Montpellier HSC – Paris Saint-Germain 0:3
Paris Saint-Germain gewann am Samstagabend mit 3:0 beim Montpellier Hérault SC, überholt damit diesen in der Tabelle und schob sich auf den 2. Platz. Schon in der ersten Halbzeit ging das Team von Antoine Kombouaré trotz Montpelliers Dominanz mit 2 Toren in Führung. Deren druckvolles und aggressives Spiel wurde von den Offensivkräften PSGs eiskalt gekontert.
Formationen
Beide Mannschaften liefen in 4-2-3-1 Formationen auf, die aber sehr unterschiedlich ausgelegt wurden. Montpelliers Trainer René Girard wies seine Außenverteidiger Garry Bocaly und Henri Bedimo an, im Spielaufbau neben die defensiven Mittelfeldspieler zu rücken und mit ihnen auf einer Linie zu spielen. In der Offensive agierte John Utaka oft auf gleicher Höhe mit Olivier Giroud, so entstand im Spielaufbau ein asymmetrisches 2-4-2-2.
Paris bot mit Nenê, Pastore und Ménez drei brandgefährliche Offensivkräfte hinter Kévin Gameiro auf. Die Mannschaft wurde vom Trainer auf Konter eingestellt, stand tief und ließ bei Angriffen die Außenspieler ins Zentrum stoßen.
MHSC dominant, PSG abgebrüht
Obwohl Paris schon direkt nach dem Anstoß zeigte, wie gefährlich ihre Offensive ist, konnten sie in der ersten halben Stunde kaum einen Fuß auf den Rasen bekommen. Montpellier begann aggressiv, versuchte mit schnellen Angriffen zum Erfolg zu kommen und dominierte das Spielgeschehen (65% Ballbesitz nach 15 Minuten). Paris verteidigte mit zwei 4er-Reihen gegen Montpelliers Direktpassspiel im letzten Spielfelddrittel. Einzig deren Ungenauigkeiten beim Abschluss hielten PSG im Spiel, besonders Giroud muss sich ärgern, bei sieben Torschüssen ohne Treffer vom Feld gegangen zu sein (woran auch der Schiedsrichter seinen Anteil hat).
Völlig unterschiedliche Rollen nahmen die Außen von Montpellier ein. John Utaka spielte oft sehr weit vorne, wie ein Rechtsaußen, ganz anders Geoffrey Dernis, der eher mit den Spielern im Zentrum kombinierte, sich am Mittelfeldspiel beteiligte um dann in die Spitze zu rücken. Diese unterschiedlichen Flügelspieler boten den Vorteil, auf der rechten Seite Spielzüge aufbauen zu können, während das linke Mittelfeld frei blieb und Raum bot, in den Bedimo vorstoßen konnte. Utaka konnte gegen Cearà oft ins eins-gegen-eins gehen, und mit Belhanda als Spielmacher war Montpellier auf der ganzen Breite gefährlich.
Wie gesagt, Paris beschränkte sich aufs Kontern, und war damit oft gefährlicher im Abschluss als die Hausherren. Wenn möglich wurde schnell über die linke Seite gekontert und dann der Ball nach Innen gegeben. Paris baute 41% der Angriffe über diese Seite auf und erzielte auch beide Tore in der ersten Hälfte auf diese Art. In der 39. Minute lief ein Konter über Pastore auf Nenê, der von links in den Strafraum flankte, wo Gameiro aus naher Distanz einschob. Das 0:2 durch Pastore (43.) fällt in die Kategorie Traumtor. Eine Flanke von links nahm der Argentinier als Volleyschuss und ließ Jourdren keine Möglichkeit zur Abwehr. Beide Tore zeigen wie gefährlich es ist, gegen Paris den Ball zu verlieren und dann offen in der Abwehr zu sein. Pastore stand bei seinem Tor völlig frei und vor dem ersten Tor spielte Bocaly im Vorwärtsgang einen Fehlpass. Nur seinem Torwart verdankte es Montpellier, nicht mehr Tore kassiert zu haben. So gut Girards Team im Vorwärtsgang war, sein schwaches Umschaltverhalten in die Defensive wurde ihm zum Verhängnis.
Zahlen ohne Wert
Ein Zeichen der Dominanz von Montpellier war, dass nur der Mittelstürmer Olivier Giroud weniger als 60% seiner Pässe zum Mitspieler brachte. Auf das ganze Spiel gesehen spielten die Hausherren 200 Pässe mehr als PSG (Pässe: 540 zu 340, Erfolgsrate: 78% zu 69%) und spielten im Schnitt 5 Pässe am Stück (im Gegensatz zu 3 Pässen bei PSG). Montpellier versuchte auch wesentlich öfter von Außen gefährlich zu werden und spielte mit 20 Flanken 4-mal mehr als PSG. Die Kontertaktik der Gäste schlug sich dagegen in mehr langen Pässen nieder.
Die Statistiken bezüglich der Foulspiele sind aufgrund der laxen Linie des Schiedsrichters nicht besonders aussagekräftig. Paris foulte zwar wesentlich öfter (17 zu 10) und kassierte auch mehr Gelbe Karten (4 zu 1), aber Montpellier hatte besonders in der Anfangsphase Glück bei der einen oder anderen Entscheidung, die nicht zu einer Spielunterbrechung führte.
Dass eine dominante Spielweise nicht immer in Tore umgesetzt werden kann, zeigen auch die Schussstatistiken und die Verteilung der Spielanteile auf die Spielfelddrittel. Wie schon beschrieben war PSGs Angriffsspiel weniger ausgeglichen und lief vor allem über die linke Flanke. Bei einer Kontertaktik ist es nicht ungewöhnlich, immer wieder den gleichen Ablauf und die gleiche Schwachstelle auszunutzen (wie Löcher hinter einem aufrückenden Außenverteidiger). Auffällig ist dabei, dass bei Montpellier die Offensivspieler ihre Positionen strenger hielten als bei PSG. Ein weiterer Unterschied sind die Außenverteidiger, die im Konterspiel von Paris seltener in Angriffe eingebunden waren als es bei Montpellier notwendig war.
Der Druck, den Montpellier aufbaute, kann auch daran erkannt werden, dass 31% des Spielgeschehens im Felddrittel vor dem Tor von Paris statt fand, aber nur 20% vor dem eigenen Tor.
Die Effektivität im Abschluss war in diesem Spiel der Schlüssel zum Sieg. Paris suchte zwar seltener den Abschluss (12 Torschüsse, 4 weniger als MHSC), aber sie schossen präziser (7 zu 6 Schüsse aufs Tor für Paris). Dazu schlossen die Gäste öfter aus naher Distanz ab. Interessant ist, dass, obwohl Montpellier über Außen und durch die Mitte die Angriffe vortrug, die Abschlüsse vor allem aus zentraler Position erfolgten (94%). Die Linkslastigkeit der Angriffe von PSG führte nicht zu einer unausgewogenen Schussverteilung: 33% der Abschlüsse von rechts und 50% durch die Mitte.
Diese Zahlen zeigen, dass im Fußball nur eine Statistik zählt. Egal welchen Stil man pflegt, wer vor dem Tor zu ungenau abschließt, wird wahrscheinlich verlieren.
Nach dem Wechsel
Durch die Führung war es für die Gäste natürlich noch leichter ihre Strategie umzusetzen, mit sieben bis acht Mann zu verteidigen und dem Gegner den Ball zu überlassen. René Girard brachte nach der Pause Souleymane Camara für Geoffrey Dernis, der die Position im rechten Mittelfeld weniger zentral auslegte. Das Tempo der ersten Halbzeit konnte natürlich nicht gehalten werden. Genau genommen hatte Montpellier einen Großteil seines Pulvers schon in der ersten Hälfte verschossen und hatte nun Probleme gegen die stabile Abwehr von PSG zwingende Möglichkeiten zu erzeugen.
Nach einer Stunde brachte MHSC noch Rémy Cabella für Estrada, der im Spiel 16 Bälle verloren geben musste, zu viele für einen defensiven Mittelfeldspieler. Cabella ging in die Offensive um das Projekt Anschlusstor zu forcieren.
In der 80. Minute erhöhte Javier Pastore nach einem Torwartfehler auf 3:0, Jourdren verschätzte einen zu langen Pass von PSG, der anders aufsprang als vermutet und Pastore hatte das freie Tor vor sich. Der Schiedsrichter bestätigte dann seine schwache Leistung in den Schlussminuten bei einem Feuerzeugwurf auf Nenê und einem fälschlicherweise wegen Abseits aberkannten Fallrückzieher-Tor durch Giroud.
Fazit
Paris zeigte eine solide Leistung in der Abwehr und konnte die Drangphase Montpelliers in der ersten Halbzeit überstehen. Dann bestraften Nenê, Pastore und Co. die risikoreiche Spielweise der Hausherren mit mehreren einwandfreien Kontern und PSG führte zur Pause mit zwei Toren, damit war das Spiel entschieden.
2 Kommentare Alle anzeigen
Vin 22. Mai 2012 um 16:38
Auf einen Bericht „Montpellier unter Girard“ hätte ich auch richtig viel Lust! Allgemein würde ich mir etwas mehr über die französische Liga wünschen. …und da ich hier schon beim Wünschen bin: „Augsburg unter Lukuhay“ würde mich als Hertha-Fan brennend interessieren und die FCA-Fans ja sowieso!
Stuf_03 15. Mai 2012 um 16:21
Hat einer von euch die französische Liga genauer beobachtet? Für mich als Zuseher wirkt es doch relativ verwunderlich, dass Montpellier Meister oder Vizemeister wird. An was kann man den Erfolg festmachen? Man wird in einer Liga ja nicht zufällig, oder über Tagesleistungen erster oder zweiter.