1. FC Nürnberg – SV Werder Bremen 1:1

Voller Selbstbewusstsein traten beide Teams zu diesem Spiel an. Während die Nürnberger bereits neun Punkte geholt hatten und vom Tabellenkeller weit entfernt sind, lagen die Bremer auf Platz zwei hinter den Bayern und zeigten einen tollen Saisonauftakt. Nun trafen die beiden Mannschaften aufeinander, wobei Werder als der Favorit galt, während Nürnberg das Heimrecht auf seiner Seite wusste.

Wechselwirkung der jeweiligen Formationen

Grundformationen zu Beginn der Partie; Bremens Matchplan war ein ganz anderer

Die Bremer traten wieder mit ihrer modernisierten Raute an. Mit Wiese im Tor und Sokratis auf rechts begannen zwei Spieler, die bereits in der Anfangsphase des Spiels den Platz verlassen mussten – der eine aufgrund seiner roten Karte, der andere verletzungsbedingt. Links kam Ignjovski zum Einsatz, der musste aber danach auf die rechte Seite wechseln, während Arnautovic für Ersatztorhüter Mielitz weichen musste.

Zentral in der Innenverteidigung begann Wolf mit Prödl, davor agierte Bargfrede als tiefster Spieler der Raute. Auf den Halbpositionen kamen Fritz und Hunt zu Einsatz, während Ekici das Sturmduo davor unterstützen sollte. Nach der roten Karte für Wiese ging Werder dennoch in Führung – es sollte der einzige Torschuss der Partie bleiben. Pizarro legte den Ball zwischen zwei Gegnern durch, Ekici verwandelte eiskalt.

Nürnberg begann mit einem 4-1-4-1 und profitierte natürlich stark von der roten Karte der Bremer. Wollscheid und Klose bildeten die Innenverteidigung und wurden von Chandler auf rechts sowie Pinola auf links flankiert. Simons agierte im defensiven Mittelfeldspieler hinter Feulner und Mendler, während Esswein und Hegeler die Außen beackerten. Ganz vorne sorgte Eigler für eine Anspielstation in der Tiefe und man versuchte die Bremer früh unter Druck zu setzen, doch der Matchplan beider Teams wurde nach der roten Karte und auch nach dem 1:0 für Bremen völlig über den Haufen geworfen.

Bremens Bunker

Nach dem Führungstreffer sperrte sich Bremen in der eigenen Hälfte ein. Mit einem Hybridsystem aus 5-3-1 und 4-4-1, welches nach der Einwechslung Naldos vollends zur Fünferkette wurde.

In den ersten Minuten nach der roten Karte spielte man noch mit der klassischen Viererkette, bestehend aus Schmitz auf links, Ignjovski auf rechts und Prödl neben Wolf im Zentrum. Bargfrede, Hunt und Fritz bildeten mit Ekici eine sehr fluide und teilweise etwas chaotische Kette davor und versuchten möglichst kompakt zu agieren, während Pizarro an vorderster Front spielte – Angriffe wurden zur Mangelware. Nach dem Gegentor kam dann die gänzliche Abkehr von allen Offensivbemühungen, als Naldo für Ekici kam – man wollte das Unentschieden halten.

Mit Naldo in einer quasi-Liberoposition machte man das Zentrum vor dem Strafraum extrem dicht und konnte gestaffelter stehen, während sich Fritz, Hunt und Bargfrede auf die Balleroberung davor konzentrierten. Pizarro musste alleine im Sturm spielen und war vollends abgemeldet, da Nürnberg extrem hoch aufrückte und keine Gegenwehr erlaubte. Ein einziger Schuss aufs Tor stand 24 Torversuchen der Franken gegenüber, wobei derer nur vier auf das Tor kamen – ein weiterer Beweis für das extrem kompakte Spiel vor dem eigenen Strafraum, da man dadurch die Gegner zu Distanzschüssen oder Versuchen unter Bedrängnis zwang.

Nürnberg – mit Dreierkette im Ballbesitz

Die Nürnberger reagierten natürlich umgehend auf die Catenaccio-ähnliche Spielweise der Werderaner und passten sich dem an. Mit einem sehr offensiven System, in welchem die Außenverteidiger ungemein offensiv agierten, versuchte man das Abwehrbollwerk der Norddeutschen zu knacken. Simons ließ sich dafür zwischen Wollscheid und Klose fallen und sorgte für eine Dreierkette, die dem letztjährigen Barcelona-System in Ballbesitz stark ähnelt. Am Ende des Spiels verbuchte man unglaubliche 71% des Ballbesitzes für sich und opferte schließlich sogar Pinola auf links und brachte mit Bunjaku einen weiteren Stürmer.

Dennoch wurde dieses extrem mutige und offensive System nur mit dem Ausgleichstreffer belohnt, doch im Prinzip machte man alles richtig. Bunjaku unterstützte Eigler im Sturmzentrum, während die offensiven Außenverteidiger bzw. später dann Esswein, Mak, Hegeler und der letztlich ausgewechselte Rechtsverteidiger Chandler versuchten, die Kette der Werderaner auseinander zu ziehen. Man wollte durch diese offensive Besetzung der Flügel die Fünferkette der Bremer erweitern und für größere Löcher und Schnittstellen in der Abwehr sorgen, doch dies gelang nicht wirklich. Hegeler rückte ins Zentrum auf und bildete nach der Auswechslung Mendlers die Zentrale, doch Werders Abwehr schlug sich wacker und ließ zwar Chancen zu, doch zu wenig qualitative Versuche bzw. Großchancen sicherten das Unentschieden. Dennoch ein großes Lob an die Nürnberger, welche sich schnell und adäquat den veränderten Umständen anpassten, ebenso der SV Werder, welcher eine komplexe Defensivtaktik schnell adaptierte.

Regen

Ein weiterer Punkt, der das Spielgeschehen bestimmte, war der starke Regen, der zeitweise zum Hagel wurde und für eine Verlängerung der Halbzeitpause sorgte. Der schwere Boden wirkte sich auf die Ausdauer der Spieler aus und ebenso das Passspiel. Es war nicht nur mühselig, den Pass und seine Geschwindigkeit richtig zu dosieren, viele Ballannahmen brachten schwere Probleme mit sich und waren ebenso anstrengend wie schnelle Läufe auf dem durchnässten Rasen. Man sah den Spielern an, dass sie Mühe hatten, sich freizulaufen und in richtige Positionen zu bringen, was sich logischerweise auf das Spielgeschehen auswirkte.

Fazit

Ein interessantes Spiel ging mit 1:1 zu Ende und beide Teams sind froh, diese Aufgabe hinter sich zu haben. Der Regen machte die Sache ebenso wenig einfacher wie die rote Karte für Wiese und die Zuschauer sahen ein für beide Seiten anstrengendes Spiel, welches wohl trotz der mutigen Offensive der Nürnberger keinen Sieger verdient hatte.

juwie 20. September 2011 um 00:24

Ich war live im Stadion und saß zugegebenermaßen auch nicht optimal, hatte aber den Eindruck, dass Werder eigentlich bis zur Einwechslung von Naldo mit einer Raute vor der Viererkette agierte (fand ich bei 10 gegen 11 schon ungewöhnlich).

Die Bremer waren übrigens die letzten zehn Minuten stehend k.o. (bei 75 Minuten mit einem Mann weniger, faktisch nur einer Wechselmöglichkeit und den schwierigen Platzverhältnissen sicher kein Wunder).

Was ich noch zu sehen meinte: Unter dem Strich doch sehr bescheidene Standards vom Club. Zwar fiel das 1:1 nach einem Eckball, aber bei den Ecken von rechts brachte beispielsweise erst die letzte ein wenig Gefahr.

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RM 20. September 2011 um 01:05

Ja, aber da die Raute nicht mit zwei Stürmern davor war, war sie keineswegs klassisch und bei einer so tief agierenden Mannschaft passt man die Defensivformation schlicht dem Gegner an. Wie ich schrieb, agierte man vor der tiefen Viererkette etwas unorganisiert, was meiner Meinung daran lag, dass man nicht wusste, ob man die Raute weiterhin aufrechterhalten sollte, obwohl es wider jeder Vernunft war – und so agierte man mit einem Mischmasch aus flacher Vier und Raute, während nach der Einwechslung Naldos das System dann strukturierter wurde.

Dem letzten Punkt kann ich nur dankbar beipflichten.

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juwie 20. September 2011 um 20:35

Danke für die Aufklärung. Der Hinweis mit der Raute war auch gar nicht als Kritik gemeint, ich war eher irritiert.

Bestätigt Deine Beobachtung dann die zuletzt immer geäußerte Kritik, dass Schaaf an der „überholten“ Raute geradezu manisch festhält, denn man hätte sie zu zehnt doch auflösen müssen?

„Unorganisiert“ trifft es übrigens ganz gut. Ich habe Hunt wechselweise auf rechts und auf links gesehen – das fand ich mit einem Mann weniger und einer eigenen Führung doch überraschend.

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RM 20. September 2011 um 21:33

Nun, im vorletzten Spiel agierte die Raute ja sehr modern und effektiv, zu zehnt wollte man die Raute wohl mit einer effektiven Defensivtaktik verbinden, um dynamisch nach vorne kommen zu können – dies scheiterte und war Grund für diese Zerrissenheit.

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Jonas 19. September 2011 um 13:14

Sehr gute Analyse, nur einen kleinen Fehler habe ich bemerkt: Naldo kam erst nach dem Gegentor, nicht wie hier geschrieben in der Halbzeit.

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