Türchen 10: Manchester United gg Barcelona 2009 – ND
Das Champions-League-Finale 2009 war symbolisch eine Zeitenwende. Nach Pep Guardiolas Barcelona sollte der Weltfußball nicht mehr derselbe sein wie zuvor.
Wir schreiben den 27.05.2009, 21:00 Uhr, im Stadio Olimpico in Rom. Die Flutlichter brennen, auf den Tribünen Ikonen des Fußballs, wie Johan Cruyff, und auf dem Rasen stehen sich zwei Mannschaften gegenüber, die über ein Jahrzehnt lang den europäischen Fußball geprägt haben bzw. pärgen werden. Manchester United, die unter Sir Alex Ferguson zur dominierenden Kraft der späten 90er und frühen 2000er reiften: Sie verkörperten Physis, Vertikalität und eine Siegermentalität, die ihresgleichen sucht. Ihnen gegenüber steht der FC Barcelona, trainiert vom einem jungen, nicht glatzköpfigen Pep Guardiola, dessen Team mit filigranem Kurzpassspiel, mutigem und fluiden Positionsspiel sowie technischer Brillanz bereits in dieser Saison die Fußballwelt in Staunen versetzt hat.
Dieses Finale ist mehr als nur ein Kampf um den Henkelpott; es ist ein Wendepunkt, ein symbolischer Moment des Gezeitenwechsels. In Rom entscheidet sich nicht nur ein Champion, sondern es manifestiert sich jene Spielidee, die den europäischen Spitzenfußball der kommenden Jahre dominieren wird. Kurz gesagt Guardiola gg Ferguson, Messi gg Ronaldo und auch ein Endspiel, das in seiner Bedeutung weit über die 90 Minuten hinausreicht.
Barcelonas Ballbesitzspiel
Modernere Spielanlage
Während heutzutage die Mehrheit der Abstöße kurz ausgeführt wird, galt es in der Prä Guardiola Ära als völlig selbstverständlich, jeden Abstoß lang nach vorne zu schlagen. Der Gedanke, den Ball im eigenen Strafraum zirkulieren zu lassen, wirkte auf viele Trainer zu riskant und viele handelten nach dem Kredo, „das wird seit Jahrzehnten gemacht, also ist es auch richtig so“. Auch innerhalb der eigenen Mannschaft (u.a Victor Valdes) stieß Guardiolas Idee zunächst auf Skepsis. Doch Guardiola wollte, wie auch heutzutage, den Fußball nicht dem Zufall überlassen, sondern bestmöglich kontrollieren und Zufälle zuminimieren.
Bereits im Abstoßaufbau zeigte sich eine Dynamik, die sich wie ein roter Faden durch das gesamte Spiel ziehen sollte. Uniteds Doppelsechs wurde durch Xavi und Iniesta gebunden, während Giggs und Ronaldo überwiegend auf Barças Innenverteidiger fokussiert waren. Dadurch war Busquets extrem oft im Rücken der ersten Pressinglinie auf freier Flur, bereit, das Spiel zu öffnen, anzudribbeln und Überzahlsituation im Zentrum zu schaffen. In diesem frühen Spielzug wurde Busquets jedoch im kurzen Abstoß nicht gefunden; stattdessen endet die Sequenz in einem langen Pass von Pique. Danach wurden quasi alle Abstöße direkt lang geschlagen, wodurch die typische Busquets-Dynamik nicht ihre volle Wirkung entfalten konnte.
Dieser Umstand wirft eine interessante taktische Frage auf: Hätte man die kurzen Abstöße konsequent genutzt und Busquets’ freien 6er Raum vollständig ausgenutzt, wie hätte sich das Spiel dann entwickelt? Hätte Barcelona noch dominanter, noch kontrollierter agieren können, hätten sich vielleicht noch klarere Überzahlsituationen ergeben? Hätte Ferguson möglicherweise eine Anpassung vorgenommen, die dafür sorgte, dass sie mehr Zugriff bekommen hätten? Doch all dies bleibt ein What if.
Ein weiterer kleiner, aber entscheidender Unterschied, der Barcelona das Übernehmen der Kontrolle erleichterte, lag im Angebotsverhalten der 4er-Kette und der 6. Die Spieler passten ständig ihre Positionen an, um anspielbar zu bleiben, sei es nach Rückpässen zum Torwart, bei Verlagerungen oder zum Ballhalten nach einer Balleroberung. Diese Anpassungen erzeugte permanente Optionen und machte das Pressing des Gegners deutlich weniger effektiv, wodurch Barca die Feldkontrolle übernehmen konnte.
Ganz anders das Bild bei United: Ferdinand fängt einen Ball in die Tiefe ab und spielt ihn zurück zu Van der Sar. Eto’o startet sofort auf den Torwart zu. In der kurzen Zeitspanne zwischen Balleroberung und Durchlaufen von Eto’o hätte die Verteidigung ihre Positionen anpassen können/müssen, um den Ballbesitz zu sichern. Doch weder Vidic noch O’Shea reagieren, wodurch für United nur der lange Schlag übrig bleibt, der letztendlich in einem Einwurf im letzten Drittel für Barcelona mündet.
Hätte Vidic auch nur minimal seine Position angepasst, hätten sich mehrere interessante Dynamiken ergeben können: Er hätte Messi andribbeln können um so ein 2gg1 auf zwei Ebenen mit Evra auszuspielen, wobei Evra sofort Barças letzte Linie hätte attackieren können. Alternativ hätte durch ein Rausklatschen über Anderson die gleiche Wirkung entstehen können. Als dritte Möglichkeit hätte Anderson selbst angespielt werden können. Aufgrund der großen Distanz von Xavi zu ihm hätte er problemlos aufdrehen und das Spiel in die Offensive verlagern können.
Bouncepässe
Ein essenzielles Element im Ballbesitzspiel der Katalanen waren die Bouncepässe. Damit sind kurze Rückpässe zum ursprünglichen Passgeber gemeint, die entweder direkt oder nach einem kurzen, bewusst gesetzten Zögern gespielt werden. Sie kommen besonders dann zum Einsatz, wenn der angespielte Spieler in einer geschlossenen Stellung steht und nicht nach vorne aufdrehen kann.
Diese Bouncepässe erzeugen mehrere positive Wechselwirkungen. Zum einen dienen sie der Sicherung des Ballbesitzes: Befindet sich der Spieler unter Druck oder hat keine Anschlussoption nach vorne, stabilisiert der Rückpass die Situation. Bei diesem Spiel kam hinzu, dass United Rückpässe nicht als Pressing-/Nachrück-Trigger nutzte. Dadurch ergab sich für Barcelona ein wichtiger Vorteil: Uniteds Mannschaftsteile wurden vertikal auseinandergezogen.
Doch vor allem dienen Bouncepässe zum gezielten Baiten und Manipulieren des Gegners. Durch den Pass auf den Spieler, der den Ball zurückklatschen zieht, dieser den Gegenspieler an sich heran. Der Gegner verteidigt also oftmals eine Aktion, die wenig Gefahr ausstrahlt. Genau dadurch öffnen sich Räume hinter oder neben dem zunächst angespielten Spieler, die anschließend durch einen Folgepass genutzt werden können. Das geschieht entweder über ein direktes Spiel und Geh, bei dem es leichter ist, sich vom Gegenspieler zu lösen, weil dieser oft zunächst auf den Ball fokussiert bleibt und die unmittelbare Nähe des Gegenspielers ein schnelles Freilaufen begünstigt. Oder der Folgepass nutzt den geöffneten Raum, um einem freien Mitspieler mehr Zeit und Raum zu verschaffen, da die Distanz zum Gegenspieler größer wird.
Diese Szene versinnbildlicht die Dynamik perfekt: Xavi kann direkt auf Sylvinho raus spielen, der recht viel Raum hat, doch stattdessen wird Iniesta angespielt, der 2 Gegenspieler in unmittelbarer Nähe im Rücken hat. Beide rücken auf ihn drauf, wodurch der Raum hinter der Mittelfeld Linie geöffnet wird und der Raum neben der Mittelfeldlinie geöffnet wird. Iniesta klatscht zurück und Xavi spielt auf Sylvinho raus der nun noch mehr Raum zu aufziehen hat.
Die Falsche Neun
Kaum ein Begriff schreit stärker nach Vintage SV als dieser; damals wurde ihm sogar eine ganze Themenwoche gewidmet und das nicht ohne Grund. Auch in diesem Finale zeigte Messi eindrucksvoll, warum dieser Begriff so eng mit ihm verbunden ist und wie relevant diese Dynamik zu dieser Zeit war: Er kippte immer wieder ab, ließ sich in den Zwischenlinienraum oder bis ins Mittelfeld fallen, holte sich Bälle weit vor der gegnerischen Abwehrlinie ab und band sich permanent in das Kombinationsspiel ein.
Vor allem aber lösten seine Abkippbewegungen eine Reihe spannender Wechselwirkungen aus, die Räume öffneten oder temporäre Überzahlen im Zentrum herstellten. Die Dynamik verlief dabei in einer wiederkehrenden Grundform:
Fiel Messi aus der Neunerposition ins Mittelfeld zurück, so reagierten Henry oder Eto’o und zogen konsequent vom Flügel, ins Zentrum bzw. die Halbspur, meist in den Radius um Vidic/Ferdinand. Durch dieses Einrücken wurden sowohl die IVs als auch die gegnerischen AVs, die immer mit eingeschoben waren, gebunden. So entstanden Momente, in denen ein einzige Positionierung eines Flügelspielers gleich zwei United Verteidiger beschäftigte und dadurch große Räume auf dem Flügel öffnete.
Diese offenen Zonen waren eigentlich prädestiniert dafür, von den nachstartenden Außenverteidigern Barcelonas attackiert zu werden. Doch letztlich konnte diese Dynamik nicht ihre volle Wirkung entfalten, da Barcelona in diesem Finale auf den AV Positionen mit einer Art „B“ Besetzung antreten musste. Besonders Puyol als Rechtsverteidiger spielte solide, hatte aber naturgemäß nicht die Qualität eines Dani Alves im Ballbesitz. So verpufften einige Situation aufgrund suboptimalem Timing der Läufe und einer schlechten Quote bei ersten Kontakten. Doch diese Revolutionären Ansätze sollten ein Fingerzeig auf die zukünftige Dominanz der falschen 9 sein
Fluides Positionsspiel durch Spiel und Geh + Räume erkennen und bespielen
Ein zentrales Mittel in Barcelonas Spiel war das klassische Spiel und Geh. Es beschreibt nicht nur das einfache planlose Bewegen nach einem Pass, sondern ein bewusst eingesetzte Positionsanpassung, das gegnerische Bewegungen gezielt ausnutzt. Sobald ein Spieler den Ball abspielt, orientiert sich der direkte Gegenspieler meist für einen kurzen Moment stark am Ball, wodurch sich kleine, aber entscheidende Räume öffnen. Hierbei lässt sich die Anschlussbewegung grundsätzlich in 2 Subkategorien unterteilen:
- Durchlaufen in eine höhere Position:
Die bekannteste Form: Der Spieler spielt den Ball und startet einen Lauf in eine höhere Position in den Rücken seines Gegenspielers. Somit überspielt er nicht nur eine Linie, sondern bringt Dynamik in die Szene und attackiert genau eine neue Ebene durch die Lücke, die durch die kurzfristige Ballfokussierung des Gegners aufklafft. Gerade nach Bouncepässen entsteht so eine explosive Wirkung, da der Gegenspieler noch im Herausrücken steckt, während der Passgeber schon Tempo aufgenommen hat. - Absetzen als Anker:
Anstatt vertikal zu starten, löst sich der Passgeber leicht zurück oder seitlich, und löst sich aus dem Rücken des Gegners, um eine sichere Exitverbindung zum Ball aufrechtzuerhalten. In diesem Fall hatte dadurch Barcelona unter Druck stets mehrere stabile Anschlussoptionen. Diese Variante war typisch für Busquets, der oftmals weniger den Raumgewinn suchte und stattdessen vielmehr das Kontrollieren des Rhythmus priorisierte, während beispielsweise Iniesta mehr auf die erste Variante vertraute.
Ein weiterer Schlüsselfaktor war die enorme Positions“freiheit“, der zentralen Vier aus Busquets, Xavi, Iniesta und Messi. Diese agierten nicht in festen Räumen, sondern tauchten konsequent überall dort auf, wo sich freie Zonen öffneten. Völlig ortsunabhängig und nur am Prinzip der optimalen Raumfindung orientiert. So entstanden immer wieder ungewöhnliche, aber wirksame Konstellationen: Xavi, nominell die rechte Acht, kombinierte plötzlich mit Iniesta in der linken Außenspur, während Messi ins Zentrum zurückfiel oder sich zwischen die Linien schob.
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Kippte einer der Achter ab, um den Spielaufbau zu unterstützen oder Druck zu entlasten, wurden die entstandenen Räume sofort von Messi oder Busquets gefüllt. Dadurch bildeten die Vier immer wieder organisch Dreiecke, Rauten oder andere Kombinationsstrukturen aus. Diese Freiheit im Positionsspiel ermöglichte es den Katalanen, ihre Überzahl im Zentrum noch konsequenter auszunutzen und gleichzeitig dauerhafte Zuordnungsprobleme für Uniteds Mittelfeld zu erzeugen.
Das perfekte Sinnbild
In der 18. Spielminute entsteht eine Sequenz, die die zuvor angesprochenen Stilmittel Barcelonas exemplarisch vereint. Durch die systematische Unterzahl im Mittelfeld, bedingt durch Uniteds 1442 gegen Barcelonas 1433, ist Busquets hinter der ersten Pressinglinie ohne direkten Gegenspieler anspielbar. Er erhält den Ball, kann unbedrängt aufdrehen und ohne Druck die Folgeaktion beliebig aussuchen.
Gleichzeitig kippt Messi in den von Xavi geöffneten rechten 8er Raum ab. Busquets spielt ihn an, Messi orientiert seine erste Ballannahme leicht nach innen, verzögert minimal, um Anderson aus dessen Position auf sich zu ziehen, und spielt anschließend den Bouncepass auf Busquets. Indes dazu löst sich Henry vom Flügel und schiebt diagonal ins Zentrum. Damit bindet er sowohl den ballnahen Außenverteidiger als auch den Innenverteidiger und öffnet die linke Außenspur. Sylvinho erkennt diese Bewegung, schiebt hoch und bietet sich dynamisch auf dem Flügel an. Busquets erkennt die Dynamik und verlagert das Spiel auf die freigespielte linke Seite, allerdings kann Sylvinho das Zuspiel nicht optimal verarbeiten, wodurch die Situation verpufft.
Uniteds Probleme im Spiel gg den Ball
Die 11 von Sir Alex Ferguson offenbarte mehrere, teils ineinandergreifende Defizite, die Barcelona konsequent zu nutzen wusste. Wie bereits angesprochen, standen die Engländer im Mittelfeld häufig einer numerischen Unterzahl gegenüber, bedingt durch die jeweilige Grundformation und verstärkt durch Messis Abkippbewegungen als falsche Neun. Vidic versuchte zwar teilweise, diese Bewegungen aufzunehmen, scheiterte jedoch in der Umsetzung: Mal reagierte er nicht auf Messis Bewegung, mal startete er zu weit hinter ihm, und häufig konnte er dessen Antritt beim Entgegenkommen nicht mitgehen.
Diese strukturelle Schwäche wurde zusätzlich durch die fehlende vertikale Kompaktheit katalysiert. Zwischen den einzelnen Linien im United Block entstanden große Freiräume, die Spieler wie Messi, Busquets, Xavi und Iniesta optimal bespielen konnten. Gleichzeitig führte der häufig mangelnde und inkonsequente Druck auf den Ballführenden in Aufbaulinie 1 dazu, dass Barcelona häufig ohne Probleme in die Überladungszone spielen konnte. Darüber hinaus ließ sich oft die gesamte United-Viererkette von nur zwei Offensivspielern binden und ins Zentrum locken, wodurch auch auf den Flügeln Räume entstanden.
Escadinhas und Steil Klatsch Tief – Uniteds Muster Ballbesitzspiel
Die Escadinha wird heute oft als moderner Taktikbegriff verstanden, der Begriff ist zwar neuartig, doch das damit verbundene Prinzip ist im Kern alles andere als neu. Gemeint ist eine diagonale, treppenartige Staffelung mehrerer Spieler, die zueinander leicht versetzt stehen und dadurch eine stabile Verbindung und Kombinationsmöglichkeiten erzeugen. Diese diagonale Leiter taucht seit jeher in vielen Fußballgenerationen immer wieder, zumindest in ähnlichen Varianten, auf, auch lange bevor sie ihren heutigen Namen erhielt. Auch im Spiel von Manchester United unter Sir Alex Ferguson war die Escadinha ein wiederkehrendes Stilmittel, das so dem oft schnellen und vertikalen Ballbesitzspiel eine diagonale Ebene verlieh. Durch die versetzten Positionen und Diagonalität entstehen automatisch einige Anschlussaktionen und Lösungmöglichkeiten: Der Ball kann abgelegt, durchgelassen, diagonal fortgesetzt oder über den Dritten in offene Räume getragen werden.
United schaffte es mehrfach, ihre Struktur dynamisch auf dem Flügel auszubilden so auch in dieser Szene: RV O’Shea kommt nach einem Klatschball vom entgegenkommenden Park an den Ball; Anderson und Park stehen auf derselben diagonalen Linie, Park spielt durch einfaches Durchlassen einen Schattenpass auf Anderson. Dieser lässt den Ball sofort auf den in die Tiefe durchstartenden Park klatschen. Der Pass ist jedoch einen Tick zu steil, sodass Victor Valdés gerade noch vor Park an den Ball kommt und klären kann.
Während Manchester in dieser Szene den Schattenpass (fast) erfolgreich nutzte, verschenkten sie über das gesamte Spiel hinweg viel Potenzial, weil sie diese Dynamik zu selten einsetzten. Sowohl im Zentrum als auch auf dem Flügel gab es mehrere Situationen, in denen der Spieler an der Spitze der „Leiter“ in eine sehr aussichtsreiche Position gekommen wäre, wenn er den Ball erhalten hätte.
Ferdinand, Giggs und Ronaldo bilden eine klare diagonale Leiter. Ferdinand spielt einen scharfen Diagonalball in Richtung Ronaldo, der perfekt im Zwischenlinienraum steht, mit optimalen Distanzen sowohl zu Barcas Mittelfeld- als auch zur Abwehrlinie. Doch Giggs lässt den Ball nicht durch, sondern nimmt ihn selbst an. Sofort erhält er Druck von den beiden umliegenden Barca-Mittelfeldspielern Xavi und Busquets, wodurch eine offensive Spielfortsetzung nicht möglich ist und er zum Rückpass gezwungen wird.
Steil Klatsch Tief
Das gefährlichste Stilmittel, das die Engländer im Ballbesitz nutzten, waren eindeutig ihre Steil=>Klatsch=>Tief Kombination. Immer wieder suchten die Innenverteidiger scharfe, flache Diagonalepässe in die letzte Linie, entweder in die zentrale Spur zu einem der 2 Stürmer, der abkippte, oder in die Halbspuren, wo der Winger entgegenkam und als Zielspieler diente. Dieser ließ den Ball meist mit dem ersten Kontakt auf einem Mittelfeldspieler oder nachstartenden AV klatschen, um direkt danach auf die tiefstartenden Spieler in der letzten Linie zu kommen.
Diese Sequenzen stellten die Momente dar, in denen United Barcelonas Kontrolle tatsächlich brechen konnte. Diese Situationen sorgten dafür, dass die Engländer trotz ihrer Unterlegenheit immer wieder gefährlich in den Rücken der Abwehr kamen oder mit einer offenen Stellung und guten Dynamik die letzte Linie der Katalanen attackieren konnten.
So auch in dieser Szene beim Stand vom 1:0 für Barcelona: Carrick kippt nach links heraus, auch Giggs zieht leicht in die linke Halbspur, wodurch sich der diagonale Pass in die Sturmspitze für Vidic öffnet. Diesen spielt er auch direkt, Anderson ist bereits vor Passabgabe von Vidic für einen solchen Klatschball positioniert und orientiert, und weiß genau welche Optionen er hat, sobald der den Ball bekommt. Er nimmt den ersten Kontakt in Richtung von Sylvinho. Dieser rückt dadurch ein Stück raus. Sobald dies geschieht, spielt Anderson auf den tiefgehenden Rooney.
Rooney nimmt einen langen ersten Kontakt und wird von Pique abgegrätscht. Hätte er stattdessen einen kurzen Kontakt genommen und einen scharfen Ball vorne rum gespielt oder diesen Ball direkt mit dem ersten Kontakt versucht, wären entweder Ronaldo in der Zentrale oder Tevez am 2ten Pfosten in eine gute Abschlusssituation gekommen, da sie beide vor ihren jeweiligen Gegenspielern waren.
Durch diese wiederkehrende Mechanik gelang es Unite, immer wieder in gute Rhythmuswechsel zu kommen: vom statischen Aufbau in explosive Dynamik und Tiefe. Die Engländer überspielten damit Barcelonas Mittelfeldzonen und gelangten schnell und mit wenigen Kontakten in aussichtsreiche Räume.
Fazit
Das Champions-League-Finale 2009 offenbarte den klaren strukturellen Vorteil Barcelonas. United konnte zwar punktuell Dynamik erzeugen, ihr Spiel wirkte jedoch insgesamt inkonstant, zu altbacken und war geprägt von Defensivmechanismen, die nicht an Barcelonas modernes, flüssiges Spiel angepasst waren. Das Positions- und Bewegungsspiel Barcelonas, geprägt von präzisen Freilaufbewegungen, intelligentem Locken und Bestrafen, durchzogen von einem hohen technischen Niveau, wurde nur selten ernsthaft herausgefordert. Über das gesamte Spiel hinweg zeigte Barcelona, wie überlegen ihr System war: Durch kontrollierte Ballzirkulation, ständige Positionsanpassungen und das konsequente Bespielen von Zwischenräumen setzte das Team kontinuierlich Akzente, während United Mühe hatte, Druck aufzubauen oder strukturelle Überzahlsituationen zu verhindern/unterbinden. Letztendlich gewann und dominierte Barcelona die Partie vor allem ob ihrer moderneren Spielanlage.
In diesem Finale übergab der amtierende CL-Sieger mit United nicht nur den Henkelpott an Barcelona, sondern auch den Staffelstab als dominanteste Fußballmannschaft der damaligen Zeit. Der Rest ist Geschichte…










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