Adventskalender, Türchen 10: Peter Niemeyer

Es war der zehnte September dieses Jahres, als Dortmunds ewig lange Heimserie riss.

Peter Niemeyers Profilbild auf bundesliga.de

Nach über einem Jahr hatten der Meister wieder zuhause verloren und der Gegner war nicht der FC Bayern und auch nicht der Erzrivale aus Gelsenkirchen – Hertha BSC Berlin hatte die schwarzgelbe Festung zum Einsturz gebracht. Verantwortlich dafür war neben Stürmer Raffael und Torhüter Kraft besonders einer: Peter Niemeyer. Defensiv mit einer starken Leistung und dem zweiten Treffer beim 2:1-Auswärtssieg war er der Matchwinner; wirkliches Lob gab es dennoch nicht, wie so oft war das Thema nach einem solchen Spiel etwas anderes, hier waren es das Fehlen Götzes und die Formschwäche Dortmunds, welche verantwortlich gemacht wurden. Ein weiteres Mal blieb Niemeyer unerwähnt.

Wer ist er überhaupt?

1983 in Mettingen geboren, arbeitete sich der ehemalige deutsche U-Nationalspieler über SV Teuto Riesenbeck und Borussia Emsdetten ins Ausland, im zarten Alter von 15 Jahren kam er zu Twente Enschede. Im Alter von zwanzig Jahren debütierte er in der obersten niederländischen Spielklasse und bestritt in fünf Jahren über 100 Spiele, was ihm einen Platz im U21-EM-Kader 2006 besorgte. Für eine halbe Millionen € wechselte er ein halbes Jahr später zum deutschen Topverein Werder Bremen, wo er als großes Talent und künftiger Stammspieler im defensiven Mittelfeld betrachtet wurde, doch aufgrund zahlreicher Verletzungen und Formkrisen lief er nur 30mal in drei Jahren für die Norddeutschen auf.

Unter Kritikern bereits als Grobmotoriker oder bisweilen auch ewiges Talent verschrien suchte Niemeyer sein Heil durch eine Leihe im Jahr 2010 – freiwillig wechselte er eine Liga nach unten zu Hertha BSC Berlin. Es sollte eine perfekte Beziehung werden. Auf der Suche nach passenden Spielern für den Aufstieg in die Bundesliga suchte die alte Dame nach einem Innenverteidiger und dachte, diesen in Niemeyer gefunden zu haben, doch der über 1.90 große Hüne eroberte sich seinen Platz im defensiven Mittelfeld und galt als die Schlüsselfigur in der Zweitliga-Meistermannschaft. 28 Spiele, drei Tore und konstant gute Leistungen machten ihn so unverzichtbar, dass die Hertha die Kaufoption gar nicht ziehen musste: der Wiederaufstieg hatte ihnen diese Aufgabe dankenswerterweise abgenommen.

Seine Rolle bei der Hertha – eine Beziehung für die Ewigkeit

Wie erwähnt fungiert Niemeyer als Spieler im defensiven Mittelfeld und obwohl er ein relativ altmodischer Vertreter dieser Position ist, so kann er sich dennoch im modernen Konterspiel der Hertha zurechtfinden. Seine Stärke liegt neben seiner Athletik auch im Bereich des defensiven Zweikampfes, dem defensiven Stellungsspiel und der Einfachheit, wie er seine Rolle spielt. Da ihm lange Bälle á la Xabi Alonso schlicht nicht liegen, konzentriert er seine Pässe auf den nähesten Umkreis und das ist keineswegs eine Schwäche: er macht dies mit einer Sicherheit und Schnelligkeit, dass er das Hertha-Spiel nicht behindert, sondern eine Rolle wie einst Claude Makelele übernimmt. Der Begründer des Erfolges rein defensiver und einfach spielender Sechser war die kleinere Variante von Peter Niemeyer, welcher sich in dieser Saison allenfalls noch mit Christian Lell von den unkonstanten Mannschaftsleistungen der Hertha abhebt.

Trotz unterschiedlichster Gegner und Spielumstände scheint Niemeyer immer seine Rolle auf seine Art und Weise zu spielen – konstant, solide, unauffällig. Wenige Spieler im modernen Fußball schaffen es unter unterschiedlichsten taktischen Voraussetzungen ihrem Team einen planbaren und wichtigen Wert zu geben, mit welchem der Trainer planen und an dem sich die Mitspieler orientieren können. Eigentlich der perfekte Kapitän und auch charakterlich wäre er für diese Rolle prädestiniert: seine Interviews zeigen, mit welcher Ruhe und Intelligenz Peter Niemeyer sich nicht nur durch die Fußballwelt begibt. Harmlose Scherze mit seinen Zimmerkollegen und Journalisten sind ebenso an der Tagesordnung wie ein gutes Buch, besonders für das Finanzwesen interessiert sich der defensive Mittelfeldspieler. Nach der Karriere will er sein Abitur beenden und eventuell sogar studieren, Informatik wäre wohl eine mögliche Studienrichtung, generell setzt er sich für mehr Bildung im Fußball und gegen das Proletenimage ein: ganz einfach durch seine Anwesenheit in diesem Geschäft.  Auf seiner Internetseite kann man unter der Rubrik „Porträt“ verschiedene Dinge über den Herthaner erfahren – seien es Hobbys wie seine Hunde und Golf oder wundervolle Aussagen wie „Im August 2010 wechselte ich zu Hertha BSC Berlin, um an dem großartigen Projekt „direkter Wiederaufstieg in die 1. Fußballbundesliga“ mitzuwirken. Die Freude über das Erreichen dieses Ziels im Mai 2011 war unbeschreiblich“, die perfekt zu seinem integren Charakter passen. Nun tut Niemeyer in gewisser Weise das, was er als Kind werden wollte: er ist Polizist, bei der Hertha. Neunzig Minuten auf Patrouille, Woche für Woche, bewacht er den Strafraum seines Teams, bewaffnet mit seiner Intelligenz und der Grätsche.  Peter Niemeyer, der klassische Prototyp eines unbesungenen Helden.

laterookie58 10. Dezember 2011 um 16:41

@RM: nach meinem Wissen um Niemeyer, aus der Ferne, ist Deine Analyse überaus treffend. Damals, im Werderaner „Abwehr“- Verbund, war der Junge der Einzige– vor Metze– mit beständigem verlässlichen Spiel; wenn er denn gespielt hat. Die Hertha- Zweitliga- Zeit habe ich leider nur in normalen SportTV- Sendeausschnitten gesehen. Kann mir Niemeyer aber sehr wohl als einen der Aufstiegs- Garanten vorstellen.

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haggard 10. Dezember 2011 um 11:10

Wie wahr, wie war: Niemeyer ist nach der letzte Saison mein Lieblings-Herthaner und diese Würdigung hat er sich wahrlich verdient…

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