Interview mit Manuel Veth

Die Weltmeisterschaft geht in ihre zweite Woche. Manuel Veth, Chefredakteur von Futbolgrad.com und ausgewiesener Experte für den russischen Fußball, ist vor Ort und verfolgt das Geschehen hautnah. Wir haben ihn um ein Zwischenfazit gebeten.

Guten Tag Manuel, wie ist dein bisheriger Gesamteindruck von der WM?

Sehr gut. Die WM ist hervorragend organisiert, die Spiele waren zum Teil spannend und anspruchsvoll. Schön sind natürlich die Geschichten von den Underdogs, die es den großen Mannschaften zum Teil richtig gezeigt haben.

Ist die Stimmung in und außerhalb der Stadien friedlich? Wie präsent sind die russischen Sicherheitskräfte?

Ja da gibt es überhaupt nichts zu meckern. Die russischen Sicherheitskräfte leisten hervorragende Arbeit. Gerade in Moskau, wo das Transportsystem sowieso schon viele Menschen befördert, ist es schon beeindruckend, wie schnell Fans von den Stadien abtransportiert werden, und all das in einer sehr harmonischen Atmosphäre.

Manuel Veth in St. Petersburg

Wie stark vermarktet sich Russland als Gastgeber und Tourismusland während der WM?

Eigentlich nicht anders als sonst. Russland hat eine Tourismustradition, aber die zielt doch stark auf die eigene Bevölkerung. Ansonsten sind die Russen sehr gute Gastgeber, die, auch schon vor der WM, immer sehr darauf bedacht sind, dass es Gästen in ihrem Land an nichts fehlt.

Nun zum Sportlichen: Bisher verliefen viele Partien recht träge, der große Torreigen blieb aus. Fehlt es gerade den Top-Teams noch an der Intensität? Wie ist dein Eindruck?

Naja. Ich sehe das ein wenig anders. Immerhin hatten wir noch kein 0:0. Bei den Top-Teams hast du recht. Viele scheinen nur das nötigste zu machen – wie zum Beispiel Portugal gegen Marokko. Andere sind einfach noch nicht in Form – Deutschland, Frankreich und Brasilien –, die sie brauchen, um den WM-Pokal zu Spielen. Ich gehe mal davon aus, dass sich das am zweiten Spieltag ändern wird.

Wie schätzt du die Qualität der Trainer und die Qualität ihres Coachings bei diesem Turnier ein? Immerhin ist es nicht immer die Crème de la Crème, die es zu den Nationalteams zieht.

Das ist in der Tat ein Thema. Auf der anderen Seite hat Real Madrid ja gerade den spanischen Trainer abgeworben. Aber bei Mannschaften wie Nigeria oder Kroatien, die ich beide als sehr talentiert einschätze, fehlt für mich die Qualität auf der Trainerbank. Bei Portugal sehe ich das übrigens auch so. Hier ist der Plan, einfach nur zu zerstören, obwohl das Talent in der Mannschaft eigentlich viel mehr hergeben würde.
Auf der anderen Seite haben wir aber auch positive Überraschungen. Carlos Osorio von Mexiko zum Beispiel hat die Welt mit seinem Matchplan verblüfft. Das haben noch nicht einmal die Mexikaner kommen sehen. In der Heimat wurde er immer sehr kritisiert und jetzt haben seine Jungs die Mannschaft auseinandergenommen.

Die deutsche Mannschaft startete denkbar schlecht in die WM. Auch Spanien oder Frankreich kamen nicht wirklich in die Gänge. Zeit für eine Wachablösung an der Weltspitze?

Vielleicht. Ich denke, wir werden sehen müssen, wie sich das nach der Gruppenphase gestaltet. Am Ende kommen dann doch die Großen weiter und jemand wie Deutschland oder Spanien gewinnt die WM. Da interessiert es dann hinterher keinen mehr, ob Mexiko das Auftaktspiel gegen Deutschland gewonnen hat. Von daher sage ich mal abwarten.

Vielen Dank für das Gespräch.

Andy Braendle 22. Juni 2018 um 13:01

„Die deutsche Mannschaft startete denkbar schlecht in die WM. Auch Spanien oder [füge hier noch ein anderes Top-Team nach den Donnerstag-Spielen ein] kamen nicht wirklich in die Gänge. Zeit für eine Wachablösung an der Weltspitze?“
Ja, wen nehmen wir denn jetzt Messis Argentinier, oder sind die kein Top-Team mehr. Oder doch die Franzosen, die nur 1:0 gewonnen haben. 🙂

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