Türchen 21: Celtic Glasgow – Inter Mailand 1967 – MX
Das Finale des Landesmeisterpokals 1967 endete ohne Pokalübergabe im Stadion, markierte das Ende von La Grande Inter und galt bereits damals als symbolischer Sieg des offensiv fokussierten Fußballs der Schotten über Inters Catenaccio – und damit als ein Sieg für den Fußball insgesamt.
Interessant war auch Steins Umgang mit dem Thema Nervosität. Bewusst organisierte das Trainerteam am Vorabend des Spiels eine Feier – auf dem Rückweg verlief man sich und musste über einen Zaun klettern, um das Hotel wiederzufinden. Ebenso gezielt setzte man die Trainingseinheit nach der von Inter an, um unter den Augen des kommenden Gegners trainieren zu müssen. Anschließend präsentierte Stein seine Startaufstellung öffentlich: Druck umgehen, indem man sich entblößt. Innenverteidiger Clark beschrieb Stein rückblickend als Psychologen. Man wusste um Inters Status als Nonplusultra des damaligen Weltfußballs; genau deshalb wollte Stein einen klaren „Wir gegen sie“-Effekt provozieren und zugleich vermitteln, dass seine Mannschaft als extremer Underdog nichts zu verlieren hatte.
Grande Inter agierte aus einer 1-3-5-1-Grundordnung heraus: Sarti stand zwischen den Pfosten, davor fungierte Picchi als Libero. Burgnich, Guarneri und Facchetti bildeten die Verteidigungslinie, während Bedin die Sechserposition bekleidete. Davor operierten Mazzola und Bicicli als Achter, Domenghini und Corso besetzten die Flügel, und Cappellini agierte als alleiniger Stürmer. Coach Herrera war seinem Gegenüber Stein in mancher Hinsicht ähnlicher, als es die konträren Spielstile vermuten ließen. Auch er galt als herausragender Psychologe und als Vorreiter im athletischen Bereich, prägte damit das Trainerdasein in Italien nachhaltig und wurde zugleich für seine extreme Disziplin bekannt – eine Haltung, aus der sich auch die konsequente Ausprägung des Catenaccio speiste. So trafen in Lissabon zwei Pioniere aufeinander, die sich wohl näher standen, als es ihr Fußball vermuten ließ, sowie zwei Mannschaften, die unterschiedlicher kaum hätten sein können.
Frühe Führung für Inter Mailand
Das zeigte sich schon in den ersten Minuten des Finales: Aus der 4-4-2-Grundordnung, die Celtic auch im Aufbauspiel implementierte, ergab sich gegen die einfach besetzte Breite aus dem 1-3-5-1 von Inter ein numerischer Vorteil auf den Flügeln. Dies versuchte man gezielt auszunutzen, indem insbesondere Rechtsverteidiger Craig direkt breit nach vorne schob und Johnstone nachrückte. Die manndeckenden Milanista reagierten darauf, indem Flügelspieler Corso die Bewegungen Rechtsverteidigers Craigs verfolgte und linker Halbverteidiger Facchetti auf Johnstone in die Breite herausrückte.
Dieses manndeckende Herausrücken in der Breite öffnete jedoch immer wieder Passwege in den Halbraum. Besonders hängender Stürmer Chalmers wurde dort diagonal im linken Halbraum angespielt und versuchte, im Wandspiel den Ball festzumachen. Libero Picchi tat sich anfangs schwer, die Drehungen Chalmers aus der Manndeckung heraus zu unterbinden und hatte Probleme in der Balance gegen den dynamischen Chalmers, sodass dieser immer wieder ins Zentrum aufdrehen und eindribbeln konnte. Tendenziell fehlte den Schotten in den ersten Minuten jedoch noch der letzte Anschluss: Zweiter Stürmer Wallace wurde eng von Innenverteidiger Guarneri markiert, und so fehlte Chalmers etwas der zentrale Anschluss.

Celtic im Aufbauspiel und Rauten-Gegenpressingstruktur
Ein Problem für Inter in den ersten Minuten war, dass Stürmer Cappellini kaum aktiv auf die Innenverteidiger von Celtic presste – wie im Catenaccio üblich. Dadurch konnten diese relativ ungestört ins Dribbling gehen und sich den Zugang in den Halbraum beziehungsweise in die Breite verschaffen. Gleichzeitig hatte die Passivität des Stürmers zur Folge, dass er auch kaum die Unterstützungsbewegungen der Innenverteidiger verfolgte. Daraus entstand immer wieder ein 3-gegen-2 in der Breite zugunsten von Celtic. Das spielte man meistens so aus, dass sich der Außenverteidiger nach dem Hochschieben wieder entgegengesetzt fallen ließ und sich so vom Flügelspieler Inters löste. Diese folgten den entgegengesetzten Bewegungen kaum und hatten dadurch Zugriffsprobleme, besonders Corso auf Craig. Dieser spielte daraufhin zunehmend vertikal auf die Flügelspieler durch, um ihnen ein Dribbling zu ermöglichen. Gegen die direkt mitverteidigenden Halbverteidiger taten sie sich jedoch etwas schwer, mehrfach landete der Ball daher im Aus.
Positiv hervorzuheben auf Seiten von Celtic ist jedoch die Struktur im Gegenpressing, die im Vergleich zu anderen Teams dieser Zeit sehr strukturiert wirkte. Gerade durch das Ausschieben der Achter und das Schieben der Innenverteidiger ergab sich immer wieder eine enge Rautenstruktur in der Breite. Bei Ballverlusten zog sich die Raute zusammen, und man setzte gruppentaktisch das Gegenpressing auf den Ballführenden an, während Inter Probleme hatte, sich aus diesem Druck zu befreien. Daraus entstand auch die erste Großchance nach fünf Minuten, nachdem der technisch im Vertikalpassspiel sehr starke Murdoch im Halbraum nach Ballgewinn vertikal auf Flügelspieler Johnstone ablegte. Dieser suchte das inverse Dribbling und fand den Abschluss, doch Sarti parierte.
Insgesamt tat sich Inter in diesen Zwischenphasen nach Ballverlust hingegen schwer, die Manndeckung wiederherzustellen, wodurch sich gerade die Flügelspieler von Celtic immer wieder lösen konnten und deutlich freier ins Dribbling gingen als aus dem strukturierten Aufbauspiel. Gerade Johnstone profitierte von der gewonnenen Freiheit, weil er sich immer wieder aufdrehen konnte und sein Markenzeichen, das nach innen ziehen, einsetzen konnte. Tendenziell agierte hier Sechser Bedin von Inter auch etwas zu zentral, sodass er kaum auf den nach innen ziehenden Johnstone ausweichen konnte. Dennoch ging Inter in Führung: Nach einer kurz ausgespielten Ecke – was durchaus bemerkenswert für 1967 ist – verlor Celtic den Ball in der Box und tat sich etwas schwer, aus der Ecke heraus ins Gegenpressing zu kommen. Zwar agierte man manndeckend auf die Restangreifer Inters, jedoch konnte sich Mazzola von Innenverteidiger McNeil im Halbraum lösen und fand dann Cappellini tief, der zu Fall gebracht wurde. Der deutsche Schiedsrichter Kurt Tschenscher zeigte auf den Punkt, und Mazzola brachte die Italiener in Führung.
Celtic reagiert aktiv
Nach der Führung agierte Inter noch catenaccio-typischer tiefer, gerade die Flügelspieler ließen sich noch direkter fallen, und auch die Achter Mazzola und Bicicli agierten zunehmend neben Sechser Bedin statt vor ihm, sodass teilweise eine Art 6-3-1-Abwehrblock entstand. Das hatte zur Folge, dass – gerade wegen des fehlenden Drucks seitens Stürmer Cappellini – die Innenverteidiger von Celtic immer wieder weit andribbeln konnten, bis vor den Strafraum Inters, und daraus auch mehrfach Fernschüsse zogen, die jedoch gut von den Achtern von Inter geblockt wurden. Tendenziell fehlte hier direkt nach dem Gegentor seitens Celtic etwas die Ruhe, um den Block von Inter herumzuspielen; vielmehr versuchte man, direkt mittels Fernschüssen oder Dribblings in den Block hinein zu operieren.
Das funktionierte situativ durchaus gut, was vor allem daran lag, dass Libero Picchi immer wieder aus der Sechserkette auf den andribbelnden Innenverteidiger herausschob und sich in seinem Rücken Räume öffneten. Diese wurden gerade von den Flügelspielern und Stürmern belaufen und auch mehrfach gefunden. Mehrmals wurde es daraus sehr brenzlig, jedoch hob das deutsche Schiedsrichterteam auch einige Male die Fahne, da die Angreifer von Celtic zu früh gestartet waren, weil man mit dem Herausschieben Picchis direkt diagonal die Räume in seinem Rücken suchte.

Inter im Tiefen Verteidigen
Insgesamt ist hier auch das gute linienbrechende Passspiel der Innenverteidiger von Celtic hervorzuheben, denn obwohl die Räume zwischen den Verteidigern Inters klein waren, fanden sie daraus mehrfach die Tiefe. Möglich war dies vor allem, weil die Achter Inters auf die andribbelnden Innenverteidiger von Celtic herausverteidigten und dadurch den Deckungsschatten in die Tiefe nicht mehr sichern konnten; folglich war die Tiefe bespielbar. Dieses Locken der Achter Inters hatte zudem zur Folge, dass sich die Zentrumsspieler von Celtic, Auld und Murdoch, immer wieder lösen konnten, da die Übergaben auf Inters Sechser Bedin nicht immer direkt funktionierten. Demnach konnte gerade Auld immer wieder zwischen Angriff und Mittelfeld gefunden werden – oft fanden aber auch Abpraller den Weg dorthin. Der dribbelstarke Achter konnte daraus mehrfach gefährlich vor Mailands Mittelfeld andribbeln, und gerade Sechser Bedin musste daraus mehrmals unkontrolliert herausverteidigen, was wiederum zentrale Wege auf Wandspieler Chalmers oder Sturmpartner Wallace öffnete.
Insgesamt sah man nach rund einer Viertelstunde zunehmend Ausweichbewegungen der Stürmer von Celtic in die Breite in den Rücken von Inters Flügelspielern Domenghini und Corso, wo man meist via langem Ball suchte. Tatsächlich hatten Burgnich und Facchetti durchaus Probleme, die Ausweichbewegungen in die Breite der direkten Gegenspieler eng mitzuverfolgen, wodurch diese ein paar Mal den Ball nach langen Bällen sichern konnten. Insgesamt lag das Problem von Celtic jedoch in der Boxbesetzung. Zwar schoben Flügelspieler und Stürmer ein, aber Inters Verteidiger ließen sich meist sehr früh vor das Tor fallen, und die Achter sicherten den Rückraum, wodurch man – auch aufgrund der fehlenden Kopfballstärke der Stürmer – kaum Torgefahr entwickeln konnte. Wenn man zu Chancen kam, dann vor allem über Fernschüsse der Innenverteidiger.
Ferner tat sich Celtic weiterhin leichter, wenn sich Inter noch nicht strukturiert im tiefen Verteidigen aufgestellt hatte. Dabei war man gerade dann anfällig, wenn sich die Flügelspieler fallen ließen, denn diese hatten einen Temponachteil gegen Celtics Außenverteidiger und wurden im Fallen lassen mehrfach von den direkt durchschiebenden Schotten überlaufen, sodass insbesondere Rechtsverteidiger Craig einige Male im Rücken seines direkten Gegenspielers Corso anspielbar war. Auch in diesen Momenten blieb jedoch das Problem der Flanken bestehen. Tendenziell agierten zudem die eigenen Achter zu tief, sodass sie kaum Präsenz zentral rund um die Box zeigen konnten. Zwar schoben die eigenen Innenverteidiger, wie bereits beschrieben, weit mit, aber interessanterweise suchte Celtic kaum bis gar keine Rückpässe; die Innenverteidiger dienten vielmehr zur Absicherung des Gegenpressings. Celtic gewann also an Überhand, aber Inter zeigte sich in der Box stabil.
0:1 zum Pausentee
Mitte bis Ende der ersten Halbzeit blieb das Spiel ähnlich, jedoch fand auch Inter Mailand nun gelegentlich strukturierte Aufbauphasen. Tendenziell offenbarte das 4-4-2 von Celtic zu große Räume zwischen den Linien, wodurch sich Inters Flügelspieler immer wieder im Halbraum von Celtics Außenverteidigern lösen konnten und gerade vom aufrückenden Libero Picchi angespielt wurden. Dies war vor allem deshalb möglich, weil Celtics Flügelspieler weit auf Inters Halbverteidiger in der Breite aufrücken mussten (dadurch der Eindruck eines 4-2-4) und dadurch der Halbraum bespielbar wurde. Zwar verteidigten Craig und Gemmell direkt mit, doch aus der engen Grundposition von Domenghini und Corso konnten sich diese dennoch mehrfach in die Breite lösen und das Dribbling suchen – den Weg in das Zentrum fand man aber aufgrund der guten Körperstellung von Celtics AVs kaum.

Inter mit aufrückenden Libero
Teilweise kippte Inter auch ab, um Celtics Außenverteidiger herauszuziehen, und einer der Achter schob dann diagonal in den Rücken des Außenverteidigers – ein Muster, das man auch heute noch häufig gegen Viererketten sieht. Celtics Achter taten sich durchaus schwer, diese Durchschiebebewegungen aus Inters Zentrum zu verfolgen, gerade weil man dabei nur die Außenseite des direkten Duells hatte, was insbesondere gegen Vertikalspiel sehr suboptimal ist. Das Problem aus Sicht Inters waren jedoch Celtics Innenverteidiger, die extrem aggressiv und direkt herausschoben und so etwaige Dribblings in der Breite unterbanden und die Flügelspieler in Unterzahl stellten – ebenso konnten sie das Durchschieben der Mailänder Achter auffangen. Daraus ergaben sich zwar teilweise Räume zwischen den Innenverteidigern, doch Stürmer Cappellini wirkte zu wenig aktiv im Belaufen der Tiefe.
Später sah man auch vereinzelte Ausbrechbewegungen von Inters Achtern vor dem Pressingwall Glasgows, um gerade eine Alternative zu Picchis Andribbeln zu schaffen. Zwar brachte man dadurch etwas mehr Spielstärke in den Spielaufbau, aber weiterhin taten sich Inters Flügelspieler schwer, den Weg aus der Breite nach innen zu finden. Ansonsten sah man herreratypsisch auch einige Rückpässe auf Keeper Sarti, der dann gezielt den langen Ball auf Zielspieler Cappellini suchte. Diese Muster wirkten jedoch kaum, da Cappellini in den Luftduellen meist unterlegen war. Erwähnenswert sind an dieser Stelle trotzdem Sartis Abwürfe, die sich teilweise über das halbe Spielfeld erstreckten – gerade für die damalige Zeit mit dem damaligen Ball durchaus sehr bemerkenswert.
Weiter hatte Celtic das Heft des Handelns hauptsächlich in der Hand, allerdings blieb das Problem im letzten Drittel bestehen. Zwar rutschte vereinzelt ein Ball in der Box durch und Celtic kam so zu Abschlüssen, aber insgesamt tat sich Celtic weiterhin extrem schwer. Demnach war die entscheidende Frage, wie man dieses Problem in der zweiten Halbzeit angehen würde.
Zweite Halbzeit
Nach einem Handspiel im Sechzehner von Inter gab es einen indirekten Freistoß aus rund 11 Metern für Celtic kurz nach Wiederanpfiff, der aber zunächst in der Mauer landete, und der Fernschuss nach Abpraller wurde von Sarti auf der Linie gerettet. Dennoch wirkte es nur wie eine Frage der Zeit, bis die Schotten in Lissabon den Ausgleich erzielen würden, denn sie kamen deutlich aktiver und frischer aus der Halbzeit, während Inter Mailand weiterhin in den Modus der Passivität verfiel.
Gerade die eigenen Zentrumsspieler um Mazzola und Bicicli, die in der ersten Hälfte noch gut die Halbräume vor der Box im Rückraum absicherten und so etwaige Fernschussoptionen der nachschiebenden Schotten unterbanden, agierten nun zunehmend zu tief, sodass Celtic immer wieder gezielt den Rückraum anvisieren konnte – besonders die inversen Flügelspieler. Beim Ausgleich durch Gemmell (63.) sowie beim Führungstreffer durch Chalmers (84.) bekam man beide Male keinen Zugriff auf genau jenen Raum; beide Gegentore fielen aus rund 16 Metern aus dem Rückraum. Insgesamt merkte man gerade bei Inter, die seit der 7. Spielminute praktisch komplett mit Verteidigen beschäftigt waren und nur vereinzelt zur Entlastung gegen Ende der ersten Halbzeit vorstießen, nach rund 60 Minuten erste Kraftverluste. Durch das fehlende Wechselkontingent stieg die Erschöpfung exorbitant. Dies zeigte sich besonders beim Verfolgen der Manndeckungen, wodurch Celtics Stürmer nun immer wieder frei spielen konnten und Anspiele vor der Verteidigungslinie möglich waren. Auch die Manndeckungen auf die Flügelspieler von Celtic wurden lockerer, sodass diese zunehmend mehr Dribblings suchen konnten.
Eigene Entlastung fand Inter kaum. Die vielen langen Bälle in die Breite bzw. zu Zielspieler Cappellini landeten fast ausschließlich bei Celtic, und auch das flache Aufbauspiel über die Halbverteidiger wurde von den sehr hohen Flügelspielern von Celtic gut unterbunden. Nach dem Ausgleich wurde das extreme Momentum von Celtic unterstrichen und verstärkt, und auch das Publikum war nun voll auf der Seite der Schotten. Inter konnte sich kaum noch aus dem eigenen Drittel befreien, und die Abpraller landeten zunehmend bei den Glasgower Achtern, die sich immer wieder zweite Bälle gut sichern konnten, weil Inters Mittelfeld im 6-3–1 deutlich zu tief in der Box agierte – die Probleme bei Flanken in der Box wurden dadurch zunehmend kaschiert. Mehrmals musste Sarti retten. Aus der gewonnenen Freiheit durch die Kraftprobleme Inters sah man aus dem Abkippen der Stürmer Wallace und Chalmers nun immer wieder gute Ablagemuster mit andribbelnden Innenverteidigern, was wiederum die Verteidigung Inters zusätzlich strapazierte. Zunehmend griff man daher zu Fouls rund um die Box, was mehrfach zu sehr gefährlichen Freistoßsituationen führte. Bei etwas besserer Positionierung des deutschen Schiedsrichters hätte es sicherlich auch Elfmeter geben können.
Inter wurde vor allem durch Sarti im Spiel gehalten, der weiterhin eine extrem gute Reaktionszeit auf der Linie bewies und auch gut spekulierte, was beim Catenaccio mit so vielen Verteidigern im Sichtfeld essenziell ist. Als aber Stürmer Chalmers nach Heraingabe aus dem Rückraum von Auld aus drei Metern einschoss, nachdem dieser genau den Raum im Rücken des Liberos besetzt hatte, kam Inter zu spät. Inter kam nicht mehr wirklich zu Chancen, was einerseits an der katastrophalen Entscheidungsfindung durch Kraftverlust und Nervosität lag – typisch, wenn der Underdog so spät führt. Vielmehr griff Celtic weiterhin an und spielte sich zum Sieg.
Fazit
Es hätte wohl vor diesem Spiel wenige Personen gewagt, auf Celtic zu wetten, nach dem frühen Gegentor erst recht nicht, doch am Ende standen die Lisbon Lions mit dem Pokal in der Hand im Stadion. Obwohl, zunächst nicht. Durch den direkten Platzsturm der Celtic-Fans, die sich bereits nach dem Ausgleich am Rande des Spielfelds platzierten und auch vereinzelt das Spiel durch das Stehlen des Spielballes verzögerten, war eine Pokalübergabe zunächst nicht möglich. Das sollte aber den Schotten die Feierstimmung nicht vermiesen.
Die Spielweise von Celtic in diesem Finale war vielleicht eine der ersten Leistungen, die den Fußball fast schon extrem idealisierte und in zwei klare Lager teilte. Mundo Desportivo schrieb am Tag danach: „It was inevitable. Sooner or later the Inter of Herrera, the Inter of catenaccio, of negative football, of marginal victories, had to pay for their refusal to play entertaining football.“ Tendenziell wird hier Herrera jedoch Unrecht getan, denn er war alles andere als ein Catenaccio-Fanatiker, sondern eher ein an sein Umfeld adaptierender Trainer. Dennoch verlor Inter an diesem Tag höchst verdient. Gerade aus dem eigenen Ballvortrag kam nur sehr wenig hervor, während sich Celtic kaum von Inters tiefem Verteidigen beeindrucken ließ und durch gutes Gegenpressing auch etwaige Kontergefahr Inters erstickte. Demnach gewann Celtic verdient.
Während sich die Lisbon Lions wohl für ewig in die Geschichtsbücher von Celtic schrieben, geriet Herreras Inter zunehmend in ein Gefühl des Misstrauens. Gerade die Berichte aus Italien nach dem Finale spiegeln die Gefühlslage aus Lissabon wider: Herreras Fußball sei auf dem absteigenden Ast. Das Finale beschreibt das Ende von Herreras Ära bei Inter und vielleicht auch schon das Ende des Catenaccio.
MX machte sich in Regensburg mit seiner Vorliebe für die Verübersachlichung des Spiels einen Namen. Dabei flirtete er mit der RB-Schule, blieb aber heimlich immer ein Romantiker für Guardiolas Fußballkunst.


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