Ballbesitz – Ein taktiktheoretischer Diskurs
„Der Ballbesitz ist als Philosophie überbewertet, als Mittel aber unterbewertet.“
In einer unserer täglichen Diskussionen über Fußball ließ Kollege MR, der mit TR kompetenteste Fußballexperte, den ich kenne, diesen Nebensatz fallen. Beiläufig, gelangweilt. Doch er ist mir lange Zeit im Gedächtnis geblieben, weil er perfekt umschreibt, was ich mir seit Jahren denke und was sich in den letzten 3-4 Jahren verfestigte: Im Fußball wird nicht „zu defensiv“ gedacht, sondern zu sehr im Rahmen der Defensive. Offensivstrategien sind oftmals nur grob existent, es werden einzelne Abläufe und Spielzüge einstudiert, aber nicht situationsorientierte und veränderbare Grundideen instrumentalisiert.
Der Ballbesitz wird aber von einigen Trainern propagiert, unter anderem Louis van Gaal oder eben Josep Guardiola. Seit insbesondere der Letztere und seine große Barcelona-Mannschaften in den Fokus geraten ist, gibt es ein neues In-Wort unter Fußballfans: „Ballbesitzfußball“, „possessionplay“. Damit bezeichnet man die Philosophie, den Ball in den eigenen Reihen zu halten und geordnet anzugreifen.
Selten wurde etwas Einfaches dermaßen überschätzt und selten wurde die Tragweite von etwas Simplem so übersehen. Jede Mannschaft spielt Ballbesitzfußball – dann, wenn sie nicht kontern konnte und konstruktiv den Angriff aufbauen muss. Das Problem ist, dass lange Zeit nur wenige Teams konstruktiv aufbaute, sondern einfach versuchte zu flanken oder einen bestimmten Spieler anzuspielen.
Schon vor 20-30 Jahren begann die Entwicklung zu einem geplanten Offensivspiel. Wirklichen Einzug in das Bewusstsein des Sesselanalysten hielt sie aber erst im modernen Zeitalter der Globalisierung, der einfachen Zugänglichkeit von Massenmedien, der schnellen Informationsverarbeitung und –vermittlung. Angetrieben durch den neuen Bayerntrainer, welcher mit dem extremen Ballbesitzfokus diese Spielkomponente sichtbarer werden ließ und den Fokus im Angriffsspiel auf solche grundlegenden Aspekte wie Raum, Dynamik und Zeit legte.
Die wahre Bedeutung des Ballbesitzfußballs
Ballbesitzfußball wird immer mit sich selbst gleichgesetzt: Jede Mannschaft mit Fokus auf Ballbesitz gilt als äquivalent zu einer anderen. „Man spielt auf Ballbesitz“. Eine simplifizierende Vereinfachung – und ein fataler Fehler.
Um die Unterschiede zu erklären, hole ich ein bisschen aus. Eine ballbesitzorientierte Mannschaft hat zumeist 55-80% Ballbesitz. Sie hält den Ball also viel länger in ihren Reihen und sie spielen auch anders nach vorne als die klassischen Fußballteams. Viele Teams versuchen nämlich nach dem Ballgewinn viel Raum zu überbrücken und schnelle Abschlüsse zu generieren.
Doch bei den auf Ballbesitz fokussierten Mannschaften werden offensive Umschaltmomente teilweise aufgegeben, der Gegner kann dann seine Ordnung herstellen und zuerst wird nach hinten gespielt. Dieser Aspekt ist oftmals das Ziel von Kritik. Der Gedanke, dass der Ball nach Ballgewinnen so schnell wie möglich vor das gegnerische Tor kommen soll, ist noch sehr dominant. Wenn der Gegner tief steht, kann man – so hört man es oft – ja gar nicht zum Erfolg kommen. Dabei hat die Aufopferung der direkten Nutzung der Umschaltmomente auch sein Positives.
Nicht nur der Gegner kann seine Ordnung herstellen, sondern auch man selbst. Eine Mannschaft, die ihre offensive Ordnung herstellen kann, verfügt über einige Vorteile. Sie kann planen, sie kann einstudierte Abläufe testen, sie kann den Moment, den Raum und gar die genaue Situation ihrer Angriffe bestimmen. Durch dieses gefächerte Arsenal an Offensivoptionen entsteht eine höhere Variabilität in den unterschiedlichen Schemen und grundlegenden Abläufen. Diese Variabilität gilt es zu definieren, um sie analytisch betrachten und vergleichen zu können.
Oftmals wird der Ballbesitz in einen „defensiven“ und „offensiven“ Ballbesitz unterteilt. Diese Verteilung ist ziemlich griffig und logisch. Es geht um die Motivation der Ballzirkulation – will ich den Ball haben, um dann angreifen zu können, oder will ich den Ball haben, damit der Gegner nicht angreifen kann? Diese Differenz sorgt dann für Unterschiede im Risikoverhalten und in der Höhe der Ballzirkulation.
Aber diese Unterscheidung ist viel zu einfach. Sie bietet zwar einen systemphilosophischen und taktikpsychologischen Einblick, jedoch keine Erklärung über die genauen taktischen und strategischen Vorgänge in Ballbesitz. Alternativ könnte der Ballbesitz nicht nur in „offensivorientiert“ und „defensivorientiert“ klassifiziert werden; ein „penetrierender“ (beispielsweise bei Kontermannschaften), ein „zirkulierender“ (die aktive Suche nach Lücken wie bei Barcelona) und ein „abwartender“ Ballbesitz (passive Suche nach Lücken, auf Sicherheit bedacht, oftmals mit Einzel- statt Teamaktionen in den penetrierenden Aktionen) wären taktiktheoretisch ebenfalls passende Synonyme.
Doch selbst eine vergrößerte Kategorisierung in „offensiv/penetrierend“ , „neutral/zirkulierend“ und „defensiv/abwartend“ kaschiert die Mängel dieser Definition nur wenig.
Wie bespiele ich meinen Gegner?
Vielmehr sollte auf die unterschiedlichen Abläufe in der Angriffsbespielung geachtet werden. Hier folgt es eine Definition und versuchte Übersicht über die Varianten, wie ein Angriff ausgespielt werden kann.
- Überzahlerzeugend
Grundprinzip: In bestimmten Räumen oder um bestimmte Spieler wird versucht eine Überzahl zu erzeugen, damit diese Zone kontrolliert werden kann. Aus diesen Räumen kann dann durch die Überzahl in andere Räume kombiniert oder Angriffe direkt eingeleitet werden.
Beispiel: Lionel Messis Zurückfallen aus dem Neunerraum. Manchmal geht er nur in den Zwischenlinienraum oder in den Zehnerraum, manchmal lässt er sich aber eher nach rechts oder in den Sechserraum fallen. Je nach Gegner, Situation und Gegenmaßnahmen gegenüber Messi gibt es hier unterschiedliche Räume, meistens ist aber das Ziel die Erzeugung von Überzahl im Zentrum, um den strategisch wichtigsten Punkt zu kontrollieren.
- Raumorientiert/-attackierend
Grundprinzip: Bei dieser Spielweise versucht man Raum zu öffnen und diesen bespielen zu können. Dort können dann entweder Pässe hindurch gespielt oder Dribblings gefahren werden.
Beispiel: Bei einer mannorientierten Spielweise der Innenverteidiger kann sich beispielsweise der Mittelstürmer zurückfallen lassen, um ein Loch zu öffnen. Der Außenstürmer kann dann diagonal in die Mitte ziehen, wo er Lochpässe empfangen kann. Auch raumöffnende Läufe bei Alleingängen sind möglich, sh. dieses vereinfachte und weniger kollektive Beispiel von Jermaine Defoe oder auch Andrés Iniesta.
- Schwachpunktfixiert
Grundprinzip: Es wird ein Schwachpunkt, ein gewisser taktischer Mechanismus oder ein bestimmter Spieler ausgemacht, der dann bespielt werden muss. Dies kann wiederum auf unterschiedliche Art passieren, „rein schwachpunktfixiert“ wäre das Improvisieren von Angriffen, lediglich die Angriffsrichtung wird vorgegeben.
Beispiel: Ein langsamer Verteidiger soll andauernd mit Dribblings oder Lochpässen attackiert werden oder ein individuell enorm schwacher Spieler des Gegners soll. In gewisser Weise versuchte Sir Alex Ferguson dies mit Positionswechseln von Cristiano Ronaldo (bzw. einer positionellen Freirolle) von Spiel zu Spiel oder auch gegen die Bayern 2009/10 mit Nani vs. Badstuber und vielen Dribblings zu provozieren.
- Einzelspielerfokussiert
Grundprinzip: Im Offensivspiel werden einer oder mehrere bestimmte Spieler gesucht, die dann mit ihren Fähigkeiten den Unterschied ausmachen sollen. Dies dürfte wohl die bekannteste Form des Ballbesitzspiels sein. Im Zweifel wird dann einfach ein Pass auf Spieler X gespielt; dieser soll dann durch Dribblings, Weitschüsse oder Kreativität im Passspiel für einen erfolgreichen Angriffsverlauf sorgen.
Beispiel: Das treffendste Beispiel der Fußballgeschichte dürfte Diego Maradona sein. Der kleine Argentinier hatte zumeist eine Freirolle, rückte dann je nach Lust und Laune in die Spitze auf und war zeitweise Mittelstürmer, ließ sich auf die Seite fallen und wurde zum Außenstürmer, instruierte das Spiel aus der Zehner-Position als Nadelspieler und klassische Zehn oder ließ sich in den Sechserraum fallen und organisierte den Angriff bereits aus der Tiefe heraus. Ziel der Mannschaft war es, ihm den Ball zu geben und sich danach einfach freizulaufen.
- Positionswechselorientiert
Grundprinzip: Bei diesem Angriffsstil wird durch den Tausch von Positionen Chaos in der gegnerischen Abwehr erzeugt und oftmals werden im Zuge der Positionswechsel Pärchen oder Dreiecke gebildet, die kurz bespielt werden können. Die Mannschaft ist durchgehend in Bewegung, Manndeckungen können sich hier nur schwer halten, weil durch die kurzen Engen Verwirrung der Zuordnungen entstehen und bei den Positionswechseln auch der Manndecker seine ursprüngliche Zone verlassen müsste, was zumeist kontraproduktiv ist. Man stelle sich vor, beim Gegner gibt es einen Positionstausch von Zehner und Libero (früher oft Gang und Gäbe), wodurch der eigene (klassische) Mittelstürmer sich plötzlich im eigenen Sechserraum wieder findet, während der defensivstarke Sechser vorne herumscharwenzelt und bei Kontern die erste Anspielstation geben soll.
Beispiel: Insbesondere die niederländische Nationalmannschaft der 70er und Ajax Amsterdam prägten diesen Spielstil. Sie wechselten zumeist entlang der vertikalen Linien, einige Male aber auch entlang der Horizontalen. Der FC Barcelona macht dies in kleinerem Ausmaß entlang anderer Linien und teilweise nur bei bestimmten Spielern. Im modernen Fußball ist es aber ohnehin eher ein „positionssicherndes“ oder „staffelungerzeugendes“ statt „positionswechselndes“ Spiel geworden. Das moderne Positionsspiel handelt meistens vom Verlassen von Räumen und der Absicherung dieser verlassenen Räume im Sinne der Raumverknappung. Die hohe Effektivität der Positionswechsel, welche die großen „totaal-voetbal“-Mannschaften der 70er vor- und ausmachten, ist in Zeiten der Raumdeckung geringer geworden.
- Gegnerziehend
Grundprinzip: Das Herstellen der Kompaktheit in Ballnähe des Gegners wird genutzt, um dadurch auf einfache Art und Weise Räume zu erzeugen. Beim Pressing, insbesondere in der eigenen Hälfte, versucht eigentlich jede Mannschaft um den Ball herum eine Überzahl herzustellen. Zumeist schieben die umliegenden und ballfernen Akteure nach, es entstehen lokale Kompaktheiten. Innerhalb dieser können aber Lücken entstehen, die der Gegner nutzen kann – oder sie entstehen eben ballfern.
Beispiel: Das wohl beste Beispiel ist ein Nadelspieler wie Iniesta oder ein Superstar wie Lionel Messi. Iniesta hält einfach den Ball lange und verzögert sein Abspiel, bis sich gewisse Mini-Freiräume für seine Mitspieler in Ballannahme und -verarbeitung auftun. Messi wird oftmals ohnehin mit losen Manndeckungen oder veränderten Zuständigkeitsbereichen stärker eingeengt, wodurch die Mitspieler naturgemäß etwas freier sind.
- Pressingprovozierend
Grundprinzip: Ist eine Mannschaft nicht im Stande oder will sie nicht den Ball wirklich für einen konstruktiven Angriff nutzen, so kann sie durch eine tiefe Ballzirkulation das gegnerische Pressing provozieren, um sich dadurch Räume zu schaffen, die sie anderweitig, aus welchen Gründen auch immer (mangelnde raumöffnende Strategien, extreme Kompaktheit beim Gegner, Unterzahl bei eigenen Angriffen) nicht erhalten. Hat der Gegner eine riskante Pressingstrategie, können auf diese Art und Weise auch formative Löcher bespielt werden.
Beispiel: Manuel Neuers raumgreifende lange Bälle machen im Prinzip genau das. Die Münchner bringen ihn bei hohem Pressing des Gegners ins Spiel, lassen den Ball kurz zirkulieren und Neuer kann dann mit einem langen Ball offene Räume bespielen. Auch die Dortmunder mit Mats Hummels‘ langen Bällen sind dazu im Stande. Es dürfte eine der intuitivsten und einfachsten Strategien sein.
- Balldynamisch
Grundprinzip: Hier wird die technische Stärke der Spieler für schnelle Kurzpässe mit nur einer Ballberührung genutzt. Indem die Spieler dynamisch ein Dreieck herstellen und dieses extrem schnell bespielen, können sie mehrere Pässe sofort aneinanderreihen und einen Raum problemlos umspielen, ohne dass der Gegner überhaupt Zugriff erhält. Im Endeffekt wird hierbei nur die einfache Tatsache genutzt, dass der Ball einen deutlich stärkeren Antritt und eine unbegrenzte Geschwindigkeit haben kann, der Mensch jedoch nicht; nur oft haben diese Menschen auch nicht die nötige Technik für ein solches Ballbesitzspiel.
Beispiel: Der FC Barcelona praktiziert dies in sehr engen Räumen oder bei hohem gegnerischen Pressing, in welchem die längeren Anspielstationen blockiert sind bzw. eine Gruppe von Spielern isoliert wurden. Sie versuchen mit nur einem Kontakt und sehr scharfen Pässen die Gegner zu umspielen, obwohl diese rein theoretische Zugriff auf die jeweiligen Akteure hätten. Doch bis sie die letzten 1-2 Schritte machen, ist der Ball schon beim nächsten Spieler und mit ein paar Pässen kann das Pressing ausgehebelt werden.
- Spielzugserzeugend
Grundprinzip: In Ballbesitz wird versucht, dass man gewisse Abläufe abspult bzw. abspulen kann. Der Vorteil liegt darin, dass diese im Training konstant eintrainiert werden können, wodurch sie gelegentlich etwas effektiver sind. Nachteilig ist die extreme Fokussierung auf solche Sachen, da sie zu Starrheit und Berechenbarkeit führen kann.
Beispiel: Oftmals sind Flankenangriffe auf diese Weise organisiert. Bestimmte Bewegungen in den Halbräumen sollen die Pass- und Laufwege auf dem Flügel öffnen, die raumöffnenden Akteure ziehen dann gar selbst in die Mitte und sind dann zusätzliche Abnehmer dieser Flanken. Michael Ballacks Kopfbälle nach Willy Sagnols Halbfeldflanken sind unter Bayernfans heute noch berüchtigt.
- Gegenpressingvorbereitend
Grundprinzip: Ballbesitz? Hmm. Nicht so prall. Lieber nochmal einen Umschaltmoment erzeugen. Hier wird mit langen Pässen oder absichtlichen Ballverlusten ein Kampf um zweite Bälle erzeugt bzw. Gegenpressing gespielt, um daraus dann anzugreifen. Der Gegner rückt oftmals nicht ordentlich zurück oder zu früh auf, wodurch sich einfache Räume auftun. Werden solche Ballverluste geplant, kann man sie natürlich auch einfacher und konstanter gewinnen, indem man sich vorzeitig strategisch richtig positioniert.
Beispiel: Unter Guardiola arbeitete gelegentlich der FC Barcelona mit solchen Mitteln, aber auch die Dortmunder oder viele schwächere Teams kommen extrem über ihre Fähigkeiten im Spiel gegen die zweiten Bälle. Auch bei Abstößen kann das Grundprinzip sehr gut gesehen werden: Die Teams ballen sich in einer Zone, wohin ein langer Ball kommt, während ballfern schon Spieler bereit stehen, um in mögliche Lücken stoßen zu können.
Sonst noch?
Eine Kategorisierung und Definition aller möglichen (Teil-)Varianten ist natürlich nicht möglich. Es wird immer neue Ideen und Varianten geben, immer entstehen neue Verbindungen oder es ergeben sich durch die Umstände des modernen Fußballs extreme Situationen. Ein Beispiel wäre Mourinhos Inter im Rückspiel gegen den FC Barcelona 2009/10, als sie letztlich „ballbesitzverlierend / umschaltmomentaufgebend / angriffsverzichtend“ spielten.
Weitere Sachen, die oft vernachlässigt werden, sind die psychologischen Varianten des Ballbesitzspiels, wo der Gegner durch den andauernden Ballbesitz in sicheren, aber pressingnahen Zonen frustriert wird. Dies gehört nicht zum Angriff und der Variante selbst, ist aber eine Art der Anwendung von Ballbesitz, die über den bloßen Angriff herausgeht. Besonders bei Rückständen ist dies taktikpsychologisch von großer Bedeutung, wenn gegen ein 0:1 gespielt werden muss, der Gegner sich aber partout kurz vor der Mittellinie den Ball zuschiebt und sofort jene Räume bespielt, die sich öffnen, wenn man zum Pressing übergehen möchte – womit wir wieder bei einer der obigen Strategien wären.
Doch auch innerhalb dieser verschiedenen Typen ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten; nicht nur in der Umsetzung, sondern auch philosophisch. Kollege MR kategorisierte beispielsweise Mannschaften in der Offensive nach „Schablonen, Muster und Improvisation“; manche Teams haben eine Angriffsschablone und verfolgen diese durchgehend. Teams, die quasi als Muster spielen, orientieren sich an der Schablone, verändern diese aber durchgehend, passen sie an und äffen nicht die Bewegungen aus dem Training nach, sondern wissen um das grundlegende Prinzip hinter diesen Bewegungen, was ihnen Variabilität ermöglicht. Bei der Improvisation fehlen einfach die Abläufe und die Spieler versuchen auf sich alleine gestellt solche instinktiv zu erzeugen.
Neben den grundlegenden Varianten hinter den einzelnen Kategorien spielt natürlich auch die Intelligenz der Umsetzung eine Rolle. Der Ballbesitz kann wie der „Kick and Rush“ als „percentage football“ aufgebaut werden. Soll heißen: In Zonen, wo der Gegner enorm kompakt steht, individuell oder gruppentaktisch überlegen ist, wird der Ballbesitz schnell weiterzirkuliert, in der Offensive werden diese Räume gemieden. Stattdessen konzentriert man sich auf gegnerische Schwachpunkte, in diesem Räumen werden immer wieder Pässe gespielt und Dribblings versucht; womit wir wiederum bei einer der obigen Varianten und einem primären Fokus wären.
Fazit
Wie man sieht, gibt es unterschiedliche strategische Vorgehensweisen in Ballbesitz. Der Ballbesitz als Philosophie ist eher eine Richtlinie, viel Ballbesitz zu haben und den Umschaltmoment aufzugeben; aber es bedeutet nicht, dass in Ballbesitz schön oder geplant gespielt wird. Zwar geht dies oft Hand in Hand, weil sich Trainer mit einem gewissen Hauch von „Ballbesitzphilosophie“ natürlich darüber Gedanken machen, was sie mit dem Ballbesitz anfangen wollen.
Aber es gibt auch Trainer, die weniger philosophisch und stattdessen eher pragmatisch angehaucht sind, die dennoch ihre Mannschaften hervorragend in Ballbesitz ausrichten und sie mit unterschiedlichen Ausrichtungen auf hohem Niveau angreifen lassen. Ein gutes Beispiel dafür ist Lucien Favre. Als Trainer von Borussia Mönchengladbach lässt er eher einen konservativen und defensiv angehauchten Fußball spielen: Tiefes Pressing, Passivität in der gegnerischen Hälfte, konservative Positionsauslegung in der Offensive auf Schlüsselpositionen (Sechser, Außenverteidiger) und einen hohen Fokus auf den Umschaltmoment.
Doch wenn der Umschaltmoment aufgegeben wird, dann verbindet Favre oft mehrere grundlegende Aspekte des Ballbesitzfußballs. Es gibt raumöffnende Bewegungen, um Spielzüge erzeugen zu können, man versucht mit einer tiefen Ballzirkulation Pressing zu provozieren und diese Lücken mit extremer Dynamik im Kombinationsspiel zu kombinieren. Auch bestimmte gegnerische Aspekte im Defensivspiel werden bespielt, wie es Favre gegen die Bayern mit ihrem mannorientierten Gegenpressing tat.
Aber oftmals werden solche Sachen schlicht und ergreifend nicht beachtet. Es gibt einzelne Spielzüge, einen Fokus auf Einzelspieler bei sich selbst und beim Gegner, jedoch nur wenige kollektive Aspekte. Ein Umstand, der sich in Zukunft ändern sollte.
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User 7. Juli 2014 um 15:28
„Doch bei den auf Ballbesitz fokussierten Mannschaften werden offensive Umschaltmomente teilweise aufgegeben, der Gegner kann dann seine Ordnung herstellen und zuerst wird nach hinten gespielt. Dieser Aspekt ist oftmals das Ziel von Kritik. Der Gedanke, dass der Ball nach Ballgewinnen so schnell wie möglich vor das gegnerische Tor kommen soll, ist noch sehr dominant. Wenn der Gegner tief steht, kann man – so hört man es oft – ja gar nicht zum Erfolg kommen. Dabei hat die Aufopferung der direkten Nutzung der Umschaltmomente auch sein Positives.“ — LA PAUSA, da ist sie!!!
R/S 7. Oktober 2013 um 10:58
Das Phänomen Ballbesitz wird seit van Gaal geradezu traumatisch überschätzt. Statistiken weisen das Gegenteil aus – in aller Regel bringt Ballbesitz keine Spielvorteile, die sich in Toren ausdrücken. Auch ist es eine Mär, dass auf Ballbesitz spielende Mannschaften weniger laufen als der Gegner, sie also den Gegner laufen lassen. Auch hier ist das Gegenteil der Fall.
Im Rahmen eines kurzen Kommentars kann ich nicht auf die tatsächliche Wirklichkeit eingehen – sie ist komplex -, sondern nur einige Gedankenimpulse loswerden:
1. Unabdingbare Voraussetzung für Vergleiche von Spielsystemen sind in etwa gleich starke Mannschaften; alles andere macht keinen Sinn.
2. Fußball funktioniert wie militärische Auseinandersetzungen – in beiden gilt, dass die verteidigende (defensive) Seite ca. ein Drittel schwächer sein kann als die angreifende (offensive) Seite, um in etwa gleich stark zu sein.
3. Die holländische Philosophie des Ballbesitzes (seit den 1970er Jahren) hat auf der Ebene von Nationalmannschaften gegen etwa gleichstarke Mannschaften mit Kontersystemen nahezu immer versagt (gegen Italien, Deutschland, Argentinien).
4. Bei gleich starken Mannschaften hat es sich gezeigt, dass die offensive (auf Ballbesitz orientierte) Spielweise in aller Regel gegen defensive (aber konterstarke!!!) Mannschaften den Kürzeren zieht (Barca gegen Chelsea oder Inter, Brasilien gegen Italien oder Deutschland gegen Italien usw.).
Insofern ist der Hype um die zahlreichen Offensivvarianten, um Ballbesitz und frühes Pressing im Grunde genommen nur ein mediales Strohfeuer, um etwas schreiben zu können.
MR 7. Oktober 2013 um 12:33
„4. Bei gleich starken Mannschaften hat es sich gezeigt, dass die offensive (auf Ballbesitz orientierte) Spielweise in aller Regel gegen defensive (aber konterstarke!!!) Mannschaften den Kürzeren zieht (Barca gegen Chelsea oder Inter, Brasilien gegen Italien oder Deutschland gegen Italien usw.).“
So ein Bullshit. Oho, man findet drei Beispiele, wo die defensivere Mannschaft gewann, ohooooo. Bestimmt gibt es KEINE Beispiele, wo die offensivere Mannschaft gewann. Barcelonas Pep hat auch nur zwei Mal die CL geholt, weil die gegnerischen Teams (Real, ManU) so abgrundtief schlecht besetzt waren.
Diesen Mist denken sich auch nur Leute aus, die sich in ihrem Pragmatismus so wohl fühlen, dass sie unbedingt diese destruktive Philosophie annehmen wollen. Dass schön auch erfolgreich sein kann, darf nicht sein, das wär ja uuutooooppppiiiiisch. Wo kommen wir denn hin, wenn Idealismus Sinn ergibt? Blöde Idealisten. Machen auf besserer Mensch, aber dabei sind die ja nur dumm. Und wenn’s drauf ankommt ziehen die immer den kürzeren. Man muss zynisch und pragmatisch sein! The only way to be!
Bäh.
RM 7. Oktober 2013 um 13:11
Statistiken weisen das Gegenteil aus – in aller Regel bringt Ballbesitz keine Spielvorteile, die sich in Toren ausdrücken. Auch ist es eine Mär, dass auf Ballbesitz spielende Mannschaften weniger laufen als der Gegner, sie also den Gegner laufen lassen. Auch hier ist das Gegenteil der Fall.
Sie laufen nicht weniger, das ist spielabhängig; aber sie laufen in der Masse weniger intensiv.
Sind das die Statistiken zu unterlegenen Ballbesitzteams von Reep? Die sind nämlich Schwachsinn. Schau sie durch; eigentlich kommt da etwas anderes raus.
Und: Natürlich gewinnt bei Partien, wo beide Teams sich auf den Umschaltmoment konzentrieren, öfter jene Mannschaft, die schneller und besser umschalten kann und weniger Ballbesitz hat. Auch hier darf die Methodik angezweifelt werden. Wie oft gewann Barcelona von 2009-11 die wichtigen Partien? Partien gegen tiefstehende Konterteams?
Es ist eher eine Frage, wie gut, effektiv und stabil setzte ich meine spielphilosophische Spielweise um; das ist bei Konterteams einfacher, aber in der Spitze ist die Spielweise limitierter.
P.S.: Betrachtet man die vergangene Saison der Bundesliga statistisch, dann korreliert hoher Ballbesitz sehr stark (,865) mit einer hohen Punktausbeute.
R/S 7. Oktober 2013 um 14:31
Sie vergessen die Grundlage aller Vergleichsweise (mein Punkt 1): Nur personell und taktisch ebenbürtige Mannschaften lassen Vergleiche von Spielsystemen zu.
Wenn Bayern, Barca (oder wer auch immer) gegen einen tiefstehenden unterklassigen Gegner gewinnt, so ist es nicht ein Gewinn des Spielsystems, sondern der Spielstärke. Die Bayern haben gegen zweitklassige Gegner schon gewonnen, da haben sie noch Hauruck-Fußball gespielt. Wie wenig Ballbesitz und scheinbare Dominanz tatsächlich zählen, haben erst dieses Wochenende (FCB-Bayer und Dortmund-Gladbach) wieder hautnah erleben können (vorausgesetzt, man hat offene Augen).
Im Übrigen und für Ihre restliche Kritik: Argumente einfach als Blödsinn abtun ist kein Zeichen von hohem fachlichen Kenntnisstand. Ich muss in diesem Fall nicht mehr mitdiskutieren.
Alex 7. Oktober 2013 um 15:19
Die Reaktion ist tatsächlich sehr harsch, bin ich auch nicht gewohnt hier. Ich nehme an die Autoren störte es, das ihre Argumentation sehr dogmatisch war und in ihrem Ausdruck eig. keine Diskussion zuließ. Trotz des schlechten Statrs hoffe ich dennoch, dass sie folgend nun sachlich Argumente austauschen können und fange damit auch an.
Ohne einen Blick in irgendwelche Statistiken geworfen zu haben halte ich Ihre Postulate auf denen die Aussage gründet nicht für haltbar. Natürlich müssen auch Ergebnisse gegen schlechtere Gegner bewertet werden, einmal schon allein aus dem Gebot, dass die Einteilung in gut/schlecht sehr subjektiv ist, andererseits aber auch, weil es in einer Liga seltenst die Topspiele sind, die die Meisterschaft entscheiden.
Hier halte ich es für keinen Zufall, dass die Bayern zwar schon immer gut gespielt, aber erst mit dem Ballbesitzfokus des vergangenen jahres so dominant wie nie waren. Eigener Ballbesitz minimiert einfach den Zufall, was der spielstärkeren Mannschaft natürlich langfristig zugute kommt. Auch die größten beiden Erfolge der vergangenen Spielzeit: Freiburg und die Augsburger Rückrunde, gingen mit einem erhöhten Ballbesitzspiel einher, obwohl es hier eher nicht die individuell stärkere Mannschaft war, die dieses fokussierte.
Eine statistische Auswertung zwischen der Topduelle der letzten Jahre (europäisch) wäre allerdings in der Tat interessant um zu ermitteln ob Ballbesitzspiel in etwa gleichstark besetzten Pokalwettbewerben eine ähnlich hohe Rolle spielt wie in der Liga. Angesichts dessen, dass Bayern und Barca eben seit LvG hier dominierten vermute ich es, aber will da keine voreiligen Schlüsse ziehen.
Ihre Adaption aus der Militärstrategie halte ich auch nicht für übertragbar auf den Fußball, sofern diese denn im Milität stimmt. Ich erinnere mich hier gerne an Sacchi, der seine Mannschaft im Training oftmals in eine Star-Truppe und eine Mitläufer-Truppe aufteilte, der zweiten jedoch taktische Anweisungen gab. Wenn ich die Annekdote richtig im Kopf habe setzte sich die individuelle Qualität nicht einmal gegen das taktische Korsett durch, egal ob in Offensive oder Defensive. Ob dies bei Kriegstaktiken nicht genuso der Fall ist?
Ihren vierten Punkt halte ich ohne eine aufwändigere Aufbereitung nicht für tragbar, drei Beispiele innerhalb von 5 Jahren reichen hier nicht aus um einen Trend jedweder Art zu erkennen.
Beste Grüße
MR 7. Oktober 2013 um 15:59
„Im Übrigen und für Ihre restliche Kritik: Argumente einfach als Blödsinn abtun ist kein Zeichen von hohem fachlichen Kenntnisstand. Ich muss in diesem Fall nicht mehr mitdiskutieren.“
Bei Argumenten ist das korrekt. Bei stupiden Behauptungen, die darüber hinaus auch noch fußballschädlich sind, sieht das aber anders aus.
Daher wiederhole ich gerne noch einmal: So ein Bullshit. Bäh.
Und wieder nutzen Sie _Einzelbeispiele_ (das ist kein Argument, das ist – oh, da isser schon wieder – Bullshit), die dann auch noch dem selbst formulierten Kriterium (gleiche Spielstärke) widersprechen.
Wenn wir schon Beispiele nehmen, dann doch welche mit gutem Stichprobenumfang: https://spielverlagerung.de/2012/03/14/als-schwaches-team-spielerisch-siegen-swansea-schlagt-manchester-city/
Darüber hinaus geht es im Artikel hier ja gerade darum, dass die Ballbesitz-PHILOSOPHIE überbewertet ist. Es geht hier darum, den eigenen Ballbesitz sinnvoll zu nutzen. Nicht darum auf irgendeine Art und Weise mehr davon zu haben. Also das WIE ist wichtig, nicht das OB.
Diese Betrachtung als „mediales Strohfeuer“ abzutun ist so ignorant und fern der sportlichen Realität, dass ich gerne ein Buch darüber schreiben würde, wo auf jeder Seite nur groß BULLSHIT steht.
Wenn solche ignoranten Spinner sich auf unserer Seite aus den Kommentaren raushalten, ist das Ziel dieser Beleidigung auch erreicht.
AP 7. Oktober 2013 um 16:30
Top. Wird Bullshit bei Sky eigentlich rausgeschnitten? Wenn nicht, plädiere ich für einen „Bullshit“ Auftritt von MR in Rahmen des nächsten CL Spieltages.
RM 7. Oktober 2013 um 16:39
Ich habe nichts von Blödsinn geschrieben, sondern die Statistiken Reeps als Schwachsinn betitelt, der sie sind, wenn man sich damit befasst. Die Idee hinter deinem Beitrag ist ja durchaus verständlich und darauf ging ich auch ein.
Wenn Bayern, Barca (oder wer auch immer) gegen einen tiefstehenden unterklassigen Gegner gewinnt, so ist es nicht ein Gewinn des Spielsystems, sondern der Spielstärke.
Diese Ansicht teile ich eben nicht. Barcelona hat immer mehr Punkte geholt, als sie immer mehr Ballbesitz hatten. Einzelspiele (Finals!) taugen dabei nicht als Vergleichswerte. Und in der Bundesliga sind die Mannschaften doch relativ gleich; wie erklärt sich eine so hohe Korrelation zwischen Ballbesitz und Punkten, nicht nur bei den Topteams, sondern über die ganze Liga hinweg? Wieso hatten Fürth und Düsseldorf so wenige Punkte? Wieso spielt Augsburg bei Ballbesitzfokus stärker als bei ihrer vorherigen Konterausrichtung?
Und ich habe auch noch gesagt, wieso im Grunde „Konterfußball“ (stark simplifiziert gesagt) als besser gilt oder sich das in Statistiken u.U. widerspiegeln könnte; es ist einfacher zu tun und es gibt schlicht und ergreifend viele Mannschaften und viele Trainer, die nicht mehr können und wollen, als einfach. Ist die spanische Nationalmannschaft wirklich so überlegen, dass sie seit 2006 in KO-Spielen bei EM und WM kein Tor mehr zuließ? Dass sie so viele Titel aneinanderreiht? War Chelseas Sieg wirklich deswegen, weil sie einfacher spielten? Meiner Meinung nach betrachtest du die Sache zu einfach.
Wieso hat den Bayern vergangene Saison mit dem Rekordballbesitz die mit weitem Abstand meisten Punkte in der Geschichte der Bundesliga geholt und alle Teams in der CL mehr oder weniger problemlos ausgeschaltet? Weil sie individuell so stark sind? So viel stärker als Dortmund, Barcelona und Juventus? Nein, weil sie eine bestimmte Spielweise perfekt umsetzten; ob Ballbesitz (gegen Juventus, Dortmund, in der Liga) oder Umschaltfußball (gegen Barcelona).
Wenn eine Mannschaft einen hypothetischen individuellen Wert von 80 und einen taktischen Wert von 80 hätte, dann würde sich mMn der Ballbesitz durchsetzen. Was ich sage: Im Ballbesitzfußball ist es schwerer auf einen Wert von 80 zu kommen, beim Konterfußball nicht. Das passt zu allen bisherigen Beispielen und Argumenten; eine Betrachtung à la „Konterfußball ist prinzipiell besser“ (oder umgekehrt) ist aber zu vereinfacht und letztlich auch objektiv falsch (Ballbesitzkorrelation mit den Punkten und Tabellenstand ist sehr hoch positiv, über die gesamte Liga hinweg, nicht nur die Top3 oder sonstwas). Dazu auch die These, dass dieser Eindruck und ein negativer statistischer Effekt entsteht, dass sich Teams in wichtigen Spielen ja bewusst auf den Umschaltmoment konzentrieren und hierbei oft jenes Team statistisch besser ist, welches weniger Ballbesitz hat. Ist ja auch logisch: Ich stehe tief bei gegnerischem Ballbesitz, mache ein Tor und kann noch tiefer stehen. Drückt meine BB-Statistik nach unten. Ich will den Ballbesitz ja auch nicht. Und wenn ich führe, dann habe ich noch weniger. Ein verfälschender Effekt also; die gingen nicht in Führung, weil sie so wenig Ballbesitz hatten, sondern weil sie einen Angriff erfolgreich beendeten und sich dann auf Stabilität ohne Ball beschränken.
Aber ich habe nun auch die Korrelation der letzten 5-CL-Halbfinals und Finals berechnet: Es gibt fast eine Null-Korrelation bzw. eine positive Korrelation pro Ballbesitz (0,1)! Passt ebenfalls zu meiner obigen These.
Die Menge ist zu klein, außerdem sind die Punkte durch ihre 3:1:0-Verteilung sowie die wenigen Tore im Fußball nicht aussagekräftig. Dazu gibt es auch einen schönen Artikel über PDO, die Effektivität der Torschüsse (nicht Abschlüsse, sondern Schüssen auf das Tor, sonst hätte Barcelona gegen Inter 2010 ja 15 statt 4 erhalten, wir wollen ja nicht die BB-Teams bevorzugen) pendelt sich mit der Zeit eigentlich immer in der Mitte ein. Ich habe also im zweiten Durchlauf den Ballbesitz mit den Torschüssen seit 2008/09 korrelieren lassen. Korrelation von ,376, also eine positive Korrelation PRO Ballbesitz.
Die Siegeswahrscheinlichkeit ist bei Ballbesitz also höher, auch wenn es aktuell nicht immer so eingetroffen ist. Bei den Halbfinals gibt es auch noch so unangenehme Sachen wie United zuhause 45%, nach einem Auswärtssieg gegen Schalke; klar, dass sie dann mit wenig Ballbesitz 4 Tore machen, wundert mich nicht, stört nur (blieb aber natürlich im Datensatz).
Und gut zu sehen ist auch, wie ich finde, dass viele Torschüsse auch bei Ausscheiden mit Folgeerfolgen korrelierten (Barcelona 10 u. 11, Bayern 12 u. 13). Ob das auch wichtig ist? Passt zumindest irgendwie lustig zum PDO, nicht wahr? 🙂
Noch ein kleiner Aspekt. In den letzten 11 Jahren gewann „nur“ (in Anbetracht, dass bis 2010 eigentlich der Ballbesitz nach Führung verschenkt und fast jeder spätestens dann, aber meistens schon zuvor, auf Umschaltspiel umgestellt hatte) 5mal die Mannschaft mit weniger Ballbesitz das Finale, 3mal war Mourinho Trainer, 2mal gab es ein Elfmeterschießen (2005, mit sehr geringem BB-Unterschied, und 2012, ein Finalsieg, den ich persönlich eher als Glück bezeichne). Geht auch wieder zu meiner These: „Je besser man es umsetzt…“
Und es gibt in diesen 11 Finals auch eine positive Korrelation von Ballbesitz zu Toren (sehr niedrig, 0,176), einer etwas höheren Korrelation zu Ballbesitz und erzielten Punkten in den Partien (0,382!) und einer noch höheren von Ballbesitz zu Torschüssen (0,564).
Zusammenfassend: CL-Finals letzte 11 Jahre hohe Korrelation zu Ballbesitz und erzielten Punkten und Torschüssen (trotz Verzerrung durch Umschaltfokus als taktischem Trend in über der Hälfte der Jahre), CL-Finals und Halbfinals letzte 5 Jahre gibt es ebenfalls eine positive Korrelation.
Ist das jetzt seriös genug als Antwort? Die geforderte Prämisse 1) dürfte durch die Selektion von CL-Finals und -Halbfinals erfüllt sein. 2) ist relativ haltlos von deiner Seite aus, 3) ist ebenfalls relativ haltlos (Niederlande gewann 88, setzte sich 74 bis zum Finale sehr gut durch und war gegen Deutschland keineswegs die spielstärkere Mannschaft, 78 kam man abermals ins Finale und war die stärkere Mannschaft, Rensenbrink traf den Pfosten kurz vor Schluss (Leeres Tor), das Spiel gilt eh als geschoben und individuell war man Argentinien ohne Cruijff und van Hanegem wohl nicht einmal überlegen), Spanien spielt übrigens auch Ballbesitz, die sind ja relativ erfolgreich, 4) besteht aus Einzelbeispielen, statistisch also haltlos.
Louis 13. August 2013 um 17:19
Ein Satz ist unvollständig:
„Beispiel: Ein langsamer Verteidiger soll andauernd mit Dribblings oder Lochpässen attackiert werden oder ein individuell enorm schwacher Spieler des Gegners soll.“
EFF 9. August 2013 um 23:49
Also erstmal ein guter Artikel. Danke an RM und MR.
Den Ballbesitz als Mittel zu beschreiben. Finde ich den richtigen objektiven Ansatz, den als läuft darauf ein Tor mehr als der Gegner zuschiessen.
Nur die Einteilung in das eindimensionale Wie spiele ich z.B überzahlerzeugend gefällt mir nicht.
Den wir teilen Pressing auch in Höhe, Pressingformation und Art (innen aussen lenken) ein. Deswegen würde ich die Höhe der Ballzirkolation nicht vernachlässigen und den Ort der Ballzirkolation um dreidimensional zudenken und Mannschaften besser einzuteilen.
Denn Ansatz das jede Mannschaft eine Ballbesitzmannschaft. Finde richtig nur man müsste ein Klassifizierung einführen z.B. 10-25 sehr wenig ballbesitzorientierte Mannschaft, 80-100 sehr hoch ballbesitzorientierte Mannschaft.
Man könnte auch. eine Einteilung bezüglich Rückpässe in bestimmten Räumen treffen um die Anzahl der Einsätze von Umschaltmometen darzustellen .
db 9. August 2013 um 21:32
Hab keine Ahnung wo ich das reinschreiben soll deswegen mach ich es mal Hier wo es um Taktik geht. Toller Artikel übrigens soviele Taktiken die sich nur auf den Ballbesitz beziehen.
Also die neue Abseitsregelung, wenn der Ball von einem Abwehrspieler auf einen Gegnerrischen geht der im Abseits steht bekommt der Abwehrspieler nen Freistoß für Abseits. Wenn man unter Druck ist und der gegnerische Stürmer die Abwehr unter druck setzt und immer wieder in Abseits rennt wie ein Gomez das macht, schießt man ihn einfach an und kann dann in Ruhe wieder aufbauen? klingt total doof.
Coarl 10. August 2013 um 08:40
Wird interessant, wie das als taktisches Mittel umgesetzt wird.
Die klassischen Abstauber werden dann auch oft Abseits sein. 🙁
Pity 8. August 2013 um 19:57
Interessanter Artikel und regt definitiv zum Nachdenken an.
Die Definition/Bestimmung einer Ballbesitzmannschaft bei 55% zu beginnen, halte ich für zu kurz gesprungen, da die (schlechtestenfalls) 4,5 Minuten bei der Bruttospielzeit im Fußball nicht viel bringen.
Die Frage, was dann mit dem Ball gemacht wird und inwiefern Ballbesitz Mannschaften lähmen und schwächen kann, kommt hier jedoch leider zu kurz. Gut zu beobachten im CL HF 2011/2012 ein spielerisch und zahlenmäßig unterlegener Gegner buddelt sich ein, dass Guderian feuchte Träume bekommen hätte, der Gegner ist gezwungen (sic!) mit Ball das Spiel zu machen und fängt sich zum Dank noch einen ein. Das Spiel von Barca ist nach den vorangegangenen Definitionen als schwachstellenfokussiert zu bezeichnen, im Konjunktiv hätte man sich aber leichter getan, wenn man auf Fehler gewartet hätte, die Chelsea ballführend gemacht hätte.
Die Beschreibung des pressingprovozierenden Spiels finde ich sehr interessant aber was ist der Unterschied zu seiner hässlichen Schwester dem puren Konterfußball? Die Beispiele aufgegriffen: Sehr erfolgreich in der letzten Saison und in dieser Saison auf jeden Fall erfolgsversprechend wird das von Arminia Bielefeld ohne Ballbesitz gespielt. Hille oder Platins dreschen den Ball hinten raus und es kommt auch ohne die Runde hinten rum und den Ball lange zu halten vor, dass der Ball vorne ankommt und Tore geschossen werden.
Formulieren wir die eingangs geäußerte These um in „Der Ballbesitz ist als Philosophie überbewertet“.
Rosinenmann 8. August 2013 um 18:03
Mh, der Ansatz ist sicher interessant formuliert, aber nicht wirklich konsequent zu ende gedacht. Die frage ist doch, und das ist logischerweise inmer der fall, was die gegnerische mannschaft zulässt oder erreichen will, da sich ballbesitz ja auch ohne ball lenken lässt. Unter dem hintergrund würde ich sigar sagen, dass ballbesitz ein rein philosophischer begriff ist, auch wenn es eher darun geht, „das spiel zu machen“, was von viel mehr als einem faktor oder einer richtlinie abhängt. Das ist zwar alles sehr theoretisch gesprochen, allerdings finde ich, dass aufgrund dessen der artikel an wert verliert. Generell habe ich in letzter zeit das gefühl, und das soll nur kritik auf sehr hohem niveau sein, dass Ihr euch in letzter zeit in euren eigenen pointen verliert. Der ansatz, nicht ergebnisorientiert zu denken, ist der absolut richtige und hat auch auch schon sehr weit gebracht, man darf das ganze aber nicht, wie auch hier, pervertieren und sich entweder zu verlieren oder nur noch konkrete fallbeispiele zu nutzen. Viele grüße, rosinenmann
MR 9. August 2013 um 03:38
Versteh ich nicht. Das hier ist doch letztlich ein ausdrücklicher Widerspruch gegen idealistische, ergebnisfremde Herangehensweisen und lenkt damit den Blick von der „pervertierten“ philosophischen Idee auf eine effekt- und damit ergebnisorientierte Sicht.
„Die frage ist doch, und das ist logischerweise inmer der fall, was die gegnerische mannschaft zulässt oder erreichen will, da sich ballbesitz ja auch ohne ball lenken lässt.“ Klar ist das die Frage. Wie ich dann dagegen angreife, versucht die Antwort zu geben. Der Artikel beschäftigt sich mit Antwortmöglichkeiten.
Inwiefern ist Ballbesitz „rein philosophisch“? Ballbesitz ist ein (meistens klar definierbarer) Zustand einer Mannschaft.
HW 9. August 2013 um 10:49
Wobei man fast immer darauf reagiert, was der Gegner zulässt. Ein Ballbesitzorientierter Stil muss ja nicht die Reaktion auf den Gegner ausschließen. Entweder man wechselt die hier beschriebenen Varianten, oder man richtet die gewählte Variante im Spiel nochmal auf die sich bietenden Möglichkeiten aus.
Die Aussage, man sei nur so gut wie es der Gegner zuläßt ist zwar richtig, aber auch simplifizierend. Das ist doch grundsätzlich bei jeder Philosophie so, weil Fußball ein Dialog zwischen zwei Mannschaften ist.
Hier war die Frage ja, welche Taktiken und Strategien habe ich um meinen Stil zum Erfolg zu bringen.
RM hätte ähnliches auch zum Defensivverhalten schreiben können und es hätte geheißen: ja aber wenn man verteidigt schießt man keine Tore. Oder er hätte Konterfußball betrachtet und dann wäre vielleicht der Kommentar gekommene, dass der Gegner ja auch die Räume bieten muss.
Soll man nur darüber reden was warum vielleicht nicht klappt? oder soll man einfach mal die Optionen aufzeigen? Um das was passiert wenn der Gegner … macht kümmert man sich im Anschluss.
CH 8. August 2013 um 14:54
Meines Erachtens fehlt die Erläuterung der umschaltorientierten Mannschaften und eine jeweilige Zuordnung der favorisierten „Bespielweisen“ zu beiden Typen.
Koom 8. August 2013 um 13:22
Das Einleitung und Inhalt nicht ganz zusammen passen (es geht insgesamt ja mehr um „Offensivspiel“ im Allgemeinen) macht dem Artikel selbst aber keinen Abbruch. Ich fand das sehr interessant, vor allem mit den sehr guten Beispielen.
datschge 8. August 2013 um 16:01
Genau genommen geht es im Artikel darum, dass die Kontrollausübung des Ballbesitzspiels sich nicht im defensiven Ballgeschiebe erschöpft sondern auch ein viel kontrollierteres Einsetzen von Offensivmechanismen erlaubt. Die bewusste Aufgabe des Fokus auf den Umschaltmoment erlaubt bei konsequenter Durchführung eine viel stärkere Kontrolle des, eben auch offensiven, Spielflusses.
Wie schon RM zum Ende hin schreibt: „Der Ballbesitz als Philosophie ist eher eine Richtlinie, viel Ballbesitz zu haben und den Umschaltmoment aufzugeben; aber es bedeutet nicht, dass in Ballbesitz schön oder geplant gespielt wird. (…) Doch wenn der Umschaltmoment aufgegeben wird, dann verbindet Favre oft mehrere grundlegende Aspekte des Ballbesitzfußballs. Es gibt raumöffnende Bewegungen, um Spielzüge erzeugen zu können, man versucht mit einer tiefen Ballzirkulation Pressing zu provozieren und diese Lücken mit extremer Dynamik im Kombinationsspiel zu kombinieren. Auch bestimmte gegnerische Aspekte im Defensivspiel werden bespielt (…) Aber oftmals werden solche Sachen schlicht und ergreifend nicht beachtet. Es gibt einzelne Spielzüge, einen Fokus auf Einzelspieler bei sich selbst und beim Gegner, jedoch nur wenige kollektive Aspekte. Ein Umstand, der sich in Zukunft ändern sollte.“
Izi 8. August 2013 um 07:38
@RM: In dem Fall muss ich Tank zustimmen, dass der Begriff „Ballbesitzmannschaft“ überflüssig wird. Ist er nur eine Erfindung der Journaille (die langsam echt anfangen sollte, eure Artikel zu lesen 😉 ), oder ist Deine Definition zu weitläufig?
@blub: Ich habe das so aufgefasst, dass einzelne Ballbesitz-Philosophien aufgezeigt wurden – also nicht, „was man alles mit dem Ball machen kann“, sondern eher so etwas wie „wenn Ballbesitz meine Philosophie ist, welche Verhaltensmuster kann ich meiner Mannschaft auferlegen“.
Auf jeden Fall ein klasse Artikel und schön zu lesen!!! 🙂
Tank 7. August 2013 um 20:42
Ich finde den Artikel teilweise etwas zu wenig trennscharf. Die Beispiele scheinen ja allgemein aufzuzeigen, was man so alles machen kann, wenn man den Ball hat. Und den Ball hat jede Mannschaft ab und an mal.
Der einleitende Teil scheint aber eher anzudeuten, dass es hier um Ballbesitzfußball geht. Eine Art von Fußball also, die sich grade über das Mittel Ballbesitz definiert. Insbesondere das gegenpressingvorbereitende Spiel scheint aber keine Form des Ballbesitzfußballs zu sein („Grundprinzip: Ballbesitz? Hmm. Nicht so prall.“).
Ich glaube der Bruch im Artikel, der Punkt ab dem es nicht mehr um Ballbesitzfußball geht, sondern um Ballbesitz, liegt zwischen dem vierten und fünften Absatz des Abschnittes „Die wahre Bedeutung des Ballbesitzfußballs“.
Was mich am Ballbesitz, und auch am Ballbesitzfußball, so reizt ist Kontrolle. Ich sehe kein anderes Mittel im Fußball, dass einem potentiell so viel Kontrolle über den Gegner einräumt, wie Ballbesitz.
Damit will ich aber keineswegs sagen, dass Ballbesitz das einzige Kontrolle schaffende Mittel im Fußball ist. Bayern hat Barcelona über den Faktor Position dominiert. Sie haben eine No-Go-Area in der eigenen Hälfte aufgemacht. Ähnliches versuchen ultratief stehende Teams mit dem eigenen Strafraum.
Prinzipiell lassen sich auch andere Kontrolle schaffende Faktoren denken. Ich könnte mir aber vorstellen, dass Position und Ballbesitz die wichtigsten sind.
Denkt man ganz theoretisch, so sind Dinge wie Ballbesitz und Position aber nur sekundäre Kontrolle schaffende Mittel. Primär schafft man Kontrolle, in dem man eine hinreichend große Tordifferenz zwischen sich und den Gegner stellt. Wie groß hinreichend ist, das variiert von Team zu Team. Da im Fußball aber immer ein Tor fallen kann, liegt dieser Abstand aber wohl eher bei mehr als nur einem Tor.
RM 7. August 2013 um 21:26
Hö? Jede Mannschaft ist eine Ballbesitzmannschaft.
Tank 7. August 2013 um 21:28
Womit der Begriff Ballbesitzmannschaft ziemlich nichtssagend wird.
Ich denke es gibt eine sinnvolle, wenn auch nicht völlig präzise Definition von Ballbesitzmannschaft, die nicht alle Mannschaften umfasst.
phy 8. August 2013 um 08:42
Kompromissvorschlag: Es wird wieder in (im Ballbesitz) reaktive und proaktive Mannschaften unterteilt. [wobei die wortwahl hier vollkommen unpassend ist..]
Eine Kontermannschaft lebt ihrer schnellen Anpassung an veränderte Spielsituationen, eine „Ballbesitzmannschaft“ lebt von einer bewussten Kontrolle des (ganzen) Spielfeldes.
Da aber nicht mal ne Kontermannschaft die Kontrolle über das komplette Spielfeld aufgibt musst du dann da wieder unterscheiden – was jedoch ein kleines bisschen leichter fällt da die Kontrolle eigentlich immer über den Raum ausgeübt wird.
—
Lange Rede, kurzer Sinn:
Eine (proaktive) „Ballbesitz“ mannschaft strebt (.. mit Hilfe des Ballbesitzes ) nach hauptsächlicher Kontrolle des Spielfeldes, ne reaktive „Konter“mannschaft begnügt sich mit einer, dafür stärkeren, Kontrolle einzelner Spielfeldteile (und zwar über den verfügbaren Raum).
Dafür bräuchte man dann nur noch Statistiken welche nicht nur den Ballbesitz sondern auch den abgedeckten Raum erfassen.
HW 9. August 2013 um 10:54
ich finde das Wort proaktiv auch immer störend. es heißt schließlich actio, reactio und nicht proactio
MR 9. August 2013 um 11:51
Hä? „proaktiv“ heißt doch vor der Aktion. Kann man schlecht re-actio nennen.
MB 9. August 2013 um 13:19
@MR
Er meinte, dass viele Schreiber dazu neigen „proaktiv“ zu oft an Stellen zu verwenden, in denen „aktiv“ deutlich passender wäre.
HW 9. August 2013 um 13:26
wie kann ich den vor meiner Aktion aktiv werden? entweder ich bin am agieren oder am reagieren. PREaktiv ist mir bisher noch nicht untergekommen.
ich weiß was mit proaktiv gemeint ist, aber ich sehe bei gut geplantem handeln immer proaktivität. egal ob Konter- oder Ballbesitzfußball. Die Bezeichnung aktiv/actio würde die Betrachtung mehr auf das gegenwärtige Handeln beziehen. Eine Betrachtung, die ich bevorzuge.
HW 9. August 2013 um 15:05
Hab gerade gelesen, das proaktiv auch in einem psychologischen zusammenhang verwendung findet. Da fand ich den Begriff ganz passend.
HW 9. August 2013 um 11:02
ich bin mir nicht so sicher ob eine Ballbesitz Mannschaft nicht viel mehr von der Anpassung einer veränderten Spielsituation lebt. Nur ist die Veränderung nicht der Ballgewinn, sondern das verändern von Details beim Gegner, oft erzeugt durch die eigenen Passmuster und Laufwege.
Ein Konterteam trifft, sobald es den Ball hat auf eine recht eindeutige Situation. Eine hoffentlich ungeordnete Abwehr mit vielen freien Räumen. Dies sollte sich bis zum Abschluss nicht ändern, wenn der Konter gut ausgespielt wird.
Ballbesitzteams müssen dagegen über einen langen Zeitraum mit der Positionierung des Gegners umgehen. Der kann mal situativ Pressen oder sich zurückziehen. Ziel ist es durch dan Ballbesitz Situation Änderungen zu erzeugen. Mit dem Ball muss eine Ballbesitzmannnschaft mMn viel flexibler und anpassungsfähiger sein als ein Konterteam.
GH 8. August 2013 um 13:29
Ich denke auch, dass dieser Begriff „Ballbesitzmannschaft“ zu umfassend gewählt ist, wenn du sagst, jede Mannschaft sei eine Ballbesitzmannschaft.
Natürlich hat jede Mannschaft im Spiel Ballbesitz. Ist sie aber deswegen gleich eine Ballbesitzmannschaft?
Am Anfang sagst du noch, dass eine ballbesitzorientierte Mannschaft 55% – 80% Ballbesitz hat. Genau das verstehe ich auch unter einer Ballbesitzmannschaft, obwohl es eigentlich ziemlich banal ist. Im Endeffekt ist das Mittel Ballbesitz ja dazu da, mehr Kontrolle über das Spiel zu haben als der Gegner.
Der nachfolgende Absatz zur auf Ballbesitz fokussierten Mannschaft, entspricht dem vorherigen, da das Ziel und die Folge das Gleiche sind.
Deswegen bin ich hier noch einverstanden mit der Betitelung.
Ab dem nächsten Thema: „Wie bespiele ich meinen Gegner?“ findet dann aber der Bruch mMn statt.
Dort werden wie blub schon sagte, Ideen beschrieben, die eine Mannschaft in Ballbesitz ausführen kann. Das heißt allerdings auch, das teilweise Mittel beschrieben werden, die nicht auf den Ballbesitz fokussiert sind, sondern zum Beispiel die Unordnung des Gegners nutzen will, um schnell zu kontern.
Ich würde nach der ersten Definition von dir, Bayern oder Barcelona als Ballbesitzmannschaft bezeichnen, aber zum Beispiel Mourihno’s Inter nicht, da sie den Ballbesitz bewusst nicht haben wollten.
Ich hoffe, du verstehst was ich meine, auch wenn ich wahrscheinlich wieder Gedankensprünge gemacht hab.
P.S. möchte Tank beipflichten, hab wieder was dazu gelernt, auch wenn ich mit dem Terminus „ballbesitzmannschaft“ nicht übereinstimme.
Tank 7. August 2013 um 21:35
Achja, cool, dass mal wieder ein theoretischer Artikel dabei ist. Selbst wenn man nicht völlig zustimmt, so bekommt man doch immer eine neue interessante Perspektive.
blub 7. August 2013 um 21:58
Ich muss sagen: Ich stimme Tank zu.
Die richtige Überschrift wäre gewesen: Dinge die eine Mannschaft mit Ball tun kann.
Gelernt habe ich nur das MR die geilsten Verkürzungen bringt.(nich das das vorher nich schon klar war)
AM 7. August 2013 um 22:46
Ich muss Tank auch zustimmen, mittlt im Text musste ich auch nochmal die Einleitung lesen ob ich da was falsch verstanden habe.
datschge 7. August 2013 um 22:17
Auch RM hat im Artikel das Ballbesitzspiel indirekt als Möglichkeit zur Kontrollausübung definiert: „Nicht nur der Gegner kann seine Ordnung herstellen, sondern auch man selbst. Eine Mannschaft, die ihre offensive Ordnung herstellen kann, verfügt über einige Vorteile. Sie kann planen, sie kann einstudierte Abläufe testen, sie kann den Moment, den Raum und gar die genaue Situation ihrer Angriffe bestimmen.“
Unter dieser Prämisse ist der „Bruch“ kein wirklicher mehr. Das Gegenpressing wird mit dieser Form der Kontrolle erst wirklich effizient, das gegenpressingvorbereitende Spiel benötigt eine gewisse Zeit des ruhigen kontrollierten Spielaufbaus (ergo Ballbesitzspiel) um vom Gegner unbemerkt eine tornahe Überzahlsituation bilden zu können, bei der das Gegenpressing erfolgsversprechend ist. Und erfolgreiches Gegenpressing ist der kontrollierte Weg, mit dem man aus dem (dann „aufgegebenen“) Ballbesitz heraus zum Konterspielen kommt.
MR 9. August 2013 um 04:02
Der Punkt des Artikels (und meiner ursprünglichen Bemerkung) ist letztlich im Kontext zu deinem Kommentar: Worüber sich eine Mannschaft definiert, ist dem Spiel völlig egal.
Wenn sich Real Madrid über die Farbe ihrer Trikots definiert, werden sie dennoch bei Spielaufbau und im Umschaltmoment versuchen müssen, Tore zu erzielen, wenn sie ein Spiel gewinnen wollen. Daran lässt sich nicht rütteln.
Deshalb ist es egal, ob eine Mannschaft philosophisch auf viel Ballbesitz aus ist oder nicht. Jeder Mannschaft kommt in Ballbesitz und jeder bieten sich die identischen Möglichkeiten, diesen zu nutzen.
Die philosophische Komponente bezieht sich auf
– die Aufgabe des offensiven Umschaltmomentes („Konterverweigerung“)
– die Nutzung von defensivem Ballbesitz
– möglicherweise die Pressinghöhe bzw. das Pressingrisiko (bewusste, riskante Beschleunigung und damit Verkürzung gegnerischer Angriffe)
und, wobei das quantitative und daher uneindeutige Komponenten sind, die bei Mannschaften auch oftmals stark schwanken:
– die Risikostufe beim Spiel in die Spitze
– die Risikostufe beim Auffächern (Ballbesitz-Philosophen werden eher zur potentiell riskanten Torwartkette neigen – Ferguson und Olsen haben die aber trotzdem auch schon genutzt) also dem Aufgeben der Defensivformation
Ob ich den Ballbesitz aber prinzipiell sinnvoll, effektiv und planmäßig nutze, ist nicht davon abhängig, ob ich gerne viel davon habe oder nicht. Das war die Kernaussage.
Daher sollte man auch nicht schlussfolgern, dass eine „Kontermannschaft“ schwach bei eigenem Ballbesitz ist oder eine Ballbesitzmannschaft darin prinzipiell besser und gefährlicher. Auch nicht andersherum, dass eine Ballbesitzmannschaft nicht kontern kann. Das Reduzieren von Mannschaften auf eine der beiden Ballphasen nimmt oftmals groteske Züge an. Letztendlich hat Barca Leverkusen trotzdem ausgekontert und Bayern hat die CL nach zweiten Bällen gewonnen. Fußball kann reichlich unlogisch werden, wenn man ihn falsch kategorisiert…
Trivia: Der ewige „Umschalt-Vorreiter“ Klopp-BVB ist erst während der zweiten Saison konterstark geworden, davor waren sie selbst recht konteranfällig und vor allem konterschwach. Wohl der Hauptgrund dafür, dass sie in Klopps erster Saison als „schwer zu schlagende Mannschaft“ galten, die etliche Unentschieden zu verzeichnen hatte, weil Führungen nicht verteidigt bzw per Konter erhöht werden konnten. Die waren aber trotzdem offensivstark, weil die tatsächlich eine gute Ballbesitzmannschaft waren (damals schon schöne Offensivfluidität, gute Anbindungen, Dominanz des Zentrums, fast ausschließlich flache und vertikale Eröffnung der Innenverteidiger) und auch fast durchgängig geblieben sind, halt nur ohne Wert auf VIEL Ballbesitz zu legen.
Tank 9. August 2013 um 15:28
Alles richtig. Ändert aber nichts an meinem Punkt:
Es gibt Teams, deren Taktiken drehen sich dadrum viel Ballbesitz zu haben. Zuerst scheint es im Artikel so, als sollte es um solche Mannschaften gehen. Das ist nämlich das, was gemeinhin mit Ballbesitzfußball oder Ballbesitzmannschaften bezeichnet wird.
Der weitere Verlauf des Artikels ist dann aber so, dass es allgemeiner darum geht, was Teams mit Ballbesitz, egal wie viel oder wenig sie davon auch haben, machen können.
Ich will ja gar nicht sagen, dass man letzteres nicht spannend fragen kann. Habt ihr je getan. Der erste Teil lässt nur anderes erwarten.
MR 9. August 2013 um 16:02
Gerade das ist doch aber der Punkt am Artikel. -> „Der Ballbesitz ist als Philosophie überbewertet, als Mittel aber unterbewertet.“ Daher geht Rene von einigen Grundgedanken über die „unwichtigen“ philosophischen Eigenarten zu den „wichtigen“ Mitteln über.
datschge 7. August 2013 um 15:17
Woohoo. Selbst die Youtube-Links gehen ohne Gemaschaden. =P Und gutes Schlusswort.