Positionsspiel

Synonyme: Tiki Taka / Ballbesitzfußball (fälschlich), positional play, juego de posicion

Das Positionsspiel gilt als Evolution des totaalvoetbal beziehungsweise dessen Anpassung an die Moderne. Im totalen Fußball bewegten sich die Spieler frei auf dem Platz, doch abhängig von ihrer Bewegung und dem Verlassen der Zone, würde sich ein anderer Spieler in deren Zone positionieren, um Grundformation grob aufrechtzuerhalten. Vorrangig ging es darum, dass auf dem Platz durchgehend die Positionen gewechselt werden, um die Laufwege zu verringern. Dies ist aufgrund der physischen Veränderung der Spieler und auch der Erhöhung der Dynamik aber enorm schwierig zu praktizieren.

Die Maxime des Positionsspiels schreibt vor, dass Positionen in einer gegebenen  Grundformation besetzt sein müssen; dabei ist es im Idealfall unerheblich, welcher Spieler diese „Position“ bzw. die Zone besetzt. Der Begriff „Zone“ anstatt „Position“ wäre ohnehin treffender – die Zonen werden je nach Angriffsgeschehen und individuellen Aufgaben angepasst und beschreiben somit keinen strikten Punkt auf dem Platz, sondern ein weiträumiges Gebiet, welches in unterschiedlichen Situationen in unterschiedlichen Punkten innerhalb des Raumes besetzt werden soll.

Beim Positionsspiel wird durch konstantes Freilaufen, Dreiecksspiel und bestimmte Vorgaben im Bewegungsspiel der Ball in den eigenen Reihen laufen gelassen, um den Gegner im Idealfall aus der Verteidigung zu locken und ihn zum Verschieben zu zwingen. Die entstandenen Löcher werden dann oft durch tödliche Pässe ausgenutzt oder die lang andauernde Ballzirkulation dient dafür, dass man Räume geplant überladen kann. Durch diese Überzahlen kann man  auch mit schnellen Kurzpasskombinationen Raum erobern und vors Tor kommen. Die Fluidität und Raumnutzung des Positionsspiels ermöglicht das Aufbrechen eventueller gegnerischer Mannorientierungen und soll den ruhigen, sicheren Ablauf des Aufbauspiels gewährleisten. Aufgrund des Ballbesitzfokus wird auch oftmals ein schlechter Abschluss vermieden und die ballbesitzspielende Mannschaft wartet lieber auf eine bessere bzw. sehr gute Möglichkeit zum Torabschluss. Der Ballbesitz ist aber nur ein Werkzeug dieses Spielsystems (und oftmals gar nur eine Konsequenz), nicht aber Fokuspunkt.

Dennoch hat das Ballbesitzspiel im juego de posicion eine weitere Wirkung, nämlich die Kontrolle des Spiels durch die Kontrolle des Balles und die Kontrolle des Spielraumes durch die Kontrolle des Balles. Durch diese beiden Komponenten wird das Offensivspiel des Gegners erstickt. Einerseits muss der Gegner beim Kontern enorm viel Raum überbrücken, um zum Abschluss zu kommen, andererseits kommt er oft gar nicht in die Verlegenheit anzugreifen; frei nach dem Motto: „Wenn der Gegner den Ball nicht hat, kann er auch kein Tor machen.“

Als Vater dieser Spielweise gilt Johan Cruijff, wobei auch Louis van Gaal ein solches System nutzt. Beide haben dabei unterschiedliche Rollenverteilungen und Zonencharakteristika in ihren jeweiligen Systemen. Der wohl bekannteste Vertreter ist Pep Guardiola, doch auch Michael Laudrup bei Swansea und Paco Jemez bei Rayo Vallecano nutz(t)en diese Spielweise. Die taktisch-strategische Konzeptualisierung (z.B. die Definition von Positionen durch die Ballposition, die Wichtigkeit von Linien in der Trainingsvermittlung, generell das Linien- und Zonenspiel, die Struktur der Dreiecksbildung, das Spiel über den dritten Mann, das Spiel über den freien Mann, usw. usf.) wird in einem detaillierten Artikel besprochen werden.

Neben Positionsspiel ist das aggressive Pressing von extrem hoher Wichtigkeit für diesen Fußball, durch schnelles Rückerobern des Balles (= Gegenpressing) und darauf folgende Kurzpässe in den eigenen Reihen wird das Tempo aus dem Spiel genommen; man kann sich sortieren und langsam eigene Angriffe planen und vortragen. Die Spieler tauschen auch oft die Positionen, um Löcher in den gegnerischen Defensivverbund zu reißen und dadurch die Effektivität dieses sehr spielerischen Fußballstils zu ermöglichen. Im Hinblick auf die taktische Entwicklung gesehen, bildete das Positionsspiel in gewisser Weise die Grundlage für die Raumdeckung – wegen durchgehender Positionswechsel waren strikte Manndeckungen nach Ballverlusten unmöglich.

Insgesamt benötigt dieser Fußballstil also eine hohe Athletik, enorme Spielintelligenz und technisch hervorragende Spieler um zu funktionieren, generiert im Normalfall auch hohe Ballbesitzzahlen. Eine genaue Beschreibung eines möglichen Beispiels findet sich auf dem Spox-Taktik-Blog vom User „vangaalsnase“ unter diesem Link.