EM-Quali: Spanien – Deutschland 2:2
Mit einem 2:2 in Spanien beendeten die deutschen Frauen ihr Länderspieljahr und konnten nicht die Tabellenführung der Gruppe 2 in der EM-Qualifikation übernehmen. Ein Spiel mehr und drei Punkten Vorsprung vor den Deutschen hat Spanien nun und bleibt, ungeschlagen, erster in der Gruppe.
Schon beim Sieg gegen Kasachstan war Célia Okoyino da Mbabi zurück in die Startelf gerutscht, nachdem sie seit der WM wegen Verletzungen absagen musste. Dafür fehlte Inka Grings aufgrund von Beschwerden an der Achillessehne.
In beiden Länderspielen dieses Doppelspieltags bot Silvia Neid Viola Odebrecht im defensiven Mittelfeld auf und verschob Lena Goeßling in die Innenverteidigung, dort ersetzte die Wolfsburgerin Annike Krahn. Als Außenverteidigerinnen liefen gegen Spanien Bianca Schmidt und Babett Peter auf; Verena Faißt nahm auf der Bank Platz.
Die Spanier boten ein 4-2-3-1 auf, mit Starangreiferin Verónica Boquete auf dem linken Flügel und Adriana als Mittelstürmerin. Marta Corredera und Sonia komplettierten die Offensive, hinter der die Spielführerin Sandra und Silvia Maseguer die Doppel-6 bildeten.
Pressing und lange Bälle
Von beiden Teams presste Deutschland zu beginn stärker und verleitete die spanischen Verteidigerinnen zu langen Pässen auf Adriana, welche aber meistens bei Saskia Bartusiak oder Lena Goeßling landeten.
Im Aufbau bekamen Bartusiak und Goeßling Zeit am Ball. Die Mittelfeldspielerinnen wurden von den Spanierinnen zugestellt und die deutsche Viererkette suchte selbst den Pass auf die Flügel. Links wurden von den Innenverteidigerinnen Melanie Behringer oder Babett Peter gesucht; die Außenverteidigerin konnte Aufrücken, wenn Behringer die Aufmerksamkeit auf sich zog und der Ballführenden Spielerin entgegen kam.
Lira Bajramaj auf dem anderen Flügel konnte zu beginn selten einbezogen werden. Die ersten Angriffsversuche auf der rechten Seite waren ins Leere gelaufen und Deutschland konzentrierte sich auf den anderen Flügel. Erst nach etwa zehn Minuten fand Bajramaj ins Spiel, indem sie auch im Zentrum auftauchte und mit den Stürmerinnen rochierte.
Im Angriff arbeitete Célia gegen die Innenverteidigerinnen, um deren Aufbau zu stören. Bei Ballbesitz bewegten sich die Stürmerinnen auch nach Außen, um die Angriffe dort zu unterstützen.
Das größte Problem war, dass das Defensive Mittelfeld von den Verteidigerinnen im Aufbau kaum angespielt wurde, sondern über die Außen umgangen wurde. Das lag zum einen an der spanischen Verteidigungstaktik, die darauf ausgelegt war den Weg durch die Mitte schon am Mittelkreis dicht zu machen, und zum anderen an der Ausrichtung der deutschen Doppel-6, die sich selten zurückfallen ließ um den Ball abzuholen.
In der Regel ließ sich eine der Stürmerinnen oder Flügelspielerinnen fallen, um einem Pass aus der Verteidigung entgegen zu kommen und den Ball auf Außen weiterzugeben oder ins Mittelfeld zu spielen. Simone Laudehrs Aufgabe war es nach vorne zu stoßen und sich bei Angriffen auf der rechten Seite mit einzuschalten oder früh Druck auf die Gegenspielerin auszuüben. Viola Odebrecht sollte dagegen im Zentrum für Stabilität sorgen und bei Bedarf das Spiel verlagern.
Spanien musste sich bei deutschem Pressing auf lange Bälle verlassen, versuchte aber ansonsten schnell das Feld zu überbrücken, wenn möglich mit Flachpasskombinationen. Boquete bewegte sich von der linken Seite gerne ins Zentrum, um Überzahlsituationen zu erzeugen und entstehende Räume durch den Offensivdrang von Laudehr zu nutzen. Auf der rechten Seite machte Corredera Druck auf Peter, wenn diese in Ballbesitz war oder schob ins Zentrum, um dort die Passwege dicht zu machen.
Adriana konnte die hohen Pässe aus der Abwehr in der Regel nicht verwerten und wenn Spanien durch Kombinationen nach vorne gekommen war, dann spielten sie flache Pässe hinter die Abwehr, die aber oft bei der Innenverteidigung oder Nadine Angerer landeten. Die Angreiferinnen hatten zwar ihre festen Positionen, Sonia nutzte aber die ganze Breite des Feldes, unterstütze auf den Flügeln oder erlaubte den Außen in die Mitte zu ziehen.
Deutsche Tore und Fouls
Zum 0:1 traf Lena Goeßling in der 27. Minute nach einem Eckball. Zuvor hatte die spanische Torfrau einen Kopfball von Alexandra Popp mit einem tollen Reflex zur Ecke geklärt. Aus dem Spiel hatten sich die deutschen zuvor wenige Torchancen erspielt. Ein Fernschuss von Laudehr nach einer Viertelstunde und ein paar Angriffe über die linke Seite waren recht vielversprechend gewesen, aber zwingende Chancen nach Kombinationen in den Strafraum waren auf beiden Seiten nicht zu sehen. Die Torschussstatistik wies am Ende der Partie 15 Torschüsse für Deutschland auf, von denen 10 am Tor vorbei gingen. Die Spanierinnen kamen gerade einmal auf 5 Versuche.
Die Führung für die Gäste war, aufgrund der Feldüberlegenheit, verdient und wurde in der 31. Minute auf 0:2 ausgebaut. Nach einer Balleroberung durch Popp im Mittelfeld, konnte Bajramaj die Tatsache nutzen, dass Spanien aufgerückt war, und auf der rechten Seite in den Strafraum eindringen. Ihre Hereingabe versuchte Miriam Diéguez zu klären; sie traf aber Ruth García, die den Ball ins Tor lenkte.
Der Abschluss war mehr als glücklich, der Spielzug, mit der Balleroberung von Popp und dem zielstrebigen Dribbling von Bajramaj, dafür ein guter Beweis, dass die Mannschaft, nachdem sie wiederholt von Hinten aufbauen musste, die Chance auf einen frühen Ballgewinn immer noch zu nutzen wusste.
Das ganze Spiel wurde ständig aufgrund von Fouls unterbrochen. Bei den Deutschen wurden besonders Simone Laudehr (5 begangene Fouls), Babett Peter und Alexandra Popp (je 4 Fouls) zurückgepfiffen. Auch Lira Bajramaj foulte 3 Mal, sie war besonders im zweiten Durchgang sehr engagiert. Martina Müller, die in der 80. Minute eingewechselt wurde, wurde, genau wie die in der 85. Minute eingewechselte Spanierin Priscila Borja, ebenfalls 3 Mal zurückgepfiffen.
Abgesehen hatten es die Deutschen auf Sonia (4 Mal gefoult) und ihre Kolleginnen Corredera und Sandra (je 3 Mal gefoult). Aber auch García wurde oft unter Druck gesetzt und dabei 3 Mal gefoult. Das zeigt, dass gerade die zentrale Achse Spaniens aggressiv angegangen wurde, besonders von Laudehr und Popp. Dazu gab es ein Duell zwischen Peter und Corredera.
Positiv fällt auf, dass alle drei Innenverteidigerinnen (Annike Krahn wurde zur Pause für Saskia Bartusiak eingewechselt) ohne Foulspiel auskamen. Spaniens Mittelstürmerin Adriana wurde auch nur einmal gefoult. Auf Seite Spaniens tat sich nur Sandra mit mehr als einem Foul hervor. Am Ende der Partie führte Deutschland in der Foulstatistik mit 26:10.
Spanien dreht die Partie
Der zweite Durchgang begann gut aus deutscher Sicht. Das Team schien von Spanien mehr Platz zu bekommen und konnte schon in den ersten Minuten eine Flanke von links bringen und danach sorgten Célia und Bajramaj für Gefahr im letzten Spielfelddrittel.
Doch die Deutschen beschäftigten sich mit der Zeit zu sehr mit den nicht immer nachvollziehbaren Entscheidungen der Schiedsrichterin. Der erste kleine Höhepunkt in dieser Hinsicht war die Gelbe Karte für Odebrecht (51.), weil sie, nachdem das Spiel unterbrochen worden war, noch aufs Tor geschossen hatte – zuvor hatte Bajramaj den Pfosten getroffen. Es ging so weit, dass Silvia Neid in der 59. Minute auf die Tribüne musste, weil sie sich über ein wegen Abseits aberkanntem Tor von Célia Okoyino da Mbabi zu sehr geärgert hatte.
Davor hatten die Spanierinnen aber auch schon den Anschlusstreffer erzielt. Bei einem flach ausgeführten Eckball hatten die Deutschen geschlafen und Boquete konnte aus spitzem Winkel den Ball unter die Latte hämmern (57.).
Deutschland drängte weiter aufs nächste Tor, musste aber mehr um den Ballbesitz kämpfen als noch vor der Pause. Popp spielte jetzt immer öfter auf dem rechten Flügel und Bajramaj gerne im Zentrum, von dort konnte sie Dribblings starten oder Pässe durch die Abwehr spielen. Célia hatte mehrere Torchancen an deren Vorbereitung Bajramaj oft beteiligt war.
Das Pressing funktionierte aber nicht mehr, so dass sich die Spanierinnen mit Passstafetten befreien konnten und dann zu schnellen Angriffen ansetzten. Besonders gefährlich wurde es für die Deutschen auch bei Standardsituationen, wie zum Beispiel Freistößen aus dem Halbfeld.
In der Nachspielzeit schaffte Spanien dann den Ausgleich. Angerer wehrte einen Schuss von rechts ab. Der fiel Willy vor die Füße, die war erst zwei Minuten zuvor eingewechselt worden und hatte sich in dieser Szene von Bajramaj gelöst. Wieder war das Tor nach einem Standard gefallen. Ein Einwurf hatte zum Schuss geführt, der dem Tor zum 2:2 vorausging.
Fazit
Deutschland gibt eine Zwei-Tore-Führung im EM-Qualifikationsspiel in Spanien unglücklich aus der Hand und muss nun bis zu den nächsten Spielen, im Februar in der Türkei und im März gegen Spanien, warten, um die Tabellenführung, und damit den festen Qualifikationsplatz für die Euro 2013, zu übernehmen.
Die Nationalmannschaft hat weiterhin Probleme sich hochkarätige Torchancen zu erspielen. Spanien konnte das deutsche Spiel auf die Flügel lenken und die Innenverteidiger zum Aufbau mit langen Bällen verleiten. Diese Strategie schien, zumindest teilweise, von der Bundestrainerin gewollt zu sein. Es fiel Deutschland aber schwer gegen die Überzahl von Gegenspielerinnen vor dem spanischen Tor regelmäßig in den Strafraum zu kommen. Es fehlt dem Passspiel der deutschen Mannschaft in solchen Situationen oft die Präzision und der Aufbau ist nach einigen Versuchen zu ausrechenbar.
Gut funktionierte das Pressing im ersten Durchgang, es wurden kaum gefährliche Angriffe zugelassen und die Innenverteidigung konnte viele Angriffe früh entschärfen, ohne zu Fouls greifen zu müssen. Bei Standards muss das deutsche Team aber präsenter werden und koordinierter agieren.
Spanien zeigte in der zweiten Hälfte, dass es durchaus aggressiv zu Werke gehen kann und gleichzeitig mit Kurzpassspiel zu schnellen Angriffen fähig ist. Mit dem gestiegenen Zwang den Anschlusstreffer und den Ausgleich zu erzielen, boten sich allerdings auch Räume für die Deutschen, die leider nicht für ein weiteres, reguläres Tor genutzt werden konnten.
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