Juventus Turin – ACF Fiorentina 2:1

Neben den Spielen im DFB-Pokal gab es auch internationalen Fußball zu sehen und so bot die Serie A eine absolute Topbegegnung zwischen Juventus Turin und dem AC Florenz.

Antonio Conte, Trainer der Gastgeber, wählte diesmal ein 4-3-3 anstelle des bisher favorisierten 4-4-2, so dass Arturo Vidal in die Mannschaft kam und neben Pirlo und Marchisio im Mittelfeld agierte. Der Chilene ersetzte Extigarribia und legte seine Rolle deutlich tiefer aus als noch beim Spiel gegen Milan, wo man mit der gleichen personellen Mittelfeldbesetzung wie in einem 4-4-1-1 gespielt hatte.

Die Fiorentina setzte auf ihr bewährtes 4-3-3 und das übliche Stammpersonal, wobei Riccardo Montolivo nicht dabei war – der Star der Mannschaft steht vor dem Absprung zu einem größeren europäischen Klub.

Das Ergebnis von 2:1 deutet auf ein typisch knappes italienisches Spiel hin, doch dem war überhaupt nicht so. In der ersten Halbzeit waren die Gastgeber klar überlegen und hatten viele Chancen gegen einen Gegner, der über lange Phasen enttäuschte und nur im zweiten Durchgang wirklich Paroli bieten konnte, wobei Juventus nur in den ersten 15 Minuten dieses Abschnittes nicht trotzdem überlegen war.

Pärchenbildung und Überladen auf halblinks

Die alte Dame interpretierte das 4-3-3-System sehr eng, so dass Pepe und Vucinic von ihren nominellen Flügelpositionen sehr weit in die Mitte drifteten. Somit musste vor allem Rechtsverteidiger Lichtsteiner weit aufrücken und für Breite sorgen, was auf der anderen Seite durch kollektive Bewegung geschah – Vucinic wurde hier vom aufrückenden Marchisio und dem sich fallen lassenden und sehr beweglichen Matri unterstützt und sie alle bildeten eine Kombinationsgruppe.

Die Defensivstrategie, die die Gastgeber dagegen anwenden wollten, war allerdings viel zu riskant. Es fehlte ihnen an einem echten Sechser, der die defensiven Räume hätte absichern können, stattdessen versuchte man, das Dreier-Mittelfeld des Gegners durch enge Deckung von „Spieler gegen Spieler“ zu neutralisieren, was allerdings nicht funktionierte, da die Turiner gute Wege fanden, sich Raum und Freiheiten zu kreieren (allerdings nicht auf die drei Mittelfeldspieler beschränkt).

Hier bediente man sich der Pärchenbildung, indem man zu einem gedeckten Spieler einfach einen weiteren nah dazu stellte – häufig waren dies die bereits genannten Marchisio, Vucinic und Matri. Eigentlich eine recht simple Methode, doch sie war effektiv und die Defensive der Fiorentina ließ sich viel zu leicht davon verwirren. Entweder ließen sie einen Spieler frei und unbeaufsichtigt stehen, der dann einen Pass von Ballverteiler Pirlo erhalten konnte, verließen grundlos ihre Position oder einzelne Spieler wechselten auf eine stärker raumbezogene Deckung, während die Kollegen sich zu stark auf den Mann konzentrierten.

So konnte Juventus vor allem auf der halblinken Seite mit ihrer Überzahl in Ballnähe viele Chancen aus ihrer Dominanz erspielen, allerdings war die Qualität dieser Chancen relativ gering, denn es fehlte vor allem die Durchschlagskraft – Matri ließ sich fallen und selbst wenn man den Gegner auf halblinks überlud, so stand die gegnerische Abwehr immer noch tief und man biss sich wie im Spiel gegen Milan an der letzten Linie die Zähne aus, da man noch vor dieser spielte.

Das Geheimnis der Passgenauigkeit und des Pressings

Ein weiterer Grund für die geringe Chancenqualität war auch, dass der Spielfluss immer wieder unterbrochen wurde, was stark von der auffällig geringen Passgenauigkeit des Turiner Teams im Allgemeinen ( 82 % im Vergleich zu 86 % gegen Milan) sowie Pirlos im Speziellen (78 % im Vergleich 89 % gegen Milan)  hervorgerufen war. Um im mittleren Spielfelddrittel gegen die Mittelfeldspiegelung des Gegners, welche in diesem Raum sehr eng standen, da die drei Mittelfeldspieler allesamt sehr hoch positioniert waren, eine erfolgreiche und raumgewinnende Spieleröffnung zu gewährleisten, rückte Pirlo entweder nach rechts in den von Lichtsteiner hinterlassenden Raum oder weit nach vorne vor – in dieser ungewöhnlich hohen Stellung konnte er sich dem dynamischen und ihm zusetzenden Kharja besser entgehen, da jener in tiefen Bereichen seine Defensiv-Fähigkeiten nicht mehr so effektiv einbringen konnte.

Somit wurden die Räume in diesem Bereich aber auch wieder leicht enger, was die Passgenauigkeit Pirlos absenkte. Ebenso waren die angesprochenen Pässe auf die überladenden Spieler auf halblinks riskant, da die Gegenspieler ebenfalls sehr nahe standen – und Pirlo stand auch deshalb höher, um diese Pässe über nicht noch längere Distanzen spielen zu müssen.

Das Aufrücken Pirlos hatte aber auch seine Vorteile, denn so konnte man nach einem Ballverlust, der zudem im Regelfall weiter vorne passieren würde und damit weiter weg vom eigenen Tor – es sei denn, die Abwehrspieler würden ihn beim Zuspiel auf den höher als gewohnt stehenden Pirlo produzieren, was gelegentlich vorkam und so auch zur geringeren Passgenauigkeit beitrug –, dynamisch und kollektiv zum Pressing aufrücken, bei dem man zum einen dank der Spielintelligenz Pirlos und zum anderen dank Vidal wenig Lücken ließ –der Ex-Leverkusener passte sich an die neue Rolle seine italienischen Strategen an und gab für ihn den Raumfüller, der nicht nur die Lücken im Offensivspiel stopfte, sondern auch im Pressing.

Fiorentina wenig überzeugend, erst nach der Halbzeit verbessert

Dies war ein Grund dafür, dass den Gästen auch nach vorne wenig gelang, der andere ist darauf zurückzuführen, dass ihnen Passdreiecke fehlten. Durch den Linksdrang des Gegners ließ sich Behrami zu stark dorthin ziehen (er blieb meistens noch halbwegs tief, um die Räume zu schließen, und frei, da Vidal sich oft fallen ließ und für Pirlo absicherte), womit er aber die Dreiecke in der Ordnung zerstörte, welche dann im Defensiv- wie Offensivspiel fehlten.

Den viel größeren Einfluss übte allerdings auch das individuell und generell schlechte Auftreten der Violetten aus – sie wirkten unorganisiert und passiv, einige Spieler behielten ihren Gegner nicht im Blick, andere schauten viel zu viel auf den eigenen Mann und den Ball. Sinnbild für eine schwache Mannschaft war Pasqual, der sich mehrfach überlaufen ließ.

Im zweiten Durchgang stellte Trainer Mihaljovic auf ein 4-2-3-1 um – Gilardino konnte vorne die Bälle besser halten, hinten stand man kompakter, Jovetic arbeitete als hängende Spitze sehr viel und wurde letztlich auch mit dem Ausgleich belohnt als er den von Juventus defensiv etwas frei gelassenen Raum zwischen den Linien für einen Fernschuss nutzte, doch schon ab der 60. Minute war Juventus wieder ein wenig stärker und traf nach wunderbarer Vorarbeit von Pepe, welcher auf halbrechts aufgrund des vielen Raumes für ihn eine Freirolle spielen durfte, durch Matri zum Sieg (65.).

Fazit

Es war ein verdienter Sieg für die Mannschaft Contes, da man in der ersten Halbzeit gegen einen schwachen Gegner mit guten taktischen Ideen – Überladen, Pärchenbildung, Aufrücken Pirlos und die passenden Rollen der Spieler – klar besser war, allerdings mit einem 1:0 nicht das Optimum herausholte und so gegen einen verbesserten Gegner zu kämpfen hatte, doch am Ende auch hier das bessere Ende für sich hatte.

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