Adventskalender, Türchen 8: Elkin Soto
Nicht bloß feiner Techniker, sondern auch Stratege und Balleroberer. Das ist Elkin Soto, der aktuell wohl beste Spieler des 1. FSV Mainz 05. Doch trotz seiner immensen sportlichen Bedeutung, seinem hohen Standing innerhalb des Teams und den Abgängen Holtby, Fuchs und Schürrle findet der Linksfuß bei den Medienvertretern kaum Beachtung. Über die sportliche Klasse Sotos besteht dennoch kein Zweifel, sodass seine taktische Rolle bei den Mainzern im folgenden näher beleuchtet werden soll.
Der Kolumbianer spielt im defensiven Mittelfeld oder auf der linken Halbposition und ist Taktgeber des Teams. Er bestimmt den Spielrhythmus und beschleunigt bzw. verlangsamt die Offensivbemühungen des FSV. Das Passspiel des defensiven Mittelfeldspielers ist eher auf kurze Zuspiele angelegt, nur gelegentlich streut Soto längere Bälle in die Sturmspitze oder auf die Flügel ein. Mit einer Passgenauigkeit von 79,9% in der laufenden Spielzeit gehört er zu den sichersten Akteuren seiner Mannschaft, doch gleichzeitig spielt er von den Stammspielern die meisten Schlüsselpässe, die direkt zu Torchancen führen.
Im Spielaufbau füllt Soto ebenfalls eine entscheidende Rolle aus. Er holt von seiner Position im defensiven Mittelfeld oder der linken Halbposition die Bälle aus der Innenverteidigung ab, verteilt diese auf die Außen oder setzt die Stürmer durch präzise Vertikalpässe ein. Ist der Weg auf der einen Seite versperrt, ist es meistens Soto, der den Ball auf die andere Seite verlagert oder eine Alternative parat hat. Bezeichnend zudem, dass in den Spielen im von Tuchel bevorzugten 4-3-1-2-System, in dem der kolumbianische Nationalspieler die linke Position im defensiven Mittelfeld einnimmt, immer etwa 40% der Angriffe des FSV über die linke Seite vorgetragen werden.
Doch nicht nur Sotos Offensivqualitäten überzeugen denjenigen, der sich die Zeit nimmt während eines Spiels der 05er einmal nur „sein“ Spiel zu beobachten: Der Kolumbianer glänzt – anders als viele andere südamerikanische Kollegen – nicht nur im Spiel mit Ball, sondern auch in der Defensivarbeit. Im Mainzer Pressing spielt der 1,78m große Mittelfeldspieler die zentrale Rolle bei den 05ern. Soto tritt nach der Rotsperre Polanskis ebenfalls immer häufiger als aggressiver Ballgewinner auf und lässt kaum Anspiele des Gegners durch die Mitte zu. Mit durchschnittlich 3,8 erfolgreichen Tacklings pro Spiel belegt er hinter Pospech den zweiten Rang im Team, bei den abgefangenen Zuspielen ist er gemeinsam mit Pospech auf dem ersten Rang zu finden.
Nach den Ballgewinnen zeichnet es ihn darüber hinaus aus, dass er ein gutes Gespür dafür hat, in welcher Situation ein risikoreicher, vertikaler Pass sinnvoll ist und wann lieber das sichere Anspiel gewählt werden sollte. Entschließt er sich den schnellen weg nach vorne zu suchen, erkennt er blitzschnell die Lücken im aufgerückten Defensivverbund des Gegners und trifft die entsprechenden Entscheidungen. Auch nach Ballverlusten beweist Soto dieses feine Gespür, indem er meistens die richtige Entscheidung wählt, ob sich das Mittelfeld eher fallen lassen oder direkt die Ballrückeroberung forcieren sollte.
Doch natürlich ist auch Elkin Soto nicht frei von Fehlern, vor allem auch nicht von schlechten Auftritten: An guten Tagen fragt sich der neutrale Zuschauer ernsthaft, was ein so guter Fußballer im beschaulichen Mainz zu suchen hat, doch es existiert noch eine andere Seite des Linksfußes: Zu häufig – um für einen Spitzenklub wirklich interessant zu sein – zeigt er schwache Auftritte, in denen er seinen Spielrhythmus nicht findet und keine Sicherheit in seine Aktionen bringen kann. Diese Unbeständigkeit verhinderte wohl eine größere Karriere des Vizekapitäns.
Die Mainzfans wird es freuen, immerhin spielt Elkin schon seit Januar 2007 in der Domstadt und war entscheidend beteiligt am Aufstieg in die Bundesliga und der Qualifikation zur Europa League in der vergangenen Saison. Bis 2013 ist die Zusammenarbeit der beiden Parteien sicher, eine weitere Vertragsverlängerung erscheint bei der derzeitigen Verfassung des 31-Jährigen durchaus vorstellbar. Elkin Soto ist zweifellos ein großer Gewinn für die Bundesliga, auch wenn im medialen Verlangen nach immer neuen Talenten auf der einen Seite und lautstarken „Führungsspielern“ auf der anderen Seite stillere Vertreter wie er unterzugehen drohen.
3 Kommentare Alle anzeigen
Chris 13. Dezember 2011 um 02:00
Großartiger Techniker, viel Herz. Bei uns ein Publikumsliebling. Sicherlich eine der Säulen des Mainzer Spiels. Schön, dass ihr ihn so würdigt. Das hat er sich (wie so viele andere im Adventskalender auch) verdient.
Philipp 8. Dezember 2011 um 18:09
Schön, dass auch jemand ohne Mainz-Brille (?) ein so positives Bild von Soto hat. Hier sind sich die Leute eigentlich einig, dass er zu den Spielern des Teams gehört, ohne die im Spiel nicht viel gelingt; ganz gut konnte man das etwa im Pokalspiel gegen Zweibrücken sehen. Spätestens seit dem Doppelpack gegen die Eintracht in der Rückrunde der letzten Saison (davor gabs auch mal einen Freistoß zum 2:1 in der 90. gegen Lautern) dürfte er auch einen gewissen „Legendenstatus“ innehaben. Er ist zumindest einer meiner absoluten Lieblingsspieler. Schade, dass er bei der Copa America keine wirkliche Rolle gespielt hat, das hätte ich ihm gegönnt.
Tery Whenett 8. Dezember 2011 um 15:06
Danke, sehr schön – ein Spieler, den ich persönlich interessant finde und der hier endlich auch mal gewürdigt wird 🙂