die entscheidenden Nadelstiche setzen. Entscheidend war ein Loch im Berliner Mittelfeld.

Markus Babbel war in den letzten Tagen vermehrt in den Schlagzeilen. Grund: Die Fans nehmen ihm die ungeklärte Vertragssituation übel. Gegen Schalke hatte er die Chance, wieder Pluspunkte bei den Anhängern zu sammeln. Er setzte auf die bewährte 4-2-3-1 Formation. Sein Gegenüber Stevens probierte hingegen etwas Neues: Schalke begann in einem 4-3-1-2 / 4-3-3 an, in dem Raul hinter den Sturmspitzen Pukki und Huntelaar eine leicht zurückgezogene Rolle einnahm. Am Spielplan der letzten Woche änderte sich dadurch allerdings wenig: Wie unter Stevens üblich, zog sich die Schalker Mannschaft von Beginn an zurück und überließ dem Gegner Ballbesitz und Spielkontrolle.

Schalke schließt Passwege im Zentrum

Das geänderte Schalker System sorgte dafür, dass sie zentral sehr dicht gestaffelt standen. In der Spitze zwangen sie die Berliner mit ihren drei Offensivkräften, über die Außen zu spielen. Huntelaar und Pukki schlossen die Passwege in die Mitte, so dass der Spielaufbau über die Flanken laufen musste. Auch Ottl und Niemeyer wurden die Zuspielmöglichkeiten begrenzt. Anspielmöglichkeiten blieben höchstens auf den Flanken, wo die Außenverteidiger aber aggressiv gegen ihre Gegenspieler zu Werke gingen. So war Linksverteidiger Fuchs am Ende der Schalker Akteur mit den meisten gewonnenen Zweikämpfen (15).

Hertha hatte große Probleme mit dieser Schalker Defensivtaktik. Die zentralen Mittelfeldspieler konnten fast keine vertikalen Pässe spielen, da die Schalker sich gut gegen diese absicherten. Obwohl Babbels Mannen einen klaren Überschuss an Spielanteilen hatten, kamen sie selten bis vor das gegnerische Tor. Ihr kreativer Kopf, Raffael, tat sich mit der Dauerbewachung durch den aggressiven Jones schwer. Der  blieb oft direkt vor der Abwehr, um seinem Gegenspieler den Raum zwischen den Linien zu nehmen. So konnte der Brasilianer das Spiel seines Teams nicht an sich reißen.

Die Kreativlosigkeit der Hertha trat über die gesamten 90 Minuten zum Vorschein. Mit ihrem relativ starren System, in dem höchstens Ramos und Ebert mal die Flanken tauschten, waren sie nicht in der Lage, Überzahlsituationen zu kreieren. Schalke wurde mit ihrem defensiven System selten vor größere Vorausforderungen gestellt. Lasogga konnte gänzlich aus dem Spiel genommen werden, in dem Papadopoulos und Matip in den richtigen Zeitpunkten sich aus der Viererkette lösten. Zudem war das Spiel der Hausherren nicht variabel genug. Dadurch dass Ramos oft in die Mitte oder nach Rechtsaußen zog, war Kobiashvili in vielen Situationen auf sich alleine gestellt. Auf links zu wenige Spieler, in der Mitte die Passwege geschlossen und auf rechts ohne Ideen gegen den zweikampfstarken Fuchs: Es war keine Überraschung, dass Herthas einziger Treffer zum zwischenzeitlichen 1:1 nach einem Eckball fiel (25.).

Das Loch im Mittelfeld

Schalke baute in der Offensive erneut auf das schnelle Konterspiel über die Flügel. Schnell und risikoreich überbrückten sie das Mittelfeld. Doch oft blieben sie dabei zu ungenau, gerade Holtby und Jurado blieben mit einer Passgenauigkeit unter 70% unter den Erwartungen. Dass Schalke am Ende als Sieger vom Platz ging, hatte mit der Ausnutzung der gegnerischen Taktik zu tun: Direkt hinter der Berliner Mittellinie ergab sich schematisch ein großes Loch (gut zu erkennen in der Spielgrafik). Bedingt wurde dies durch die hohen Abstände der Berliner Sechser zu ihren Vorderleuten. Auch bei Schalke herrschte ein großer Abstand zwischen Mittelfeld und Angriff.

Solch ein schematisches Loch darf man sich nicht so vorstellen, dass zu keiner Zeit Spieler in diesem Bereich sind. Vielmehr ergeben sich im Fußball stets Situationen, in denen bestimmte Bereiche auf dem Platz unbesetzt bleiben. Die Spielweise zweier Mannschaften bedingt durch die Positionierung der Akteure, dass diese Löcher in manchen Bereichen öfters und in anderen seltener vorhanden sind. Wichtig werden diese freien Bereiche erst, wenn ein Team sie ausnutzen kann.

Schalke gelang dies Mitte der ersten Halbzeit. Dadurch dass Raul etwas tiefer ging, konnte er unbedrängt vor den gegnerischen Sechsern das Spiel aufziehen. Auch Holtby und Jurado stießen in diesen Raum. Wer die beiden Schalker-Tore analysiert, erkennt, dass beide Angriffe eingeleitet wurden durch Aktionen kurz hinter dem Mittelkreis. Vor dem 1:0 konnte Holtby ohne Gegenwehr einen Pass raus zu Fuchs spielen, dessen Flanke Huntelaar verwertete (19.). Dem 2:1 ging eine Aktion von Raul voraus, der gänzlich ohne Bewacher zum Schnittstellenpass ansetzen konnte (44.). So wurden die schlechte Raumaufteilung und die fehlende Aggressivität im Mittelfeld den Berlinern zweimal zum Verhängnis.

Nach dem Wiederanpfiff war das Spiel weitestgehend entschieden. Stevens stellte auf ein 4-4-2 mit flacher Mittelfeldreihe um, Pukki ging dafür die linke Außenposition. Die beiden Viererketten ordneten sich tief ein und stellten die Zuspielmöglichkeiten zu. Mit zunehmender Spielzeit wurde die Herangehensweise der Schalker immer zynischer, ein konstruktives Spiel ihrerseits gab es nicht. Auf ein drittes Tor spielten sie nicht, und so beschränkten sie sich darauf, die Führung tiefstehend zu halten. Die Herthaner konnten dem nichts entgegensetzen, auch weil die Einwechslungen Babbels keine Qualitätsverbesserung auf den Platz brachten.

Fazit

Hertha BSC bleibt im letzten Heimspiel der Hinrunde ohne Punkt. Ihre Vorstellung war weitestgehend inspirationslos: Sie fanden nie ein Mittel, um gegen die dichten Abwehrreihen des Gegners durchzukommen. Ihr Spiel über die Außen blieb über weite Strecken wirkungslos, und so hatten sie trotz 14 Torschüssen nicht mehr als eine Handvoll echte Torchancen. Sie konnten mit dem Ballbesitz, denen Schalke ihnen überließ (über 60% am Ende), wenig anfangen. Fairerweise muss man aber auch sagen, dass sie mit etwas Glück auch ein Unentschieden hätten schaffen können, schließlich hatten sie ein Chancenplus.

Letzteres liegt aber mehr an der passiven Schalker Spielweise. Obwohl heute die ersten Zeitschriften den amtierenden Pokalsieger mit dem Meisterschaftskampf in Verbindung brachten, kann davon nach den letzten Auftritten keine Rede sein. Sicher, mit 19 von 27 möglichen Punkten ist Stevens sehr erfolgreich. Seine Taktik, gegen starke Konterteams tief zu stehen und ihnen den Ball zu überlassen, funktioniert ausgesprochen gut, kaschiert aber auch, dass der FC Schalke über keine gute Spielanlage verfügt. Wer wirklich ganz vorne stehen will, muss im Zweifelsfall auch mit Passspiel und Kreativität überzeugen können, um Rückstände aufholen zu können. Und gerade an Spielfreude mangelt es in der Schalker Mannschaft arg.

Kursiv gekennzeichnete Stellen weisen auf Links zur Bundesliga.de-Spielmatrix hin. 

Connor Nevill Bartaserlo 13. Februar 2012 um 17:38

Ich hoffe für die Mannschaft, Hoffenheimwird für Babbel nicht das was es für Favre war, Endstation.

Antworten

Nicole Bosworth vahtang 5. Februar 2012 um 00:53

Ich hoffe für die Mannschaft, Hoffenheimwird für Babbel nicht das was es für Favre war, Endstation.

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Philipp 13. Dezember 2011 um 12:25

Die Schalker Mannschaft funktioniert mittlerweile schon echt gut! Gradmesser wird natürlich das nächste Spiel gegen Werder werden! Hoffe, dass das auch analysiert wird. 😉

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Thorsten Schröder 12. Dezember 2011 um 14:35

Komisch nur, dass die Mannschaft mit der schlechten Spielanlage 33 Tore (die zweitmeisten der Liga) geschossen hat……………??????? Die scheinen ja von alleine zu fallen. Und das Glas ist ja bekanntlich halbvoll oder halbleer. Man könnte auch sagen, perfektes Auswärtsspiel, die Räume eng gemacht, die entscheidenden Spieler der Heimmannschaft zugestellt, die nötige Aggressivität an den Tag gelegt (wurde ja geschrieben), klasse Konter gefahren und am Ende mit den Grosschancen von Huntelaar und Jurado in der Lage gewesen, dass Spiel noch um einiges deutlicher zu gestalten. Und einen guten Trainer zeichnet aus, mit seinem Kader das zu spielen, was dieser hergibt, oder?

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TE 11. Dezember 2011 um 13:27

Selbst beim Fehlerkorrigieren mache ich Fehler… Vielen Dank!

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Sebastian 11. Dezember 2011 um 12:26

28 mögliche Punkte ist immer noch knapp daneben.

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swe 10. Dezember 2011 um 16:12

Kleiner Fehler im Text: 19 von 18 möglichen Punkten…

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TE 10. Dezember 2011 um 16:20

Danke für den Hinweis, habe es editiert!

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